Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
r St⸗ Zugberter 7 erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntagz2 mal wöchentlich mit Unterhaltung⸗ 
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WV 39. 
Donnerstag, 23. Februar 1888. 
23. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 21. Febr. Der Finanzausschuß 
atellie den Matricularbeisrag Bayerns auf 30,700, 000 
N. fest. Der Finanzminister stimmte dem Anschlag 
es Berichts zu, wonach der Zinsbetrag der Reichs⸗ 
hulden auf 40 Millionen Mark und der Antheil 
gayerns für das Reichsmilitär um 62 Millionen 
MRort anwachse, und sprach die Hoffnung aus, daß 
mndie Verbrauchsabgobe für Rübenzuder sich steigern 
werde. 
München, 21. Febr. Die Regierung hat 
»er Kammer eine Nachtrogsforderung von 750, 000 
Mi. vorgelegt für die Erbauung eines Floß⸗ 
und Handelshafen am Rhein bei Aschaffen⸗ 
ourg. 
München, 21. Februar. Fur die kathol. 
IGeistlichen der Pfalz wurden sämmtliche Aus⸗ 
schuß · Antrage angenommen, darunter die vierte 
„Kaplanei in Kaiserslautern; Der Antrag Märcker 
beir. die Wiederherstellung der Kaplanei Dahen 
wurde abgelehnt; dafür sprach Jager, dagegen 
Deinhardt und die Regierungskommissäre. 
München, 21. Febr. Dem Vernehmen der 
„N. N.“ zufolge hat der Papst den Bischöfen 
eine Verwunderung ausgedrückt, daß auf seine 
Encyklika eine Anwort bisher nicht erfolgt ist. 
Strasßburg, 21. Febr. Bei dem Diner, 
der Landesausschußprasident Schlumberger heute 
Hotel „Stadt Paris“ gab, toastirte er auf den 
adthalter. die Regierung und den Landesausschuß. 
wer Stadihalter erwiederte mit einem Toast auf 
Iden Präsidenten des Landesausschusses. 
J Berlin, 21. Febt. Die, Nordd. Allg. Zig.“ 
magt in ihrer Tagestundschau: jedenfalls dürfe 
ig hente als feststehend gelten, daß die Verhandlungen 
der Kabinette in Fluß kommen, mithin alle Be⸗ 
fürchtungen hinfaͤllig machen, welche aus der seit⸗ 
herigen Unbeweglichkeit der Situation ihren Ur— 
Asprung ableiteten. — Die Kommission des Reichs⸗ 
nages für die Aufhebung des Identitätsnachweises 
lam (nach der Fr. Ztg.) bis jetzt über die General- 
dehatte noch nicht hinaus. Es zeigte sich aber 
F dabei, daß die Majorität der Kommisfion für den 
Antrag ist. 
Das publizirte neue Wehrgesetz. 
GFortsetzung.) 
.83. Der Ersahreserve find alljährlich so viele 
Mannschaften zu überweisen, daß mit fieben Jahres⸗ 
lassen der erste Bedarf für die Mobilmachung des 
Heeres gededt wird. In erster Lmie sind derselben 
diejenigen Personen zu überweisen, welche zum 
Pulitardienst tauglich befunden, aber als Ueder⸗ 
ahlige, d. i. wegen hoher Loosnummer nicht zur 
zinstellung gelangt sind. Der weitere Bedarf ist 
u entnehmen: 
) Aus der Zahl derjenigen kauglichen Militär⸗ 
——8 de häusliche Verhältnisse die Befrei⸗ 
on der eistung der aktiven Di i 
scte haben; * n Vienkpicht zur 
b) Aus der Zahl derjenigen Mililärpflichtigen, 
wel he wegen geringer koͤrperlicher Fehler von der 
Ableiftung der aktiven Dienstpfiicht befreit werden 
se h. bedingt tauglich fsind); 
) Aus der Zahl derjenigen Militaärpflichtigen, 
x wegen zeitiger Dienstuntauglichkeit von der 
Ableistung der altiven Dienstpflicht befreit werden 
d. zeitig untauglich find), deren Kräftigung aber 
atend der naͤchstfolgenden Jahre in dem Waße 
warten ist, daß sie den Anstrengungen des 
enstes gewachsen find 
Die Ueberweisung ist in der vorstehenden Reihen⸗ 
olge zu bewirken. Ist ein Ueberschuß vorhanden, 
o enijcheidet unter den Freigeloosten Meberzaͤhligen) 
zie Reihenfolge der Looßnummer, unter den übrigen 
Militarpflichiigen die Abkömmlichkeit, das Lebens⸗ 
alter und die bessere Dienstuntauglichkeit. 
