Full text: St. Ingberter Anzeiger

auf 8 Tage ohne Einrechnung der Sonn⸗ und 
Feiertage zugestanden. Eine Vereinbarung mit den 
benachbarten Bahnverwaltungen wegen Einführung 
von Hin- und Rückfahrtsbilleten mit vierzehntäg⸗ 
iger Giltigkeit bleibt vorbehalten. 3) Für die Aus- 
sseller und das Personal derselben wird die Gil⸗ 
tigkeitsdauer der vom 1. April bis 1. November 
d. J. abgegebenen Hin; und Rückfahrtsbillete auf 
dreißig Tage verlangert. 9) Den Mitgliedern des 
Preisgerichtes wird eine Ausdehnung der Giltig— 
keitsdauer der Retourbillete für die Zeit vom 15 
Mai bis 15. Juni d. J. zugestanden. 8) In 
Fällen, in welchen bedeutendere industrielle oder 
gewerbliche Etablissements Arbeiter in größerer 
Zahl zum Besuche der Ausstellung abgehen lassen, 
wird den Arbeitern bei gemeinsamem Besuche der 
Ausstellung und unter der Vorauesetzung, daß die 
Anzahl der Tdeilnehmer mindestens dreisig beträgt 
und die Hin⸗- und Rückfahrt gemeinsam erfolgt, 
eine Ermäßigung von 50 Prozent des normalen 
Fahrpreises zugestanden. Ebenso wurde wegen 
Verlängerung der Giltigkeitsdauer der Hin⸗ und 
Rückfahrisbillete für die Aussteller und deren Per⸗ 
sonal, sowie für die Besucher der Ausstellung und 
wegen frachtfreier Rückbeförderung der Ausstellungs⸗ 
guter auf den auswärtigen Bahnen das Erforder⸗ 
liche veranlaßt und wird über Art und Umfang 
der Begünstigungen seitens der verschiedenen Eisen⸗ 
bahnverwaltungen seinerzeit ausführliche Mitthei⸗ 
lung ergehen. 
F Nürnberg, 3. April. Die hierher ein 
becufene Versammlung der Brenner aus Bayern 
Baden und Wüuritemberg erklärte sich einstimmiç 
für Errichtung der Spiritusbank und genehmigte 
die vorgelegten Vertragsformulare. Zur Mittheilune 
kam, daß das Generalkomitee des landwirthschaft⸗ 
lichen Vereins für Bayern noch besonders durch 
Cirkular die Brenner zum Beitritt auffordern wird. 
F Wie aus Amberg gemeldet wird, beginnt 
am 1. November in der dortigen Gewehrfabrik 
mit kleiner Arbeiterzahl die Fabrikation des acht 
Millimetergewehrs. ... Mit dem neuen Gewehre 
sollen sämmtliche erste Bataillone ausgerüstet wer⸗ 
den, während das jetzige Gewehr für die Ersatz⸗ 
bataillone bereitgehalten wird. 
F Zellingen (Unterfranken), 8. April. Die 
größte, oder vielmehr die längste Frau im ganzen 
Königreich Bayern ist Ende letzter Woche gestorben 
Das Riesenweib, Anna Maria Wolf ist sein Name, 
maß neun hessische Fuß und wog noch wenige Tage 
vor ihrem Hinscheiden 2 Zentner. Die Huͤnenge⸗ 
stalt stand im 53. Lebensjahre. 
Frankfurt a, M., 4. April. Gestern 
nahm die Leder messe ihren Anfang, dieselbe 
ist, namentlich, was Sohlleder betrifft, sehr schlecht 
befahren, in Oberleder ist die Zufuhr gegen die 
vorige Messe ebenfalls geringer. Die weiten Räume 
der Halle sind fast leer. 
F Mainz, 4. April. Seitens des General⸗ 
kommandos des 11. Armeekorps wird jetzt bei den 
Garnisonstruppen in Mainz ein Versuch mit einem 
besseren Brod als dem bisherigen Commißbrod an⸗ 
gestellt. Das neue Probe-Brod enthält einen 
größeren Bestandtheil von Weißmehl und soll 
daußerst nahrhaft sein. Der Versuch wird bis zum 
1. September forigesetzt, und im Falle, daß es sich 
bewährt, das neue Brod das schwarze Commißbrod 
ersetzen. 
