Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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ont „St⸗ Zugherter Anzeigere erscheint wochentlich fünfmal; Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltung— 
At und Sonntags mit —— illustrirter Seilage Das Blatt kostei vierteljährlich A G60 — einschließlich Traägerlohn; durch die Post bezogen 1A 75 einschließlich 
J Zustellungsgebuhr. Die eeedoe fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 , bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die dition Auskunft ertheilt, Iz A Meklamen 30 A. Bei 4maliger Einrüchung wird nur dreimaliae berechnet. 
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Donnerstag, 9. Februar 1888. 283 Jahrg 
Deutsches Reich. 
München, 7. Febr. (Landtag.) Für die 
cgewerkschule in Nürnberg werden auf Antrag 
Frankenburgers und Genossen, nachdem fich 
dner beider Parteien dafür ausgesprochen, 21 000 
Staatszuschuß statt 17500 Mk. bewilligt. 
Tüchtigkeit der Schule wird allerseits anerkannt. 
dem Kapitel „Lehrerbildungsanstalten“ 993 200 
werden fur die Zentral-Thurnlehrer⸗Bildungs⸗ 
stalt Mk. 14530 bewilligt. Bei dem Kapitel 
taatszuschüsse an Kreisfonds, benußzt v. Schauß 
n Titel „Deutsche Schulen“ zur großen Ueber⸗ 
hung der Kammer, um dem Auslande gegenüber 
Einigkeit aller deutschen Stämme zu betonen 
id dem Reichstage für seine gestrigen Beschlüsse 
nigen Dank auszusprechen. (Vereinzelte Brabo 
s.) Daller bemerkte dazu, daß die große Frage 
gemeinsamen Vertheidigung des Vaterlandes 
deutschen Volke längst gelöst sei und man ruhig 
der Sache bleiben dürfe. (Bravo!) Im Verlauf 
Debatte wird die geistliche Schulaufsicht von 
linken Seite gestreift. Orterer erwidert u. A., 
sei unmöglich, darauf näher einzugehen, weil 
is Haus und die Regierung den Boden für ge⸗ 
insame Wirksamkeit gefunden hätten. Der Minisier 
lärt, daß er die Mitwirkung der Distriktspolizei- 
hörde bei der Schulaufsicht nicht entbehren wolle; 
enn die Bezirksamtmänner dabei zu bureaukratisch 
fahren, solle man sie melden. Das votum 
oisivum in Lokalschulkommissionen für Lehrer 
be keinen Werth. Ein strenges Vorgehen gegen 
hrer, welche unbedacht im Zorne strafen, sei 
twendig. Bei Besprechung des Falles Lebender 
merlt Referent, daß wenn das Amt und Gewissen 
lidieren, man das Amt aufgeben müsse. Der 
all selbst sei mit einem Verweis genügend erledigt. 
(Grkft. Ztg.) 
Berlin, 8. Febr. Der „Kreuzzeitung“ zu⸗ 
ze lauten die Nachrichten über den Kronprinzen 
yt sehr tröstlich. Die Schwellung nimmt so zu, 
3 fsich die Tracheotomie schneller als nöthig er⸗ 
gisen möchte, als man erwarten durfte. Jeden⸗ 
s müsse man sich auf eine Krisis vorbereiten. 
Berlin, 8,. Febr. Der Reichstag genehmigte die 
ehrvorlage inkdritter Lesung en bloc bohne Debatte. 
Berlin, 8. Febr. Die Reichstagscommission 
im der „F. B.“, zufolge das Sodialistengeseh 
—5 und 8 19 an. Fur die Verschärfungen 
inmten nur die Conservativen. 
F Ausland. 
— 7. Zebruar. Die „Patrie“ meint, 
aropa werde verstehen, daß Bismard den Krieg 
lle, nicht Frankreich. Die reactionaren Blaut 
guutzen die Gelegenheit, um die Ohnmwmacht der 
vublich zu beleuchten, die durch die Mogardie 
tzt — musse. 
Paris, 7. Febr. Der „Nalional“ 
weisen, daß das Wert —S en 
ben stehe. Das Ganze sei ein Coup, de 
nn spiele, der nicht sterben wolle, ohne sein 
kbefestigt zu haben. Aber wenn Deutschland 
ais an die Zähne bewaffne und alit Patrioten 
Reiches vereimige, so sei es mehr als je ge⸗ 
n, wachsam zu sei. 
