Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
or „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalr Am Mountag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs 
diatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljahrlich 1M 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Poft bezogen 1.A 75 , einschließlich 
A Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Vfalz 10 Z, bei außerpfalzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 134, Neklamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
er 
ꝛt 
ym 
n⸗ 
Uey 
On 
en 
en 
m 
xh 
g 
ie 
e 
F 172 Donnerstag, 1. September 1883. 22. Jahrg. 
Seutiches Reich. 
Muͤnchen, 30. August. Der deutfsche 
dronprinz wird mit Gemahlin am 3. September 
uf der Reise nach Toblach im Pufterthal im 
nengsten Incognito zu kurzem Aufenthalt hier ein⸗ 
en. 
ad Kifsingen, 30. August. Der Staats- 
niniter von Bötticher ist heute Nachmittag 8 Uhr 
ier eingetroffen und hat sich alsbald zum Reichs⸗ 
anzlet Furst Bismarck begeben. — — 
stissingen, 30. August. Die Fürstin von 
Izmarck ist heute hier angekommen und vom 
ürsten am Bahnhofe empfangen worden. 
Berlin, 31. Aug. Se. Majestät der Kaiser 
gegen 2 Uhr Nachmittags von Babelsberg hier 
ingelroffen. Auf dem Bahnhof und in den Straßen 
rurde der Monarch von einer dichtgedrangten 
Penschenmenge enthusiastisch begrüßftß. 
Berlin, 31. August. Wie das „Berliner 
ageblatt· von gut unterrichteter Seite hört, wer⸗ 
xn seitens des Berliner Kabinets die größten An⸗ 
rengungen gemacht, den Wünschen des Czaren zu 
znügen, damit die alte Tradition rusfischer Politik 
oieder aufgenommen werde, um festeren Anschluß 
in Deutschland zu suchen. Es würde nicht über⸗ 
aschen, wenn demnächst sichtbar dokumentirt werden 
ollte, daß diese Bemühungen nicht ganz resulitatlos 
xtlaufen find. Wir find natürlich nicht in der 
dage, zu kontroliren, was an Gerüchten über be⸗ 
rorftehende Begegnungen des Kaisers Wilhelm mit 
em Czaren Wahres ist, aber an sich ist es nicht 
wwahrscheinlich, daß in dieser Richtung von Ber⸗ 
mn aus Sondirungen slattgefunden haben, welche 
ainstiger aufgenommen sfind als in früheren Jahren. 
kine Revision des Genossenschafts⸗ 
esetzes wird mit zu den Aufgaben des künf⸗ 
igen Reichstags gehören. Gelegentlich des in 
hlauen abgehaltenen Vereinstages der deutschen 
jmwerbs- und Wirthschaftsgenofsenschaften theilte 
yt Vetbandsanwalt, Reichstagsabgeordneter Schenck, 
ait, daß nach einer Zuschrift des Reichsjustizamtes 
xr Entwurf eines neuen verbefserten Genossen⸗ 
daftsgesetzes fertiggestellt sei und daß im Genoffen⸗ 
daftzwesen erfahrene Manner gutachtlich daruber 
rhort werden sollten, ehe der Entwurf an den 
luichstag gelangt. 
Auf welchen finanziellen Grundlagen die Re⸗ 
erung die Alters- und Invalidenver—⸗ 
igerung der Arbeiter aufbauen will, ist noch 
aicht belannt. Indes laßt fich die Vermuthung 
cum abweisen, daß die Vertheilung der Lasten auf 
heigeber und Arbeiter und auf den Siaat ber 
wichtiat ist. Die Indusirie in ihrer gegenwärtigen 
ue dann die neue Last fur diese sozialpolitischen 
wede nicht allein guf sich nehmen, der Slaat 
er ebenso wenig, hierzu würden auch die aus 
xe neuen Branntweinsteuer zu erwartenden Ein⸗ 
nhmen lange nicht ausreichen. Die „Nationall. 
