Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
r „St⸗ Zugherter Angaget erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
it und Sonntags mit achtseitiger illustrirter Beilage. Das Blait kostet vierteljährlich 15 60 3 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen LA 75 3einschließlich 
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ol. 
Dienstag, 11. Oktober 1887. 
22. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
München, 10. Oktober. Dem früheren 
rafidenten des obersten Gerichtshofs, Reichsrath 
NReumayr, ist der Bericht über die Vorlage zur 
lduterung des 8 18 der bayerischen Verfassung, 
ach welchem während der Reichsverwesung alle 
gdedigten Aemter nur probisorisch besetzt, keine 
drongüter veräußert und heimgefallene Lehen nicht 
wieder verliehen werden lönnen, übertragen worden. 
derselbe hat seine volle juristische Ueberzeugung 
ahin ausgesprochen, daß nach dem Wortlaut und 
uch nach dem Sinne der Verfassungsurkunde Ver⸗ 
ndetungen unter der Regierung eines Regenten 
denso rechtsgiltig wie unter der Regierung des 
onigs eingeführt werden können. 
Nünchen, 8. Okt. Der Herr Justizminister 
einen Gesetzentwurf über die der Pfündung nicht 
merworfenen Sachen und Forderungen eingebracht. 
Baden⸗Baden, 10. Okt. Der kaiserliche 
atthalter, Fürst v. Hohenlohe, war gestern Abend 
ur kaiserlichen Tafel befohlen. Angesichts der 
ortdauernd noch günstigen Witterang — gestern 
zaren 14 Grad im Schatten — gedenkt der 
daiser seinen Aufenthalt noch auszudehnen. Es 
vetlautet, er werde, wenn nicht unvorhergesehene 
sindernisse eintreten, bis zum 20. bleiben. 
Leipzig, 10. Okt. Das Reichsgericht verur⸗ 
deilte Nevbe zu fünfzehnjähriger Zuchthausstrafe 
vegen vorbereitender Handlungen und Aufforderungen 
um Hochverrath, wegen Zuwiderhandlung gegen 
ßs Sprengstoffgesetze, wegen Verbreitung verbotener 
Druchschriften und wegen Meineids. 
Ausland. 
Paris, 9. Olt. Als Denunziantin in der 
jrenlegionsschwindelaffaire des Generals Caffarel 
uus dem sranzösischen Kriegsministerium stellt fich 
eine Dame der Halbwelt, Frau Boissier, heraus, 
velche in den Kreisen der Ledewelt unter dem 
damen einer Gräfin Boissy bekannt ist. Sie war 
mfänglich mit der bekannten vornehmen Kupplerin 
giau Limousin associirt, später erzürnten sich beide 
hartner, worauf alsbald die Verhaftung der Li⸗ 
ousin erfolgte. Wie verlautet, steht auch die Ver⸗ 
aftung des Senators General Andlan nahe bevor. 
die erwähnte Haussuchung bei der Limoufin ergab 
wa zweihundert Briefe des bekannten Herrn Daniel 
Wilson, des Schwiegersohnes des Präsidenten Grevy, 
in Fund, von welchem der Präsident Grevy iofori 
xenachrichtigt wurde. Andere vorgefundene Vriefe 
dugen die Unterschriften des Generals Boulanger, 
Botschafters Herbeite, des bonapartistischen 
Jühters Mackau, des früheren Kriegsministers, Ge⸗ 
netal Thibaudin und einer Madame de Courteuil, 
inter welchem Pseudonym man die Wittwe des 
nüheren italienischen Ministerpräsidenten Rattazzi, 
ige Frau Marchese de Rute, geborene Prinzessin 
Honaparte · Wyse⸗Solms, vermuthet. General Bou⸗ 
anger erhielt die Nachricht von der Verhaftung 
ines Günstlings, General Caffarel, während eines 
Austlichen Aufenthalts in St. Etienne und zeigt 
idu über den Votfall sehr bestürzt. — Wie das 
betit Journal“ meldet, stünde die Enthüllung eines 
weiten äühnlichen Skandals unmittelbar bebor. 
