Full text: St. Ingberter Anzeiger

ments, Prinz Wilhelm die Uniform, seines öster⸗ 
reichischen Husaren⸗Regiments. Die Kaopelle spielte 
die preußische Volkshymne, der Kaiser begrüßte den 
Prinzen mit einem Kuß und wiederholter Umar⸗ 
mung. Kronprinz Rudolf hatte sich an die Spitze 
der Ehrenkompagnie gestellt, Prinz Wilhelm aber 
aille auf ihn zu und ümarmte und küßte ihn wieder⸗ 
volt; dann fuhr er an der Seite des Kaisers nach 
Schönbrunn. Zur Dienstleistung wurde der Feld⸗ 
narschalllieutenant Fürst Windischgrätz dem Prinzen 
Wilhelm zugetheilt. 
Wien, 2. Ott. Die meisten Wiener Blätter 
betrachten Crispi's Besuch beim Reichskanzler in 
Friedrichsruh als einen glänzenden Beweis für 
Italiens Festhalten am Friedensbande, welcher eben 
hierdurch in solchem Maße gekräftigt erscheine, daß 
die rusfisch- französischen Allianzbestrebungen ihre 
Schrecken verloren hätten. Von gut unterrichteter 
Seite wird bestätigt, daß Crispis Besuch eben den⸗ 
selben Charakter trage und einen gleichen Zweck 
—Eä Lage 
m Orient und speziell in Bulgarien das Haupt⸗ 
hema, wenn auch sicherlich nicht das einzige der 
Besprechung bilden werde, wird allgemein geglaubt. 
Fürst Bismards Bemühen, den Frieden zu erhalten, 
sonne nur gefördert werden, wenn er Crispi ebenso 
vie Kalnoih überzeuge, daß die Frage, ob der 
Koburger in Bulgarien bleibe oder nicht, gegenüber 
dem Friedensbedürfniß Europas in den Hintergrund 
treten müsse, und daß ferner Rußland gewisse Kon⸗ 
zessionen gewährt werden könnten, wenn dasselbe 
richt aggressid vorgeht. Als Ergebniß der Entrevue 
vird jedenfalls eine Kräftigung der Tripleallianz 
ind damit eine erhöhte Friedensbürgschaft erwartet. 
Paris, 8. Olt. Die Kammern werden, wie 
etzt mit Bestimmtheit angegeben wird, am 25. 
Dutober zuc außerordentlichen Tagung zusammen⸗ 
»erufen werden. 
London, 3. Okt. Samoaner Naochrichten 
cufolge ergab sich König Malietoa den Deutschen 
ind wurde an Bord des „Adler“ gebracht, welcher 
isdann absegelte. — 
Petersburg, 2. Okli. Selbst die, Nowoje 
Wremja“ bezeichnet die Begnadigung des jungen 
Schnäbele, sowie die Pensionsbewilligung an die 
Wiltwe Brignon für die einer Großmacht würdigste 
und taktwollste Losung des schwebenden Konflikts. 
Wie die offiziöse Petersburger „Börsenzeitung“ her⸗ 
horhebt, ist diese Wendung allein dem ritterlichen 
deuischen Kaiser zu verdanken und wohl gegen den 
Willen Fürst Bismarcks (natürlich muß dieser 
Stachel zum Vorschein kommen) geschehen. Das 
zenannte Blatt fügt hinzu: Wenn Kaiser Wilhelm 
jehn Jahre jünger wäre, so wäre wohl auch die 
Zuͤlgarenfrage ficherlich längst zur allgemeinen Zu⸗ 
friedenheit entschieden. — Es taucht hier mehrfach 
die Idee auf, daß »es vielleicht das Beste wäre, 
wenn die Krone den vom Fürsten Hohenlobe 
ererbten Güterkomplex ankaufte. FB 
Nom, 2. Okt. Der „Popolo Romano“ be⸗ 
hauptet bestimmt, bei der Entrevue Crispis mit 
Fürst Bismarck komme auch ein Projekt über die 
Ppezielle Behandlung Deutscher in Italien, Italiener 
in Deutschland zur Verhandlung. Die klerikalen 
Blätter erklären fortgefetzt die „römische Frage“, 
Versohnung des Papstes mit Italien. für das 
Dauptmotib der Ennevue. 