F Mainz, 83. April. Ein militärischer 
Exceß, wie er in seiner Art gewiß selten vor⸗ 
kommt, hat sich am Abend des ersten Feiertages 
im benachbarten Castel zugetragen. Zwei Soldaten 
vom Infanterie⸗Regiment Nr. 87 kehrten betrunken 
durch das Wiesbadener Thor heim und verübten 
an der Wache allerlei Unfug. Von dem Posten 
vor Gewehr (vom 117. Regiment) zur Ordnung 
verwiesen, zogen die beiden Ruhestörer blank und 
brachten ihrem Gegner mehrere nicht unbedenlliche 
Hieb⸗ und Stichwunden bei. Auch die zu Hilfe 
eilende übrige Wachmannschaft wurde von den sich 
wie rasend geherdenden Soldaten mit der Waffe 
bedroht, so daß nur einer derselben nach heftiger 
Gegenwehr auf der Stelle verhaftet werden konnte, 
während der zweite durch die Flucht entkam und 
erst in der Kaserne in Gewahrsam genommen wurde. 
F Elberfeld, 4. April. Umfassende Haus⸗ 
suchungen, welche bei verschiedenen Sozialdemo— 
kraten in Elberfeld, Barmen und Umgegend vor⸗ 
genommen wurden, scheinen reiches Malerial für 
eine Untersuchung geliefert zu haben, welche auf 
die Aufdecung einer geheimen Verbindung gerichtel 
ist und einen größeren Umfang annehmen duürfte. 
Zier allein erfolgte bei fast 60 Personen Haus— 
uchung, welche die Verhaftung von neun Personen 
zur Folge hatte, auch in Barmen kam es zu ver 
chiedenen Verhaftungen. 
Straß bvurg, 4. April. Gestern wurden 
hier die ersten Schwalben bemerkt. Dieselben um— 
chwärmten den hohen Münsterturm, gleichsam als 
wollten sie dort die im vorigen Herbste verlassenen, 
jetzt von anderen Vögeln eingenommenen Nester 
wieder erobern. 
f Vom Riesengebirge, 2. April. Auf 
einem der höchsten Gipfel des Riesengebirges, hoch 
oben auf der großen Sturmhaube, wird durch den 
Männer⸗Turnverein dem verstorbenen Kaiser Wil— 
helm ein Denkmal aufgebaut werden. Der Besitzer 
des Terrains, Graf Schaffgotsch, hat bereits die 
Genehmigung zur Errichtung des Malhügels ertheilt. 
7 Leipzig, 83. April. Der namhafte hiesig⸗ 
Musikprofessor Franz Goͤtze ist gestorben. 
F* Goppingen, 4. April. Heute Abend 
fand hier eine sehr zahlreich besuchte Versamm— 
ung statt, in welcher einstimmig beschlossen wurde 
rür die Errichtung eines monumentalen 
sationaldenkmals für den Kaiser Wil« 
helm auf dem alten Kaiserberg Hohen— 
taufen mit allen Kräften einzutreten. 
F Berlin, 3. April. Ein Soldat des 2 
Barderegiments z. F. war gestern, infolge einet 
Differenz, die er mit einem Schutzmann gehabi 
Jaden sollte, durch eine Patrouille der Hauptwacht 
arretirt und zunächst nach der Kaserne seines Re— 
ziments geschafft worden. Von hier aus sollte er 
päter. gegen 8 Uhr, durch zwei Mann der 12 
Zompagnie nach dem Militätarrest in der Linden⸗ 
straße eskortirt werden. Auf dem Wege dorthin, 
in der Nähe des kronprinzlichen Palais, versuchte 
der Arrestant zu entfliehen, worauf der eine Trans⸗ 
porteur, nachdem sein militärischer Anruf erfolglos 
geblieben, anlegte und auf den Flüchtling Feuer 
gab. Sofort brach der Letztere zusammen und blieb 
regungslos liegen. Der Bewußtlose wurde nun 
uufgenommen und zunächsl nach der nahegelegenen 
Hauptwache und sodann von dort nach dem Mili— 
tär⸗ Lazareth überführt, woselbst er seine Besinnung 
wieder erlangt hat. Die Kugel ist dem Fliehenden 
in den Rücken gedrungen; ob sie dabei edle Theile 
derletzt hat, darüber war Näheres nicht festzustellen. 
