Schlachtfeldes von Spichern ein besonders lebhafter.
Namentlich im Ehrenthal fanden sich zahlreiche
Besucher ein, welche auf den Gräbern Kranze
niederlegten. Auch das Grab der im vorigen
Jahre verstorbenen Katharina Weißgerber, in weiten
Kreisen unter dem Namen „Schulzenkathrin“
»ekannt, wurde dabei nicht vergessen. Es ist dies
die Frau, welche am 6. August 1870 bis in die
Gefechtslinie vordrang, um die Kampfenden und
Verwundeten mit Wasser zu laben. Später wid⸗
mete sie sich in aufopferndster Weise der Kranken⸗
pflege und wurde deßhalb mit der Kriegsdenkmünze
uind dem Verdienstkreuz fuür Fcauen und Jung⸗
frauen bedacht. Als Anerkennung für ihre patrio⸗
tische Haltung wurde sie im Ehrenthal begraben.
F Eine mysteriöse Geschichte ereignete
äch am Allerseelentage früh 8 Uhr im zweiten
Stock eines Hauses an der Müllerstraße in Mün—
chen. Als naͤmlich dem um diese Zeit heimkehren⸗
den Zimmerherrn auf sein Klopfen geöffnet wurde,
fand man neben ihm auf dem Boden liegend die
deiche seines etwa 20jährigen Freundes. Wie dieser
ums Leben gekommen, wird die gerichtliche Sektion
ergeben. Bis jetzt steht nur fest, daß die Leiche
bon zwei Männern von der Straße in den zweiten
Stock getragen wurde. Der Zimmerherr gerieth,
als man ihm den Tod seines Freundes mittheilte,
mn solche Aufregung, daß er ins Krankenhaus ge⸗
hracht werden mußte.
F Dem hayerischen Staatsangehörigen Eugen
Ritter v. Dursy, kaiserlich deutschen Ministerial⸗
rath in Straßburg, wurde für den k. preuß. Rothen⸗
Adler-Orden 3. Kl. mit der Schleife die Bewil⸗
ligung zur Annahme und zum Tragen ertheilt.
FeFreifing, 3. Nov. Die k. baher. Staats⸗
brauerei Weihenstephan errichtet in Berlin,
und zwar Friedrichstroße 150, ein großartiges Bier⸗
otal, das an Weihnachten eröffnet werden soll.
Das Bratwurstglöoöckhein. Das hiftorische
zon jedem Fremden aufgesuchte „Bratwurstglöcklein“
am Albrecht Dürerplatz in Nürnberg hat seinen
Besitzer gewechselt; der Kaufpreis für diese eigen⸗
artige, wenige Quadcatmeter Raum enthaltene
Wirthschaft war 52,000 Martk.
F Von Interesse für Turnkreise ist eine
Erfindung von G. Heimgärtner in Stuttgart, welcher
eiin Sprungpferd konstruirt hat, das durch bloße
Drehung einer Kurbel nach Belieben höher oder
niedrigerer gestellt werden kann, ohne daß die
Anwendung von Pflöcken nöthig ist. Sachverständige
prechen sich sehr anerkennend über die Neuerung aus.
F Frankfurt a. M. Bei der Versteigerung
der Sedgwick. Sammlung von Münzen wurden
gestern u. A. bezahlt für je einen Doppelthaler
der Stadt Hannover von 1630 Mk. 565; von
Hdildesheim, 1600, Mk. 525; von Magdeburg mit
dem reitenden Kaiser Otto J. Mk. 335; von
Nordhausen von 1620 Mk. 650; von Stade von
1530 Mk. 550. Der älteste Doppelthaler der
Stadt Thaun im Elsaß, von 1511, erzielte Ml.
790. Das Gesammtresultat des Erlöses dieser be⸗
»Reutenden Sammlung war bei einer Nummernzahl
von 367 über 57,000 Mark.