—2 hebt aber mit Recht hervor, daß die 
luwendung öffentlicher Mittel angefichts des un⸗ 
kheuren Werthes, den eine Sozialpolitik mit prak⸗ 
hen, arbeiterfreundlichen Fielen fur den Siaat 
id die Geselschaft hat, wohl su rechtferiigen ist, 
d dies um so mehr in einer Zeit, wo wenigstens 
n den Gegnern stets der Vorwurf erhoben wird. 
denscende Gesetzgebung und Wirthschaftspolini 
* viel zu einseitig die Interessen der Land⸗ 
hichaft und lege die Staatslasten unbilligerweise 
* auf die breiten Massen des induftriellen 
eertandes. Tragt dieser Stand wirklich einen 
derhältnißmäßig großen Antheil zu den durch 
die Branntweinsteuer aufgebrachten Mitteln bei, so 
ist es gewissermaßen eine Maßregel ausgleichender 
Berechtigkeit, wenn aus den derart gewonnenen 
kinnahmen auch wieder ein Theil zu den beson⸗ 
deren Interessen grade dieser Klassen verwandt wird. 
Ausland. 
ELondon, 30. August. Der Kronprinz traf 
Abends 8 Uhr in London ein und begab sich nach 
»em Bukinghampalaste. Morgen treffen der Kron⸗ 
)rinz und die Kronprinzessin in Queenbourougl 
usammen und reisen von dott nach Dentsch—⸗ 
and ab. 
Lokale und pfälzische Rachrichten. 
— Zweibrücken, 28. August. Die Brauerei 
zur Löwenburg“ hier kam dieser Tage durch Kauf 
in den Besitz einer Frankfurter Gesellschaft. Wie 
nan hört, soll der Kaufpreis dieser Brauerei die 
Summe von 403. 000 M. beziffern, sowie der bis— 
jerige Besitzer Herr Diehl als Direkior der Vrauerei 
zerbleiben .. (Pf. Bl.) 
— Kaiserslauterm rüstet ebenfalls zur 
vürdigen Feier des Sedanfestes; auch die Krieger— 
dereine der Umgegend treffen ihre Vorbereitungen. 
In unsrer Stadt wird der deutsche Militärverein 
im Samftag Abend eine Festfeier mit Mufik im 
Zaale der „Eintracht“ ahhalten. 
B8Kaiserslautern, 30. August. Der 
ʒies jährige Herbstsaatgutmarkt, der heute Morgen 
einen Anfang nahm, ist von 89 Ausstellern beschickt 
ind zwar mit Ausnahme von dreien nur von 
Pfälzern. Zum Verkauf find gestellt 1644 Ctr. 
toggen, 1059 Etr. Weizen und 148 Ctr. Spelz, 
usammen 2851 Centner. Der Besuch war ein 
iemlich reger, und waren bereits bis 1020 Uhr 
ine Anzahl Verkaufe abgeschlossn. 2 
— — Der Kriegerverein in Hornbach 
vird den Sedan ⸗Tag durch Ansprachen und Gesangs⸗ 
vorträge feierr. * 
— Kirchheimbolanden, 81. Aug. Das 
Festkomite des Kriegervereins hat beschlossen, das 
Sedanfest angemessen zu feiern. Es befindet so⸗ 
vohl eine Vorfeier wie eine Haupifeier statt, welch 
etztere durch ein Festbankett mit Konzert und Ge⸗ 
ang begangen werden soll. 
— Die Dividende der Storchenbrauerei in 
Speyer soll in diesem Jahre 8 pCt. gegen 7 
pCt. im Vorjahre betragen. 
— Der Kriegerverein in Deidesheim 
pird das Sedanfest am 4. Sept. durch eine Reunion 
mit Ball feiern. 
— Diejenigen Lehrer, die im Jahre 1847 aus 
dem Lehrer⸗Seminar Speyer entlassen wurden, be⸗ 
abfichtigen am 20. September auf der „Postmühle“ 
in Neustadt ihr 40jähriges Amisjubiläum zu 
jeietn. Die Feier selbst besteht aus einem Mittags-⸗ 
nahl mit anschließender geselliger und mufikalischer 
Unterhaltung in genanntem Lokale. Man darf 
annehmen, daß die noch lebenden und funktioniren⸗ 
den Herren vollzählig erscheinen und ihre Anmeldung 
drei Tage vorher bei Herrn Müller machen werden. 
Bon 33 in obgenanntem Jahre entlafs⸗nen Lehrern 
eben noch die Herren: Eyer⸗Dudenhofen, Fuchs⸗ 
Rülzheim, Hildebrand ˖ Landau, Kempter⸗Landstuhl. 