NRußland. Zu der kriegerischen deutschfeind⸗ 
en Rede des russischen Großfürsten Nikolaus 
ndailowitsch bemerkt die „Köln. Zeitung“: Wir 
isen, daß die Partei, welche in Rußland seit 
n die Zügei der Regierung ergriffen hat, 
euschland haßt, und diese unchristliche Empfindung 
ditd bekannilich don manchen Deufsschen in alles 
derzlichkeit erwidert; aber wir wissen ebenso gut, 
aß keine maßgebende Persoönlichkeit in Rußland 
ernstlich daran denkt, sich an der ehernen Mauer, 
welche die Staatskunst des Fürsten Bismarck in 
Mitteleuropa aufgeführt hat, den Schädel einzurennen. 
Wenn es den Russen also Spaß macht, den deutschen 
Mond anzubellen, so mögen sie sich ungestört dem 
Beranügen hingeben. Im Uebrigen wendet sich 
zas Antlitz des russischen Volkes immer entschiedener 
von der Sonne der europäischen Kultur ab und 
die bildungsfeindlichen Bestrebungen treten mit 
wachsender Kühnheit auf. Als dem General Sko⸗ 
helew im Jahre 1882 an der Seine das pansla⸗ 
nistische Herz auf die Zunge trat, wurde er be⸗ 
lanntlich ad audiendum verbum imperatoris nach 
Petersburg berufen. Seitdem ist die reaktionäre 
und deutschfeindliche Partei in Rußland noch mäch⸗ 
siiger geworden; man wird deshalb mit einigem 
Interesse, wenn auch ohne jede Erregung, der 
Lösung der Frage entgegensehen, ob der Czar es 
etzt, da seinem Neffen ein ähnliches Mißgeschick 
viderfahren ist, für nöthig erachten wird, die bei 
solchen Fällen im Verkehr offiziell befreundeter Na- 
tionen üblichen Maßregeln zu ergreifen und den 
iungen russischen Großfürsten die Vorliebe für 
zffentliche Zurschaustellung ihrer deutschfeindlichen 
Besinnung durch geeignete pädagogische Mittel zu 
Dderleiden. 
Die Nachrichten aus Marokko lauten sehr 
ernst. Nach einem Telegramm aus Tanger ist allen 
in Marokko lebenden Europäern durch ihre Kon⸗ 
uln gerathen worden, sich ohne Zeitverlust in die 
deimath zu begeben, und wenn sie in Städten 
eben, diese auf Ldeinen Fall zu verlassen. Diese 
Vorfichtsmaßregeln seien der Ueberzeugung ent⸗ 
prungen, daß, sobald der Tod des Sultans be⸗ 
annt wird, zweifellos Unruhen entstehen würden. 
die Madrider „Iberia“, ein ministerielles Blatt, 
jält daran fest, daß in solchem Falle Spanien in 
Marokko entschlossen auftreten müsse, ohne erst die 
krgebnifse diplomatischer Unterhandlungen abzu⸗ 
varten. „Iberia“ fügt hinzu: „Die europäischen 
donferenzen kommen erst nach den Krisen und 
regeln vollendete Thatsachen. Spanien ist für diese 
Art internationaler Zusammenkünfte nicht besonders 
ingenommen. Die Madrider Konferenz hat sehr 
eierliche und sehr weise Anordnungen getroffen, 
über Spanien ist fast die einzige Nation gewesen, 
nelche sie befolgt hat.“ Spanien scheint danach 
ntschlossen, jede Einmischung einer fremden Macht 
in einen etwaigen marokkanischen Erbschaftshandel 
zurückzuweisen. — Es verlautet jetzt nach einem 
Telegramm des „Reuterschen Büreau“, daß der 
Zultan Muley Hassan bereits seit längerer Zeit 
odt sei. Seine beiden Söhne treffen erst jetzt in 
Maquinez ein, und wird sich nun erst Gewisses 
über den Zustand des Sultans herausstellen. — 
Wir wollen unsern Lesern auch die interessante 
Dtitiheilung nicht vorenthalten, daß der Sultan ein 
Abkonimling des Propheten Mohamed ist, und daß 
in Medina am Sarge des Vropheten und seiner 
Tochter Fatime für den Sulten gebetet wird. 
In Kamerun hat, wie die „Fr. Zig.“ er⸗ 
ährt, eine exemplarische Bestrafung einiger, gegen 
die Anordnungen des deutschen Gouverneurs an⸗ 
ässiger kleiner Negerhäuptlinge stattgefunden. Die 
im Unterlaufe des Kamerunflusses wohnenden 
duallas wurden nämlich von einzelnen oberhalb 
im Abo und Wuri hausenden schwarzen Raub⸗ 
ittern gezwungen, von ihren auf diesen Flüssen 
ransbportirten Waaren Zoll zu geben, andernfalls 
nahm man ihnen ihr Eigenthum mit Gewalt weg. 
