Full text: St. Ingberter Anzeiger

Herzlichwillkommen in St. Ingbert, 
so rufen wir freudig dem einziehenden geliebten 
Prinzregenten entgegen. Wie allerwärts in un— 
seren pfälzischen Städten, so kommt auch hier der 
festliche Empfang aus den Tiefen des Volksge— 
uüthes, nicht hoͤherer Befehl schafft die prangende 
Triumphstraße, sondern es ist der ureigenste 
hderzensdrang eines treuergebenen Volkes, der sich 
kaum genug thun kann in Zeichen und Beweisen 
innigster Verehrung. 
Wenn darum Dein Auge ruht auf Dem, 
was die Hände zum Empfange gerüstet, erhabe— 
ner Fürst, möge dann Dein Herz einen Hauch 
der dankbaren Liebe spüren, welche Dein Volk 
Dir entgegenbringt! Lange hat unsre Pfalz des 
Blückes entbehrt, Zeuge einer Königsreise zu sein. 
Broße, weltbewegende Ereignisse sind an uns 
vorübergezogen, seit vor mehr als drei Jahr— 
zehnten der edle Max von einem Strom festlicher 
Begeisterung durch unsre Gaue getragen wurde. 
Je mehr die großen, zu Deutschlands Einigung 
ührenden Thaten deutscher Fürsten und deutscher 
Stämme den monarchischen Sinn gehoben, Fürsten 
und Völker sich nahe gebracht haben, desto größer 
ward auch der Drang in unserm Pfälzer Land, 
einem angestammten Fürstenhause seine Verehrung 
fund zu thun. Und ist's ein Wunder, wenn von 
aiegesehener Pracht und begeistertster Liebe die 
Pfalzreise unsres Prinzregenten Luitpold begleitet 
ist? Gehört Er doch zu den fürstlichen Persön— 
lichkeiten, welche ihre Regentenaufgabe tief erfassen 
und ihre ganze Kraft für die Erfüllung derselben 
rinsetzen! Das wird Ihm sein Volk nie vergessen, 
vie Er so fest und sicher in schwerer Zeit die 
Zügel ergriffen, so gerecht und milde das Scep— 
ter geführt hat, so treu und fest als deutscher 
Fürst an der Seite seines hohen Verbündeten, 
des deutschen Kaisers gestanden ist! Was zur 
äußeren Befestigung unsrer vaterländischen Größe, 
wie zur inneren friedlichen und gedeihlichen Fort⸗ 
entwickelung unsres Volkslebens in Religion und 
Sittlichkeit, Kunst und Gewerbe, Handel und 
Industrie gereichen kann, findet in seinem wahr—⸗ 
—0 
räftigste Forderung. Unbeirrt, in männlicher 
Festigkeit geht Er seine Bahn; durch leutselige 
Milde gewinnt Er seines Volkes Herzen. 
Wie sollte nicht besonders St. Ingbert, eine 
gaufstrebende Stätte rüstiger Arbeit, jetzt zum 
ersten Mal ebenbürtig stehend in der Reihe der 
zlänzenderen Schwestern am Rhein, am Haardt⸗ 
zebirge und in den Bergen des Westrichs, — 
inst eine Grenzstadt, über welche vor 18 
Jahren der Kanonendonner der Spicherer Schlacht 
gleich dem Grollen eines abziehenden Gewitters 
hingezogen ist, — nach besten Kräften Das zum 
Ausdruck bringen, was es dem machtvoll schützen— 
den Scepter und der von echt deutschem Geiste 
getragenen politischen Weisheit Seines hohen 
Fürsten verdankt! 
Ja, die Glocken auf den Thürmen und die 
Geschütze mit ihren donnernden Grüßen sollen es 
weitertragen über Berg und Thal, was aus 
Herzenstiefen machtvoll dringt: 
Heil unserm Pfalzgrafen Luitpold! 
Mit freudiger Hoffnung wurde schon all die 
Tage und Wochen her dem Besuche des geliebten 
derrschers hier entgegengesehen. Die ganze Be— 
völkerung wetteiferte in den Vorbereitungen eines 
würdigen Empfangs, und als der festliche Tag 
kam, da prangte St. Ingbert in nie gesehenem 
Schmuck. Tausende waren aus Nah und Fern 
erbeigeströnt, Bayerns Regenten zu sehen und 
* zu huldigen. Wohl 20 Tausend an Zahl 
—E— 
Besucher erreicht haben. 
Mit etwas Verspätung erfolgte die Ankunft 
des kgl. Zuges um 11 Uhr 6 M. am hiesigen 
Bahnhofe, Glockengeläute und Böllerschießen kuͤn— 
digte ihn an und begeisterte Hochs einer unzähl⸗ 
baren Menschenmenge begrüßten Se. Kgl. Hoheit, 
welcher aus dem Wagenfenster freundlichst win— 
kend dankte. Rüstig verließ der hohe Herr den 
Wagen. Auf dem Perron hatten sich eingefun— 
den die HH. kgl. Regierungspräsident der Pfalz, 
gl. Bezirksamtmann, kgl. Bergmeister Günther, 
qgl. Oberamtsrichter Bühler, Kommerzienrath O. l 
rämer, Heinrich Krämer, Bürgermeister Heinrich 
ind sämtliche Stadträthe. Herr Bürgermeister 
sielt nach der Vorstellung folgende Begrüßungs— 
insprache: 
„Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Regent, 
Illergnädigster Fuͤrst und Herr! Huldigend und 
ubelnd ertönen vieltausendstimmige Willkommen— 
ufe Eurer Kgl. Hoheit hier an der äußersten 
Westmarke des Königreiches. 