Sofia, 3. Okt. Die Regierung beabsichtigt, ver ˖ 
anlaßt durch die seindselige Haltung, welche der größte 
Theil der Opposition der bestehenden Ordnung ent⸗ 
gegenbringt, nach Beendigung der Sobranjewahlen 
den Belagerungszustand zu verhängen. 
Zu den sonderbarsten Erscheinungen im Bereiche 
der amerikanischen Justiz gehört unzweifel⸗ 
haft die Behandlung der wegen der blutigen Exzesse 
in Chicago zum Tod verurtheilten Anarchisten 
Seit länger als einem Jahre ist die Todesstrafe 
über sie verhüngt, aber immer wußten die Advo⸗ 
katen noch ein Hinterthürchen zu finden, um den 
Vollzug der Strafe hinauszuschieben. Nachdem das 
Obergericht des Staates Illinois das Revisions- 
gesuch abgelehnt hatte, schien die Sache zum Aus- 
rag endlich reif, allein man hatte die Rechnung 
ohne die Politit gemacht. Die Mitglieder der Ar⸗ 
beiter-Union hatten nämlich Versammlungen abge⸗ 
halten, in denen sie die Umwandlung der Todes⸗ 
strafe in eine Freiheitsstrafe verlangten und die 
Zahl der, Ritter von der Arbeit“ ist eine so große, 
daß die jetzt herrschende demokratische Partei eine 
vollständige Umwälzung bei den nächsten Wahlen 
efürchtet, wenn man der Arbeiter⸗-Union nicht den 
Millen buf Selbst die Blätter. welche hisher den 
Vollzug der Todesstrafe verlangten, sind plötzlich 
und unvermittelt „umgefallen“. Auch sie verlangen 
jetzt die Begnadigung der zum Tode Verurtheilten 
zu lebenslänglicher Gefängnißstrafe, was aber so 
ziemlich gleichbedeutend mit baldiger vollstündiger 
Zegnadigung wäre. Die ArbeiterzUnion braucht 
sie nur zu verlangen und die amerikanischen Poli⸗ 
siker werden sich aus Furcht vor dem Verlust ihrer 
Alen Aemter beeilen, ihren Wünschen zu willfahren 
Wie man sich in Amerika mit der Thatsache ab⸗ 
inden wird, daß sich die Justiz von den Anarchisten 
in die Arme fallen läßt, muß abgewartet werden; 
siber ein paar fulminante Zeitungsartikel wird der 
Biderstand gegen die Begnadigung der blutigen 
LInarchistenbande schwerlich hinausgehen. 
Lo Le und pfalzische Nachrichten. 
*Si. Ingbert, 4. Oktober. Bezüglich des 
Todtschlage's des Bergmannes Trier von 
hzier tragen wir unserm gestrigen Berichte noch nach, 
zaß gestern Vormittag bereits eine Gerichtskommisfion 
»on Zweibrücken hier war, um die Todesursache 
estzusiellen und daß es auch den Bemühungen der 
iesigen Gendarmerie im Verein mit jener von 
Mitielbexbach gelungen ist, einen der That ver⸗ 
zächtigen 19jährigen Fuhrmann, Jakob Seel von 
ririel, zu verhafien. Derselbe wurde schon gestern 
Abend in das Amtsgerichtsgefängniß dahier einge⸗ 
iefert. Einen zweiten Burschen, der bei der bösen 
That betheiligt gewesen sein soll, dürfte das gleiche 
—chichsal schon erreicht haben. Die That ist um 
dabscheulicher, als der Getödtete mit seinen Kame⸗ 
aden nicht den geringsten Anlaß zu einem Angriff 
nuf fie gegeben haben soll. Eifecsucht soll die 
Triebfeder hierzu gewesen sein; leider mußte ein 
zöllig Unschuldiger dabei sein Leben lassen. 
Aus der Pfalz. Im Jahre 1886 sind 
nach einer Ueberficht des kgl. bayerischen statistischen 
gureaus in der Pfalz 5910 (18.9 Proz.) stehende 
hHewerbe angemeldet und 4654 (13 Proz.) nieder⸗ 
jelegt worden. Wandergewerbescheine trafen auf 
zie. Pfalz 2382 (107 Proz.) (Pf. Post.) 