Zlier· Otterstadt, Korz⸗Börrstadt, Kunell⸗Mardorf, 
Leiser Contwig, Luxenburger⸗Zweibrücken, Märdian- 
Ludwigshafen, Regnault⸗Speyer, Schmitt ⸗Hochspeyer, 
Stamer · Landau, Stützel⸗Obermohr und Forthuber⸗ 
Forst. Alten Freunden bleibt es unbenommen, 
zleichfalls an der Feier Theil zu nehmen 
— In Ludwighafen wird das Sedanfest 
benfalls gefeiert werden mit Festgotiesdienst, Parade, 
Festzug der Militärvereine und musikalischer Abend⸗ 
anterhaltung. 
— Ein Fall merkwürdiger Vergeß— 
lichkeit ist dieser Tage einem Landwirth von 
Flomersheim, der den Wochenmarkt in Mann⸗ 
jeim besuchte und in einem Gasthause in P24 
einstellte, vorgekommen. Als er Mittags die Heim⸗ 
'ahrt wieder antreten wollte, war ihm der Name 
und die Lage jener Wirthschaft gänzlich aus dem 
Bedächtniß entfallen. Er mußte ohne Fuhrwerk 
nach Hause zurückkehren und erst am Sonntag ge⸗ 
sang es ihm, das betr. Gasthaus zu ermitteln. 
BVermischtes. 
fReichsgerichts-Entscheidung. Ist 
in einer von einem Schuldner produzirten Quittung 
zaare Zahlung der Forderung bekannt, obgleich 
hatsachlich nur ein Theil der Forderung baar ge⸗ 
jahlt worden, so hat der Schuldner den von ihm 
behaupteten Erlaß der Restforderung zu beweisen; 
die Quittung an sich hat für den Beweis des Er— 
lasses kein Gewicht. 
Neunkirchen, 80. August. Wie gering⸗ 
verlhig heuer die Grummeternte in unserer Gegend 
ausfällt, beweist nach der „S.⸗ u. B.Z.“ die That⸗ 
sache, daß am letzten Samstag bei einer Zwangs⸗ 
Versteigerung für fünf preuß. Morgen nicht mehr 
als eine Mark geboten wurde. 43 
FLager Lechfeld, 29. August. (Schieß⸗ 
übungen.) Das 2. Fuß/⸗Art.Regim. wird seine 
Schießübungen am 1. September beenden und am 
2. September der Regimentsstab und das 1. Ba⸗ 
aillon per Extrazug in Metz, das 2. Bataillon in 
Bermersheim wieder eintreffen. 
fF Fürst Bismarkk hat sich dieser Tage 
in Kissingen auf der seinen Namen tragenden Wage 
wiegen lassen, sein Gewicht ist ganz genau dafselbe 
wie im vorigen Jahre, nämlich 200 Pfund. 
— In einer Frankfurter Familie wurde 
rürzlich das achtzehnte Kind geboren. Sämmtiliche 
tinder find am Leben. Drei Töchter und vier 
Soͤhne find bereits verheirathet, drei Soöͤhne dienen 
soeben heim Militär und sechs Kinder besuchen die 
Schule. 
7 Das, Frankfurter Journal“ schreibt unter 
dokalnachrichten: Die Bierpressionen, welche in ganz 
Bayern bereits abgeschafft find, verschwinden auch 
in unserer Gegend immer mehr. Bis jetzt haben 
217 hiesige Wirthe dieselden abgeschafft. Das Resul⸗ 
sat ist. daß diese Wirthe bedeutend mehr Bier um⸗ 
jetzen, da ihr Bier nach Abschaffung der Pressionen 
dedeutend besser geworden ist. 
4 Mezßtz, 29. August. Auch in Lothringen 
vurden von dem' mit der Oberaufsicht über die 
Weinberge von der Reblaus Kommission betrauten 
Direltor des botanischen Gartens in Montigny ver⸗ 
schiedenen Reblausherde in der Umgegend hiesiger 
Stadt entdedt und wird mit den eiforderlichen 
Bernichtungsmaßregeln unverzüglich vorgegangen. 
f Aus dem Landkreise Metz, 27. Aug. 
Man begegnet seit gestern in Metz und Umgegend 
ielfach mehr oder minder starken Rotten italienischer 
Arbeiter, welche aus Frankreich kommen und denen, 
vie diese selbst aussagen, noch größere Nachichübe 
olgen sollen. Man erzählt sich, die Leute seien 
zus Frankreich, wo sie an Fortbauten in den 
„stlichen Departements beschäftigt waren, ausgewiesen 
vorden. Dies ist nur zum Theil richtig. Von 
en Feftungsbauten kommen diesße Italiener. aus⸗