Full text: St. Ingberter Anzeiger

ersten Akt begab sich um 9 Uhr der Synagogen⸗ 
Ausschuß an die alte Begräbnisstätte, woselbst der 
Vorstand der Gemeinde, Herr Kaufmann Sigmund 
Herz, die Schließung vornahm. In tief zu Herzen 
gehenden Worten empfahl er die Stätte, wo Groß⸗ 
baier und Urgroßvater vor Jahrzenten zur letzten 
Ruhe bestattet wurden, dem steten Andenken der 
Bemeinde. Um 9211 Uhr fand sodann die Er— 
offnung des neuen Friedhofes mit der Beerdigung 
des am Samstag verstorbenen Landespredukten⸗ 
händlers Herrn Aron‘ Mayer statt. 
— Dürkheim, 5. November. Gestern er⸗ 
hängte sich dahier ein auswärtiger junger Mensch, 
welchet in einer⸗ hiesigen Bäckerei in der Lehre 
tand. (A.) 
— Ludwigshafen a. Rh., 4. Nob. Von 
einem schnellen Tode wurder heute Abend ein ge- 
wisser Kaufmann ereilt. Er begab sich in die 
„Stadt Mainz“, um eine Erfrischung zu fich zu 
nehmen; kaum saß er, so sank! er auch schon zu 
Boden: ein Schlaganfall hatte ihn getödtet. 
— Ludwigshafen, 5. Nov. Der Adels⸗ 
matrikel des Königreichs wurde einverleibt der 
Direktor der pfälzischen Eisenbahnen, Herr Kgl. 
Regierungsrath K. Jak. Ritter v. Lavale fuür 
seine Person als Ritter des kgl. Verdienstordens 
der Bayer.⸗Krone bei der Ritter⸗Klasse. 
— Ludwigshafen a. Rh. Der hiesige 
Verein für Geflügelzucht veranstaltet in den Tagen 
des 17., 18. und 19. ds. Mts. seine erste allge⸗ 
meine Geflügel-und Vogel⸗Ausstell—⸗ 
ung nehst Geflügeie und Vogelmarkt, verbunden 
mit Prämiirung und Verloosung. Programme und 
Anmeldebogen können vom Schriftführer des Ver⸗ 
eins, Herrn F. Scheidter, und Loose à 50 Pf. 
(11 Stucks Mtk.) von dem Kassier Herrn Theodor 
Dorner hier bezogen weiden. 
— Lambsheim, 4. Nov. Jos. Ehmet, 
Kath. Ehmet und Ehefrau Johs. Dörr traten am 
heutigen Tage von der katholischen Kirche zur prot. 
über. 
— Frankenthal. Andreas Speich- 
ler, Hadernsortirer, 44 Jahre alt, früher in 
der Knöckel'schen Papierfabrik in Neustadt, jetzt in 
Pfeddersheim, hatte sich wegen eines Erpressungs⸗ 
versuches zu verantworten. In hesagter Fabrik 
besteht die Einrichtung. daß die Arbeiter außer ihrem 
laufenden Tagelohn bei Fleiß, Brauchbarkeit und 
Wohlverhalten je nach dem Gang des Geschäfts zu 
Neujahr Gratifikationen erhalten, ohne jedoch, wie 
eine von jedem Arbeiter zu unterschceibende Er⸗ 
klaͤrung besagt, einen rechtlichen Anspruch darauf 
zu haben. Solche Arbeiter, welche im Laufe des 
Jahres freiwillig aus der Fabrik austreten, oder 
aus zureichenden Grunden entlassen werden, genießen 
diese Verguünstigung nicht. Speichler trat unterm 
Jahr aus, wollte aber doch die Gratifikation haben 
und schrieb auf die Weigerung des Fabrikanten hin 
diesem einen Brief, in welchem er drohte, er mache 
Anzeige gegen Knöckel wegen Verletzung der Ge— 
werbeordnung, wenn er ESpeichler) das Geld nicht 
sofort erhalte. Der Angeklagte, welcher von Knöckel 
selbst als braver und fleißiger Arbeiter geschildert 
wird, erhielt wegen Erpressung eine Gefängnißstrafe 
von 14 Tagen. Das Gericht nahm bei Zumessung 
der Strafe zu Gunsten des Speichler an, daß er 
die Drohung mehr aus Rechthaberei an Knöckel 
richtete. M. B.⸗Ztg.) 
