Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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St⸗ Jugberter Anzeiget erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs 
zat und Sonntags mit achtseitiger illustrirter ane DaBlou lofiel vierteljahrlich 14 60 4 cuschließlich Tragerlohn; durch die Post bejogen 1A 73 3 einschlie ßlid 
9 J Zufiellungsgebuhr. Die ——— fur die Lgespaltene Garmondzeile oder eren Raum beiragt bei Inseraten aus der Pfalz 10, bei außerpfalzischen und solchen 
velde die Erpedilion Auskunft ertbeilt. 16 A. Reklamen 80 4A. Bei 4maliger Einrndung wird nur dreimalige berechnet. 
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Deutsches Reich. 
Berlin, 1. März. Wie es heißt, wird Fürß 
marck an der Besprechung über die Schul⸗ 
alrage des Zentrums am preußischen Ab— 
geordneten haufe theilnehmen. 
Berlin, 2. Marz. Zur Stellvertre— 
ungsfrage wird geschrieben: „Es ist von zu⸗ 
herlassiger Seite in politischen Kreisen bekannt gee 
oeeee daß der Kaiser? dereits vor einiger Zeit 
lne Verfügung getroffen und auch das entsprechende 
Allenstüce unterzeichnet hat, wonach sür den Fall 
saß er vorüber gehend an der Wahrnehmung ge⸗e 
wisser Staatsgeschafte verhindert sein sollte, Prinz 
Bilhelm seine Stellvertretung zu übernehmen hat.“ 
Berlin, 2. März. Im Reichetag wurde 
die Beratung des Gesetzes über Ausschluß der 
Deffentlichkeit bei Gerichtsverhandlungen bei dem 
parapraphen fortgesetzt, welcher den anwesenden 
hersonen bei ausgeschlossenet Oeffentlichteit die Ge⸗ 
heimhaliung des Gehörten zur Pflicht macht. 
Munckel beantragte hierzu eine Strafe von 1000 
Mk. oder Gefängniß. Die Debatte ward ver— 
ade mit Art 8 Etrafbestimmungen) und Art 
W (Verbot der Veröffentlichung durch die Pri sse.) 
Geheimrath Kayser trat für die Regierungevor⸗ 
slage und gegen jede Abänderung ein. Abg. Munckel 
besurwortete seinen Antrag Hierauf ward der Rest 
iüdes ersten Artikels, sowie Artikel 2 und 3 in der 
sommissionsfassung angenommen. 
Ausland. 
Paris, 2. März. Dem „Temps“ wird aus 
San Remo telegraphirt: Das Allgemeinb finden 
des Kronprinzen ist nicht befriedigend. Die Mat⸗ 
ägkeit nimmt zu und der Auswurf ist reichlicher. 
Die Verdauungsorgane fungiren nicht mehr regel⸗ 
maßig und in den Eingeweiden machen sich Stör⸗ 
ungen bemerkbat. Prinz Wilhelm wird heute er— 
wartel. Die Nacht soll, trotzdem der Kronprinz 
unruhig schlief, ziemlich gut gewesen sein. Die 
Canule muß fortwährend gewechselt werden, da 
der massenhafte Auswurf dieselbe verstopft. 
Rom, 2. März. Der Papst liest am Sams⸗ 
tag anläßlich des zehnten Jahrestages seiner Krön- 
ung eine Messe. — Der Erzbischof von Otmütz, 
Cardinal Fürstenberg, wurde am Donnerstag mit 
Heiner Deputation seines Kapitels vom Poapste 
empfangen. — Der „Fanfulla“ zufolge würde 
Villa, der Vorsitzende des Ausschusses für die Pa⸗ 
r set Ausstellung dem Ausschusse die Frage unter— 
reiten, was angesichts der durch Anwenduag des 
allgemeinen Tarifs geänderten Handelsb ziehungen 
u Frankreich geschehen solle. — Die ‚Reforma“ 
agt bezüglich der jüngsten Erktärungen des Mi— 
nisters Flourens in der französischen Kammer: So 
weit sich dieselben auf die Beziehungen Frankreichs 
um Vatican beziehen, sei sie duich dieselben nicht 
aüberrascht, da sich's hier um die iraditionelle Po— 
itik Frankreichs gegenüber dem Vatican handle. 
dagegen sci von dem durch Flourens angedeuteten 
ßorgehen Deutschlands, Osterceichs und Italiens 
egen eine besondere Stellung Frankreichs im Orient 
eine Spur entdeckbar. Vielm ehr habe Italien in 
kgypten und Tunis Frankreichs Vorzehen gegen 
»ie Stellung anderer Mittelmeermächte gesehen. 