F Berlin, 4. April. Am 27. ds. Monats 
indet hier eine Vorstandssitzung der Deutschen 
Tolonialgesellschaft statt, an welcher Fürst Hohen⸗ 
ohe⸗Langenburg und Dr. Carl Peters, die beiden 
Präsidenten, mit theilnehmen werden. Die inte⸗ 
tessante, reichhaltige Tagesordnung enthält u. A 
Referate über den gegenwärtigen Stand der prak⸗ 
ijchen deutschen Colonisation, den gegenwärtigen 
Stand der deutschen Auswanderungsfrage, Dam⸗ 
fersubbention nach Ostafrika, neueste Gestaltung 
)es deutschen Colonialrechtes u. a. m. — Hermann 
Soyaux hat sich, wie wir bereits s. Z. ankuͤndigten 
am 27. v. Mts. auf dem Dampfer „Uruquay“ 
der Hamburg-Südamerikanischen Dampffchifffahrts 
Besellschaft mit seiner Familie eingeschifft, um sich nad 
Bom Retiro (bei Porto Alegre, Rio Grande do Sul 
zu begeben, wo er sich die Verwaltung des von der 
dentschen Siedelungsgesellschast „Hermann“ erwor⸗ 
henen Landes übernehmen wird. — Pr.⸗Lieutenant 
Fugen Krenzler, der frühere Siationschef von 
Dunda (am Kingani in Usaramo) wird demnächsi 
ein Werk „Ein Jahr in Ostafrika“ herausgeben 
F Berlin, 4. April. Die bisher bei Aus—⸗ 
jührung des neuen Branntweinsteuerge⸗ 
setzes commissarisch beschäftigten Steuerbeamten 
'ollen zum 1. April bezw. 1. Mai endgiltig ange⸗ 
stellt werden. Danach soll dem „Berl. Tgbl.“ zu⸗ 
folge in der Verwaltung der indirecten Steuern 
ein außerordentliches Avancement zu erwarten sein. 
F Für einen höchst unpassenden 
Aprilscherz ist dem Urheber in einer berliner 
Sanitätswache gebührend heimgeleuchtet worden. 
Blutüberströmt und wie im Wundsieber mit den 
Zähnen klappernd erschien in der Nacht zum Oster⸗ 
sonntag in der Sanitätswache der Adalbertstraße 
ein junger Mann, der die Sprache verloren zu 
haben schien, da er kein Wort hervorzubringen ver⸗ 
nochte. Das aͤrztliche Hilfeper sonal sah jedoch sehr 
hald, daß der „Verwundete“ nicht mit Blut, fon⸗ 
dern mit rother Farbe besudelt war, und daß es 
on dem Biedermann auf einen übelangebrachten 
Aprilscherz abgesehen war. Eine entsprechende Ope— 
ation schaffte dem Patienten zunächst die Sprache 
pieder und verscheuchte das Wundfieber. Sodann 
vurde dem Kurirten ein „Attest“ ausgefertigt, dem 
man am Schluß einer iginellen Gunn— 
— das handliche Ens ines Garsenn 
kostenlos beigedruckt haffe. un 
F Im Nachlaß Kaiser Wilhel 
eine Niederschrift in Briefform vorgesunnt 
den Kaiser Friedrich gerichtet wan d 
wie die Magdeburger Zeitung mitzuthile 
Ldage ist, nicht politische Gedanken, di⸗ daht, 
Vater aufgesetzt hat, sondern Aeußerungen in 
und Sorge fuͤr den in der Fremde —— ir 
Niederschriften, wie das bekümmerte Hen — 
giebt, das sich, Trose spendend, selbe p 
trachtet. In solchen Stimmungen ia de 
ungemein kindliche Gemüth des —*— r 
zu erkennen, das trotz aller Fährlichkeiten —* — 
mmer das Beste hofft. Er kannte doch 
jebenderes, als die Liebe zu seinem Sohn; 
sein ganzer Stolz, seine herrlichste Dofnn . 