— Grünstabit, 8. Nov. Gestern traf 
Herr Karl Emich Graf zu Leiningen⸗Westerburg, 
Premier⸗Lieutenant im 14. preuß. Husaren⸗Regi⸗ 
ment und z. Z. Brigade⸗Adjutant in Breslau, 
hier ein. Der Herr Graf befichtigte heute die 
restauxirte Kirche zu Sausenheim und unternahm 
darauf einen Ausflug nach den Stammfitzen seiner 
Familie, nach Neu⸗ und Altleiningen, für welche 
derselbe bekanntlich treus Pietüt bewahrt hat, die 
er auch als emsiger und erfolgreicher Geschichts⸗ 
forscher bethätigt, indem er alle auf die Vergangen- 
heit der verschiedenen Zweige seiner Familie be— 
züglichen Erinnerungen eifrig sammelt und wissen⸗ 
schaftlich verwerthet, wie er dies erst kürzlich wieder 
in einem in den „Mitteilungen des historischen 
Vereines der Pfalz“ veroͤffentlichten Aufsatze gethan, 
welcher zum größten Theile der Geschichte Grün⸗ 
stadt's gewidmet ist. G. 3.) 
— Aus der Pfalz. In der letzten Sitzung 
des Kreiscomites des landwirthschaft— 
hichen Vereins wurde die Abänderung 
derVereinssatzungen wie folgt genehmigt: 
Absatz 2 des 8 16 der neuen Satzungen lautet 
wie folat: „Die Wabl der unter Ziffer Jube—⸗ 
zeichneten Mitglieder hat in der Weise zu erfolgen, 
daß für jeden Distriktsverwaltungsbezirk von dem 
betreffenden Bezirkscomite ein Mitglied zu wählen 
ist. Bestehen in einem Distriktsverwallungsbezirk 
mehrere Bezikscomites, so haben dieselben dann 
zemeinsam ein Mitglied des Kreiscomites zu 
wählen.“ Des weiteren wurden in dieser Sitzung 
zoch folgende Beschlüsse gefaßt: Das Kreiscomite 
exklärt sich über die Errichtung von Gart en ba u⸗ 
chulen in Bahern mit dem Referat des Kreis⸗ 
ekretärs einberstanden; dasselbe soll nebst den 
von Seiten der Obstbauvereine und Sachverständigen 
eingelaufenen · Guiachten · dem· Generalcomite in 
Erlediguug des Rundfchreibens vom 15. Juni l. 
J. übersendet werden. Ueber' die Neubesetzung 
einer Assistentenstelle an der Kreisversuchsstation 
und Untersuchungsanstalt Speyer wird auf Vor⸗ 
chlag des Vorstandes der Kreisversuchsstation die 
rledigte dritte Assistentenstelle Herrn Dr. Auguß 
Zfülf: inn Speyer mit; einem ˖ Jahresgehalt · von 
1500 Ml. übertragen. Die Stelle eines zweiten 
Affistenten erhielt Herr Dr. Julius Meyer, bisher 
zritter Assistent, unter Erhöhung seines Jahresge⸗ 
jaltes auf 1700 Mk., beide vom 1. Oktober l. J. 
ib. Da das Referat des zweiten Vorstandes über 
den Entwurf zu einem bürgerlichen Gesetzbuch für 
das deutsche Reich noch nicht fertig festgestellt ist, 
so wird das letztere von der Tagesordnung abge⸗ 
setzt und dabei der Wunsch ausgesprochen, daß das 
Referat seiner Zeit vervielfältigt und den Mit- 
zliedern des Kreiscomites zugestellt werde. Das 
Besuch des landwirtschaftlichen Bezirkscomites 
Reustadt um Gestattung der steuerfreien Verbesser⸗ 
ung von sauerem Most durch die Käufer desselben 
oll an die tgl. Regierung der Pfalz, Kammer 
der Finanzen, mit der Bitte um beschleunigte Er—⸗ 
lediaung befürwortend hinüber gegeben werden. 
Vermischtes. 
Dudweiler, 5. Nov. Vergangenen 
Zamstag Abend fand hier in dem Lokale des Hrn. 
