Full text: St. Ingberter Anzeiger

Italien, Dänemark und Schweden hinein ausge⸗ 
dehnten, sehr lebhaften Postverkehr. Die Rechnungs⸗ 
ergebnisse der kgl. Postexpedition Lautzkirchen, der 
wir zugetheilt sind, liefern den schlagendsten Beweis 
davon, und es werden, unsern Erkundigungen ge⸗ 
mäßtz, monatlich für 100 bis 120 Mark Postwerth- 
zeichen dahier verbraucht, also so viel wie sonst bei 
Exbeditionen mit 4 oder 5 Ortschaften. Wir er⸗ 
kennen zwar die Errichtung einer Postablage recht 
dankbar an, sind aber immerhin noch nicht befrie⸗ 
digt und zu einer weiteren Bitte gezwungen, die 
zewiß nicht auf Unbescheidenheit beruht, sondern 
in gewissem Sinne eine Existenzfrage für uns bildet. 
Zeit ist Geld, sagt der Engländer, und zu einer 
prompien Geschäfsführung gehören günstige Post⸗ 
verbindungen. Leider haben wir diese nicht im 
Umfange unserer Bedurfnisse. Der erste Gang des 
hier wohnenden Postboten erreicht zwar die Anschlüsse 
an die Fruhzüge, aber Zug Nr. 255 hat blos bis 
Zweibrücken Post und von da ab keinen Anschluß, 
weder nach Landau — Karlsruhe, noch nach Hom⸗ 
hurg - Neustadt. Die Zeit zwischen der etsten Be⸗ 
stellung und dem Antriite zum zweiten Gange ist 
ungenugend zur Beantwortung der eingetroffenen 
Korrespondenzen, und müssen diefelben daher bier 
bis zum andern Morgen und theilweise in Lautz 
kirchen bis zum andern Nachmitiage lagern. 
(Bw. 3.) 
— Zweibrücken, 18. Dez. In der heute 
Nachmittag dahier abgehaltenen Versammlung von 
Vertreterr der Norddeutschen Hagel⸗ 
VBersicherungs-Gesellschaft wurde die 
Gründung eines Bezirksdvereins mit dem 
Sitz der Gesellschaft in Zweibrücken gewählt. Herr 
Guisbesitzer Geiteneer wurde zum Direktor, Hert 
Buͤrgermeister Koch von Heiligenstein zum ersten 
und Herr Gutsbesitzer Stalter vom Stausteinerhos 
jum zweiten Stiellbvertreter gewählt. Die Wah' 
eines Abgeoreneten zur Hauptversammlung der 
Gesellschaft in Berlin fiel auf Herrn Geitner. 
Außerdem fanden die Wahlen der Taxatoren 
für die Regulierung etwaiger Hagelschäden für die 
Pfalz statt. Es wurden gewählt die HH.: Geitner— 
Truppacherhof, Stalter-Monbijou, Stalter-Stau⸗ 
steinerhof, Stalter ⸗Wahlerhof, Koch ⸗Heiligenstein, 
Rumpf⸗ Altenglan, Groger-Rockenhausen, Kappel- 
Lohnweiler, Nafziger⸗Herfingerhof und Steitz⸗Hengst⸗ 
bacherhof. Gatg.) 
— Herr Bezirksrabbiner Dr. J. Maher in 
Zweibrücken hat auf eine Reihe in der „Pf. 
Pr.“ erschienener Artikele, Die Juden in Deuisch⸗ 
land“ einen offenen Brief an dieselbe erlassen unter 
dem Titel „Antisemitismus in der Pfalz?“. Der 
Reinertrag der Schrift ist für das geblante jüdische 
Versorgungshaus bestimmt. 
— Kaiserslautern. Ein interessanter 
Fall beschäftigte am Dienstag das hiesige Gericht 
Der Wirth und Ackerer Karl Nagel von Odernheim, 
welcher sich bekanntlich auch der Naturheilkunde 
hingibt und in dieser Beziehung sogar einen Ruf 
befitzt, steht unter der Anklage der. fahrlässigen 
Korberberletzung vor Gericht. Am 2. Dezember 
1887 hatte der Ackerer Müller von Asselheim das 
Unglück, beim Aufhalten seiner scheu gewordenen 
Kuhe über eine steile Böschung hinabzustürzen und 
dabei den linken Arm zu brechen bezw. einen Ellen⸗ 
bogenbruch zu erleiden. Müller begab sich daher 
zum praktischen Arzte Dr. Schenk in Grünfiadt in 
Behandlung, welcher den Arm indessen so ange— 
schwollen fand, daß er nichts unternehmen konnte. 
