Full text: St. Ingberter Anzeiger

Kindesliebe) Juüngst spielte vor einem 
Amisgerichte des Westrichs folgender Fall: Eine 
Muttter, die nun in dem hohen Alter von 84 
Jahren steht und bereits vor Jahren ihren ganzen 
Immobiliarbesitz an ihre Kinder schenkweise abge⸗ 
reten hat, gab vor längerer Zeit dem jüngsten 
Hre: Sohne — ihrem Lieblingskinde — auf dessen 
Bitten vin eine noch ihr gehörige Geldsumme von 
174 Nk., welche sie sich als Nothangriffskapital 
reservirt hatte, als Darlehen mit der Verpflichtung, 
ihr dasselbe im Falle der Noth wieder zurückzugeben. 
Der liebevolle Sohn, bei dem sich die Mutter bis 
dor nicht langer Zeit aufgehalten, dessen Kinder, 
die von ihrer kranken Mutter keine Pflege erwarten 
durften, großgezogen und im Uebrigen alle Haus⸗ 
und Feldarbeit verrichtet hat, weigerte sich, als die 
Peutter bei ihm alt und kränklich geworden war, 
dieselbe länger bei fich zu behalten und wollte ihr so⸗ 
gar das ihm gegebene Nothangriffskapital nicht 
hgerausgeben, unter dem Vorwandte, sie habe ihm 
dasselbe geschenkt. Die Mutter, welche von allen 
Mitteln entblöst war, sah sich, als alle Vorstellungen 
nichts fruchteten, genöthigt, den Klageweg zu be— 
relen. Zu dem Verhandlungstermine hielt der un⸗ 
natürliche Sohn seine Behauptung, die Mutter habe 
hm das Geld geschenkt, aufrecht, so daß die Mut⸗ 
ter, die einen anderen Beweis für die Rechtmäßig⸗ 
keit ihres Guthabens nicht erbringen konnte, ihrem 
Sohne den Eid über die Richtigkeit seiner Behaup⸗ 
jung zuschob, welchen derselbe aber, wohl wissend, 
daß er ihn nicht ausschwören konnte, auf seine 
Mutter zurückschob. Obwohl der Sohn von Ge—⸗ 
richtsseiten über seine Kindespflichten belehrt und 
nuf das Unnalürliche seiner Handlungsweise auf⸗ 
merksam gemacht worden war, blieb er darauf be⸗ 
ttehen, daß seine 84jährige Mutter schwören solle, 
so daß das Gericht, nachdem es sich überzeugt hatte, 
daß die Mutter noch bei vollen Verstandskräften 
war, sich anschickte, derselben den Eid abzunehmen. 
Schon hatte die Mutter einen Theil der Eidesformel 
aachgesprochen, als es dem Sohne zu dämmern 
schien, wie verwerflich seine Handlungsweise sei. 
Er ersuchte, die Forderung seiner Mutter anerlen⸗ 
aend und Zahlung versprechend, das Gericht, seiner 
Mutter den Eid zu erlassen. Dieser Vorgang lehrt, 
in welch' traurige Lage Eltern gerathen können, 
wenn sie auf Kindesliebe vertrauend, ihren Kindern 
ihren ganzen Besttz abtreten. (Pf. 3.) 
- Zweibrücken, 24. Febr. Grief 
eines Zweibrückers aus der Wildnis 
West-Indiens.) Schon Mancher hat der 
Heimath Lebewohl gesagt und in fremder Erde sein 
Hrab gefunden; manches Vater⸗ und Mutterherz 
vurde gebrochen durch des Schicksals rauhe Hand. 
