Full text: St. Ingberter Anzeiger

* uUcherte Ameiger. 
Aumtiliches Organ des könial. Amtsgerichts St. Inabert. 
—722 
der „St. Ingberter Auzeiger“ erjscheint wochentlich füufmalz Am Montag. Dieustag, Dounerstag, Samstag und Sountag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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—AM 4. J — 
Dienstag, 4. Januar lꝛde... 
22 Jaubrs 
Das achtzigjährige Militärjubiläum 
des Kaisers. 
Berlin, 1. Jan. Der Kaiser empfing heute 
aum halb 2 Uhr die kommandirenden Generäle 
»er deutschen Armee, an deren Spitze der Kron 
prinz erschien: General der Infanterie v. Pape 
Gardecorps), General der Infanterie v. Kleist 
L. Armeccorps), General der Infanterie v. Dan- 
nenberg (2 Armeecorps). General der Kavallerie 
Braf v. Wartensleben (3. Armercorps) General 
der Infanterie Graf v. Blumenthal (4. Armeecorps), 
BZenerallieutenant Frhr. v. Meerscheid-Hüllessem (5. 
Armeecorps), Generallieutenant Frhr. v. Böhn (6. 
Armeecorps), General der Kavallerie v. Witzendorff 
7. Armeecorps) General der Kavallerie Frhr. v. 
Los (8. Armeecorps), General der Infanterie v. 
Treschow (9. Armeetorps), Prinz Albrecht, Regent 
von Braunschweig, General der Kaballerie (10. 
Armeecorps), General der Kavallerie Frhr. v 
Schlotheim (11. Armeeccorps), General der Infan⸗ 
erie Prinz Georg von Sachsen (12. Armeecorps) 
General der Kavallerie v. Alvensleben (18. Armee⸗ 
corps), General der Infanterie v. Obernitz (14 
Armeecorps), Generallieutenant v. Heuduck (15. 
Armeecorps), General der Infanterie und Generale 
Inspelteur der Artillerie v. Voigts⸗Rhetz, General 
der Infanterie und Chef des Ingenieurcorps p. 
Stiehle, General der Infanterie v. Strubberg, 
Beneral der Infanterie Gouverneur von Berlin vo. 
Werder, Kriegsminister Generallieutenant Bronsart 
bon Schellendorf, Generalfeldmarschall Graf Moltke, 
Benerallieutenant und Chef der Admiraglität v. 
Caprivi, General der Infanterie Frht. v. Horn 
J. bayer. Armeecorps), General der Infanterie v. 
Orff (2. baher. Armeecorps). 
Der Kronprinz hielt an den Kaiser folgende 
Ansprache: „Allerdurchlauchtigsler, großmachtigster 
daiser, allergnädigster Kaiser, König und Kriegs- 
Hderr! Mit Eurer Kaiserlichen und Königlichen 
Majeftät begeht heute das Heer die Erinnerung an 
den Tag, da Allerhöchstdieselben vor achtzig Jahren 
zurch König Friedrich Wilhelm III. in die Reihen 
der preußischen Armee aufgenommen wurden. — 
Wiederholt schon durfte Ich, wie im gegenwärtigen 
Augenblicke, mit Vertretern des Heeres dor unsern 
ctriegsherrn treten, und Ihm dafur danken, daß Er 
ins in gewaltigen Kämpfen zu herrlichen Siegen 
zeführt hatte; bei der heutigen Feier aber bliden 
dure Majedät auf sechszehn vom Frieden reich ge⸗ 
egnete Jahre zurück, welche vor allem der ungestoͤr⸗ 
en Entwicklung und der Kräftigung des nach har⸗ 
sem Kampfe wieder aufgerichieten Reiches gewidmet 
varen. — Spolche friedliche Arbeit konnte indeß 
aur gedeihen, weil gleichzeitig Eurer Majestät sach- 
uundige und rastlose Leitung die Schlagfertigkeit 
»es Heeres zu der Vollkommenheit foöͤrberte, deren 
eder deutsche Soldat sich mit Stolz bewußt ist. 