Begen seiner geographischen Lage sei Italiens Po— 
itik gewissermaßen auf das Mittelmeer angewiesen. 
dies könne nicht anders sein. Die „Riforma“ 
visl gegenüber den befremdlichen Behauptungen in 
ver französischen Kammer sich darauf deschränken, 
jerdorzubeben. daß wenn Italien, um zu exristiren. 
Sonntaag 4. März 1888. 
23. Jahrg. 
ach zu vertheidigen suche, es doch niemals eine ag⸗ 
zressibe Haltung gegen irgend jemand, besonders 
nicht gegen Frankreich, angenommen hatte. Die 
gehaupiungen Flourens würden die durchaus fried⸗ 
ichen Gesinnungen der Regierung und des Landes 
nicht ändern. 
San Remo, 29. Febr. Die „Agentur 
Zabas“ versichert, Kußmaul und Bergmann hätten 
Fie Kranlheit des Kronprinzen als sehr ge⸗ 
ahrlich etkannt und der Kronprinzesfin die Mel⸗ 
hung gemacht, die Katastrophe könne jeden Augen⸗ 
lick untresen; jedenfalls sei sie unmöglich auf 
länger hinaus zu verschieben, als auf ein Viertel⸗ 
jahr. 
Petersburg, 209. Fobr. Fast die ganze 
Bresse beschäftigt sich mit der immer drohender 
verdenden Finanzkrise. Die „Nowoje Wremja“ 
uhrt dieselbe auf die Folgen der Ueberspekulation 
ursick. „Grashdanin“ und „Nowosti klagen das 
Jusland an; ersterer plaidirt für Einstellung der 
Zinszahlung, wenn bis zum 1. April der Rubel⸗ 
urs nicht wieder 200 betrage (1). Die „Nowosti“ 
vünscht den Krieg, falls Deutschland fortfahre, 
durch seine Zollpolitik die Orientpolitik Rußlands 
u unterbinden; ferner verlangt das Blatt, die Re⸗ 
sierung solle den Banken verbieten, die versetzten 
Papiere zu verkaufen, im Uebrigen aber gestatten, 
raß die Zölle in Papiergeld bezahlt werden. 
hierunter Z neue, da die bisherigen Inhaber ver⸗ 
torben waren, 7 Geldbelohnungen a 30 Mk., 10 
Helobelohnungen a 25 Mi. 10 Geldbelohnungen 
10 Mt. nebst zweiten Ehrenbriefen, 21 Geldbe⸗ 
sohnungen a 10 Mt. nebst ersten Ehrenbriefen, 78 
einfache Geldbelohnungen à 10 Mk., außerdem 53 
zweite und 148 erste Ehrenbriefe. 
— Neustadi, 2. März. In Bezug auf den 
dambacher Raubmord hoͤrt die „N. B. Zig.“ noch 
nachtraglich, daß der oder die Mörder die im Be⸗ 
sitze von Graff gefundenen Werthpapiere (meistens 
herreichische Industrie-Actien) zum Theil zerrissen 
im Zimmer umhergestreut hatten. Der den That⸗ 
bestand feststellende Gerichtsbeamte, Oberamtsrichter 
Jelito, stellte das Vorhandensein solcher Papiere 
im Werthe von etwa 157,000 Mtk. fest. — Mink 
st gestern nach Frankenthal verbracht worden, wah⸗ 
tend Klein freigelassen wurde. Nach einem dritten 
Berdächtigen wird noch gefahndet. 
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Vre mischtes. 
Muünchen, 1. Maärz. Um den Mißbrauch 
bon Urlaubspaässen zur Erhebung von Militärsbillets 
zu verhindern, wurde vom Kriegsministerium be⸗ 
timmt, daß künftig alle Urlaubsbescheinigungen, 
bezw. sonstigen Ausweispopiere für die bestimmten 
Personen des Soldatenstandes ꝛc. neben der Unter⸗ 
chrift des betreffenden Militärbefehlshabers mit dem 
Dienstsiegel bezw. in Ermangelung eines solchen 
mit dem Privaisigel (unter Angabe: „in Ermange⸗ 
iung eines Diensisiegels“) zu versehen find. 
