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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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er St⸗ Zugtepter ee erscheint wochentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sountag; 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungs—
u und Sonntags mit ach eitiger illustrirter Seilage Das Blatt kofiel vierteljahrlich 1.4 60 2 einschließzlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 753 einschlie ßlich
Zustellungsgebuhr. Die ereeeee eee fur die INagespaltene Garmondzeile vder deren Raum beiragt bei Inseraten aus der Pfalz 10 &, bei außerpfalzischen und solchen
auf welche die dilion Aitunft ertheilt. 13 A. Meklamen 30 . Bei Amaliger Einrucung wird nur dreimalige berechnet.
V B.
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51 Deutsches Reich.
5 München, 27. Febr. Der bayherische
ALandtag wurde bis zum 28. März verlängert.
O Berlin, 285. Febr. Die Reichstagssession
nähert sich mit schnellen Schritten ihrem Ende, der
Schluß wird für heute über 14 Tage erwartrt.
Die Regierung hat auf die Einbringung des Ge⸗
——
zichtel, beide werden erst zu den Ausgaben der
nächsten Session gehören. Der tiefe Ernst, der
nehr und mehr junsere gesammten Verhältnisse er⸗
aßt und durchdringt, mag es wünschenswerth er⸗
cheinen lassen, mit der Gesetzgebungsarbeit für jetzt
abzuschließen, um die höchsten Instanzen wenigstens
zach dieser Richtung hin zu entlasten.
Berlin, 27. Febr. Dem „Berl. Tageblatt“
a fjolgendes Telegramm vom gestrigen Datum zu⸗
jegangen: Professor Kußmaul untersuchte heute
Hhormittag den Kronprinzen. Er fand zwar keine
inzeichen einer Lungenaffektion, allein er erklärte
ien allgemeinen Zustand der Krankheit des Kron⸗
rinzen für sehr unbefriedigen:. Professor Kuß⸗
naul wird heute Nachmittag den Kronprinzen
wchmals untersuchen und wahrscheinlich morgen
nit Professor von Bergmann abreisen. Die den
kronprinzen behandelnden deutschen Aerzte unter⸗
uchten in den letzten Tagen mikroskopisch den Aus⸗
ourf des Kronprinzen und behaupten, darin un⸗
rügliche Anzeichen von Carcinom (Krebs), nämlich
Alveolar⸗Gebilde, gefunden zu haben. Mackenzie
gält diese Untersuchung jedoch nicht für ganz hin⸗
reichend, um das gegentheilige Ergebniß von Vir⸗
chow's Untersuchung umzustoßen, auch würde
Mackenzie neben Prof. Kußmaul gern die Berufung
von Professor Ziemssen aus München gesehen haben,
da dieser auch große Erfahrung in Halsleiden be—
cfitzt. Mackenzie bleibt noch hier, seine Abreise ist
znoch ganz unbestimmt.
Berlin, 27. Febr. Das Centrum hat nun
die im Abgeordnetenhaus schon angekündigten An⸗
fräge eingebracht; dieselben lauten:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:
die königliche Staatsregierung aufzufordern, dem
Landtage baldigst den Entwurf eines Gesetzes vor⸗
zulegen, durch welches den Kirchen und ihren Or—
ganen in Betreff des religiösen Unterrichts in den
Vollksschulen diejenigen Befugnisse in vollem Um⸗
fange gewährt werden, welche die Verfassungs—
urkunde im Artikel 24 denselben durch den Satz:
Den religiösen Unterricht in der Volksschule leiten
die betreffenden Religionsgesellschaften“, zugesichert
hat und dabei, dem ursprünglichen Sinne dieser
aZusicherung enisprechend,insbesondere auf Fefistel-
lung folgender Rechte Bedacht zu nehmen:
F I) In das Amt des Vollsschullehrers dürfen
nur Personen berufen werden, gegen welche die
nUirchliche Behörde in kirchlichereligidser Hinfich keine
nens gemacht hat. Werden später solche
—— erhoben. so darf der Lehrer zur
ẽrtheilung des Religionsunterrichts nicht weiler
zzugelassen werden.