Bewißheit hatte etwas Beseligendes fur ibg 
stachfolger auf dem Throne wäre in —E— 
geschaffen, Preußen und das Reich un die 
machen. Der verstorbene Kaiser hat ni ju in 
angenommen, es könnte seinen Sohn ein— ——* 
hare Krankheit ergriffen haben, sondern ah 
der absoluten Zuversicht, Alles würde sich 9— wi 
Guten wenden. Wie glücklich war er, * 
nungsreiche Telegramme aus San Reme— 28 
deutschen Reichstag und an die Häuser des tasteo 
Landtags einliefen! 
rTilsit, 4. April. Im Memel Dih 
nunmehr ebenfalls eine bedeutende Ueberschwn 
eingetreten. 
F, Fiume, 83. April. Die Yacht Greift d 
dem Kronprinzen Rudolf, der Kronprinzessn hmd 
den Erzherzogen Ferdinand d'Este und dire 
Bord, ist bei der Nordostspitze der Insel Pap 
eine Sandbank gerathen. Von hier und bunge 
zingen Dampfer ab, um die Herrschaften ahisn 
Eine Gefahr ist nicht vorhanden. v 
F. Vom Splügenkommt sqlind 
Botschaft. Schon letzte Woche fand ein Nudo 
von Avers⸗Cresta den Tod in einer Lawine 
28. März machte sich eine Karawane * 
um an der Säuberung des Weges zu arhene 
Die vordersten drei Männer hatten in der Ahq 
bereits die sogenannte Marmorbrücke erreich 
löste sich oben an der Tanatzalp eine Lawine 
und begrub, blitzschnell niederrutschend, die dei 
glücklichen. Der eine von ihnen konntenr 
nachkommenden und herzueilenden Mitardel 
lebend und unversehrt herausgegraben werden 
beiden anderen waren, als man sie herausschau 
dereits todt. 
F Genf, 2. April. Eine Anzahl italienich 
Studenten griffen am Ostersonntag 11 Uhr d 
eine friedlich heimkehrende Familie an. Einedie 
selben erdolchte den Familienvater und verwun⸗ 
dessen jungen Schwager. Der Vorfall macht 
greiflicherweise hier großes Aufsehen. Die Studn 
ten waren wahrscheinlich angetrunken. 
f Luzern, 2. April. Gestern früh ineh 
Gasthof zum Rebstock durch eine Feuersbrunsen 
stört worden, wobei leider ein fünfjähriger di 
um's Leben kam. Der Geschäftsinhaber, der geif 
die Wirthschafti abgeben sollte, ist auf der Bir 
flätte verhaftet worden als verdächtig, das d 
angelegt zu haben. In dem Hause wohnten 
Personen, davon 9 Kinder. 
F Wien, 4. April. Die PYacht „Gt— 
welche bei Pago auf eine Sandbank — 
war, konnte auch heute nicht flott gemacht wet 
Das Kronprinzenpaar und die Erzherzoge Jr 
Ferdinand und Otto, welche sich auf dem ,Gr 
befanden, wurden heute Mittag von dem“ 
Zara kommenden Kriegsdampfer „Triest“ aun 
nommen und werden Äbends in Abbazia * 
Der Unfall erregt großes Aufsehen. 
F Paris.“ Der Romancier Emil Zolla she 
folgendes Urtheil über Boulanger: „Voulanghe 
Er ist ein Pfahl, auf dem ein Hut, ein —A 
mit Federbusch steckt, nichts mehr und ni 
weniger, doch was schlimmer, er ist ein pfah 
einem schlecht verhehlten Bedürfnisse eines Vol 
entspricht, dem Bedürfnisse beherrscht zu wen 
durch Königthum, Kaiserthum, Diktatur, Gamben 
mus oder Boulangismus. Einen Dikiator, u 
Reiter erblickt der große Haufe in Boulanget 
Gambetta, Boulanger sind ihm nichts als —— 
als solcher kann er thun, was er will, Dunmn 
auf Gemeinheiten häufen, das schadet 5 
Beliebtheit durchaus nicht, er bleibt der Menge 
ingefleischte Idee des Retters und woru