8. Kronenberger ein Festessen zu Ehren des Herrn 
dekan Oesterling statt. An diesem Tage waren 
es 25 Jahre, daß genannter Herr in unserer Ge— 
meinde als katholischer Geistlicher thätig war. An 
dem Festessen betheiligten fich etwa 75 Personen, 
unter denen sich auch zu unserer größten Freude 
eine Reihe von evangelischen Gemeindemitgliedern. 
u. a. die beiden Herren evangelischen Pfarrer be⸗ 
fanden. Die Festrede auf den Jubilar hielt nach 
dem „St. J.“S. Anz.“ der Vorsitzende des katho⸗ 
lischen Kirchenvorstandes, Herr P. Kronenberger. 
Er erinnerte daran, daß der Herr Jubilar vor 25 
Jahren, als er hierher in unsere Gemeinde gekom 
men, gleich mit dem ersten Blicke erkannte, was 
»er Gemeinde noth that. Er sah, daß Vieles in 
hr so beschaffen, wie es sein sollte, daß aber an 
nanchen Punkten Umwandlung geschaffen werden 
nüsse. So war er es, der dafür sorgte, daß die 
Bemeinde in der Lage war, im Jahre 1866 ein 
neues prachtvolles, den Beduürfnissen, Rechnung 
ragendes Gotteshaus einweihen zu koͤnnen; so war er 
e8, der dafür sorgte, daß vier Krankepflegeschwestern 
für das Wohl der Kranken und Schwachen in un— 
erer Gemeinde thätig sind. Nachdem der Herr 
Jubilar noch von verschiedenen anderen Rednern 
gefeiert worden, schloß letzterer mit der Aufforder- 
derung dem verehrten Herrn als Dank ein drei⸗ 
aches Hoch darzubringen, in das die Versammlung 
zegeistert ausbrach. In seinem Danke betonte der 
derr Jubilar, daß Das, was er für die Gemeinde 
jethan, nur seine Pflicht gewesen sei, und gedachte 
zann des Papstes und des Kaiser Wilhelm J., die 
dem Kulturkampfe ein Ende gemacht hatten, und 
chloß mit einem Hoch auf unseren frischen jugend⸗ 
ichen Kaiser Wilhelm II. und den Papst, die ja 
roch in alleriüngster Zeit bewiesen hätten, wie 
irche und Staat zu einander stehen sollen. Herr 
gfarrer Lichn ock sprach dann im Namen der 
vangelischen Gemeinde. Er hob hervor, daß Herr 
Pastor Oesterling stets ein rechter Hüter der Tole⸗ 
zanz gewesen und wies an der Stellung dieses 
Herrn den Herren anderer Konfession gegenüber die 
Wahrheit der Worte nach: „Siehe wie fein und 
lieblich ist es, wenn Brüder einträchtig beieinander 
vohnen.“ In schönen Worten feierte dann der 
Jubilar die evangel. Gemeinde, die ihm immer in 
der zuvorlommendsten] Weise entgegengekommen sei. 
herr Hauptlehrer Sproß brachte dem Jubilar die 
Zrüße und den Dank der Lehrerschaft dar. 
F Von der Saar. Vonseiten des Vorsiztzen⸗ 
den des Vereins gegen den Wucher im Saarge⸗ 
hiet“ ist an die Herren Schulinspek 
St. Wendel, Ottweiler, 83 bę& — 
Merzig und Saarburg folgendes éh auhu 
richtet worden: „Die Thatigkeit da he 
zegen Wucher war naturgemäß in der a ereint 
eines Bestehens vorwiegend auf die —8 Zii 
der bis dahin schamlos aufgetretenen mpsun 
ichen Ausbeutung des Kleinbauern chiehun 
dem in der Zurückdrängung der Ligentich ach 
xrecherischen Handlungen din recht nemhastr ru 
folg erzielt worden ist, tritt gegenwäctig die hõ k 
Aufgabe in den Vordergrund, die Widern — 
kraft der Bevölkerung gegen drohende un 
teilungen durch Hebung ihrer Einsicht und r 
Kenntnisse zu stärken. Unter den Mütteln 8 
nach dieser Richtung Erfolg versprechen, feh 
Anleitung“ zur Buchführung' überde 
lbändliche Wärtschaf'te obenan. 