2) Diejenigen Organe zu bestimmen, welche in
—* nn aier den Religionsunterricht
erechtigt sind, steht ausschließli
— 5— steh schließlich den
83) Das zur Leitung des Religionsunterrichts
hne kirchliche Organ ist befugt, nach eigenem
Ermessen den schulplanmäßigen Retigiondunterricht
zu ertheilen oder dem Religionsunterrichte des
en beizuwohnen, in diesen einzugreifen und
essen Ertheilung den Lehrer m Weisungen
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Dienstag, 28. Februar 773.
zu verseben, welche von letzterem zu befolgen find.
4) Die kirchlichen Behörden bestimmen die für
en Religionsunterricht und die religiöse Uebung
n den Schulen dienenden Lehr; und Unterrichts⸗
ücher, den Umfang und Inhalt des schulplan⸗
näßigen religiösen Unterrichtsstoffes und dessen
gertheilung auf die einzelnen Klassen.
Ein fernerer Antrag will die Zulassung aller
Irden und die Wiederertheilung der Korporations⸗
echte an dieselben ausgesprochen sehen.
Die Petitions⸗Kommissson des Reichs-
ages behandelte in ihrer Samstags⸗Sitzung als
rsien Gegenstand die Petitien des Vereins
egen den Wucher im Saargebiete.
IUls Ueberreicher dieser Petition war zu der Ver⸗
andlung der Abgeordnete Bormann zugezogen.
der Berichterstatter, Abgeordneter Hegel trat lebhaft
afür ein, daß die in der Petition hervorgehobenen
Nißstände gebieterisch Abhülfe verlangen und
eineswegs lotaler Art seien. Alle Versuche des
zereins, durch eigenes Bemühen dauernd den
Vucher bei dem Cediren von Verträgen zu besei⸗
igen, lassen den echofften Erfolg nicht erwarten.
Her Abgeordnete Hegel empfahl daher, dem Reichs⸗
age vorzuschlagen, diese Petition mit einer Reso⸗
ution den verbündeten Regierungen zur Berück⸗
ichtigung zu überweisen. Der Kommissar der
erbundeten Regierungen, Geheimer Oberregierungs⸗
cth Hagens aus dem Reichs⸗Justizamte, erwiderte
edoch durch Hervorhebung der Schwierigkeiten,
velche sich einer Ausdehnung des Wuchergesetzes
ntgegenstellen, und hofft, daß einestheils durch
imausgesetzte strenge Handhabung der bestehenden
hesetze doch in vielen Fällen ersolgreich der Wucher
largestellt und bestraft werden kann, andererseits
ber die weitere Gesetzgebung über das Genossen⸗
chaftswesen die Geldbeschaffung erleichtere und die
rinführung der Grundbuch-Ordnung in der Rhein⸗
zrovinz die Hypothekenverhältnisse wesentlich klären,
ilso ebenfalls dem Wacher indirekt entgegenwirken
verde. — Die Besprechung wurde unter lebhafter
Zetheiligung vieler Mitglieder aller Fraktionen ge⸗
ährt und hatte das Ergebniß, daß die Kommission
war die formulierte Resolution nicht annahm, aber
em Reichstag vorschlug, die Petition den verbün⸗
deten Regierungen zur Erwägung zu überreichen.
Ausland.
Wien, 27. Febr. Nachrichten aus Kon-
tantinopel lassen keinen Zweifel, daß in Bul—
arien insgeheim Vorbereitungen getroffen sind, ein
waiges türkisches Ansinnen an den Prinzen
jerdinand, aus dem Lande zu gehen, mit der Pro⸗
lamation der Unabhängigkeit Bulgariens zu be⸗
intworten. Sollte Ferdinand dann abtreten, so
vürde man die Republick ausrufen.
Der Leiter des französischen Genseralstabes,
Heneral de Miribel, hat soeben eine Studie
iber das französische und das deutsche Heer veröffent⸗
icht, in welchem er zu folgendem Schlusse gelangt:
„In Frankreich zählen das stehende Heer und die
steserven 1,029,000 vollständig ausgebildete Sol⸗
aten in ihren Reihen. Die Territorialarmee zählt
26,000 Mann, die 4 Jahre 3 Monate oder min⸗
»estens 40 Monate gedient haben, macht zusammen
455,000 Mann. Zu dieser Zahl treten noch
ie Mannschaften der zweiten Kontingentshälfte, die
illerdings uur ein Jahr unter der Fahne gedient
aben, und wenn nicht so gründlich durchgebildet,
voch als felddienstfähig betrachtet werden küönnen.
dies ergiebt zusammen eine Efflktivstärke von
959 000 Mann, welche der Stärke des stehenden
B.Jahrg
deeres, der Reserben und der Landwehr 1. Auf⸗
ebots in Dentschland entspeicht. Den 800,000
Mann der Landwehr 2. Aufgebots können wir
761,000 Mann Reserve der Territorialarmee
ntgegenstellen, und auf diese Weise ergiebt sich ein
annähernd gleiches Stärkeverhältniß auf beiden
SZeiten. Aber darum handelt es sich nicht allein.
