Vermischtes.
Das Jahr 1888 ist ein Schaltjahr; es
ommt in diesem Jahre der seltene Fall vor, daß
es uns nicht nur 58 Sonntage, sondern auch 58
Montage bringt. Der 1. Januar fällt auf einen
Sonntag und der 31. Dezember 1888 auf einen
Montag..
pNeunkirchen, 22. November. Im rechten
Hauptgeleise der Bahnstrecke Neunkirchen⸗Reden ist,
nach der „S. u. Bl. Z.“ in der Nacht von 1. auf
den 2. November. an einem die⸗ Bahn kreuzenden
ebergange von frevelhafter Hand ein Verbrechen
versucht · worden. Daselbst sand man an zwei
Schienen die Muttern der zur Befestigung der
Schienen auf den eisernen Querschwellen dienenden
Befestigungsbolzen abgeschraubt und die Bolzen
loagerxuitel. sodaß nach sachverständigem Urtheile
bei nicht rechtzeitiger Entdeckung das größte Unglüch
hätte passiren können. Wie wir erst jetzt erfahren
ist eine diesbezügliche Untersuchung im Gange.
Wuürzburg, 22. Nov. Der erbliche
Reichsrath der Krone Bayern, Reichsfreiherr Karl
von Würtzburg ist gestorben. — Stadtgärtner Lin⸗
dahl, ein bedeutender Landschaftsgärtner, hat sich
erschossen. .
7Ein gräßliches Familiendrama
wird der Fr. Zig.“ aus Imendingen (Baden)
zemeldet. Am Samstag Mittag drang nämlich
ein von seiner Frau getrennt lebender streitfüchtiger
Mensch, mit zwei geladenen Revolvern und einem
großen Metzgermesser versehen, in die Wohnung
seiner Schwiegermutter, wo sich zur Zeit auch seine
Frau aufhält, verwundete hier seine Frau, deren
Vater, Bruder und Schwester mittels Revolver—
schüsse schwer und brachte sich alsdann zwei Re—
volverschüsse sowie zwei Messerstiche bei. Nicht zu⸗
frieden mit dem angerichteten Blutbade, erhob er
in seinem schwerberletzten Zustande abermals den
Revolver gegen seine alte Schwiegermutter und
tödtete diese durch einen Schuß in den Kopf. End⸗
lich gelang es hinzukommenden beherzten Männern,
dem noch fortwährend Schüsse abfeuernden Mörder,
nachdem er noch ein nicht zur Famitlie gehöriges
Kind durch einen Streifschuß leicht verletzt hatte.
zu überwältigen. *
7. Straßburg, 22. Novb. Heute hat das
—X
nahme der Bischöfe Haffner-Mainz, Fleck⸗ Metz,
Korum⸗Trier, Freppel⸗Angers in Frankreich, sowie
des Statthalters Furst Hohenlohe, der Spitzen der
Civil· und Militärbehörden und zahlloser Geistlichen,
geistlicher Kongregationen, der katholischen Studien⸗
dereine stattgefunden. Das Todtenamt hielt Bischof
sKtorum, die Leichenrede der Domkapitular Heinrichs
Mainz. Die Leichenbeisetzung in der Bischofsgruft
im Münster erfolgte am Abend in aller Stille.
F Straßburg, 22. Nod. In verflosse ner
Nacht wurde auf die unverehelichte Louise Hanter
von einem Patrouillenführer des 99. Infanterie⸗
Regiments, welcher dieselbe auf Befehl zur Polizei⸗
wache zu bringen hatie und dem die Verhaftete
entlief, nach vorschriftsmäßigem dreimaligen Anruf
geschossen. Die Kugel traf den Kopf und trat
der Tod sofort ein. Das Mädchen war von der
Wache der Nikolauskaserne aufgegriffen worden.
7 Bingen, 22. Nov. Auf dem infolgel der
Kollision mit dem Dampfer „Rosa Marv“ om ver⸗
gangenen Samstag gesunkenen Dampfer „Scholten“
defanden sich nach der Fr. Zig. ganz beträchtliche
nach Amerika bestimmte Weinsendungen hiesiger,
Rüdesheimer und Kreuznacher Firmen im Werthe
von ca. 120,000 Mk. Die Weine sind selbstver⸗
ständlich versichert.
