Full text: St. Ingberter Anzeiger

von 10 Mk. ev. 2 Tage Gefängniß zutheil wird 
und ihm die Kosten zur Last fallen. 2. Desselven 
Vergehens, begangen durch beschimpfende Worte 
gegen den Privatförster St. am 12. Sept., wird 
die 20jährige Gtr. H. von Hassel überführt erklärt 
und hiewegen in eine Geldstrafe von 6 Mk. ev. 
2 Tagen Gefängniß nebst Kosten genommen. 3. 
Der Wirth Jos. J., 36 J. a. hier hatte den 14 
jährigen L. Bl., welcher ihn öfter beleidigt hatte, 
mit einem buchenen Stecken, dessen Beschaffenheit 
nicht genau feststeht, geschlagen. Unter Annahme 
mildernder Umstände wird J. wegen einfacher Kör— 
perverletzung zu der geringst zulässigen Strafe bon 
3 Mk. ev. 1 Tag Gefängniß und Kosten verur— 
theilt. 4. In der Nacht zum 23. Sept. verübte 
der angeklagte Bergmann Andr. M., 19 J. a. 
auf der Ortssteaße in Rohrbach Unfug. Der dor- 
tige Polizeidiener verwies ihn zur Ruhe, M. stieß 
ihm jedoch auf die Brust, und sagte, jener sei ein 
schlechter Polizeidiener. Da die Vergehen erwiesen 
find, wird wegen Widerstands gegen die Staatsge⸗ 
walt eine Strafe von 5 Tagen Gefängniß, wegen 
Berufsbeleidigung solche von 3 Tagen Gefängniß 
— zusammen eine Woche Gefängniß — und wegen 
Unfugs eine weitere von 3 Tagen Haft, sowie 
Aufbürdung der Kosten ausgesprochen. 5. Wegen 
vorsätzlicher Körperverletzung seines Dienstknechtes 
Pt. M. mittels gefährlichen Werkzeugs ergeht das 
Urtheil gegen den Fuhrmann Ih. B.,55 J. a. hier 
auf 6 Mk. Geldstrafe epy. 2 Tage Gefaͤngniß und 
die Kosten. Als der Knecht am 3. Juli Abends 
lärmend nach Hause kam, empfing ihn B. mit Ver⸗ 
weis zur Ruhe und schlug ihn mittels gefährlichen 
Werkzeugs, dessen Natur nicht aufgeklaͤrt ist, an 
den Kopf; der Knecht war in Folge der erhaltenen 
Verletzungen 4 Tage arbeitsunfäühig. 6. Wegen 
unerlaubter Auswanderung werden 4 Mann des 
Beurlaubten⸗Standes, Gg. Kch., Fdor. Kp. Mi. 
Bl., Ik. St. und Krl. Co., deren gegenwärtiger 
Aufenthaltsort unbekannt ist, jeder zu 20 Mark 
Geldstrafe und in die Kosten verurtheilt. 7. Zu⸗ 
letzt wird verhandelt gegen Els. U. Wittwe Gbh., 
28 J. a. aus Hassel wegen Privatbeleidigung des 
Krämers und Schuhmachers Frz. Dr. dorten, be⸗ 
gangen im Oktober durch verleumderische Nachrede 
unehrlicher Handlungen, Die Angeklagte wird durch 
die Aussagen der Zeugen überführt, und das ür 
theil gegen sie auf die Strafe von 20 Mk. Geld 
ev. 4 Tage Gef. und den Kosten gefällt. 
— Weilerbach, 12. Dez. Heute Morgen 
gegen 5 Uhr brach in dem Anwesen des Müllers 
Johannes Henn auf der untersten Pfeiffermühle 
Feuser aus, wodurch das einsiöckige Wohnhaus 
total zerstört und der Giebel des ansioßenden zwei— 
stöckigen Gebäudes theilweise beschädigt wurde. Das 
meiste Hausmobiliar und ein bedeutender Vorrath 
an Erntefrüchten ist mitverbrannt. 
— Durch Beschluß des k. Amisgerichts 
Edenko ben wurde auf Glaäubiger⸗ 
antrag über das Vermögen des seit 
etwa 4 Wochen abwesenden Schuhmachers und 
Schuhwarenhändlers Franz Graßman in 
Diedesfeld das Konkursverfahren eröffnet. 
