Full text: St. Ingberter Anzeiger

‚der daß er dem Gläubiger dieserhalb mindestens 
ine genügende Sicherheit bestellt. (Anderweit nicht 
„eröfsentlichtes Urtheil des Reichsgerichts J Civil⸗ 
enat vom 29. Juni 1887, 1. 183 87.) 
Zur Frauenfrage. Ein allgemeiner 
deutscher Frauen ˖ Congreß wird am 25. September 
in Augsburg tagen. An demselben werden fich 
rußer ordentlichen Congreß ⸗Damen auch Herren und 
war Prof. Dr. Wislicenus und Dr. Fränkel aus 
Zerlin betheiligen. Als Programm bezw. „Ziel 
der Frauenfrage“ wird von den Frauen angestrebt 
hezw. diskutirt werden; Die Schaffung einer er⸗ 
weilerten Erwerbsthätigkeit; 2) Zulassung zu den 
höheren geistigen Studien; 8) Gleichstellung der 
Frauen mit den Mannern in bürgerlicher Beziehung 
und 4) bessere Erziehung flir den häuslichen kund 
mütterlichen Beruf u. .w. 
f Regensburg,“ 2. Sept. Als geflern 
die zum Lehrer⸗Jubilaum Versammelten einen Aus⸗ 
lug nach Kelheim machten und dann in Kähnen 
zon Weltenburg nach Kelheim fuhren „war ein 
ahn derart überfüllt, daß er fast mitten im Strome 
Wasser schöpfte; der Bootsführer erllärte, Alle 
nüßien eririnken, wenn nicht einige oder wenigfiens 
einer der Passagiere den Kahn verließe und an's 
Ufer schwämme; er selbst koͤnne den Kahn mit 
Rücksicht auf die anderen Passagiere nicht verlassen. 
Fin muthiger Lehrer aus Oberfranken sprang mit 
Todesverachtung in's Wafsser, erreichte glücklich das 
Afer und so konnte der erleichterte Kahn ohne 
veiteren Unfall seine Fahrt fortsetzen. 
Amberg, 5. Sept. Vom hiesigen Land⸗ 
zericht wurde Wilhelm Hildebrand, Besitzer der 
Zöllberger Mühle bei Halle an der Saale, wegen 
Vergehen gegen das Nahrungsmitielgesetz zu einer 
Beldstrafe von 200 Mk. verurtheilt. Hildebrand 
jerkaufte an die Bäcker in Amberg angeblich reines 
zilliges Roggenmehl, theils als Brodmehl gemischt 
mit etwas Weizenmehl. Das Mehl enthielt jedoch 
über 7 pCt. Sau⸗ oder Pferdebohnenmehl. 
4* Erlangen, 2. Sept. Anläßlich der 
Sedanfeier hielt heute der katholische Stadtpfarrer 
Achtmann bei der Schulfeier die Ansprache an die 
Schuljugend. Der großen Ereignisse des Tages in 
würdiger Weise gedenkend, knüpfte der Redner die 
Mahnung an, der wahren Grundsätze des Christen⸗ 
thums eingedenk stets Toleranz gegen Andersdenkende 
zu üben. . 
Nürnberg, 4. Sept. In einem hiefigen 
Restaurant schalt gestern ein durchreisender Franzose 
iüber die Sedanfeier in einer derart ungebührlichen 
Weise, daß die Gäste den hitzigen Franzmann nicht 
allein vor die Thüre setzten, sondern ihm auch noch 
eine Tracht bajuvarischer Prügel verabreichten. Als 
»er Mensch dann noch weiter scandalirte, nahm sich 
die Polizei seiner an und führte ihn dem Straf- 
ichter vor. 
Der Verband der bayerischen Gewerbver⸗ 
»ine, der 44 Vereine mit 7878 Mitgliedern um⸗ 
jaßt, tagte am 5. d. M. in Nürnberg. Die Ver⸗ 
ammlung erklärte sich einstimmig gegen Zwangs⸗ 
nnungen, Meisterprüfungen und den allgemeinen 
Befahigungsnachweis und bekräftigte durch Erheben 
yon den Sitzen ihr Einverständniß mit einem Redner, 
velcher es für geboten hielt, daß der Verband auch 
—X 
der Zukunft der Gewerbe eintrete. 