F beht Im heutigen Ministerrate 
über die Vorgange in Berlin und 
e ferner mit, daß di⸗ Vechandlungen mit 
ien über den Handelsvertrag abgebrochen seien 
daß er für die Zulunft wenig Hoffnung habe 
Paris 7. dert Die ede g 
e Wassen des Voltes unberkennbar einen 
tiefen Eindruck gemacht. Die deutschen Blätter 
verden diel gekauft. Die „Köln. Z30“ mit der 
ollstandigen Rede war um 1 Uhr in den Kiosken 
zollständig vecgriffen. Natürtich wird die Rede in 
ehr verschiedener Weise aufgefaßt. Ein Theil der 
giesigen Politiker glaubt, daß die Rede trotz des 
tolzen Tones, der hier verletzte, die Folgen des 
Bündnisses zwischen Rußland und Frankreich fürchte. 
Indessen, im allgemeinen wird die Rede im Sinne 
des Friedens ausgelegt. Man ist der Ansicht, daß 
wenigstens für den Augenblick der Ausbruch des 
Kerieges nicht zu befürchten sei. 
Rom, 7. Febr. Nach einem Telegramm, 
uus Massauah hatten gestern Abend irreguläre 
Truppen, die den Rückzug einiger Stämme deckten, 
Scharmützel mit den Abysfiniern. Sechs der letzteren 
wurden getödtet. Von den Italienern wurde keiner 
zerletzt. 
London, 7. Febr. Dem „Fr. Journal“ 
wird telegraphirt: Ich erhielt heute Einsicht in 
ein von San Remo hier eingetroffenes, von befugter 
Seite stammendes Privattelegramm. Zu meinem 
Leidwesen enthielt dasselbe recht ungünstige Nach⸗ 
richten. In dem Befinden des Kronprinzen ist seit 
»orgestern eine wesentliche Verschlechterung einge⸗ 
reten, so daß nach der Ansicht der behandelnden 
Aerzte ein Kehlkopfschnitt absolut erforderlich ge⸗ 
worden ist. Diese Operation wird voraussichtlich 
in den nächsten Tagen stattfinden. Obwohl die 
Tracheotomie an und für sich nicht gefährlich ist 
o sind ernste Befürchtungen am Platz, als das 
Allgemeinbefinden des Patienten nicht befriedigend 
ist und die Fiebersymtome auf ernste innere Störungen 
ichließen lassen. 
Sofia, 7. Febr. An der bulgarischen Küste 
des schwarzen Meeres wurden, der „Fr. Z3g.“ zu⸗ 
folge, gestern zwei verdächtige große Schiffe bemerkt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 8. Febr. (Schöffenge— 
ichtssitzung.) Der erste Angeklagte Ludwig 
Menges, welcher sich wegen Ünterschlags ver— 
antworten sollte, hatte statt dessen vorgezogen ohne 
Angabe seines Zieles von hier abzureisen — Gegen 
Franz Deutsch, Peter Reinstadler von 
Heckendalheim, J. Ruppel von Welsheim, Math 
Schmidt von Heckendalheim, Chr. Bruch, Jafi. 
Becker und Joh. Sommer von Oberwürzbach 
'autet die Anklage auf Vergehen der Körperverletz⸗ 
ung mittels gefährlichen Werkzeuges. Im November 
1887 waren sie in der Wirthschaft von Wittwe 
Schmelzer in der Nähe des Bahnhofes hier in 
Wortwechsel gerathen, der auf der Stratze bis zum 
Schmelzer Walde in Stoßen und Schlagen mit 
Stöcken sich umsetzte. Der kgl. Amtsanwalt er 
zlickt darin nur das Vergehen der gemeinschaftlichen 
dörperverletzung und bdeantragt Geldsirafen don 
10 bis 20 Mk. Das Urtheil wird am 11. dieses 
Monats verkündigt werden. — Adam Spieß, 
18 Jahre alt, von Dellfeld, ein verkommenes 
Subjekt, der schon unzählige Male im Arbeitshaus 
und Gefängnissen gesessen war, hatte einem Holz⸗ 
hauer einen alten Schuh gestohlen; dafür wird ihm 
aun eine Strafe von 14 Tagen Gefängniß zutheil. 
— Der 16jährige K. Stief von Ommersheim 
Jatte sich gegen seinen Lehrer, der ihn hehufs 
Züchtigung über's Knie legen wollte, zur Wehre 
zesetzt und dabei diesen durch Treten an der Schläft 
zerletzt. Strafe wegen fahrlässi jer Körperverletzung 
Tag Gefangniß und Tragung der Kosten. — 
Fine Privatbeleidigungsklage eines Geschäftsmannes 
von hier gegen einen Rechtsanwalt aus Zweibrücken 
wurde in Folge Vergleichs zurückgezogen. — Gegen 
c*. Noll Wittwe und Anna Mergner aus 
sohrbach war wegen Beleidigung Privatklage er⸗ 
hoben worden. Letztere stimmte einem Vergleiche 
zu, wonach sie die Hälfte der Kosten bezahlt; 
erstere wird freigesprochen, dagegen muß die 
Klägerin die übrigen Kosten übernehmen. 