Nachmittags kam der Verletzte zurück, und nun 
wurde unter vorheriger Anwendung der Narkose 
der Arm in die richtige Lage gebracht und wegen 
der starken Geschwulst nur ein vorläufiger Verband 
angelegt. Am 8. Dezember nun begab sich der ec. 
Müller nach Winnweiler, wo ver Beklagie sich ge— 
rade aufhielt, und zog diesen zu Rathe. Derselbe 
richtete nun den Arm ein und versah ihn mit einem 
Schindelverband. Der Arm heilte nun zwar, je— 
doch in einer Stellung, daß der Vorderarm nach 
auswärts gebogen und der Arm nebst der Hand 
gebrauchsunfähig waren. Dies wurde im Juni 
aärztlicherseits constatirt, auffälligerweise zeigt sich in 
der heutigen Verhandlung Arm und Hand wesent⸗ 
lich gebessert, was die anwesenden Sachverständigen 
auf einen besonders glücklichen Zufall zurückführen 
zu müssen glauben, nicht am wenigsten aber dar— 
auf, daß bei dem Verletzten die Massage angewen⸗ 
det und derselbe im Laufe des Sommers und der 
Erntezeit mit dem kranken Arme berufsmäßige Ar— 
beiten ausgeführt. Die Heilung des Armes sei so 
rünstia verlaufen wie dies unter den ohmaltenden 
Imständen nur möglich gewesen. Dem Beklagten 
wird Erfahrung und Kenntniß in Behandlung von 
Zrüchen nicht abgesprochen, indeß getadelt, daß er 
dei Behandlung dieses Falles nicht die nöthige 
Borficht habe walten bezw. bei der Schwere des— 
elben die Behandlung nicht einem Arzte überlassen 
jabe. Die Anklage hebt den Mangel an Kennt⸗ 
niß in der Behandlungsweise des Müller hervor 
owie die nach Erkennung des complizirten Knochen- 
ztuches an den Tag gelegte Nachläfsigkeit in der 
Art der Behandlung und beantragt mit Rücksicht 
nuf den günstigen Verlauf der Krankheit, welcher 
edoch nur einem hJunstigen Zufalle zu danken sei, 
ind daß der Beklagte dereits früher wegen eiteß 
ühnlichen Anlasses in Coblenz mit 900 Mi. Geld- 
trafe belegt worden, für dieses Mal noch Verur⸗ 
cheilung zu einer entsprechenden Geldstrafe. Trotz 
der von Herrn Rechtsanwalt Gros aufs brillanteste 
zeführten Vertheidigung erfolgte die Verurtheilung 
des Beklagten zu einer Geldstrafe von 200 Mark. 
— Billigheim. Daskgl. Landge— 
tüt'Zweibrüscken kaufte dieser Tage von 
drn. Fabrikant Maußhardt dahier einen 31 
uͤhrigen Hengst zum Pteise vvn 1300 M. und 
10 M. Halftergeld. Das Pferd, für welches schon 
jerschiedene Preise seinem Befitzer zuerkannt wurden, 
tammt, nach dem ,L. A.“, von einer dem Ver⸗ 
aufer gehörigen gewöhnlichen Landstute und dem 
. Z. auf der Station Bergzabern gewesenen Ge⸗ 
tütshengste Oldmann ab. Möge diesec Erfolg den 
derren Pferdezüchtern dieser Gegend zur Ermunter⸗ 
ing dienen. 
— Herrheim, 183. Dez. Bei der gestern 
taligehabten Güterversteigernng von Jakob Kunt 
[V. wurden von zirka 4 Morgen 5015 Mart 
rrlöst. CGG. T.) 
— Edenkoben, 12. Dez. Herr Lehrer 
sömmich von hier, bisher in Rosenkopf bei 
Zomburg, wurde auf die hier neu errichtete protest. 