Welches Gefühl mag daher ein Elterntherz durch⸗ 
dringen, wenn das längst als todt beweinte Kind 
lötzlich ein Lebenszeichen von sich gibt. Also wird 
ins nach einem Privatbriefe berichtet, wie folgt: 
„Fort Reno, den 7. Dezember. Liebe Eltern und 
Beschwister! Mit wehmuthvollem Herzen ergreife 
ich die Feder, Euch zu schreiben, was ich schon lange 
nicht mehr konnte. Ich bin jetzt zum Fort 
Reno versetzt, und habe seit meinem letzten Schreiben 
— viel erlebt. Die Indianer suchen wieder nach 
Osten zu kommen, wo sie die Farmen plündern und 
inzünden, weßhalb wir Soldaten stets zu kämpfen 
Jaben. Neun Monate habe ich kein Haus gesehen; 
nichts als Wald und Gebirge und unter freiem 
Himmel geschlafen, manchmal kein Wasser zum 
Trinken, so daß wir die Pferde erschießen mußten, 
im mit deren Blut den Durst zu löschen. Dabei 
dets in der Gefahr, sein Leben zu verlieren. Schon 
nanchmal habe ich die Kugel pfeifen gehört und viele 
unge Leute todtgeschossen gesehen, worunter meine 
zwei besten Freunde, welche die liebe Pfalz, gleich 
mir, ihr Heimathland nannten; ihre Namen sind 
Wollmann und Spieler von Kaisers— 
lautern. Sie wurden von den Indianern 
drei Meilen von dem Fort Aegätschie in Neu⸗Mexiko 
ergriffen und getödtet. Acht Monate sind dieselben 
mit mir gewesen, und manche traute Stunde haben 
wir zusammen verbracht. Ich selbst wurde ver⸗ 
wundet, durch die Wade geschossen und erhalte den 
gesfetzlichen Schadenersatz. Meine Frau ist in Balti⸗ 
more bei ihren Eltern, ich habe sie schon 19 Mo— 
aate nicht mehr gesehen. Daraus könnt Ihr er⸗ 
olicken, wie es zugeht in der Wildniß West⸗Indiens. 
Lange habe ich nicht mehr zu stehen, und es ist 
für meine Zukunft gesorgt, nachdem ich diensllich, 
unter steten Gefahren, fünf Jahre abwechselnd in 
den Urwäldern Amerikas ugebracht habe.“ Der 
Brief, welchen wir getreu vidergegeben haben, be— 
pricht dann noch mehrere Familien⸗Angelegenheiten, 
die den werthen Leser nicht interessiren dürften. 
Wir aber wünschen dem jungen Manne, der solch' 
chweres erlebt, eine glücklkche Zukunft, den Ent⸗ 
schlafenen von Kaiserslautern, Wollmann und 
„pieler, ein sanfte Ruhe in fremder Erde! 
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— Die Webenheimer Jagd ersteigerte 
dherr Hüttenwerksbefsitzer Oskar Kräm er von hier 
im 1300 Mark. 
— Kusel, 25. Febr. In der veiflossenen 
sacht brannte hier der Dachstuhl der Deibel'schen 
rfärberei am Mühlgraben ab, sowie die angebaute 
herberei vollständig. Das Feuer scheint in der 
krockenstube der letzteren zum Ausbruch gekommen 
u sein. Der Schaden an Material und Leder 
oll nach der „Kus. Zig.“ bedeutend sein. 
— Eine mit ca. 800 Unterschriften versehene 
detition ist von Haßloch aus an den Fürsten 
zismarck abgegangen. Dieselbe schildert die 
raurige Lage der Landwirthe dortiger Gegend und 
ittet, der Fürst wolle seinen mächtigen Einfluß 
»ahin geltend machen, daß die Steuer des inlän⸗ 
ischen Tabaks von 45 Mk. auf 25 Mk. ermäßigt 
der, wenn dies nicht angehen sollte, der Zoll des 
usländischen Tabaks von 88 Mk. auf 125 Mark 
zro 100 Kilo erhöht werde. 
— Speyer, 25. Febr. Die außerordenlichen 
zeistungen, welche die Distrikte und Gemeinden der 
Bsalz während des Jahres 1887 nach der von 
5r. Exzellenz dem Kgl. Regierungs⸗-Präfsidenten 
ind Staatsrath Herrn v. Braun veröffentlichten 
Leberficht bethätigt haben, betragen sür Schulge⸗ 
‚äude (Neubauten und Hauptreperaturen) in Sum⸗ 
na 798,483 Mk., für Kirchenbauten nur 105,300 
Mt. (Sp. Zig.) 