ꝓ AÄus Krefeld schreibt man: Der 100, 000ste
Einwohner! Noch heute wird er erwartet, der
Glückliche! Od Junge oder Mädchen wissen wir
nicht, jedenfalls ist wohl seit Jahrhunderten in
unserer Stadt keinem neuen Weltbürger eine solche
Aufmerksamkeit entgegengebracht worden, wie dem
100, 000ssen. Welche Spannung! Da lkommt
ein jugendlicher Ehemann mit freudestrahlendem
Antlitz ium Meldeamt delaufen und hofft allen
anderen mit seinem 100, 000sten zuvorgekommen
zu sein. Der freundlich gestimmte Beamte giebt
ihm indessen die Nummer 99,999 an, also immer
noch nicht der richtige. Aber der folgende glückliche
Vater wird mehr Glück haben — nein, der Himmel
hat es anders beschlossen. Kurz vor seiner An
meldung sind zwei Todesfälle angemeldet worden.
So dauert der Kampf ums 100,000sie Dasein
wochenlang weiter. Endlich heute kommt die Auf—⸗
sösung des Räthsels. der Schleier lüftet sich — und
in der Wiege liegt mild lächelnd: „Der hundert⸗
'ausendste Krefelder.“ J
4 Elz bei Limburg, 21. Nob. Dem „L. Arz.“
wird von hier geschrieben: Am 26., 27. und 28.
Oktober, sowie am 3., 4. und 12. Nov. l. J.
fanden im hiesigen Walde so großartige Treibjagen
zatt, daß sie verdienen, der Nachwelt übergeben zu
werden. Die früheren Jäger, Elzer Bauersleute,
varen kaum so geübt, daß sie nur Thiere und
'eine Menschen schießen konnten. Am 26.
Ottober wuden 15 Rehe, 15 Hasen, am 27.
DOttober 11 Rehe, 21 Hasen, 1Wildlatze erlegt
und 3 Jäger angeschofsen, am 28. wurden 4 Rehe,
3 Hasen geschossen, und TJaäger angeschossen,
im 3. Nov. 9 Rehe, 183 Hasen und 3 Füchse,
im 4 Novb. 8 Rehe, 8 Hasen und 4 Füchse geschos⸗
en, sowie 2 Treiber angeschossen, am 12. Nov.
7 Rehe und 1Hase geschossen. Gewiß tüchtige
sRimrods 233
f Aus Fulda schreibt man: Unsere Stadt
ithmet wieder auf — war doch die verflossene
Woche die erste in diesem Jahre, in der kein Todes⸗
'all an Diphtheritis vorgekommen ist! Es scheint
emnach, ais wenn diese heimtückischste aller Kinder-
rankheiten nunmehr unserer Stadt nach schwerer
Zeimsuchung den Rücken kehren wollte. Aber
delche Lücken läßt sie zurück? Während der letzten
10 Monate hat die Krankheit 249 Kinder hinweg⸗
jeraffl. Manche hiesige Familie hat in einer Woche
zrei Kinder zu Grabe tragen müssen.
Erfurrt, 22. Nov. Der Brieftauben⸗Klub
zrfurt bringt zur öffentlichen Kennmniß, daß vom
driegsministerium für Erlegung und Vertilgung
er den Brieftauben so schädlichen Habichte ein
Zrämien ⸗Zuschuß von 750 Mk., welche speziell für
Forstbeamte bestimmt sind, bewilligt worden ist.
Habei weist der Klub auf einen Beschluß der am
30. v. Mis. in Aachen stattgefundenen Wander-
jersammlung des Verbandes deutscher Brieftauben⸗
diebhaber-Vereine hin, laut welchem dem Förster
Zeiben in Zotzenheim bei Sprendlingen, welcher in
der Zeit vom8. März 1885 bis zum 20. März
886 95 Stück und von da bis zum 15. März
1887 57 Stück Raubvögel vernichtete, eine Extra⸗
Prämie bewilligt wurde. J
F Ein Geisteskranker versuchte schon
vieder in das Kaiserliche Palais einzudringen. Der
Seminarist Reinhold D. aus Wollin, vom religiösen
Brößenwahn befangen, war eigens nach Berlin
jekommen, um eine Arznei für den Kronprinzen
ibzugeben. Der Unglückliche ward in die Charite
zebracht.