Kirchheimbotbanden, 2. Okt. Der 
rischzug im großen Ziegelwoog wurde, nachdeni 
er Weiher vollständig abgelassen, Samstag Morgen 
eendet und etwas über vier Zentner Karpfen und 
Zechte erzielt. * 
Reustadt, 29. Sept. Aus Anlaß der in 
lusficht stehenden Aufbesserung des Einkommens 
er Pfarrgeistlichkeit beider Confessionen hat die in 
er Herbstconferenz dahier versammelte katholische 
Ifarrgeistlichkeit des Landcapitels Neustadt gestern 
ast einstimmig die Resolution beschlossen: es sei, 
va im Projeci die „Landpfarrer“ gegen die Pfarrer 
in den Staädten und Cantons-Hauptorten jährlich 
im 700 Mark zurückstehen sollen, durch den Decanats⸗ 
Vorstand schleunigst eine Versammlung aller Land⸗ 
farrer“ des Bisthums zu berufen, welche in Prüfung 
hrer materiellen Standesinteressen auch darüber 
rathen und beschließen ioll, od sie nicht angezeigt 
väre, eine Deputation von etwa drei Landpfarrern 
u wählen, welche sich nach München begeben würde, 
im, dort an den entscheidenden Stellen die Sache 
hrer Standesgenossen zu vertreten. 
— Bayerfeld, 3. Ott. (R. B.) Heute 
MNorgen 2 Uhr verschied in Folge eines Schlagan⸗ 
alles Herr Lehrer Jatob Brandstetter im Alter von 
Jahren. Derselbe war hier seit 15 Jahren 
hätig und ist allgemein beliebt. Die ganze Ge⸗ 
neinde bedauert lebhaft das Hinscheiden des braven 
ind liebenswürdigen Mannes. 
Von schweren Schicksalsschlägen wurde die 
unmehrige Wintwe des Oekonomen Johannes 
Peisbrod in Burrweiler heimgesucht; dieselbe 
erlor der „Ggt.“ zufolge in wenigen Tagen den 
Zatten, die Schwiegermutter. einen Bruder und 
ine Schwägerin. J 
— Weiseaheim, a. Bg., 8. Okt. Im 
ausgarten des Winzers Heinrich Weber dahier 
seht ein Birnbaum voller Früchte und ·gleichzeitig 
euerdings in schönster Blüthe. 
— Frankenthal. 1. Olt. Heute Morgen 
dährend des Frühstücks disputirten in einer hiesigen 
desselschmiede die zwei Arbeiter Vach und Geißler 
degen einer Geringfügigkeit. Ersterer stach dabei 
em Letzteren in den Leib; der Gestochene mußte 
jach Anlegung des Nothverbandes besinnungslos 
n's Spital verbracht werden, während der Thäter 
»erhaftet und in's Gefängniß abgeführt wurde. Der 
zerletzte erlitt ziemlich starken Blutverlust und läßl 
ich jetzt noch nicht bestimmen, in wie weit die Ver⸗ 
nundnna gefährlich ift 
Vermischtes. 
F Forbach, 30. Sept. Die „Landeszeitung 
beröffentlicht die Allerhöchste Verordnung, du 
welche die Erhöhung des Oktrois für Wein, Alkoho 
ind Bier in der Stadt Forbach genehmigt wich 
Vom Wein werden also künftig 8 Mk., vom Albo. 
hvol 80 Mk. und vom Bier 3 Mk. Oktroi pie 
HZektoliter erhoben werden. Die Erhöhung de⸗ 
lirois tritt mit dem 1. Oktober d. J. in Krafi 
München. Vom Generalkomite des landw 
Bereins in Bahern (Oktoberfest) erhielten u. 
Preise: Goldene Vereinsdenkmünze Hert Oekonom 
tumpf · Kusel; große silberne Vereinsdenkmünze die 
DH. Guisbesitzer Wernz Rehhütte, Stalter-Wahier 
hof und Wenzel⸗Mörlheim; die kleine filberne Ver— 
tinsdentmünze die HH. Oekonomen Seyhfried⸗ 
Beindersheim, Geiger⸗Fußgönnheim, Schrank⸗Ger. 
nersheim. Jochem Bobenheim und Satter⸗Edenkoben; 
ehrende Etwahnung die HH. Adjunkt Theis-Niedern 
zausen, Weber⸗Elschbacherhof, Harter⸗Ballheim 
Gebt. Dahlem · Ringweilerbof und Ackerer Jung 
Ensheim; Preise für erfolgreiche und verdienstvoll⸗ 
Bestrebungen: Vollmar, Bürgermeister, Göddelmann 
Bürgermeister ˖ Gommersheim, Berg, Bürgermeisten 
Dreisen; Leistungen der Gemeinden im Gesammt 
gebiete der Landwirthschaft: die Gemeinden Hördel 
zirkel⸗Neuhäusel und Rhodt. 
