Full text: St. Ingberter Anzeiger

finden Versetzungen in die Landwehr zweiten Auf⸗ 
zebots und Entlassungen aus derselben nicht statt. 
8 6. In Beruͤcksichtigung dringender häuslicher 
und gewerblicher Verhältnisse können Mannschaften 
der Landwehr ersten und zweiten Aufgebots, sowie 
in besonders dringenden Fällen auch einzelne Reser⸗ 
bisten, für den Fall der Mobilmachung hinter die 
letzte Jahresklasse der Landwehr zweiten Aufgebots 
zurückgestellt werden, jedoch darf in keinem Aus— 
hebungsbezirk die Zahl der hinter die letzte Jahres⸗ 
klasse der Landwehr zweiten Ausgebots zurückgestell⸗ 
len Mannschaften drei Prozent der Reserve und 
der gesawmten Landwehr übersteigeu. 
87. 1. Zur erstmaligen Aufstellung der Listen 
haben sich diejenigen im Jahre 1850 oder später 
geborenen Personen, welche nach abgeleisteter gesetz⸗ 
licher Diensipflicht im stehenden Heere und der Land⸗ 
wehr bezw. als geübte Ersatzreservisten nach Ablauf 
der Ersatzreservepflicht bereits zum Landsturm ent⸗ 
lassen sind, innerhalb vier Wochen nach Inkrafttreten 
dieses Gesetzes schriftlich oder mündlich unter Vor— 
lage ihrer Militärpapiere, soweit diese noch vor⸗ 
handen find, im Stationsort der betreffenden Land⸗ 
wehr Kompagnie zu melden. Bei Unterlassung der 
Meldung kommen die Bestimmungen des 8 67 des 
Reichs⸗Militärgesetzes in Anwendung. 
2. Die vorstehend festgesetzte Meldefrist wird 
für die davon betroffenen Personen, welche sich außer⸗ 
halb Deutschlands beziehungsweise auf Seereisen 
befinden, bis zum 30. September 1888, beziehungs⸗ 
weise, wenn dieselben vor diesem Zeitpunkt nach 
Deutschland zurücklehren oder bei einem Seemanns⸗ 
amte des Innlandes abgemustert werden, bis 14 
Tage nach erfolgter Rückkehr beziehungsweise Ab⸗ 
musterung verlängert. 
3. Diejenigen der unter 1 und 2 fallenden 
Personen, welche vor vollendetem zwanzigsten Lebens⸗ 
jahre in das Heer eingetreten find, werden nur 
dann in die Landwehr zweiten Aufgebots aufge— 
nommen. wenn der Eintritt in das Heer am 1. 
April 1870 oder später erfolgt ist. Ihre Zuge⸗ 
hörigkeit zur Landwehr zweiten Aufgedots endigt 
mit dem nächsten 31. März nach Ablauf voller 
18 Jagre seit ihrem Eintritt in das Heer. 
8 8. Die Ersatzreserde dient zur Ergänzung 
des Heeres bei Mobilmachungen und zur Bildung 
von Ersatztruppentheilen. 
Gortfsetzung folgt.) — 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 20. Febr. Als Ausschuß⸗ 
mitglieder des Distriktsrates für den Kanton St 
Ingbert wurden in heutiger Sitzung folgende 
Herren gewählt: 1. Krämer Heinrich, St. Ing⸗ 
dert, 2. Adt Ed., Ensheim, 3. Kahn Wolfgang 
St. Ingbert, 4. Jacob Urban, Rohrbach, 5. 
Laur Heinrich, St. Ingbert. 6. Wolter 
Georg, Eschringen. 
— Ludwigshafen, 18. Februar. Die 
Publikation des Urtheils des Verwaltungsgerichts⸗ 
hofes in Sachen des früheren Polizeikommissärs 
Georg Gschwindt (wegen Verweigerung seiner Pen⸗ 
sionierung) wurde nochmals, und zwar auf den 2. 
März, vertagt. (K.) 