S„chulverweserstelle ernannt und tritt am 1. Januar 
diese Stelle an. — Wie die „Gw.“ hört, wurde 
eitens der kgl. Regierung die Schaffung einer 
weiter'een protestantischen Lehrerstelle dahier ver- 
angt, da namentlich die unteren Klassen überfüllt 
ind, und der Stadtrath um sein Gutachten in 
dieser Angelegenheit angegangen. Es soll beschlossen 
sein, aus der 38. Klasse 40 Kinder in die 2. 
dlasse und aus der 2. Klasse 40 Kinder in die J. 
dlasse zu verweisen, um so wenigstens einem 
augenblicklichen Bedürfniß abzuhelfen. Auf längere 
Zeit wird freilich, wie das genannte Blatit meint, 
diese Einrichtung nicht genuͤgen, und muß dann 
wohl eine neue Schulstelle errichtet werden. 
— St. Martin, 11. Dez. Das schon vor 
laänger als einem Vierteljahrhundert aufgetauchte 
Projekt der Vergrößerung der hiesigen 
Kirche ist in der Zeit, seitdem unser eifriger, 
friedliebender Herr Pfarrer Schäfer hier wirkt, in 
ein Stadium geraten, worüber sich die ganze Ge⸗ 
meiode erstaunt und erfreut. So wurde gestern 
der von Herrn Architekten Bernatz aus Speyer 
nusgearbeitete Plan mit Kostenanschlag im Betrage 
on 60,000 M. vom versammelten Gemeinde⸗ und 
Fabrikrate einstimmig angenommen. Nach diesem 
Brojekte, wodurch die Kirche nach Osten erweitert 
vird, bekommt die hiesige Gemeinde nicht nur ein 
chönes, sondern, was die Hauptsache ist, ein ge⸗ 
räumiges Gotteshaus, das wohl keiner Dorfkirche 
in der Pfalz nachstehen dürfte. WGwt.) 
— Göonig Ludwig J.Denkmal.) 
Von den Landgemeinden, in deren Kranz das 
önigliche Heim Ludwigshöhe liegt, ist St. Martin 
die erste, welche unter freudiger Zustimmung zu 
dem patriotischen Werk 50 M. als Beisteuer zum 
dönig Ludwigs ; Denkmal in Edenkoben bewilligt 
hat; bei der sehr hohen Umlagelast in diesen Ge— 
neinden ist der geleistete Beitrag sehr anzuerkennen. 
Die anderen Gemeinden werden in nächster Zeit 
iachkommen. Auch die pfälzische Eisenbahngesell- 
chaft, deren Haupttheil der Name Koͤnig Ludwigs 
cchmückt, wird das Werk thunlichst unterstützen. 
Ebenso stehen Zuschüsse aus anderen Orten, wie 
Zdandau, Neustadt, Speyer u. s. w. in Aussich 
so daß bei der guten Aufnahme, welche diese 
Denkmals-Angelegenheit vielerorts findet, das Werk 
zielleicht schon im Laufe des nächsten Jahres seiner 
Vollendung entgegengeführt werden kann. 
— Hasßloch, 12. Dez. Die neugebaute 
dunstwollfabrik am Bahnhof, Eigenthum 
der Firma Levi⸗Mäüller, seit Jahr und Tag 
geschäftlich geschlossen, ist endlich, wie die „Pf. 
Jia“ zu melden meißk an das Hous —,1fft⸗4 
in Neustadt um den gecingen Preis von 130 
Mark verlauft worden und soll das stattli y 
bände zu einer Tricot-Weberei hergerichiet Ti 
In diesem Fall wäre Hoffnung gegehen auf Ine 
nehrung für die arme regelmäßig Verdienst * 4. 
zlasse. N J 
— Gommersheim, 12. Dez. Die 
ährige Tabakernte ertrug, wie sich bei der tür 
tattgehabten Verwiegung herausstellte, in unnie 
Zemeinde ungefähr 800 Centner, nur die oug 
onstigen Ertrages. 
— Däürkheim, 12. Dez. Wiederum haber 
vir einen Act wahren echten Wohithatigkeitshnne 
u verzeichnen. Das hier verlebte Fraäulein Wil⸗ 
selminag Zibelin hat nämlich nagstehende Vermahl. 
aisse gestiftet. welche heute zur Auszahlung gelam 
.dein Hospitale Die. böd, den arne 
Waisen⸗ und Rettungshause für den Canton din— 
zeim M. 200, dem Frauen:Verein Mi. 200. 0 
Verschoͤnerungs⸗Vereine M. 100 und dem Dich. 
nissen⸗Vereine M. 200. Der hochherzigen Stiftein 
leibt ein ehrendes Andenken bewahrt! 