F Frankfurt, 5. Nov. Gestern Nachmittag
entstand vor einem Hause am Paulsplatz ein förm ⸗
licher Menschenauflauf. „Was ist passirt?“ fragten
die Vorübergehenden. „Nichts Besonderes“, lautete
zie Antwort, „der Inhaber des Hauses sucht nur
einen Laufburschen“ Gegen 150 junge Leute
reflektirten auf die Stelle. — Ein hiesiger Jung⸗
geselle sollte in einer Strafsache als Zeuge ver⸗
nommen werden werden und erhielt eine gerichtliche
Vorladung. Der alte Herr, der trotz seiner 65
Jahre noch niemals mit den Gerichten oder der
Polizei zu thun hatte, erschrak über die Ladung
derart, daß er von einem Schlaganfall getroffen
wurde.
F Mainz, 3. Nob. In einer geheimen
Sitzung des ftädtischen Finanz⸗Ausschusses wurde
gestern Abend vom Oberbürgermeister die Mit⸗
cheilung gemacht, daß die Stadt St. Johann
den Obersekretär der hiesigen städtischen Verwaltung,
Finanzaccessist Ludwig Amend, zu ihrem Bürger⸗
meister ausersehen hat. Es wurde beschlossen, den
Henannten — wenn möglich — durch Gewährung
eiens höheren Gehaltes an Mainz zu fesseln.
F Wegen Hyynotisierens bestraft.
Vor der Karlsruher Strafkammer wurde kürzlich
ein Hypnotiseur zu 14 Tagen Gefängniß verur—
—R
Hypnotisieren und Handbewegungen, während dieser
auasam ein Glas Wein austrank. in einen Schlaf
ersetzte, welcher todtähnlich war und volle 18
Ztunden anhielt. Das Bezirksamt hatte den Hyp⸗
rotiseur wegen „groben Unfugs“ zu 20 Mk. ver⸗
irtheilt, wogegen der Angeklagte Berufung einlegte.
Das Schöffengericht erblickte jedoch in dieser neuen
dunst eine Freiheitsberaubung und fahrlässige Kör⸗
nerverletzung, weswegen die Angelegenheit an die
Strafkammer verwiesen wurde. Das Zeugenverhör
rgab, daß in Pforzheim und Umgegend, wo der
Angeklagte ansässig ist, das Hypnotisieren eine Mode⸗
rankheit ist und daß u. a. der oben erwähnte
zursche infolge des Hypnotisierens von einem Tob⸗
uchtsanfall befallen wurde. Aus diesen Gründen
autet das Urtheil, wie oben angegeben.
Mannheim, 7. Nov. In hiesiger Stadt
vurde ein Blatternfall konstatirt, und zwar ist
ine Frau erkrankt. Vonseiten der Gesundheitspolizei
ind die nöthigen Vorsichtsmaßregeln getroffen worden.
F Trier, 5. Nov. Ein hiesiges, noch äußerst
rüstiges Ehepaar hat dieser Tage das Jubiläum der
Ankunft des fünfzigsten Enkels gefeiert.
F Bochum, 6. Nov. Auf der benachbarten
zeche „Carolina“ herrscht großer Jubel, weil auf
er vierten Tiefbausohle ein 7 Fuß mächtiges Flöz
einer Kohle angefahren worden ist.
F In Gelsenkirchen machten drei Aerzte
zieser Tage eine interessante Operation.
kin Beramann war bei St. Quentin am 19.
Januar 1871 von einer Chassepotkugel in
die linke Schulter getroffen worden. Jetzt bildete
äich auf der Schulter eine bedeutende Entzündung
und Eiterung. In Folge dessen begab sich der
Mann in's Krankenhaus, wo ihm eine an mehreren
Ztellen zerhackte und an der Spitze abgeplattete
dugel von 212 cm Länge herausgeholt wurde.
Die Kugel lag in den Weichtheilen 9 em tief und
zatte bis dahin den ehemaligen Soldaten nicht im
Zeringsten belästigt.