Als Konkursverwalter wurde Herr Geschäftsagent 
Heinrich Acker in Edenkoben ernannt. 
— Deidesheim, 17. Dez. In großer 
Anzahl zeigen sich auch in gegenwärtigem Winter 
wieder die Raupennester und wurde bereits 
zu deren Entfernung von den Bäumen und Sträuchern 
hierorts behördlicherseits gemahnt. Wie sehr dieses 
Ungeziefer im Laufe des Jahres den Obstbäumen 
zusetzte, geht daraus hervor, daß schon zur und 
nach der Zeit der Blüte besonders die Apfelbäume 
infolge Raupenfraßes ganz ohne Blätter standen 
und welche auch während des ganzen Sommers 
nie wieder bekamen, was jedenfalls als ein schwer⸗ 
wiegender Faktor zum schlechten Ausfalle der heu⸗ 
rigen Apfelernte bei uns betrachtet werden muß. 
Die Verfahren, die Obstbäume ungefähr in der 
Mitte der Stämme mit starkem Papier oder mif 
Leinwand zu umbinden und diesen Verband mil 
einer harzigen Flüssigkeit zu bestreichen, wie dies 
besonders in obstbautreibenden Gegenden als nutz 
bringend angewendet wird, dürfte auch bei uns 
allgemeine Anwendung finden. Es geschieht diet 
zwar zum Theil hie und da schon, doch nicht überall. 
In manchen Orten hat man sogar einen Baum— 
wärter aufgestellt, dem das Beseitigen der Raupen, 
sowie überhaupt die ganze Warte und Pflege der 
einschlägigen Bäume obliegen. (G. A.) 
— Lambsheim, 15. Dez. Ullem AÄAn—⸗ 
schein nach erlangt ein in weiteren Kreisen bekannter 
„Kuh · Prozeß“ zwischen Bäcker Chr. Wolff III. von 
hier und Handelsmann Rudolf Berg von Sembach 
bald sein Ende. Der Prozeß spielt bereits seit dem 
Jahre 1885. Das in dem Prozeß von dem Direk- 
tor der Thierarzneischule Munchen geforderte Ober- 
zutachten verwirft in allen Punkten als unbegrün⸗ 
det und unzulässig das Gutachten, welches von 
Seiten eines früheren Thierarztes abgegeben wurde 
und zwar dahin, daß die Kuh den Hussen zuerfi 
nach dem Kauf bekommen. Das Prozeßobject wurde 
in Frankenthal geschlachtet, und betrugen die Futter⸗ 
kosten fast 400 Mk. Die beträchtlichen Anwalts⸗, 
Gerichts⸗ und Expertenkosten dazu gerechnet, gibt 
es für den verlierenden Theil eine theuere Kuh. 
— Kirchheimbolanden, 18. Dez. Die 
Sammlung von Einzeichnungen zur Gründung 
eines Bereines behufs Krankenpflege durch barm⸗ 
herzige Schwestern ist beendet. Dieselbe hat, wie 
die Ndpf. B. meldet, ein überraschendes Resultat 
geliefert, in der kaum 1400 Seelen zählenden 
Pfarrei wurden nahezu 1000 Mark gezeichnet. Der 
Pfarrer nahm Veranlassung, am vergangenen 
Sonntag vor der Predigt allen Gebern seinen herz⸗ 
lichsften Dank auszusprechen und zugleich zu bemer— 
ken, daß nächsten Sonntag Nachmittag 8 Uhr bei 
Wirth Rörig eine Versammlung statifinde, zum 
Zwecke der Constituirung des Vereins und Be— 
rathung der Statuten. 
Vermischtes. 
St. Johann, 18. Dez. Die Landrichter 
zeim königl. Landgericht zu Saarbrücken Herren 
Jerusalem, Lehmann, Küppers und 
Bottlieb sind zu Landgerichtsräthen, und Herr 
Umtsrichter Olzem in Völklingen zum Amisge⸗ 
eichtsratz ernannt. — Heute Vormiltag nahmen 
höhere Intendanturbeamte des 8. Armeekorps aus 
Foblenz in Begleitung einer Kommission von Herren 
Stadtverordneten in der Kasernenbau⸗ Angelegenheit 
des Terrain links der Mainzerstraße, nahe der 
Stadt, und das Bruchwiesenterrain in Augenschein. 