PC. Ludwigshafen, 16. Febrt. Das 
Central· Comite für das R. Verbands⸗Schießen 
des Badischen Landes⸗Schützenvereins, 
des Mittelrheinischen und des Pfälz— 
ischen Schützenbundes, welches in den Tagen 
vom 1. bis zum 8. Juli 1888 in unserer Stadt 
abgehalten wird, hat folgenden Aufruf an die deut⸗ 
schen Schützen erlassen: „Der jüngsten Stadt am 
deutschen Rhein, unserem kraäftig aufblühenden Lud⸗ 
wigshafen, ist die Ehre zu theil geworden, in ihren 
Mauern das in diesem Jahre stattfindende X. Ver⸗ 
bands⸗ Schießen des Badischen Landes · Schützen- 
vereins, des Mittelrheinischen und des Pfaälzischen 
Schützenbundes feiern zu dürfen. Für die Abhalt⸗ 
ung des Festes sind die Tage von Sonntag den 
1. Juli bis Sonntag den 8. Juli festgesetzt wor⸗ 
den. — Die in allen Kreisen unserer Einwohner⸗ 
schaft sich bekundende Theilnahme an den bevor⸗ 
stehenden Festlichkeiten, die Unterstützung, welche 
unseren Bestrebungen von Seiten der staatlichen 
und städtischen Behörden in entgegenkommendster 
Weise zugesichert worden, der rege Sinn für Ent⸗ 
wickelung eines echten Volksfestes, der sich bei den 
einheimischen Vereinen und sonstigen Körperschaften 
—XEDD 
jeder Richtung hin gelungenes werden möge. — 
Die erforderlichen Vorarbeiten sind im Gang und 
wir dürfen wohl bald in der Lage sein, über die 
berschiedenen Anordnungen nähere Mittheilung zu 
nachen. — Ein fur jedes Schießfest nothwendiges 
Bedürfniß: eine praktisch angelegte geräumige Schieß 
halle, steht unserer Gesellschaft, wie vielleicht keinem 
ainderen der Verbandsvereine zu gebote. Die Raum— 
»erhältnisse unseres vor zwei Jahren neu erbauten 
Schießhauses setzen uns in die günstige Lage, den 
cheilnehmenden Schützen Gelegenheit zu geben, auf 
12 Standscheiben auf 175 Meter Entfernung, 12 
Feldscheiben auf 300 Meter Entfernung, 3 Feld⸗ 
cheiben auf 450 Meter Entfernung und 1 Stand 
ür laufendes Wild ihre Schießfertigkeit zu erproben, 
uind so dürfte dem Bedürfniß der Schützen nach 
dieser Seite hin vollauf Rechnung getragen sein. — 
Aber auch nach der gesellschaftlichen Seite hin wird 
Alles aufgeboten werden, daß Niemand unsere 
Stadt unbefriedigt verläßt. — Es ist das erste 
Mal, daß Ludwigshafen Gelegenheit gegeben wird, 
eine Gastfreundschaft den Schützen gegenüber zu 
»ekunden, wir 'sind indessen sicher, daß diese in 
jollem Maße geübt wird, und laden Euch deshalb 
jerzlichst ein, Euch recht zahlreich bei uns einzu— 
inden. — Unsere fröhliche Pfalz, Gott erhalt's 
st ja in allen deutschen Landen wohlbekannt, und 
so dürfen wir wohl erwarten, daß die Zugkraft, 
welche unser schönes Land des Weins und der 
Fröhlichkeit stets ausübt, auch diesmal sich bewähren 
nöge. — Deshalb erscheinet vertrauensvoll an 
inserem grünen Rhein, dem schönsten deutschen 
Strom, in unserer jungen Stadt, welche Euch schon 
im voraus aus ganzem Herzen zuruft: Seid 
vilIkoömmen!“ 
Vevmischtes. 
F München, 18. Febr. Wie die „N. N.“ 
nittheilen, soll das InfanterieLeibeRegi— 
nent am Geburtstag Sr. k. Hoheit des Prinz⸗ 
Regenten das erste Mal mit den neuen Helmen 
Pickelhauben) und den neuen Seitengewehren zur 
Parade ausrücken. 