8 10. Eine Ueberweisung anderer als der im 
3 Obezeichneten tauglichen Militärpflichtigen zur 
xͤrsatzreferve kann durch die Ersatzbehörden dritter 
Instanz ausnahmsweise verfügt werden, wenn be⸗ 
ondere im Reichs⸗Militärgeseß vom 2. Mai 1874 
ucht ausdrücklich vorgesehene Billigleitsgründe eine 
Befreiung von der Äbleistung der aktiven Dienst⸗ 
Fflicht gerechtferticht erscheinen lassen. 
8 1I. Die der Ersatzreserve überwiesenen Per⸗ 
onen gehören zu den Mannschaften des Beurlaub⸗ 
enstandes und sind allen für die letzten — ins⸗ 
esondere den für Reserbe und Landwehr — gil⸗ 
igen Bestimmungen unterworfen, insoweit nicht in 
den nachftehenden Paragraphen besondere Festsetz⸗ 
ingen getroffen sind. 
8 1i2. Die Ersatzreservisten können alljährlich 
inmal — und zwar zu den im Frühjahr stattfin⸗ 
den Kontrolversammlungen — herangezogen werden. 
8 18. Die Ersatzreservisten sind im Frieden 
zur Ableistung von drei Uebungen verpflichtet, von 
denen die erste zehn Wochen, die zweite sechs Wochen, 
und die dritte vier Wochen dauert. Die Zahl der 
ur ersten Uebung einzuberufenden Mannschaften 
vird durch den Reichshaushaltsetat festgesetzt. Die 
deranziehung zur ersten Uebung erfolgt in der 
stegel innerhalb eines Jahres nach Ueberweisung 
ur Ersatzreserve. Den Ersazreservisten, welche zur 
rsten Uebung einberufen werden sollen, ist, von 
esonderen Ausnahmefällen abgesehen, der Gestell⸗ 
ingstag bis zum 15 Juli des betr. Kalenderjahres 
jelannt zu machen. 
Schifffahrt treibenden Mannschaften und solchen 
Ersatzreservisten, welche auf ihren Wunsch spaäter 
»der als Nachersatz nachträglich zur ersten Uebung 
jerangezogen werden sollen, ist der Gestellungstag 
14 Tage vor Beginn der Uebung bekannt zu machen. 
Als Nachersatz find die wegen hoher Loosnummern 
»er Ersatzreserve überwiesenen Mannschaften nicht 
heranzuziehen. 
Jungen Leuten von Bildung, welche sich wäh⸗ 
rend ihrer Dienstzeit selbst bekleiden, ausrüsten und 
herpflegen, und welche die gewonnenen Kenntnisse 
dem vorschriftsmäßigen Umfange dargelegt haben 
8 11 des Gesetzes, betreffend die Verpflichtung 
um Kriegsdienst, vom 9. November 1867), stehi 
ur die erste Uebung unter denjenigen Truppen⸗ 
heilen die Wahl frei, welchen für das betreffende 
Jahr die Ausbildung von Ersatzreserven übertragen ist. 
Der Ersatzreserve überwiesene Personen, welche 
uf Grund der Ordination oder der Priesterweihe 
dem geistlichen Stande angehören, sollen zu Ueb⸗ 
ingen nicht herangezogen werden. 
Tritt während Ableistung einer Uebung durch 
igenes Verschulden oder im eigenen Interesse der 
lebenden eine Unterbrechung ein, so kommt die 
Zeit der letzteren auf die Uebhungszeit nicht in An⸗ 
ꝛechnung. 
8 14. Ersatzreservisten, welche das 832. Lebens⸗ 
ahr überschritten haben, werden zu Uebungen nicht 
nehr herangezogen. Diese Bestimmung findet je⸗ 
och keine Anwendung auf diejenigen, welche a) in 
Folge eigenen Verschuldens verspätet der Ersatzre⸗ 
erve überwiesen, b) wegen Kontrollentziehung in 
aungere Jahresllafsen zurückversetzt oder c) auf ihren 
Intrag von der zuletzt vorhergehenden Uebung be⸗ 
reit worden sind. (Fortsetzung folgt.) 
*Si. Ingbert, 22. Febr. GSchoͤffen⸗ 
perichtssitzung) B. G., Ehefrau Kr. aus 
St. Ingbert, 86 Jahre alt, ist angeklagt, am 5. 