— Die Saar hat heute von der alten bis zur 
neuen Brücke auf der Seite nach St. Johann hin 
eine Eisdecke. (St. J.S. A,) 
FIn Trarbach wurde am Sonntag auf 
der Jagd ein asiatisches Steppenhuhn erlegt. Es 
st dies, soweit bekannt, der ersie Fall, daß ein 
olches auf dem Hunsrücken gefehen resp. erlegl 
vurde. 
F Metz, 17. Dez. Prinz Alexander 
»on Hessen, welcher laut Nachricht aus Darm⸗ 
dadt am Samstag daselbst gestorben ist, war Chef 
des in Metz garnisonirenden Schleswig⸗Holsteinischen 
Drag oner⸗Regiments Nr. 13. Zu der Beisetzung, 
welche am Mittwoch früh 11 Uhr stattfindei, wird 
sich eine Deputation von Offizieren des Regiments 
bestehend aus dem Kommandeur Oberstlieutenant 
d. Willich, dem Rittmeister v. Wickede und dem 
Prem.⸗Lt. Pistor, nach Darmstadt begeben. Se. 
Majestät der Kaiser hat für das Regiment eine 
fünftägige Trauer angeordnet. 
FGroß-Moyeuvre, 17. Dez. Dieser 
Tage fand der Fleischbeschauer Jacquet in dem 
Magen einer beim Mezzger Levy geschlachteten Kuh 
nicht weniger als 27 handfefte Gegenstände, da⸗ 
unter eine leere Sardinenschachtel, eine Scheere 
ine Medaille Ludwigs XVLII., ein Medaillon. 
inen Knopf, eine Agraffe, ein Stück Blech in Form 
ines Herzens, einen Schiefergriffel, mehrere Stücke 
Weißblech, eine Anzahl Nägei. Sämtliche Gegen- 
tände waren seit längerer Zeit verschluckt und mit 
Ausnahme der Medaille, deren Bild nicht mehr zu 
erkennen war, gut erhalten. 
FZigeunerkolonie. Da aus verschiedenen 
Berichten über die Zigeunerplage ersichtlich ist, daß 
die aufgegriffenen Banden im Uanterelsaß behei— 
nathet sind, so dürfte es von Interesse fein, zu 
rfahcen, daß sich nicht weit vom Schlachtfeld bei 
Wörth eine Zigeunerkolonie befindet. In 
Bärenthal bei Niederbronn gibt es sehr viele 
ind alte Steinbrüche, welche den Zigeunern noch 
von sranzösischer Zeit her als Aufenthaltsort dienen, 
iach anderer Meldung von der französischen Re— 
zJierung angewiesen wurden. Diese Steinbrüche 
ind gegen die Straßen mit Mauerwerk, Fenstern 
und Thüren abgeschlossen und werden von den 
Zigeunern während des Winters bewohnt, während 
alte und gebrechliche Leute, sowie Kinder auch 
vährend des Sommers dort bleiben. In weitem 
Umkreis dieses ihres Wohnplatzes hat man noch 
aie von Diebstählen oder Betrügereien der braunen 
Nomaden etwas gehört, im Gegentheile genießen 
diese sogar einer gewissen Achtung wegen ihr Zu— 
verlassigkeit im Handel und Verkehr u 
hrer Promptheit im Bezahlen. Daß — 
iassung nicht eine Ansässigmachung' im gewoöͤhnlig 
Sinne ist, versteht sich bei ihrer bekannten —8* 
weise und bei der Unwirthlichkeit ihres dortigen 
Aufenthaltsortes von selbst; sie sind aber in der 
Bemeinde Bärenthal, wo ihre Kinder auch di 
Schule besuchen, heimathberechtigt und erfüllen ihre 
Pflichten wie alle anderen Bürger auch. 
rKehl, 15. Dez. Im Kehler —XXC 
lesen wir folgende Annonce: 
Feldzug 1870. 
Ein bayerischer Soldat, um Weihnachten 1870 
Nachts mit Militärzug in Kehl eintreffend, ließ 
äch in einem zunachst am Bahnhof gelegenen 
Eäckerladen für sich und 2 Kameraden 3 Wecken 
brote geben, ohne im Gedränge sie zu bezahlen. 
Derselbe bittet nun die Frau oder deren Angehoͤrige 
um Mittheilung ihrer Adresse und des Schuldn 
trages, welchen er mit Dank berichtigen witd. 