Gegen den Geheimmittelschwin—
del. Das Berliner Polizeipräsidium erläßt folgende
Warnung: „Das von dem Kaufmann B. Rochow,
dottumstraße 1 b, zura Preise von 3 Mk. verkaufte
„Heilmittel gegen Genichstarre“ ist nach amilich
Zeranlaßter sachverständiger Untersuchung eine stark
wasserhaltige, locker aufgerührte Seife, welche mit
Kampher und etwas Nellenöl versetzt ist und nach
der Ärzneitaxe nur einen Werth von 1 Ml. 56
Pfa. hat. Das Mittel hat keinerlei Heilkraft
gegen die Genickstarre; das Publickum wird daher
vor dem Ankauf desselben gewarnt.“ — Das unter
dem Namen „Hühneraugen⸗-Extrakt“ angepriesene
Beheimmittel, welches in Fläschchen für 50 Pfg.
und 1 Mk. abgegeben wird, besteht zufolge amt⸗
licher chemischer Untersuchung lediglich aus unreiner
Fssigsäure, welche durch gleichgültige organische
Zubstanzen braun gefärbt ist. Der wahre Werth
»ines für den Preis von 50 Pfg. verkauften Fläsch⸗
hens mit Inhalt beträgt 10 Pfg. *
Ein Berliner Börsenbaron hatte vor
einigen Jahren darein gewilligt, daß seine älteste
Tochter die Gattin des von ihr längst heimlich ge⸗
ieblen Malers N. werde, dessen persönliche Liebens⸗
würdigkeit und Schönheit die Beliebtheit und
Schönheit seiner Bilder weit überragte. Als aber
aun dieser Tage ein Freund und Kollege desselben
bei demFinanzmann um die Hand seiner zweiten Tochter
anhielt, trat derselbe auf hartnäckigsten Widerstand.
„Nein, keinen zweiten Maler zum Schwiegersohn!“
— „Aber Herr Baron, ein Mäcen wie Sie. ..“
— „Alles hat seine Grenzen“, rief dagegen der
Bankier, „für einen zweiten Schwiegersohn, der
Maler ist, reichen meine Wände nicht aus.“
F Zu großer Heiterkeit kam es, wie
man der „Taägl. Rundschau“ mittheilt, kürzlich in
»inem Hörsaale der Berliner Univerfitat. Piofessor
dinschius, welcher in diesem Halbjahre über Zivil-
zrozeß liest, erinnerte nämlich in dieser Verlesung
an die einstige, welche er in launiger Weise mit
dem jetzigen Zustande verglich. „Sie wissen, me
derren“, so ungefähr außerte er fich, „daß J
eit der neuen Gerichtsordnurg Ihre eigene n
sonderte Gerichtsbarkeit verloren haben, wobei e
nicht eben gut weggekommen sind. Wenn —*
ein Student lange auf der Kneipe gesessen α
deim Nachhausewege zu laut sang und vom ag
wächter fesigenommen wurde, so gab er seine aa
1 und wurde spater vom Universitätzrichter n
nahnt, künftig nicht forts, sondern nur piano
ingen. Und selbst wenn man schlimmsten Fallz g
»en Karzer wandern mußte, so war das Kämmer
hen in der Universitat auch noch nicht so übel
Heute aber müssen Sie zahlen, nicht unter 8 Mf
ind Geid bezablen ist für Studenten meistens die
mangenehmer, als in den Karzer zu spazieren
Minutenlanger Beifall folgte dieser Bemerkung und
viederholte sich von Neuem, als Hinschius weitet.