Der preußische Grundsatz, daß es keinen Unterschied 
zibt zwischen Volk und Heer, weil beide eins und 
u des Vaterlandes Veriheidigung jederzeit bereit 
ind, ist durch Eurer. Majestät Fürsorge Gemeingut 
»er ganzen Nation geworden. In dieser Wahr⸗ 
jaftigkeit unseres gesammten Volkes liegt die ge⸗ 
vichtigste Bürgschaft für die Wahrung unseres Frie⸗ 
»ens. So möge es mir heute wie vordem gestat⸗ 
tet sein auszusprechen, daß unser wehrhaftes, einiges 
Volk in dankbarer Liebe und opferwilliger Treue 
einem Kaiser und Kriegsherrn vertraut, mit freu⸗ 
iger Zuversicht auf Ihn als den Wohrer des 
Friedens blickt. und den einmüthigen Wunsch heat. 
daß Gottes Segen in Fülle auch ferner auf Eurer 
Majestät ruhen möge. * — 
Der Kaiser dankte in sehr herzlichen und war⸗ 
nen Worten, gedachte seines Vaters, der vor 80 
zahren in schwerer Zeit ihn in die Armee habe 
intreten lassen in der Hoffnung, daß er bessere 
Zeiten erleben werde; die Vorsehung habe sie ihn 
rleben lassen im vollsten Maße und besonders durch 
ie Erfolge, die er mit der Armee gehabt habe; er 
anke allen Anwesenden als den Vertretern der 
Armee, auch den nicht mehr aktiven Officieren, die 
iber an den Erfolgen mitgewirkt. —— 
Der Kaiser umormte hierauf den Kronprinzen, 
zing alsdann auf den Feldmarschall Grafen Moltke 
u, umarmte auch diesen in herzlichster Weise und 
ankte demselben für seine unvergleichlichen Dienste. 
Schließlich sprach der Kaiser die Hoffnung aus, die 
Unwesenden am 1—. Januar 1888 wieder zu sehen. 
Die Kaiserin war am Arme des Prinzen Wilhelm 
zugegen. Zu gleicher Zeit mit den kommandirenden 
Beneralen etrschienen auch zum Empfange die hier 
vohnhaften aktiven und die zur Disposition stehen⸗ 
zen Generale, sowiesdie Obersten, welche Genetals⸗ 
tellungen; bekleiden, und die Kommandeure der 
deibregimenter. 
Um IAhr wurden empfangenedie Iandsäffigen 
Fürsien und deren Gemahlinnen, um 124 Uhr die 
aktiven Staatsminister und der Präsident des ecvan ⸗ 
gelischen Ober Kirchenrathes um 2 Uhr die hier 
icreditirten. Botichafter. 
zimmer neben dem Czaren arbeitete, stectte er eine 
Ligarre in seine Spitze und begann zu rauchen. 
Der Czar trat plötzlich ein. Reutern, verwitrt weil 
r beim Rauchen ertappt war, stechte Cigarre und 
—AV 
ich ein, er sehe ein gespanntes Pistol. Er zog 
elber seinen Revolver und erschoß Reutern Er 
var siarr, als er seinen Irrthum einsah und sandte 
ugenblicklich einen vertrauten Adjutanten zur Familie 
steutern, den verhängnißvollen Irrthum aufzukläten 
ind sein tiefstes Bedauern auszusprechen.Die 
Familie gab den Zeitungen keine Nachricht vom 
Tode ihres Angehörigen, hielt, vielmehr die Lesart 
nufrecht daß er eines natürlichen Todes gestor⸗ 
ben sei. 
Der „Times“ Korrespondent erklürt hieraus 
ie leichtgläußige Aufnahme;, welche das Gerücht 
»on dem Tode Billaume's darch die Hand des 
czaren. gefunden. Gleichwohl bezeichner auch er 
hasseben als falsch: Die Gerüchte vom Tode 
des: Generals v. Villaume gründen sich auf eine 
ungeduldige Bewegung des Czaren während einent 
Audienz. als sich der deutsche Militarbevoll müchtigte 
einerx Mission, (nämlich Frankreich und Rußland 
inander gu entfremden) unterziehen, und den 
daiser von der Idee, unter gegebenen Umständen 
jemeinsame Sache mit Frankreich machen zu wollen, 
urückbringen wollte. 3. . e 
Aus Odessa wird der „Daily News“ geschrie- 
den: „Als weiterer Beweis, wenn es gegenwärtig 
dessen bedurste, von der Antipathie des Czaren 
zegen das Deutssccht hum im Reiche, mag ein 
Ukas gelten, kraft dessen zum Beginn des russischen 
Neujahrs Falle Zollbeamte deulscher Nationalität, 
die gegenwärtig längs der deuischen und öster 
reichischen Grenze angestellt sind, entlassen werden 
sollen. Die Verfügung wird eine sehr große An— 
ahl russischedeutscher Beamten unglücklich machen. 