Briefe an die Expedition dieses Blattes 
Das ist gewiß ein seltenes Beispiel von Ge— 
vissenhaftigkeit. 
Baden⸗Baden, 17. Dez. Die Stad 
berordneten genehmigten mit 65 gegen9 
Stimmen den Antrag des Stadtrats zu djahriger 
Unterstützung der Badener Rennen mit 80000 
M. jährlich und Erhöhung der Curtaxe auf 1M. 
täglich und 30 M. jährlich, vorbehaltlich der Ge⸗ 
nehmigung des großherzoglichen Ministeriums. 
Karlsruhe, 17. Dezember. Die Plaͤne 
für die neue Dampfstraßenbahn bon 
der Hardtgegend bis in die Nachbarschafl 
don Rastatt (Spöch- Oedigheim) sind nunmeh 
azuch hier öffentlich behufs etwaniger Einsprachen 
nufgelegt. Unternehmer sind, wie bei einer Rehe 
unserer Straßenbahnen, die zu einem Consortium 
vereinigten Darmstädter Bank, Rheinische Creditbank, 
»as Mannheimer Bankhaus W. Ladenburg und 
Söhne und das Bauunternehnungsgeschäft H. 
Bachstein in Berlin. — Unsere Demokratie, sowei 
eine solche organisch überhaupt besteht, ist sehr 
verstimmt über das Unterliegen der „Volkspariei“ 
bei den Bruchsaler Gemeindewahlen, ein Schichal, 
welches nun endgiltig befiegelt ist Als eine der 
setzten Versuchsstationen bleibt nunmehr noch Offen⸗ 
hurg. 
F Der in Mannheim vermißte dreizehn⸗ 
ährige Knabe Robert Maas, über dessen 
Berbleib die Ingehoͤrigen in großer Sorge gewefen 
und auf dessen Auffindung eine Belohnung von 
300 Mark ausgesetzt war, ist in Straßburg glüch⸗ 
lich wieder zum Vorschein gekommen. Furcht vor 
einer Schulstrafe hatte denselben veranlaßt, daß 
elterliche Haus zu meiden und mit der Babn daß 
Weite zu suchen. 
F* Bonn, 16. Dez. In der Nähe von 
Niederpleis fiel in der Nacht von Donnerstag auf 
Freitag ein Meteorstein zur Erde. Derselbe 
ist 131 Pfund schwer und ungefähr einen Fuß 
groß. 
fBarmen, 17. Dez. Unter der Ueberschrifl 
„Wie man Bettler los wird“ erzählt die „Westd. 
Ztg.“ folgendes Geschichten: In voriger Woche 
wurde die Hohensteinerstroße durch einen Fecht 
bruder abgeklopft. Dabei kam er in eine Wohnung, 
wo die Hausfrau nicht gut hören kann. Als der⸗ 
selbe sein Anliegen vorgetragen, was sie natürlich 
nicht verstanden, langte sie nach ihrem Hörrohr und 
vollte dasselbe dem Ohre zuführen. Der Bursche 
zlaubte jedenfalls, das sei eine gefährliche Waffe, 
die nun gegen ihn gerichtet werden sollte, bekam 
einen gewaltigen Schreck, flog die Treppe hinab— 
'o schnell als nur eben möglich, und stand auf 
der Straße nicht eher still. bis er aus der Schuß 
veite war. 
F Kassel, 17. Dez. Der weil über Deutsch 
ands Grenzen hinaus bekannte Chirur g, Oper— 
ateur Professor Dr. Roser in Marburg, ist gesterr 
Morgen an einem Schlaganfall gestorben. 1810 
in Stuttgart geboren, studirte er in Tübingen 
vurde Hospitalarzt in Reutlingen und erhielt 
1850 den Ruf an die Marburger Univerfilät. 
Den Offizier 8dienern der Garnison 
Würzburg wurde in Strenge untersagt, Marlt⸗ 
körbe ꝛc. zu tragen, oder sich zum Dienste eines 
Dienstmadchens verwenden zu lassen. 
Stuttgari, 16. Dez. Ein seltener Fall 
ist von der diesmaligen, gestern beendeten Schwur⸗ 
gerichtsperiode zu Stuttgart zu verzeichnen, Be⸗ 
lanntlich sind die Schwurgerichte in Deutschland 
zuständig für diejenigen Verbrechen, die nicht den 
V