hin erzählte, in welcher unangenehmen Weise er
elbst praktisch die neue ZivilprozeßOrdnung gleich
jach ihrer Einführung kennen lernte. Eines schönen
Tags nämlich versiegelte ihm behufs Pfändung ein
Berichtsvollzieher das Piano; die dunkele That ge—
chah, weil der Mann den Befehl mißverflanden
jatte; der Richter, der den Befehl erließ, hatt
einerseits die neuen Gesetze mißverstanden, und
„dieser Richter war dazu noch ein Schüler von mir.“
7Hamburg. Im November wurden, nach
er „Hamb. Fischhalle“, von 11 Schiffen Heringe
ungebracht. Da nun Breitlinge von der Ostsee zu
niederen Preisen angeboten wurden und außerdem
chwedische Heringe in Massen zu billigen Preisen
eintrafen, so mußten die Heringsladungen der
Schiffe als Dünger verkauft werden. An der Oft.
see war der Fang von Sprotten so reich, daß an
inigen Tagen das Wall Sprotten von guter
Qualität zu 90 Pf. einschließlich Kiste angeboten
wpurde.
FEin gewiß seltenes Jagdergebniß
wvurde am 15. d. M. auf dem Revier des Kam—
merherru v. Krosigk zu Helmsdorf bei Mersedurg
zrreicht, indem von 24 Schützen in sechs stündiger
Jagd nicht weniger als 1802 Hasen erleqt
wurden.
4 Breslau, 21. Nov. Fürstbischof Georg
opp, der am vorigen Freitag hierher zurückgekehrt
ist, ist von Seiten des Kaisers Franz Joseph von
Desterreich durch die Verleihung der Geheimraths
würde ausgezeichnet worden.
F. Der Kopenhagener Polizeidirektion
zingen, wie „Politiken“ berichtet, am vorigen
Dienstag von den Polizeibehörden in Paris und
London telegraphische Meldungen zu, welche im
Wesentlichen Folgendes besagten: Es sind zwei
Personen unterwegs, die während der Heimreise des
Fzaren von Kopenhagen ein Attentat auf ihn aus
uüben versuchen wollen. Beide tragen melonen⸗
arbige Hüte, haben kurzgeschnittenes Haar und
zunkle Schuuxrbärte. Der Teint des Einen iß
zunkel, beinahe kastanienbraun. In Folge dieser
Anzeige wurde Alles in Bewegung gesetzt, um die
Strecke Kopenhagen-Korsör zu sichern; diese ganze
Fisenbahnlinie war von Polizei, Gendarmen und
zen lokalen Eisenbahnbeamlen so dicht bewacht, daß
einer den anderen anrufen konnte.
p Pest, 21. Nov. Unter der Führung des
dardinal Simor reisten heute Mittag 500 Pilger,
umeist Geistliche, nach Rom. Dieselben nahmen
zie auf 5000 Bogen anderthalb Millionen Unter
chriften zahlende Adresse und 350,000 Vire sür
ʒen Peterspfennig mit. Der Papst empfängt di⸗
Pilger am 30. d. NMB.—
P Pest, 23. Nov. Der Fürsi Ferdinand von
Bulgarien kaufte die Tapolesanyer Besitzung des
Brafen Keglebich für 1,200,000 Gulden.
Die protestantisch⸗kirchlichen Hülfsvereine
der Schweiz d. h. der schweizerische Zweig
erein des Gustav-Adolf-Vereins, baben
in ihrem zweiundzwanzigsten Geschäftsjahr, im Jahte
886, eine Einnahme don 202,484 Fres. gehabt
Der stärkste Hülfsverein ist der von Genf mit
29,722 Frics. Es folgt Basel mit 27,300 Fres.
hecu mit 17,300 Fres, Zurich mit 13,600 Fra
Dann Waadt, St. Gallen, Neuenburg, Basel⸗Land
Thurgau, Appenzell, Aargau, Graubünden, Schaff·
jausen, Glarus und Freiburg. 108,850 gItc
vurden an auswärtige, vor Allem an aͤsterreichich
uind französische, 50,069 Fres. an schweizerische Ge⸗
meinden gegehen. *
.Auf kiner Reise durch die Schweiz bemerhn
der geniale Zeichner Gustav Dore in einer kleinen
Ziadt daß Aeseinen Vaß verloren hatte. Kuti