— Speyer, 27. Febr. Die Landraths⸗ 
wahlen der Pfalz sind entgiltig auf Montag den 
19. März l. J. anberaumt. 
— Aus Ober⸗Hambach wird dem „Gen. 
Anz.“ berichtet, daß dort gestern Nachmittag der 
stentner Graf in seiner Behausung ermordet auf⸗ 
Jefunden wurde. Allem Anschein nach wurde die 
uchlose That schon vor etwa acht Tagen begangen. 
Der oder die Thäter haben ihr Opfer auf ganz 
entsetzliche Weise umgebracht. Der Brustkasten und 
zie Hirnschale sind vollständig eingeschlagen, ein 
dampf scheint demnach stattgefunden zu haben, 
)enn die Leiche des Graf zeigt mehrere Messerschnitte 
in der Hand. Ein Waschbecken und Spiegel, 
velche bei der Leiche standen, wurden von dem oder 
den Thätern zur Ordnung der Toilette benützt. 
LBorhandene Speisereste lassen darauf schließen, daß 
»ie Mörder nach begangener That sich ein flottes 
Mahl in aller Gemüthsruhe schmecken ließen. 
— Dürkheim, 26. Februar. Heute Mittag 
Frallte in der Wormser Straße dahier ein Fuhr⸗ 
verk, dessen Pferd scheute, mit solcher Heftigkeit 
gegen die Straßenmauer, daß das Fahrzeug theil⸗ 
oeise zertrümmert und zwei Insassen aus dem⸗ 
elben heraus über die Mauer in die in der Tiefe 
orbeifließende Isenach geschleudert wurden. Der 
ine derselben soll hiedurch schwer verletzt worden 
ein. — 
— Auf die 5 in Ludwigshafen zu be— 
etzenden Schulstellen haben sich etliche 60 Bewerber 
jemeldet, darunter viele aus dem jenseitigen Bayern. 
— Aus der Pfalz, 27. Februar. Die 
ziesjährige Frühjahrsprüfung für den einjährig⸗ 
reiwilligen Militärdienst in Speyer nimmt Diens⸗ 
ag, den 18. März, im Senatssaal des Regierungs⸗ 
zebäudes ihren Anfang. 
Vermijschtes. 
fMünchen, 26. Febr. (Landgericht Mün⸗ 
hen J.) Ein Weitgereister ist der 26 Jahre alte 
—XI 
jerg. Derselbe verübte im August 1882 an dem 
nzwischen verstorbenen Taglöhner Hager eine 
dörperverletzung, indem er ihn mit einem Stocke 
iber den Kopf schlug. Aus Furcht vor Strafe 
sing Christmann flüchtig, kam nach Frankreich, 
ieß fich dort für die Fremdenlegion anwerben und 
nachte mit dieser den Feldzug gegen Tonkin mit 
ind kehrte im Dezember v. J. hieher zurück, wo 
eine Festnahme erfolgte. Christmann wurde heute 
u 3 Wochen Gefängniß verurtheilt. 
1 München. Morgen, 29. Februar, sind es 
20 Jahre, daß König Ludwig L. in Nizza 
tarb. 
Geichsversicherungsamt.) Aus 
em Unfall eines Arbeiters auf dem Wege zur 
Arbeitsstelle wurde ein Entschädigungsanspruch 
zegen die Berufsgenossenschaft mit det b 
Begründung hergeleitet, daß der —*— 
rrage seines Arbeitgebers ein bate der 
Werkzeug von seiner Wohnung minnne 
Das Reichsversicherungsamt hat in —3* 
ung mit dem Schiedsgericht einen Inder 
nicht begründet erachtet. Der Gang n 
telle mußte unternommen werden, di zu 
»on seinem Arbeitgeber den Auftrag zum 
ꝛines Werkz⸗uges hatte oder nicht . 