F Kissingen, 6. Sept. Dieser Tage erhielt 
Fürst Bismarck von einer nordamerikanischen Ver⸗ 
hrerin als ein Zeichen der Anerkennung seiner 
Berdienste um die Erhaltung des Weldfriedens eine 
chte Friedenspfeife, die aus dem Befiztze eines 
ndianischen Häuptlings stammt, verehrt. 
Ein Bade⸗Wiz besserer Sorte erregt ge⸗ 
jenwärtig in Kissingen allgemeine Heiterkeit. Ein 
inwesender Curgast, der aber durchaus nicht cur⸗ 
zemäß lebt, sucht seinen ganzen Ehrgeiz darin, dem 
etzt anwesenden Reichskanzler an Körpergewicht 
Jleichzukommen. Fürst Bismarck läßt sich bekannt⸗ 
uͤch dei seiner Anwesenheit in Kifsingen wöchentlich 
einmal wiegen, ebenso der ehrgeizige Curgast. Bei 
der letzten Feststellung stürzte der Letztere freudigst 
nuf einen Bekannten zu mit dem Jubelruf: 
Jetzt fehlen mir nur noch 2 Pfund am Bismarck! 
„Aber am Gehirn!“ antwortete der Freund lakonisch. 
FBrieftauben im Kriegsdienst. Am 
Samstag wurde ein Brieftauben⸗Wettflug von 
Metz nach Würzburg veranstaltet. Mittags 
2 Uhr wurden die Tauben in Mezz aufgelassen 
und bereits um 4 Uhr 50 Min. Nachmittags traf 
die erste Taube in Würzburg ein. 
F Stuttgart, 5. Sept. Ip einem ziemlich 
derwahrlosten Weinberge im Gewann Rehlenberg 
hiesiger Gemarkung ist ein neuer Reblaus⸗Herd mit 
i28 erkrankten Stöcken, bestehend in durchweg ein⸗ 
seimischen Rebsorten, entdeckt worden. In die sofort 
estgestellte Sicherheitszone fielen gegen 1000 gesunde 
Stoͤcke, welche nach erfolgter Entschädigung an die 
Zesitzer mit den erkrankien Stöcken dernichtet wurden. 
der verseuchte Weinberg und seine Umgebung im 
Meßgehalt von zusammen 1888 DM. wurden 
ach dem in Rheinpreußen üblichen Verfahren mit 
Schwefelkohlenstoff⸗Erdöl desinfizirt. 
pEine praktische Schwäbin.“ Scene 
m Hoftheater zu Stuttgart. Lohengrin fingt zu 
xlsa gewendet: „Nie solist Du mich befragen, noch 
Wissens Sorge tragen: woher ich kam der Fahrt, 
noch wie mein Nam' und Ort!“ Mädchen (auf 
der Gallerie zu ihrer Freundin): „Guck. Riekele, so 
nachet's d' Mannsbilder allemal, wann man's fragt, 
ob's a reele Absichte henut!“23 
fFrankfurt a. M., 5. Sept. Eine jung⸗ 
Dame schreibt unlängst einen Brief an ihren in 
Dresden weilenden Bräutigam. Beim Kouvertiren 
schnitt fie sich mit der scharfen Kante des Kouveris 
in die Lippen. Die Wunde blutete heftig und 
wurde mit Heftpflaster geschlossen. Nach Verlauf 
einiger Tage schwoll jedoch der Mund und seine 
Amgebung ganz bedentlich an. Es hatte fich eine 
Zlutvergiftung gebildet. Bis gestern wurde der 
Zustand der Palientin derart, daß sie nicht mehr 
instande ist, Nabrung zu sich zu nehmen. Auch 
st die Zunge in Mitleidenschaft gezogen worden. 
die Schmerzen sind furchtbar, das hübsche Geficht 
entstellt und de? Zustand bedenklich. (Es ist rath⸗ 
am, die Brief⸗Kouberis nicht mit den Lippen, sondern 
nit einem Schwämmchen anzufeuchten.) 
4Vom Main wird der ‚Corr. Hoffm.“ 
geschrieben: Der in der „Eur. Corr.“ kürzlich 
dentilirte Gedanke einer Schifffahrisverbindung des 
Rheines und der Donau durch den kanalisirten 
Main und den erweiterten Ludwigskanal wird in 
der Presse andauernd mit großem Eifer eroͤrtert. 