F Dortmund, 4. Nov. Es hat sich all⸗
nählich die Erfahrung herausgebildt, daß eine
ztoße Anzahl Unglücksfälle in Bergwerken auf miß⸗
jerstandene Signale zurückzuführen sind, und zwar
auptsächlich trifft das bezüglich der mündlichen
Zignale zu, wie sie in Bremsschächten, Aufzügen
ind dergleichen üblich sind. Besonders ist dieser
zatürliche Uebelstand auch ein Einwand, welchen
Bergleute, die wegen fahrlässiger Körperverletzung
der fahrlässiger Tödtung vor Gericht kommen, gerne
u ihrer Entlastung heranzuziehen pflegen. Aus
sdiesen Gründen hat das k. Oberbergamt zu Dort⸗
nund eine neue Berg-⸗Polizeiverordnung erlassen,
vonach vom 1. Januar 1888 ab alle mündlichen
Signale wegfallen und durch mechanische Klang⸗
ignale, d. h. durch Aufschlagen eines Hammers
ind dergleichen ersetzt werden müssen.
FOsnabrück, 2. Nov. Die feiernden
Bergleute des städtischen Kohlenbergwerks uad
der zugehörigen Steinbrüche sind heute bedingungs⸗
os zur Arbeit zurückgekehrt, nahdem fie einen
dohnausfall von zusammen 25. 000 Mk. er⸗
itten haben.
F Berlin. Nicht weniger als 3000 Per⸗
'onen sind als Bewerber um Posten als
Inspektor, Aufseher und dergleichen in den Markt—
jallen bis jetzt vornotirt. Durch die 3000 Vor—
iotirungen ist der Bedarf auf Jahriebhnte hinaus
edeckt.
F Berlin, 5. Nov. In stark besuchter Ver⸗
ammlung der Gesellschaft für Erdkunde gab heute
Abend Lieutenant Wißmann, von dem Vorsitzenden
eierlich begrüßt, eine eingehende Darstellung seiner
etzten Durchquerung Afrikas. Seine Expedition
»estand aus 1000 Köpfen, die während der letzten
Wochen der Reise fürchterlich unter Pocken, sowie
viederholten Kämpfen mit den Eingeborenen zu
reiden hatten. Unter seinen Mittheilungen waren
die bemerkenswerthesten, daß sich seit seiner letzten,
jor vier Jahren gemachten Reise in jenen Distrikten
ine böllige Veränderung unter den dortigen Stämmen
vollzogen. Während früher noch eine gewisse ur⸗
prungliche Kultur dort geherrscht habe, sei dieselbe
vereits unter den fortpflanzenden Einwirkungen der
—XE
egriffen. Auch die Tauschmittel änderten sich be—
eits; nicht mehr die Kaurimuschel, sondern euro⸗
äische Gewehre und Pulver würden tief im Innern
Afrikas von Negerstämmen verlangt, die noch keine
Weißen sahen. In Verbindung damit breite sich
in scheußlicher Menschenhandel und Sklavenjagden
nus, wie sie früher nicht bestanden. Wißmann's
Leiseroute cina auf Bastian's Rath von der West-⸗
tüste Afrikas etwas südlich vom Kongo aus, wandt
ich zunächst nach dem Kassaistrom, verfolgt⸗ pr
elben mehrere Grad nördlich, durchschnitt in &
zstlicher Richtung das Kongobecken, und wandte —
donn, weil die Schwierigkeiten unübersteiglich it
nach Niangwe, von wo aus die bekannten Wassen
traßen des ostafrikanischen Seengebiets erreicht
wurden, die nach der Ostküste Afrikas führten.
F Ein beim Fürsten Bismarck kürzlich
zu Gast gewesener Hamburger erzählt folgeude
Scherzwort: Man war gerade im Begriff, be
der Tafel die Suppe einzunehmen, als ein Tele⸗
zramm aus Berlin Überreicht wurde. Der X
rhob sich, nachdem er den schon zur Hand ge.
nommenen Löffel wieder zur Seite geleht hane
und entschuldigte sich seinen Gasten gegenüber damit
daß das Telegramm eine sofortige Beantwortung
verlange. Als darauf einer der Gäste sich erlaudie
den Fürften in scherzhafter Weise zu bitten, du
ZSuppe doch nicht kalt werden zu lassen, entgegneh
der Fürst mit komisch⸗ängstlicher Miene: Fum
Botteswislen nicht — das Telegramm ist von
Herbert, meinem Sohn, und wenn ich den warten
asse, schikt er mir sofort ein zweites dringendet
Telegramm; in seinen Arbeiten liebt er keine Ver—
zögerung und das ist gut so; wenn ich in meinet
Jugend nur halb so fleißig gearbeitet hätte, wie
nein filius, dann wäre aus mir vielleicht noch
was ganz anderes geworden.