PWie man in der Taktik weniger die vorhandenen
kräfte, als die zur Stelle befindlichen in Rechnung
telli, so berechnet man in der Strategie nicht so⸗
wohl das, vas an Soldaten im Lande vorhanden,
als vielmehr, was man in einer bestimmten Zeit
in die Grenze führen kann. Vor wie nach dem
deutschen Wehrgesetz von 1888 handelt es sich we⸗
niger darum, Millionen von Soldaten in Reih und
glied zu stellen, sondern darum, als Sieger aus
zem ersten Kampf hervorzugehen. Mehr denn je
vird in Zukunft der erste Erfolg über das Schick⸗
al des ganzen Krieges entscheiden.
Paris, 25. Febr. Der gestrige Jahrestag der
stevolution von 1848 wurde durch eine Reihe von
Banketten, Pünschen und Bällen festlich begangen.
Im Laufe des Tages legte eine Gruppe von Re—
zublikanern auf dem Friedhofe Pére⸗-Vachaise einen
dranz nieder, der die Inschrift trug: „ Lodru-
zollin, fondateur du suffrage universel.“ Die
edeutendsten Festmahle waren die des radical-
iberal⸗republikanischen Vereins des 16. Arron⸗
issements, das unter dem Vorsitz Clovis Hugues'
ind im Beisein einer Anzahl radicaler Abgeordneter
tattfand, sowie des republikanischen Vereins von
Indre⸗et-Loire, dem der Generalrath Voisin bei—
vohnte. Dieser drückte die Hoffnung aus, „Herr
Wilson, der Abgeordnete des Departements, werde
nakellos aus den schweren Prüfungen, die er
qurchzumachen hat, hervorgehen.“
San Remo, 26. Febr. Der Kronvrinz
zerbrachte einen ziemlich guten Tag; wie es heißt,
jedenken Professor Bergmann und Geh. Med.Rath
Prof. Kußmaul morgen abzureisen.
Lokale und pfaälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 27. Febr. In der Nacht
jon gestern auf heute wurde eine Gesellschaft, welche
'n gemüthlicher Stimmung von einer Kindtaufe
sjeimkehrte, am Viadukte von einigen Burschen an⸗
zefallen und mit Prügel und Messer derart bear⸗
zeitet, daß sofort ärztliche Hilfe in Anspruch ge⸗
rommen werden mußte. Was die Burschen zu
hrer brutalen Handlung veranlaßte, ist unbekannt.
— 1888, nicht 88. Viele belieben die laufende
Jahreszahl nicht auszuschreiben, also nicht 1888,
sondern kurz 88 zu schreiben. Es hat diese Ge—
»flogenheit nun gerade in diesem Jahre seine be—
ondern Gefahren, man kann nämlich diese Zahl
nit Leichtigkeit zu den Jahreszahlen 1880, 1881,
1882 ⁊c. bis zu 1889 vervollständigen, indem
nan vor die 88 und hinter die 88 die entsprechende
Zahl hinschreibt. Wer also z. B. eine Rechnung
oder einen Brief mit der abgekürzten Jahreszahl
38 versieht, darf sich nicht wundern, das Schrift⸗
tück bei einer Gelegenheit, bei der es vielleicht ge⸗
rade auf die Jahreszahl am meisten ankommt, mit
1887 oder 1886 ꝛc., vielleicht selbst als „1889“
wieder zu Gesicht zu bekommen. Bei der Verjähr—⸗
ung von Forderungen spielt z. B. die Jahreszahl,
die auf der Rechnung steht, unter Umständen die
usschlaggebende Rolle. Das Resultat solcher Be—
rachtungen wird hoffentlich zu Lehre führen, die
Jahreszahlen gewohnheitsgemäß nicht zu kürzen,
ondern auszuschreiben.
— Mus dem Bliesthal,. 24. Fehruar.