Dezember vorigen Jahres auf offener Straße ihrer 
zchwagerin derart in's Gesicht geschlagen zu haben, 
jaß leßtere aus Mund und Nase blutete. Da 
iese liebevolle, verwandschaftliche Behandlung als 
horsätzliche Körperverletzung ausgelegt wurde, so 
vird genannter B. G. eine Strafe von 5 Tagen 
gefängniß und die Kosten auferlegt; ihre mit an⸗ 
seklagie Schwester wird Mangels Beweises freige⸗ 
prochen. — J. J., 21 Jahre alt und Jos. K., 
9 Jahre alt von hier, hatten am 20. Nobember 
887 in der Wirthschaft von L. Feger hier, nach 
orhergegangenem Disput einen Bergmann von 
Schuren durch Schlagen und Treten verletzt, woflr 
rfserer mit 8 Tagen Gefängniß und letzterer mit 
3 Mk. gestraft wird, die Kosten tragen beide ge⸗ 
meinschaftiich. — Dasselbe Vergehen sällt der A. 
Sch. Ehefrau St. von hier, zur Last, welche die 
dinder ihres feindlichen Nachbar's zuerst mit der 
dand, sodann mit cinem dürren Prügel bearbeitete. 
Wegen einfacher Körperverletzung erfolgt ihre Ver⸗ 
artheilung zu 6 Mark und den Kosten. — In der 
Racht vom 18. — 19. Dezember 1887 hatte fich 
B. U., 19 Jahre alt, von hier, gegen einen Poli⸗ 
eidiener und einen Nachtwächter zu ehrenrühcigen 
Aeußerungen hinreißen lassen. Die ihm wegen 
Beleidigung beider im Dienst zuerkannte Strafe 
beträgt 8 Tage Gefängniß nebst Kosten. — M. 
F., 24 Jahre alt, Bergmann von Elversberg, hatte 
am 27. November 1887 in St. Ingbert dem 
hayerischen Gerstensaft etwas zu sehr zugesprochen. 
Auf seinem Heimweg suchte er auf hiesiger Orts⸗ 
traße mit einem Glasmacher ohne Ursache Händel 
und schlug demselben mit einem schweren Stock 
zleich über die Schulter. Unter Annahme mildernder 
Umsiände wird gegen ihn, wegen Körperverletzung 
nitiels gefährlichen Werkzeugs auf 8 Tage Ge⸗ 
angniß und Tragung der Kosten erkannt. — Die 
Berhandlung gegen den oft bestraften Jak. B. aus 
Weilerbach wegen Bettel und Landstreicherei wird 
hdehufs Ermittelung von Zeugen um 8 Tage ver⸗ 
choben. — Gegen G. K. Gastwirth in St. Ing⸗ 
zert, ist Klage wegen Berufsbeleidigung der hie⸗ 
figen Polizeimannschaft und Nachtwächter erhoben. 
Auf Antrag des kgl. Amtsanwaltes wurde Ausschluß 
der Oeffenklichkeit der Verhandlung beschlossen. Das 
Urtheil lautet, 3 Wochen Gefängniß. 
*St. Ingbert, 28. Februar. Nach den 
Bestimmungen zur Durchführung des neuen Wehr⸗ 
zesetzes haben sich alle im Jahr 1850 oder später 
Jjeborenen Individuen und zwar Officiere, Sanitäts⸗ 
Ffficiere, Militärbeamte, Unterofficiere und Mann⸗ 
chaften, die nach abgeleisteter Dienstpflicht im Heer 
und in der Landwehr, bezüglich als geübte Ersatz⸗ 
ceservisten nach Ablauf der Ersatzreservepflicht be⸗ 
ceits zum Landflurm entlassen bezw. verabschiedet 
varen, in Vorfolg der nur öffentlich zu erlassenden 
Bekanntmachungen bis zum 3. März 1888 unter 
Porlage ihrer Militärpapiere bei den zuständigen 
Militaͤrbehörden mündlich oder schriftlich zu melden, 
zehufs Eintragung in die Listen der Landwehr 
weiten Aufgebotes, zu der sie nunmehr gehören. 
Die Meldefrist ist für Personen, die sich außerhalb 
Deutschlands oder auf der See befinden, bis 30. 
September 1888, bezw. wenn sie früher zurück⸗ 
tehren, bis 14 Tage nach der Rückkehr verlängert. 
— Am 1. Mäid. J. tritt das neue Gesetz 
iber die Verwendung gesundhe itsschädlicher Farben 
dei der Herstellung von Nahrungsmitteln und Ge⸗ 
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