Diese aufblühende, vorwärtsstrebende Stadt— 
emeinde St. Ingbert, durch so viele, wichtige 
Interessen mit den Zentralstellen des Landes aufs 
ugste verknüpft, erfreut sich heute zum ersten 
Nale des unbeschreiblich großen Glückes und der 
yohen Ehre, in ihrer Mitte das bayerische Staats— 
berhaupt in tiefster Ehrfurcht huldigend begrüßen 
u dürfen. 
Den Gefühlen, von welchen unser aller Herz 
ind Brust durchdrungen, den beredesten Ausdruck 
u geben, fordere ich Euch alle auf, Ihr bayer— 
schen Männer von Stadt und Land St. Ingbert, 
nit mir einzustimmen in den vaterländischen Ruf: 
Ze. Kgl. Hoheit Prinzregent Luitpold, des König- 
eichs Bayern Verweser lebe Hoch, Hoch, Hoch 
Tausendstimmig stieg dieser Ruf empor, ein un— 
vandelbares Gelübde deutscher Treue.“ 
Se. Kgl. Hoheit dankte herzlichst, reichte Herrn 
hürgermeister die Hand, worauf die Abschreitung 
er Front der aufgestellten Bergleute und Schmelz⸗ 
irbeiter mit ihren Musikkorps folgte. Fräulein 
rina Günther aus Schnappach, im Unisormrock 
ind Schachthut eines Bergmanns überreichte einen 
ßlumenstrauß, worauf ihr der Regent ein gol— 
enes Armband übergab und sich ihre Photo— 
raphie erbat. Der Prinzregent betrat sodann 
en von Herrn Ungewitter sehr geschmackvoll de— 
orirten Wartesaal III. Klasse, wo auf einer 
on Blumen und Blattpflanzen umgebenen Rund— 
iule die lorbeerbekränzte Büste Sr. Kgl. Hoheit 
ich erhob. Beim Austritt aus dem Bahnhofe 
mpfing den Prinzregenten tausendfaches Hoch. 
huldvollst nahm der Regent den von Herrn Her⸗ 
nann Fischer, Vorstand des hiesigen Kriegerver⸗ 
ins, überreichten Frontrapport über alle hier 
ersammelten pfälzischen und preußischen Krieger— 
ereine entgegen. Es waren dies 919 Mann, 
5 Vereine mit 22 Fahnen. Se. Kgl. Hoheit 
hritt die Front ab und zeichnete einige Krieger 
urch huldvolle Worte aus. Sodann begann die 
jahrt nach dem Schulhause. Zahlreiche Vereine 
ildeten nach dem bekannten Programm Spalier 
is zum Schulhaus. Die ganze Straße bis da— 
in fand sich durch eine dichte Fichtenallee eingesäumt, 
ind unterhalb des Bahndurchganges grüßten von 
inem hohen Triumphbogen die Worte: „Bayern 
ind Pfalz, Gott erhalt's. Hoch Haus Witiels⸗ 
ach.“ Unausgesetzt erschallten iubelnde, begeisterte 
zurufe. 
Nachdem Se. Kgl. Hoheit mit Gefolge über 
»ꝛen mit Pflanzen und Blumen sehr einladend 
zeschmückten Vorplatz sich in den Gang begeben 
atte, wurde der erlauchte Herr hier von 10 
ẽhrenjungfrauen begrüßt, an deren Spitze Frl. 
zettchen Kircher folgendes Gedicht sprach? 
Hoher Freude Feuergarben 
Lohen mächtig durch die Gaue, 
Daß die Pfalz nun ihren Fürsten 
Aug' in Auge einmal schaue! 
Westwärts von dem deutschen Strome, 
Lon den Hügeln rebumschlungen, 
An der treubeschirmten Grenze 
Huld'gen heute frohe Zungen. 
Kicht der Vorzeit Ruhmeszeichen 
kufen hier Willkomm entgegen, 
Doch das Beste ruht im Herzen, 
Wie im Schacht des Berges Segen. 
zest wie Eichen unsrer Berge 
Steht die Treue allerorten, 
hrüßet warm den deutschen Herrn, 
Der der reichste Fürst geworden. 
steich in Liebe seines Volkes 
Woll' ihn Gott der Herr erhalten, 
leber'm Haus der Wittelsbacher 
Allezeit in Gnaden walten! 