Berein hat daher ein kleinen Verhältnissen em— 
paßtes Wirtschaftsbuch entworfen und nach de 
lichkeit unter die Bevölkerung verbreitet. Obp 
dasselbe auch in den kleinbürgerlichen Kreisen 
jaften Anklang fand, hat sich doch herausgeste 
daß nur ein ganz geringer Bruchteil der Eingt 
jessenen gewandt genug ist, um dieses einseh 
Ktechnungsbuch felbständig zu führen. Der groht 
Mehrzahl fehlt es vielleicht weniger an den 
sorderlichen elementaren Kenntnissen, als an jehe 
Anleitung zur Buch⸗ und Rechnungsführung. D 
zleiche Uebelstand scheint auch anderwärts here 
hervorgetreten zu sein, wenigstens hat das geo 
Jerzoglich badische Ministerium den laͤnduͤthe 
Schulen die Unterweisung in der Rechnungsführm 
als Lehrgegenstand empfohlen. Der Verein gege 
den Wucher glaubt einen ähnlichen Weg besrein 
zu sollen, indem er an die Herren Kreisschulin 
pektoren seines Bezirkes die Bitte richtet, nad 
Möglichkeit dahin zu wirken, daß bei den der 
geeigneten Unterrichtsfächern in weiterem Maß 
als bisher, auf die Rechnungsführung des kleine 
Mannes und auf die Aenderung zu derselbe 
Rücksicht genommen werde. In dem ein Exemple 
des von dem Verein verbreiteten Rechnungsbuch— 
beizufügen ich mich beehre, darf ich um eine gite 
Milteilung bitten, welche Wege Sie zur Erreichun, 
des Zieles für empfehlenswert erachten und welte 
Schruͤte in dieser Richtung von Ihrer Seite bedh⸗ 
fichtigt worden oder geschehen sind. Selbstredud 
stehe ich zu weiterer eiwa erwünschter Auskun— 
und Mitwirkung jederzeit gern zu Ihrer Verfüp 
ung.“ (S.⸗ u. Bl. 3) 
F Blinder Eifer. Vor einigen Tagn 
verursachte die liebe Sonne in Kloppenburg — wi 
der Ammerländer erzählt — gerade vor'm Unten 
gange einen furchtbaren Alarnmi. Plotzlich unn— 
iner dicken Regenwolke hervortretend, warf sie ihesr 
feurigen Strahlen über die im tiefen —V h 
jegende Langestraße an die Dachecke der Lübbehüserde 
schen Wohnung, so daß diese in lichterlohem deitsn 
zu stehen schien. Herr D. sieht es in seiner Wohnunb 
Ind im Glauben es brenne, stürzt er als pfutesur 
jetreuer Feuerwehrmann auf die Straße, schetsd— 
Zrand aus Leibeskräften, reunt mit Riesenschriten 
das Lubbehüsen'sche Haus — —56 wwbe 
Schrecken die älteste Tochler in Ohnmacht —“ 
greift rasch einen Kessel mit Wasser, eilt usu 
ben auf den Boden nach der fraglichen Ethun 
stürzt das Wasser, obwohl er weder etwas hoͤrt rus 
jehl, in die „lammende Gluth“ und haut 
her Fauf den Kalt von den Ziegeln, daß ihm we 
Blut von den Nägeln rieselt. Gleich ist ein Zwir 
ind Dritter mit“ Wasser zur Sieile, umd du 
rührt das Wasser in die leuchtende Ecke, So gie 
und hauen sie aus Leibeskräften, bis endlich 
uinten auf der Straße versammelte Mengeiln 
zuruft: „Kinners, holt stille, et is man Sünn⸗ 
chien!“ 
— — — — — — 
Zandwirihschaftliches. 
Ueber Einwinterung der Bienen. 
Kein rationeller Imter, schreibt man in 
Miitheil. iber Landw. Gartenb. ec.“, wird— — 
umen, seine Bienen bor dem Winter einer 
gehenden Rebision zu unterwerfen. Dieselbe 
auf drei Punkte zu erfirecken. Es muß ish 
zestellt werden, ob die Konigin noch in einem 
Inden, uchtfühigen Zuftonde fich befindet. 
Stod volkreich genug ist, um mi Erfolg d 
winterlichen Kälte und den Fruhjahrsunbilden 
widerstehen, und endlich ob der Siod mit hinunn 
lichem Honigvorrat bis zum Mai des nachte 
Jahres versehen ist. Nachdem hierauf einem Nen⸗ 
in dieser oder jener Richtung in dubrender Wiht.