* St. Indbert, 9. Febr. Gestern fand 
dahier unter Leitung des Hauptlehres Herrn 
Hagenbuch er die ersie diesjührige Fortbildungs- 
Conferenz für die Schuldiensterspektanten der beiden 
stantone Blieskastel und St. Ingbert statt. An 
derselben nahmen 18 Erspektanten theil. 
*— Das Resultat der im Oktober vorigen 
Jahres stattgehabten Anstellungsprüfung 
der pfälz. Shuldiensterspektanten wurde 
erst dieser Tage bekannt; es erhielten die Note V 
40, die Note LIII 79 Erspektanten; einer erhielt 
Note 1V. Nicht bestanden haben 18. Von den 
Schuldienstexspektantinnen erhielten 3 die V. und 
3 die . Note; eine fiel durch. Von den 126 
Prüflingen genossen 28 ihre Vorbildung in Se— 
minarien der jenseitigen Kreise. 
— Die in jüngster Zeit wieder vorgekommenen 
massenhaften Verurtheilungen GSonntagsschul— 
pflichtiger wegen Besuchs von Tanzmusiken 
hatte die Frage aufwerfen lassen, ob nicht durch 
geeignete Polizeimaßregeln vorbeugend eingewirkt 
werden könne. Die kgl. Regierung der Pfalz 
hat nun einen bezüglichen Beschluß erlassen, welcher 
die bestehenden einschlägigen Vorschriften in Er⸗ 
mnnerung bringt und außerdem nahelegt, daß die 
Ueberwachung der Tanzsäle durch die Ortspolizei 
derfügt und auf diese Weise den Sonntagsschul— 
pflichtigen das Betreten der betreffenden Lokale un⸗ 
möglich gemacht wird. Zu diesem Zweck kann die 
Ortspolizei durch geeignete mit Abzeichen zu ver— 
sehende Personen verstärkt werden. Auch sollen die 
Wirthe energisch, event. durch Androhung der Ent⸗ 
ziehung der Erlaubniß zu Tanzmusiken dahin ge- 
hracht werden, Sonniagsschulpflichtige aus ihren 
Lokalen auszuweisen. Trotzdem in Tanzlokalen noch 
betroffene Sonntagsschüler seien unnachsichtlich der 
Bestrafung zuzuführen. 
09 Erfweiler 7. Febr. Als Vertreter der 
hiesigen Gemeinde in den Distriktsrat für die 
nächste Periode wurde Herr Adjunkt Ludwig Gering 
in Ehlingen wiedergewählt, ebenso in Aßweiler 
Herr Bürgermeistec Heinrich Steis. 
— St. Marktin, 7. Febr. Die gestern 
dahier stattgefundene Versteigerung der zum Nach⸗ 
laß des hier verstorbenen kath. Pfarrers Herrn 
Franz Zimmermann gehörigen Weine nahm einen 
jehr günstigen Verlauf. Es wurden erlöst für 
1884er und 1886er gemischten Wein 490 Mk. 
884er 605 Mk. 1884er Rothwein 785 Mt. 
1884er Traminer 665 Mk., 18858er 315 Mk., 
1886er 490 Mk., 1886er Rothwein 730 Mk., 
1887er 330, 360 und 405 Mk., 1887er Roth—⸗ 
wein 430 und 460 Mk., 1887er Traminer 710 
Mk. Die Preise verstehen sich per 1000 Liter. 
— Speier, 6. Febr. Die seit kurzer Zeit 
hier geführte Filiale der Mainzer Herren⸗Kleider⸗ 
Fabrik ist seit gestern geschlossen. Wie mir mitge— 
cheilt wird, hat der Geschäftsführer eine unfrei⸗ 
willige Urlaubsreise angetretn. (Pf. Kur.)⸗ 
— Speyer, 6. Febr. Ein wertbvoller 
Fund ist vor etwa 3 Wochen in einer hiesigen 
Wirthschaft gemucht worden. Abends, nachdem die 
Bäste das Lokal verlassen hatten, bemerkte der Wirth 
auf einem Stuhle ein in Zeitunaspapier geschlagenes