P. Das „B. V.“ schreibt: Der wegen grober 
Soldatenmißhandlung angeklagte Oberjäger Prem 
bon Kempten wurde vom hiesigen Militärschwur⸗ 
gericht selbstverständlich — freigesporchen. Dieser 
jebenswürdige Vorgesetzte ließ z. B. „um seine 
Zoldaten vorschriftsmäßig auszubilden“, wiederholt 
einen Soldaten sich auf zwei Stühle legen, mit 
den Knieen zwischen den heiden Stühlen, auf die 
nieen dann ein Putzbrett legen und auf dieses 
äch zwei Soldalen siellen, so daß die Knieen richtig 
‚durchgedrückt“ und der arme Teufel infolge Sehnen⸗ 
dehnung auf 218 Tage ins Lazareth kam, seither 
einen Schritt mehr machen kann und sich an 
drücken dahinschleppen muß. Der Vorfitzende selbst 
agte, daß schon viele Jahre kein derartiges Ver⸗ 
brechen mehr zur Aburtheilung gekommen sei. Daß 
der Angeklagte trotzdem sreigesprochen wurde, ist 
ein niederschmetternder Beweis für den Werth der 
Militärschwurgerichte. (In ähnlischer Weise äußert 
sich die gesammte Münchener Presse und auch in 
den außerbayerischen Blättern wird der Spruch der 
Beschworenen einer scharfen Kritik unterstellt.) 
f Wäürzburg. Die Berufsgenossenschaft 
der Kaminkehrer Deuischlands mit dem Sitz in 
Berlin hält ihre DelegirtenVersammlung dahier 
im Juni ab. Nahezu 200 Kaminkehrer werden 
iich einfinden. 
Main;, 29. Febr. (Zur Warung.) Vor 
inigen Tagen kam ein Trupp Oesterreicher von 
dosland hier durch und wurde auf Kosten der 
Stadt nach Frankfurt transportirt, und von dort 
verden sie wiederum aus öͤffentlichen Mitteln ihrer 
deimath Ungarn entgegengeschoben. Die Leute 
jatten den Lockungen eines Auswanderungsagenten 
ßehör geschenkt, ihre Habe verkauft und waren vor 
inigen Wochen nach Amerika ausgewandert, ihr 
ziel war New NYork; da sie bei ihrer Ankunft in 
Imerika gar keine Exristenzmittel aufweisen 
onnten, wurden sie von amerikanischen Beamten in 
Fastlegarden einquartirt und mit dem nächsten 
Lokale und praee sche Nachrichten. 
— Pirmasens, 2. März. (P. A.) Gestern 
Mittags wurde der schon seit acht Tagen vermißte 
1Ijährige Zuschneider Peter Mück von hier durch 
inen Hirten am Rauscherbrunnen erhängt aufge- 
rzunden. Was den Unglücklichen zu dem Selbst⸗ 
nord trieb, ist nicht bekannt. 
sa. Kaiserslautern, 2. März. In ver—⸗ 
ergangener Nacht wurden die Einwohner hiesiger 
Ztadt durch einen in der Steingutfabrik am Thier⸗ 
säuschen entstandenen Brand aus dem Schlafe auf—⸗ 
geschreckt. Das Feuer wurde auf seinen Herd be— 
hränkt, so daß der Schaden kein empfindlicher 
verden konnte. 
— Speyer, 29. Febr. In der Reihe der 
Iemeinnützigen Anstalten unserer engeren Heimath 
nimmt das pfälzische Dienstbotenstift schon längst 
ine geachtete Stelle ein. Die Aufgabe, die es sich 
zesetzt, in Belohnung braver Dienstboten durch 
Zräbenden und Aufmunterungspreise auf eine Ver— 
sesserung des Dienstbotenwesens hinzuwirken und 
o in seiner Weise auch dem Gesammtiwohl zu dienen, 
indet die dankbare Anerkennung aller einsichtsvoll 
denkenden. Als im Jahre 1876 der Chef der 
fälzischen Kreisregierung, Herr Staatsrath v. Braun, 
xxcellenz, mit dem Gedanken der Gründung einer 
olchen Anstalt hervortrat, mochte es wohl noch 
Zweifler geben, welchen die erfolgreiche Verwirklich 
ung dieses Gedankens nicht einleuchtete. Am heu⸗ 
tigen Tage, mit welchem das erste Jahrzehnt der 
Wirksamkeit der Anstalt abschließt, würden Zweifel 
dieser Art keinen Raum mehr finden. Die com⸗ 
nisionelle Jahressitzung hat unter Vorsitz Seiner 
Ercellenz des Herrn Regierungspräsidenten heute 
jier stattgefunden. Statutengemäß sind zu dieser 
TFommission 5 Bürgermeister beizuziehen. Diesmal 
varen hiezu eingeladen und erschienen die Herern 
Bürgermeister F. Mahla von Landau, J. Weber 
von Hornbach, J. Kuhn I. von Schifferstadt, J. 
3. Gießen von Deidesheim, K. Rupprecht von 
dleinbockenheim. Von der Cmmission wurden an 
zZelobnungen zuerkannt: k6 Präbeuden a b0 Mt..