Strafandrohungen und endlich eine Verurtheilung 
zu einigen tausend Mark Entschädigung wurden 
don diesen Negerbaronen nicht beachtet. Im In— 
teresse des freien Handelsverkehrs mit dem Innern 
sah sich endlich Herr von Puttkamer in Kamerun, 
als Vertreter des in Europa weilenden Gouver⸗ 
neurs von Soden, gezwungen, Ernst zu machen 
und requirirte ein Detachement von dem in Kame—⸗ 
run stationirien Kauonenboot Habicht'. Am 132. 
Juli gingen die Dampfbarkasse und Pinasse, sowie 
wei Boote mit Marinemannschaften ab, den Ka— 
merunfluß und dann den Wuri hinauf, zerstörten 
dort zwei Dörfer des inzwischen entflohenen Häupt— 
sings Etoka in Bonambafi, und dampften am 
nächsten Tage den Abo aufwärts, wo in Tilo bei 
»em Häuptling Singi in gleicher Weise verfahren 
vurde. Seit dieser Lektion hat die Belästigung 
»er Duallahändler aufgehört und die beiden ge— 
züchtigten schwarzen Raubritter haben sogar ange— 
angen, ihre Strafgelder an die Regierung in 
äooo— 
Die Chicagoer Anarchisten. 
Die Bestätigung des Urtheils gegen die Chica- 
zoer Anarchisten durch das Obergericht des Staates 
Fllinois hat besonders unter der deutschen Bevöl⸗ 
erung dieses Landes große Aufmerksamkeit erregt, 
veil fünf der Verurtheilten Deutsche sind. August 
Spieß, Michael Schwab, Georg Engel, Adolf 
Fischer, Louis Lingg, Samuel Filden und A. R. 
harfons sind verurtheilt, am 11. November d. J. 
gehängt zu werden, Oslkar Neebe fünfzehn Jahre 
m Zuchthaus zuzubringen. Da man sich des Er⸗ 
eignisses, welches zu dieser Verurtheilung geführt 
jat, nicht mehr allgemein erinnern dürfte, so mag 
dasselbe in gedrängter Kürze hier erzühlt werden: 
Nach einer zweijährigen Agitation der Sozia⸗ 
listen und Anarchisten in Chicago gegen die Kapi⸗ 
alisten und nachdem in geheimen und öffentlichen 
Versammlungen, den Berichten ihrer eigenen Organe 
zufolge, die Arbeiter zu Gewaltthaten aufgefordert 
wurden, waren diese im Frühjahr von 1885 in 
Mitten zahlreicher Streiker in einem Zustande 
großer Aufregung. Der 1. Mai war dazu be—⸗ 
stimmt, das Achtstundensystem seitens der Arbeiter 
zu erzwingen. In den ersten Tagen jenes Monats 
waren viele Tausende von Arbeitern, Männer, 
Weiber und Kinder, auf den Straßen. Alle streikten, 
Niemand schaffte. Die meisten Fabriken standen 
ttill, lange Reihen von Eisenbahnzügen standen vor 
und in den Frachtdepots. Am 3. Mai um etwa 
1 Uhr versammelten sich an 2000 Arbeiter in der 
Nähe der Me. Cormich'schen Fabrik für Ackerbau⸗ 
maschinen und besprachen fich über den daselbst 
statifindenden Streike. Fast alle waren Ausländer 
und trugen rothe Bändchen zum Zeichen ihrer revo⸗ 
lutionären Gesinnung. Da erschien Spieß, sprang 
auf einen leeren Frachtwagen und hielt eine Rede 
an die Versammelten. Seine Bemerkungen waren 
hauptsächlich gegen Me Cormick gerichtet. Als er 
geendet hatte, drängte der Menschenhaufe voran 
zuf einen leeren Platz vor der Mce Cormick'schen 
Fabrik. Ein einziger Polizist stand am Eingang 
Wache; er wurde mit Steinwürfen vertrieben, und 
in wenigen Minuten war keine Fensterscheibe in 
dem dreistöckigen großen Fabrikgebaude mehr heil. 
Ploͤtzlich erscheint ein Patrouillenwagen, drängt sich 
durch den Haufen, ein Dutzend Polizisten sprangen 
herunter und postirten fich vor dem Eingange 
zur Fabrik; andere folgten, bis eiwa 100 Poli⸗