F Das Aelteflenkollegium der Berliner Börse
jat eine Belohnung von 1000 Mt. auf die Ent—
deckung des Urhebers der Rohrpostbriefe über daß
Befinden des Kaisers, durch welche die Börse vor
rinigen Tagen beunruhigt worden, gesetzt. Der
Absender hatte sich „Cohn“ unterzeichnet, aufgegeben
vurden die Briefe von einem jungen Mann. Di—
»olitische Polizei ist vom Polizeipräsidium mit Nach—
forschungen beauftragt worden. Hoffentlich gelinge
es, den Frevler zur Verantwortung zu ziehen, da⸗
mit ein warnendes Beispiel aufgestellt werde.
F Zur Heine⸗Litteratur. Die erste,
5000 Exemplare starke Auflage des „Buchs der
dieder“, die 1826 erschien, war erst nach 10 Jah—
ren vergriffen, und bis zum Tode des Dichters er⸗
chienen im ganzen dreizehn Auflagen. Könute er
heute sehen, wie die buchhändlerische Spekulation
ich seiner Werke bemächtigt! Sie find mit Ablauf det
vorigen Jahrs „frei“, d. h. Nationaleigentum ge—
vorden, und Berufene wie Unberufene haben be—
reits versucht, sie dem Volke in mehr oder weniger
zuten und schlechten Ausgaben vorzusetzen. Auch
das Leipziger Bibliographische Instituf
reiht seinem übrigen, rühmlichst bekannten Klassiker⸗
derlag eine solche in 6 Bänden a 2/4 Mark er
scheinende an, von der uns heute der erste Band
fertig vorliegt, und die, von Dr. Ernst Elster
herausgegeben, hinsichtlich ihres Arrangements wie
der Ausstattung und des Preises die vollste An—
erkennung verdient. Wir behalten uns eine ein⸗
gehende Behandlung für später vor.
Leipziger Tageblatt.)
f Strehlen, 29. Okt. An diesem Tage
zegaben fich die drei Soöhne des Försters Scholz—
m Alter von 13, 10 und 9 Jahren stehend, in
die Fasanerie, um Krähen zu schießen. Der ältere
Bruder Hugo hatte ein zweiläufiges Gewehr bei
ich. Nachdem er eine Krähe durch einen Schuß
zeiödtet hatte, übergab er das Gewehr seinem 10
ährigen Bruder Konrad. Als dieser die Hähne
des, wie er glaubte, nicht wieder geladenen Ge—
wehrs in Ordnung bringen will, geht ein Schuß
los, welcher den älteren Bruder tödtet. Die Kugel
var demselben durch den Hals gegangen.
F Brüssel, 4. Nop. Im Borinage, dem
dauptheerde der großen Strike-Bewegung im Mai
d. J., ist seit gesiern ein ziemlich bedeutender Strike
nusgebrochen. Ungefähr 1000 Arbeiter der Gruben
„Produits du Flenu“ haben die Arbeit eingeftellt:
etwa 500 der Grube „Gaillet“ bei Quaregnon
ind ihnen gefolgt. Eine der Hauptursachen dieses
unerwartet eingetretenen Strikes ist die Verweigerung
einer Lohnerhoͤhung von 40 Centimes taglich auf
der Zeche „Produits du Flenu“, deren Eigenthümerin
die „Societe Generale“ ist. Die Bergleute sehen
nämlich, daß die Kohlenlager sich leeren, der Ver—
sandt ein lebhafter geworden ist und die Kohlen⸗
preise seit einiger Zeit im Steigen sind. Besonders
nach Frankreich geht seit Kurzem infolge des Bruches
gewisser großer Lieferungsverrtäge, die von Fran⸗
zosen mit deutschen Zechen abgeschlossen worden
eine Menge belgischer Kohle. So sagen sich denn
die Bergleute des Borinage, daß die Zeit für ein