Es knüpfen sich auch an diese Idee für die rheinische 
Industrie, für die commerzielle Entwicklung Frank⸗ 
urts und für die fast verödete Donau⸗Wasserstraße 
o große Hoffnungen, daß die angebliche Adneigung 
eines bayerischen Ministeriums, sich mit dieser hoch⸗ 
vichtigen Frage ernstlich zu befassen, auf die Dauer 
nicht das Drangen der bei der Sache interessirten 
dreise zurückhalten kann. Eine Conferenz der be⸗ 
heiligten Handelskammern, wozu die Reichs- und 
Landiagsabgeordneten der in Betracht kommenden 
Wahlkreise eingeladen würden, stellt fich als die 
unächst empfehlenswerthe Maßregel dar und 
Frankfurt hätte Anlaß, in dieser Sache die Initia⸗ 
ive zu ergreifen. Wie wir hören, ist Herr don 
Frailsheim gar nicht so abgeneigt, die Sache zu 
ördern, wie ein Münchener Dementi behauptet. 
F In Darmstadt hatten sich zum einjährig— 
—X—— 
diesen bestanden nur 3, während 19 durchfielen. 
F Karlsruhe, 7. Sept. Heute Vormittag 
ꝛreignete sich an einem Neubau im südwestlichen 
Ziadtiheile wieder ein gräßliches Unglück,. Der 
Blechnermeister Friedrich Röderer, verheirathet und 
Bater von zwei Kindern, fiel vom fünften Stod— 
verk herab auf den Kopf, so daß er sofort eine 
deiche war. Wie mitgetheilt wird, sprach der Un⸗ 
Jlückliche von oben herab mit einem Bekannten, der 
inten stand, wobei er das Gleichgewicht verlor und 
jon der schwindelnden Höhe herabstürzte. 
Worms. 6. Sept. Bei der gestern stattge⸗ 
habten Wiederverpachtung der Brückengelderhebung 
jom 1. Nod. ab auf 5 Jahre bot Herr Strohé 
aus Köln 27000 M., während der seitherige 
Pacht ca. 19 000 M. betrug. 
7 In Barr in Elsaß-Lothringen sind acht 
Burschen festgenommen worden, weil sie auf offenem 
Markte die Marseillaise gesungen hatten. 
Bitburg, 5. Sept. Die hiesige Land⸗ 
virthschaftsschule hat die Berechtigung erhalten, 
Befähigungszeugnisse für den einjährigefreiwilligen 
Militärdienst auszustellen. 
Dortmund, 6. Sept. Die Bildung einer 
Handelsgesellschaft zum Zwecke des Antaufs und 
Wiedervertriebs der Kohlenproduktion des Oberberg⸗ 
imtsbezirks Dortmund ist beabsichtigt. Der Plan 
hezweckt die Steigerung der rbeinisch⸗westfaͤlischen 
Kohlenpreise. 
f Aachen, 7. Sept. Die 16. Versammlung 
deutschet Forstmaänner hat München als nächstjährigen 
Bersammlungsort bestimmt. 
f Altdorf. 6. Sept. Ein ergötzlichet 
jat fich vor Kurzem auf unserem Bahnhof du 
ragen. Eine Frauensperson aus der —* 
Oberpfalz löste sich ein Fahrbillet nach Nüc r 
Als die Zeit zum Einsteigen herankam um 
Frau des Zuges mit dem schwarzen ud 
joran ansichtig wurde, konnte dieselbe troh 
Zuredens nicht bewogen werden, einzusteigen; 
aich verblüfft, nachdem fie den Zug hatte absahn 
gefehen, verließ fie den Perron. d 
F Berlin, 7. Sept. Die Gründung äin 
landivirihschafinchen Spritdant mit ĩ. 20d ddo h 
zum Ankauf und Betrieb von Spritfabriken istn 
plant. 
f Berlin, 5. Sept. Heute Nachmittag sho 
eine Schildwache der Gardepioniere bei den — 
um Kreuzberge auf einen Arbeiter, welcher 
Posten trotz wiederholter Warnung herausforden 
Der Arbeiler soll der erhaltenen Verwundung 
legen sein. 