jat auf den Unfall selbst einen —X — 
jabt, indem der Arbeiter seinen Tod t 
schreiten eines nicht fest zugefrornen Drgel 
Ertrinken fand. Der Unfall, —* 
uuf dem Heimweg von der Arbeit anneb 
Bannes des versicherungspflichtigen vdeß 
troffen hat, ist nach einer Relursenisgeduß 
Reichsversicherungsamtes als bei dem dind 
getreten nicht anzusehen. ib 
meliti diadt, 21. Zebruc y 
onnte der Soldat Rommel aus —*& 
ẽ*denkoben vom 18. Infanterie⸗Regimen n 
deimath reisen. Er wurde am 31. * 
5.. im Mandver in die Bruft geschset 
jahm an, daß das Geschoß ein Stüd ham 
dülse sei. Das Blutauswerfen dauerte m 
Ronate und inzwischen hatte sich im ilst 
chmerzhafte Stelle entwickelt und — 
Rüdinger von Würzburg gelang es nach kintcet 
Operation eine plaitgedrückte Bleikugel uiser 
zierten Rippe herauszuziehen. Irg 
fF Silberdiebstähle. Aus Lone 
)er „Offenbacher Ztg.“ unterm 24. gin. 
chrieben: „Eine eigenthümliche Indisnn 
jestern hier entdeckt, und zwar eine gae 
chmel zerei. Zwei Schmelzöfen uh ihr 
Quantität geschmolzenen Silbers im di der 
a. 200 Mark wurden beschlagnahmt, mani 
n einem der besseren Bürgerhäuser, diu bpf 
hümer ein bemittelter Mann ist. Die Unu, 
ind Entrüstung in der Stadt ist bineife 
umal die Tragweite der Entdeckung noh zien 
usehen ist. Seit geraumer Zeit war din, 
»och findigen Frankfurter Polizei nicht niwes 
vesen, dei den verschiedenen dort und inn 
jegend vorgekommenen (Silber⸗) Diebstihuge 
was von der gestohlenen Metallgegenstinn 
ufinden; vergebens waren die Beamtura 
ille Trödler, verdächtige Händler und Uon 
zu überwachen; selbst in den Pfandhief 
jaben die genauesten Untersuchungen kenlcht, 
Fetzt läßt sich mit Sicherheit annehmenaft 
jestohlenen Waaren zusammengeschlagen uhnar 
cheinlich an verschiedenen Orten geschmolzanzei 
Der hiesige Bürger H., bei dem die Schuber 
siebt an, er sei auf dem Wege des Zeimne 
cates engagirt worden, habe regelrecht Kuult 
eistet und diese Industrie für ein vollkommrac 
Beschaft gehalten. Ein von Frankfurt whß 
Polizeibeamter traf gestern sofort ein, Ater 
nan mit Interesse der weiteren Enwicitg 
Ungelegenheit entgegen. da 
Mainz, 24 Febr. Die Einnehespr 
Mainzer Karnebal⸗Vereins stellten sich ite 
Jahre auf insgesamt 96000 Mk. reichen chon 
—X —— 
daß noch eine Schald von 3000 bis 
auf das nächste Jahr zu übertragen 
Der Voranschlag für den Jubildumsummg 
'ast genau eingehalten; die andern Veranst 
amentlich die Sitzungen und Fackelzug, syt 
Ergänzung des Invendars, kosteten aber in 
vorgesehen war. Fur den Umzug selb 
er Karnebal⸗Verein für die von ihm 
Bruppen und verschiedene Zuschüsse an 
37000 Mark auf. 6 
.Mainz, 24. Febr. Ein gtihn 
im Rhein zwischen Oppenheim und Worm 4 
— 
Arzt gefucht wird, dem als Armenarzt 100 
Honorar ausgesetzt wurden. Unter den — 
derbern befand sich ein Arzt aus Hamn 
her als besondere Empfehlung anführne 
fertig französisch spreche, s 
leicht mit dem ärmeren Theil der — 
ständigen könne. Der Herr muß 9 
ethnographische Kenntnisse besitzen. E 
F'Mainz, 27. Febr. Heute Vnh, 
auf dem Brand ein junger Mangn 
Ines Streites von seinem Gegner erwürs— 
Thäter ist entkommen. — 
Riederschaäffolsheim, (Eld