München, 20. Sept. Die Sennerin 
Steinberger, welche nach der Geburt eines außer. 
ehelichen Kindes dasselbe in's Wasser geworfen und 
dann den Vater desselben, der sie zur Anzeige der 
That drängen wollte, mit fünf Kugeln anschoß 
vurde zu sechs Jahren Zuchthaus und Stellung 
unter Polizeiaufsicht verurtheilt. Von der Anklage 
des Verbrechens des Kindsmordes sprachen die Ge— 
chworenen sie frei. 
— In der Sendlingerstraße zu München ftehen 
hiele Menschen um ein kleines weinendes Kind ge⸗ 
chaart, das seine Mutter verloren. Die Leut⸗ 
ind absolut rathlos, was zu thun sei; denn der 
Aleine giebt auf alle Fragen, wie er heiße, wo er 
vohne xc., die feststehende Antwort: „woaß net.“ 
Schon will man den Findling auf die Polize— 
zringen, als einem kundigen Thebaner ein genialer 
hedanke kommt. Er stellt sich vor das Kind und 
agt: „Du, jetzt schau' mal ber: Wo holt Ihr 
denn's Bier?“ „In' Franziskaner!“ gab der 
Schreihals prompt zur Antwort. Das war die 
einzig richtize Frage geweser, und fort ging's in 
den „Franziskaner“, wo die Herkunft des Eltern— 
osen schnell festgestellt war. 
f Erlangen, 30. Sept. Herr Braumeister 
Scchmauß dahier hat Email erfunden, welchet 
ür Gewölbe und Häuser von großer Wichtigkei 
st. Derselbe hat das Geheimniß und Rezept au 
eine Nürnberger Firma um 1000 Mk. verkauft 
7 Der Generalmajor z. D. Einst Freiherr v 
Wangenheim ist im Alter von 59 Jahren au 
einer Besitzung Winterstein und der 70jährig 
ammerherr Graf Lazarus Henckel v. Donners 
marck auf seiner Besizung Grambschütz in Schlefie 
zestorden. 
Tübingen, 28. Sept. Eine Stiefmutte 
in Kiebingen (Oberamt Rottenburg) schlug da— 
ichtjährige Kind aus erster Ehe ihres Mannes mi 
inein Knüttel nieder und begoß es dann mi 
Zetroleum, welches sie anzündete, so daß das arm 
Wesen gräßlich umkam. Diese entsetzliche Rohhei 
and ihre Sühne vor dem Schwurgericht, welche 
die Angeklagte, Franziska Langheinz, wegen vorbe 
hachten Motdes zum Tode verurtheilte- 
g8wei schwanzlose Kätzchen, welch 
‚om Geh. Rath Virchow auf dem Naturforschet 
Zongreß zu Wiesbaden vorgeführt wurden, erregter 
daselbst allgemeines Aufsehen, und zwar deshalb 
veil fie diesen Defelt von der Mutter geerbt haben 
Diese verlor den Schwanz durch einen Unfall und 
aun hat sich dieser Defekt überraschender Weise au 
die Jungen übertragen, welche nicht eine Spui 
— DDD—— 
Fnistehuag der Arlen ist dieses Vorkommniß sehi 
nteressant. Werden nun auch die Abkömmlingi 
zieser Thiere wieder denselben Defekt zeigen? Un 
ziese Frage zu beantworten, hat, wie hiesige Blãtter 
Ferichten, Dr. Hermes, welcher dem Kongreß ber 
vohnte, die Thierchen für das Berliner Aquariun 
»⸗rworben und wird mir ihnen Zuůchtianuasversud 
niornehmen. 
'Mainz, 29. Sept. Gestern Nachmite— 
im 3 Uhr fid hier — eine seltsame Erscheinue— 
n September — Hagel; um 2 uhr hagelte 
Freits binter Brekenheim. Marienborn und in de