Gleichzeitig überreichte Frl. ie Ra 
in Bouquet. Beiden e —E öhm 
Sr. Kgl. Hoheit eigenhändig je ein —5* von 
veißen Steinen besetztes Medaillon n a mi 
dette überreicht. Hierauf stieg dann S 
doheit die Teppichbelegten Stufen zu den oen 
stäumen empor, wo die Aufwartung saufetgen 
Die oberen Räume, welche der Prinen 
uun betrat, boten einen —*2 e 
die feine Möblirung, die reichen Teppiche urch 
bortieren, den Bilderschmuck der Wände n 
chine Blumen- und Pflanzenzier — Alles üb⸗ 
oͤssen von dem hellen Sonnenglanz des Mre 
Zofort nach dem Eintritt Zeigle sich — 
egl. Hoheit am Mittelfenster, von bceusechen 
doch und endlosem Jubel der nach 5 
ählenden Menge begrüßt. Es war eine be b 
uldenurch didhett behe 
dlänge der Nationalhymne mächtig erhöht p 
mmer neuen Salven wiederholte sich der bu 
ende Gruß auch dann noch, als längft der fre 
ich nickende und sichtlich hocherfreute Fuͤrste 
echtsgelegenen Empfangssaal betrelen hatte 
dier standen in weitem Halbkreis die zur Auf 
vartung befohlenen Beamten, Geistlichen, —* 
äthe und Bürgermeister des Kanlons Mahh 
horstellung unterhielt sich der Prinzregem in 
eutseligster Weise mit jedem Einzelnen, und ge— 
viß wird der Blick in dieses freundliche Greisen⸗ 
antlitz voll Güte und Wohlwollen jedem unber 
geßlich bleiben. 
Hier war es auch, wo Herr Subrector Bar— 
nikel seine zur Begrüßung des Prinzregenten 
zedichtete, am Kopfe dieses Blattes 5* Ode 
em dienstthuenden Flügeladjutanten überreichen 
urfte mit der Bitte, sie in die Hände Se. Kyl 
doheit zu legen. Der Buntdruck des prachtvoll 
ausgestatteten Albums ist von der Firm 
demetz ausgeführt; der blaue Saffianeinband 
on Hrn. G. Seibel hier hergestellt, krägt in de 
MNitte das goldene Wappen und an den Ecken 
ilberne reich verzierte Schilder. Gewiß bildet 
diese Widmung für den hohen Herrn eine blei— 
vende Erinnerung an die schöne Pfalzreise. 
Schon während der Vorstellung hatten sich 
iele, besonders jüngere Herren des Gefolges den 
m linksgelegenen Saale aufgestellten Buffet zu⸗ 
ewendet. Auch S. K. Hoheit schlug die Ein— 
adung zu einem kleinen Frühstück, — und zwar 
st dies hier zum erstenmal geschehen, — nicht 
us. Ein Glas „Forster Kirchenstück“ mundele 
em hohen Herrn derart, daß er erklärte, solchen 
Lein nicht zu besitzen. Nach kurzem Verweilen 
cfolgte der Aufbruch. Als die hohen Herr— 
chaften sich entfernten, rief uns noch ein Herr, 
venn wir nicht irren, war es Herr v. Malsen, 
die Worte zu: St. Ingbert kann stolz sein. 
Nirgends noch haben Königliche Hoheit etwas 
genossen, außer hier in St. Ingbert. 
Umdrängt von der frohbewegten Menge be— 
tieg der Prinz-Regent den Wagen, um die 
stundfahrt anzutreten. Daß eine so würdige 
Ztätte für den Empfang bereitet werden konnte, 
afür gebührt besonderer Dank Herrn und Frau 
dommerzienrath Oskar Krämer, welche in 
iebenswürdigster Weise alles zur Ausschmüuͤckung 
der Räume, wie zur Bewirihung des hohen 
hastes zur Verfügung gestellt und rathend und 
elfend die keineswegs leichte Aufgabe zur glüd⸗ 
ichen Lösung bringen halfen. 
Von hier ging die Fahrt auf der tannenum⸗ 
aumten Kaiserstraße gegen das Eisenwerk. An 
ogenannten Glashůttenweg befand sich eine'groß⸗ 
rtige Ausstellung von Maschinen und Erzeug⸗ 
nissen hiesiger Industrie. Die Spinnerei Schuler 
ind Schmitt hatte Baumwollballen und verar⸗ 
eitete Waaren ausgestellt, die Buch-⸗ und Stein⸗ 
ruckerei Demetz eine Sammlung von Druchsachen, 
owie eine Druck- und eine Prägemaschine. Hieran 
chloß sich eine Lederausstellung der Roßleder⸗ 
abrik Gebr. Braun, ferner eine Pyramide verschie 
ʒenfarbiger Flaschen aus der Altienglashütte St 
Ingbert und eine weitere, 18 Meter hohe von 
veißen und blauen Walzengläsern dus der 
Mariannenthaler und Vopelius'schen Glashüne 
n Schnappach. Ferner hatten ausgestellt Thon⸗ 
vaarenfabrikant Adolf Beer auf einem hohen 
Zockel, dessen Ecken kleinere Vasen trugen, au 
iiner korinthischen Säule eine große griechisch 
Zzase. Den Schluß der Ausstellung bildeten