F Ingolstadt, 15. Febr. In Adelsried 
jat eine Soöͤldnersfrau, welche im Wochenbette krank, 
sedoch auf dem Wege der Besserung war, ihr Kind 
erwürgt. Die Unglückliche, welche den Kindsmord 
in momentanem Wahnsinn verübte, sagte bei ihrer 
Vernehm ing: „Ich hab's thun müssen.“ 
I. 3.) 
F Würzburg, 17. Februar. Wegen Ver— 
zffentlichung von Preisräthseln mit 
Prämien waren zwei hiesige Blätter (Telegraph und 
Beneral⸗Anzeiger) vom Schöffengericht verurtheilt 
und vom Landgericht freigesprochen worden. Auf 
stevisfionsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hob das 
Reichsgericht das erstrichterliche Urtheil auf und 
verwies die Sache zur nochmaligen Verhandlung 
an das kgl. Landgericht Schweinfurt. 
FWürzburg, 17. Febr. Ein Raubanfall 
in der Postexpedition Oberaltertheim, bei welchem 
der Räuber, ein Handwerksbursche, angeblich 1200 
Mark gestohlen haben soll, hat sich als erfunden 
jerausgestellt. Der Expeditor Schriefer wurde sus⸗ 
jendirt und verhaftet. Er soll sich eine Menge 
Inregelmäßigkeiten im Dienst haben zu schulden 
kommen lassen. 
F Die älteste Schwester Berthold 
Auerbach's, Jeanette Auerbach, die seit 
dielen Jahren in Cannstatt bei Stuttgart lebt, hat 
sich jetzt (im Alter von 78 Jahren) enischlossen, 
nach Amerika auszuwandern, wo sich ihre Kinder 
befinden. In seinen Briefen gedenkt Berthold 
Auerbach bekanntlich öfters dieser Schwester, die 
sür sein poetisches Schaffen stets das lebendigste 
Interesse zeigte, und auf deren Urtheil der Dichter 
ziel Gewicht legte. 
Von Mitgliedern des Straßburger 
Nänner-Gesangbereins wird soeben ein 
Preisausschreiben erlassen für die beste Dicht⸗ 
ing fröhlichen Inhalts zu einer bestimmten Marsch⸗ 
omposition, deren Reinerlbss dem Straßburger 
Sängerhaus zufließt. Die Preise betragen zusam⸗ 
nen 100 Mark. Ziel der Einsendung 81. März 
d. J. Das Preisrichteramt haben gütigst über— 
nommen die Herren: Dr. Schricker, Direktor 
des Gewerbemuseums; Fr. Stockhausen, Direktor 
des Conservatoriuns und Dr. Th. Ziegler, 
Universitäts-Professor zu Straßburg. Preisverkündig⸗ 
ung am 27. April d. J. durch Mittheilung an 
diejenigen Blätter, welche dieses Ausschreiben ab⸗ 
gedruckt haben. Die näheren Bedingungen, sowie 
die betreffende Marschcomposition in Prachtausgabe 
ür Klavier sind allein erhältlich gegen Einsendung 
bon 1 Mark an das Mitglied Herrn Kassirer 
F. Streng, Deutsche Straße Nr. 8, Straßburg 
Elsaß), an welche Adresse auch die ve 
Abdruck des Ausschreibens erbeten —8 
fBitsch. Von der Findigkeit de —8 
über die schon so viel geschrieben worden8 
auch die Forbacher Zeitung ein schönes —— 
zu erzählen. Bei einem Wirthe in Phigch? 