— Dürkheim, 13. Dez. Herrn Vrenn— 
neister G. Braun bel Herrn L. Fiß dahier wun 
uinter Nt. 46,112 ein Patent auf einen Desti 
ir⸗Apparat zur direkien Gewinnung von Fein⸗ 
prit. Vorlauf und Nachlauf, aus, Maische, erthel 
GI. 
— Ludwigshafen, 12. Dezember. a 
Musikdirektor H. Bieling, dem musikalischen Leiler 
der hiefigen „Liedertafel“ und des „Vereins fut 
lassische Kirchenmusik“ wurde dieser Tage auch die 
Dirigentenstelle der „Mannheimer Liedertafel“ über 
tragen. Die „Mannheimer Liedertafel“ ist bekannl⸗ 
lich eine der ersten Vereine unserer Nachbarftadt 
und deshalb die Berufung des Herrn Bieling al⸗ 
Dirigenten dieses Vereins zugleich eine Auszeich 
nung fur denselben. 
— Frankenthal, 13. Dez. In der gestern 
Abend in der Restauration Horn abgehaltenen 
Monatsversammlung des hiesigen Stenographen⸗ 
dereins beehrte Herr Schwinn aus Ludwigshafen 
denselben mit seinem Besuche, Nachdem der J. 
Vorstand, Herr Neckarauer, demselben für sein Er⸗ 
scheinen gedankt und die Versammelten willkommen 
zeheißen hatte, sprach Herr Schwiun über Gabelz⸗ 
„ergers Leben. In seinem Vortrage zeigte er, wie 
Babelsberger trotz aller Unbill, die ihm bei seinem 
Wirken widerfahren, nicht ruhte, bis sein Werk zu 
derdienten Anerkennung kam und wie sehr seine 
Schüler Anlaß hätten, sein Andenken zu achten und 
zu ehren. Daß seine Arbeit keine unnütze wat, 
dafür zeigt heute die Thatsache, daß es im Jahre 1886 
36 700 Schüler der Gabelsberger'schen Methode 
1ab und sich deren Zahl immer in bedeutender 
Weise vermehre. Den Redner lohnte am Schlusse 
jeines interessanten Vortrages reicher Beifall der 
ahlreich Erschienenen. (Tab.) 
Staädtisches. 
Auf gestern Abend 5 Uhr war eine Stadt 
rathssitzung anberaumt, deren Hauptgegenstand 
die Abhör der Stadthaushaltsrechnung für 1887 
und die Aufstellung des Budgets für 1889 bildete. 
Wir hoffen unsern Lesern in Balde einen Ueber 
blick beider geben zu können und erwähnen nur, 
zaß der Voranschlag in Einnahmen und Ausgaben 
jür den gewöhnlichen Haushalt mit 74 6323 Mark 
ibschließt. 
Die Umlagen werden sich im nächsten Jahre 
nicht erhöhen, sondern auf dem Satze von 110 pet. 
beharren. Aus den weiteren Verhandlungen ist det 
Antrag der hiesigen HH. Lehrer zu erwähnen, daß 
denjenigen Lehrern, weiche 20 Dienstjahre hier ber⸗ 
hracht haben, eine besondere Zulage gewährtt werden 
möge. Die Budgetkommission hatte diese für jeden 
solchen Lehrer auf 75 Mk. jaährlich vorgeschlagen, 
doch wurde der Antrag bei der Abstimmung abge 
ehnt. — Die Vermehrung der Stunden fhr 
Mathematik und Frangösisch in der Lateinschule, welche 
dem Stadtrath durch die kgi. Regierung auf Eingabe des 
igl. Subrektors Herrn Barnickel nahe gelegt war, kam 
zuch zur Ablehnung. — Herr Schulverweser vuß 
oll der hoh. k. Regierung zur Beförderung zum 
dehrer vom 1. Jan. k. Is. ab vorgeschlagen werden. 
Dem Herrn Disiriktsbauschaffner Hauser werden füt 
deitung des Schlachthausbaues 300 Mk. und für feine 
Nühewaliung bei Schmückung der Stadt zun on 
fange Sr. igl. Hohen des Prinzregenten 200 N 
uerkannt. — Die Ausgaben der Stadt für w 
pfang Sr. kgl. Hoheit beziffern sich auf 12.00 
Mari. — Zu lebhaften Besprechungen gab Anlaß die 
durch kal Reirknmn ongerele Vascamelzung der 
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