„Rußland für die Russen“ ist augenscheinlich vor⸗ 
aufig die Parole der inneren Politik des Reiches 
zeworden. Vor einigen Wochen wurden die alten 
»eutschen Namen der teutonischen. Colonien in 
Süd Rußland in russische umgewandelt.“ 
Aus der Schw iz, 30. Dezbr. In der 
Presse macht sich bereits eine Stroͤmung geltend, 
die sehr deutlich erkennen läßt, nach welcher Seite 
hin im Falle eines deufsch-franzöfischen Krieges fich 
die Sympathien derselben richten werden. Es ist 
erfreulich, konstatieren zu lünnen, daß diesmal im 
Segensaz zu 187071, die maßgebenden Blätter 
ast ohne Ausnahme eine deutschefreundliche Tendenz 
ekünden. Waren die Zollplackereien mit Deutsch- 
and nicht vorhanden, so- hätte Deutschland die 
Sympathien fast der ganzen Schweiz 
Deutsches Reich. J 
Munchen, 2. Jan. Die sämmtlichen Erz⸗ 
vischofe und Bischöfe Baherns haben an den Prinz⸗ 
Regenten anläßlich des Neujahrswechels Gratutalions 
chreiben gerichtet, welche „sehr lohal und patrio⸗ 
tisch' gehalten sind 
Ausland. 
Wien, 2. Jan. Die Leitartikel der offizissen 
Blätter besprechen die außere Situation und drü— 
len allgemein die Zuversicht aus, daß der Frieden 
xhalten bleibe. Rußland stethhe wie die übrigen 
Mächte auf dem Boden der Verträge. Bulgarien 
wird ermahnt, sich den Wünschen des Czaren zu 
ügen. — Die ,„Wiener Allg Zig“ wurde wegen 
ꝛeines Passus über die Sprachenftage konfiiszirt. 
Paris, 2. Jan. Der offizisse Temps“ 
'agt: Nicht Deutschland bedrohe den Frieden 
ondern Rußland. Die russische Autokratie und 
der slavische Fanatismus seien unberechenbar. 
Die Ersschießnuag des Adjutanten von 
Reutern durch den Czaren wird der „Times“ 
vestätigt. Bekanutlich wurde alles dementirt, was 
ich auf den Adjutanten d Reutern bezog. Es 
wurde so diel Staub aufgewirbelt, daß man nicht 
ehen bonnte. Reutern sollte gesund und munter 
nuf seinen Besitzungen im Kaukasus sein; er sollte 
schon vor Jahren ruhig verstorben sein. Trotz 
iller Dementis scheint aber unumstößlich zu sein, 
aß v. Reutern vom Czaren erschossen ist. Wie 
chon erwähnt, destätigt der Pariser Correspondent 
der „Times“ diese Nachricht mit bielen Einzelnheiten. 
Er schreibt: 
Der Czar hatte Reutern beauftragt, sich nieder 
usetzen und Briefe zu schreiben, welche ihn zwei 
Stunden in Anspruch nehmen würden, und ihm 
die Briefe zu bringen, wenn sie fertig seien. Major 
steutern rechnete demzufolge darauf, einige Stunden 
ingestört zu hleihen. und obaleich er in einem 
Larale und pfälzische Nachriten. 
RX Rohrbach, 2. Januar. Heute Vormit⸗ 
lag hatte dahier durch Abfeuern von Schüssen leicht 
ein größeres Unglück entstehen können. Der Kutscher 
Res Herrn Posthalter Conrad von St. Jagbert 
zatte nämlich mit einer zweispännigen Chaise den 
herrn Caplan Brenner zur- Abhaltung des 
Hottesdienstes hieher gefahren und kurze Zeit die 
Bferde, die zuvor an je einem Strange ausgebängt 
varen, vor der Wirthschaft von Schwarz allein 
tehen lassen. Während dieser Zeit frunrte der 
ledige Bergmann Bastian von bhier hinter dem ge— 
nannten Wirthshause zu einer Kindtaufe aus einem 
Terzerol zwei Schüsse ab. Die Pferde, hiedurch 
erschreckt, nahmen Reißaus nach St. Ingbect zu. 
Um Ende des hiesigen Orfes yrallte iedoch die