hatte dieser Tage ein Bauer aus einem o 
dorfe seine Laterne stehen lassen. Andenefit 
fiel ihm das Versehen ein, er schrieb ein ge 
mit der Bitte, ihm diese Laterne zu sadgeg 
er zum „Adressieren“ kam, wußte er date 
des Wirthes nicht; was thun? Der virme 
zuch ohne Laterne,hell“ ist, setzte flug hn— 
schrift darauf: „An den Wirth am Waran' 
den großen Stier hat“, gab die Kart⸗ a 
— und richtig, sie kam in die richtigen —8 
der Bauer zu seiner Laterne. ⸗ 
„, Berden. 18. Februor. 20 amnh 
etlichen Tagen fand hier die Beerdigung dag 
aufsehers R. flatt. Wie verlautet, hinienn 
Verstorbene eine Wittwe mit mit 20 —R 
da R. erst vor kurzem hierher versetzt — 
in Euskirchen wohnhaft find. 9 
Schauplatz der Handlung: ein at 
Erfurt. Ein Fremder nimmt Platz in a 
weier Herren, welche in eifrigem —X 
unbefangen laut unterhalten. Er hoͤn rits 
lürlich zu. *— 
„Auf Cavaignac und Mac Mahon konrch 
sich verlassen!“ pp 
„CEben so sehr auf Victor Hugo?“ 9 
„Gewiß! Und gefällt Ihnen Frau ens 
Folkmann ? hn 
„Nein, sie ist mir nicht klein genug an⸗ 
„Dann nehmen Sie Fräulein Kühn, igg 
neben Notar Högg sehr gut aus.“ till 
„Meinethalben, aber auch Jauf die Kanl 
James de Roihschild hätt' ich Luft·3 
„O ja, mit dem Kanarienvogel insuf 
übel. Und wie wär' «8 mit Lafayeite?“ erde 
„Gut, geben Sie mir eine Prise, aber veser 
—A 
„Dann mögen Sie es auch mit Chauteund 
und George Sand versuhen ....“ grie 
Der Fremde steht auf und nimmt dencht 
bei Seite. „Was sind das für komische rmi 
bei denen ich sitze?“ — „Der eine ist Cuckl 
sitzer, der andere — Einkaäufer.“ — „Ach jrech 
ist Erfurter Blumensprache!“ de 
F Der Jäger Kaufmann, diutiegt 
Zwischenfall an der französischen Grenze in ws 
reisen bekannt geworden, weilte, wie eindde 
erstatter meldet, in diesen Tagen besuchsbibe 
dichterfelde bei Berlin. Er fieht beim 8.xe 
Bataillon und ist für treue Pflichterfüllun 
Befreiten befördert. Kaufmann ist von sprd 
ind doch kräftiger Gestalt; in zahlreichen framitr 
Blattern, die er bei sich führte, wird er ahalt 
iiche Mißerscheinung dargestellt. Daß Kueser 
ein geschidter Schütze ist, beweisen die beidenüserd 
schnüre, die er sich beim Baiaillon erwothan 
Begenwärtig befindet er sich vier Wochen aufln 
F Die schwarze Internationale hat seit n 
Zeit in Berlin ein anständiges Kneiptn 
funden. Die Polizei braucht deßhalb nicht . 
zu sein; wenn hier von einer „schwarzen 5 
nationaie“ die Rede ist, so sind damit rech 
lose Leute gemeint, die ihre Farbe vor alt 
offen zur Schau tragen: die Neger, die alß 
er“ die Weit durchziehen. Keiner dieser sh 
Erdensöhne kommt nach Berlin, ohne nl 
„Restaurant zum echten Mohren“ in der Ban 
21 zu gehen, zurückgelassene Nachrichten fürnng 
Empfang zu nehmen, oder Nachrichten fürnq 
zurüklassend, denn die schwarzen Künstler, A 
ob sie sich in London oder Paris, in Arn sse 
oder Brüssel. in Hamburg oder Berlin auße 
bilden eine einzige große Familie. Und del hd 
in der Barnimstraße ist in dophelter Beziehun g 
der Ihrigen. Er ist schwarz wie Ebenholz u 
William Beally Kellner und zuletzt wohlde 
Restaurateur wurde, da war er ebeufalls Ke 
der in den 70er Jahren mit der schwarzen b 
spieler⸗Gefellschaft), Ontel Toma Hutte in 
nent durchzog. Seine Kneipe hat durch dit 9— 
der Presse einen Weltruf erhalten. Als die Ze 
Berlins im Herbste d. Irs. die Mittheilung bu 
daß Berlin um kin eigenartiges Restaurantr 
sei, dessen Wirth ein in der Sklaverei geh 
ichter Neger ist, da wurde diese Notiz in — 
ranzoösischen und holländischen Zeitungen an 
So erhielten alle Neger⸗Künstler, die nicht *