4In großer Lebensgefahr schwebte vor eini 
Tagen in Berlin ein etwa dreijähriger Knch 
Auf dem Dache eines Hauses in der Acdeerfneh 
—A 
Dachrinne auszubessern, als er gewahr wurde, w 
ein Kind, nachdem es aus dem Mansardenfenst 
geklettert, auf dem Dache der Rinne zustrebte. S 
chnell es die eigene gefährliche Stellung erlaubr 
eiite der Klempner dem die Gefahr nicht ahnende 
Kinde zu und erreichte dasselbe gerade noch, alse 
fich mit dem Oberlörper über die Dachrinne bos 
Mit festem Griff faßte der Mann zu und überge 
den Knaben der eben im Mansardenfenster er 
cheinenden Mutter. Dem Kinde war beim Spiele 
am offenen Fenster der Ball hinausgeflogen un 
in die Dachrinne gefallen; um den Ball wiede 
zuholen, hatte es sich auf den gefährlichen Ve 
begebenn. 
4 Rudolf Schmidt, der erste Konsul de 
deutschen Reiches in Kamserun, ist in dem jugend 
lichen Alter von 32 Jahren nach langem Leid⸗ 
in Monrovia verstorben. 
7 Erdbeben und ‚ritische Tag— 
udolf Falb stellt als die nächsten kritischen Ta 
in Ausficht den 17. September, den 2. und! 
Oktober; besonders am letztgenannten Tage soll 
nach der Prophezeiung des Gelehrten zu siar— 
Frderschütterungen kommen. 
7 „Zum echten Mohren.“ Berlin be 
jetzt ein „Restaurant zum echten Mohren“, deß 
Wirth ein in der Wolle gefärbter, in Berlin zien 
lich bekannter Neger mit Namen William Baelhe 
Als Sklave in Virginia geboren, brachte ihn ie 
Vater — nachdem derselbe sich nebst Frau un 
ind freigekauft — aus dem Bereich der Sklaber 
nach Philadelphia. 1875 wurde der junge „Will 
ür die schwarze Theatergesellschaft „Oncie Ton 
dütte“ — die seiner Zeit in Europa umherzog 
ingeworben. Mit dieser bereiste er zwei Jah 
ang England, Deuischland und Belgien. In Be 
gien trennte er sich von der Gesellschaft und bu 
Zarauf, gänzlich mittelloz, nach Berlin, wo et 
den letzten vier Jahren Kellner im Ostend⸗Theab 
war. Er hat sich so viel erworben, daß er jeht 
der Barnimstraße (dicht an der Reuen Königsstraße)e 
eigenes Restaurant eröffnen konnte. 
Geldschlucket. Mit 28 Mt. in Silh 
münzen im Leibe und einem Thalerstück im Keb 
kopf wurde in der Nacht zum Sonntag ein ‚Kinn 
ler“, der 18 Jahre alte Arbeiter Gast, in emn 
Berliner Sanitätswache eingeliefert. Gast, der i 
einem Restaurationskeller der Admiralstraße ein 
Wette eingegangen war, jedes Geldstück zu de 
chlucken, haite bereits 28 Mt. in Dreis Zue 
ind Einmardstücken in seinen Magen verschwind 
jassen. Ein Thalerstück, das er alsdann noch hin 
mierschlucken wollte, blieb ihm aber in der seh 
tecken, es rückte und rührte sich nicht, obglel 
r ein Seidel nach dem anderen nachgoß. Inde 
Sannate wache nahm er seldst einen langen Zollse 
ind fiecie sich denselben wiederholt anderthalb gu 
ief in den Schlund, ohne aber den gewünschte 
xErfolg zu erzielen. Da man auch seitens de 
Sanisatewachen⸗Angestellten das Thalerstück ric 
zu entfernen vermochte, so veranlaßte man di 
Ueberführung des leichtfinnigen jungen. Mannes ner 
dem Krankenhause. Gast soli als Stod⸗ uun 
und Degenschlucker sich bereits unter seinen Kollege 
eines guten „Rufes“ erfreuen; im Geldschlute 
war dies sein erstes Debut. 
x ils turzuich Feldmarschall Moltken 
Schloß in Kreifau verließ begegnete ihm aufer