Full text: St. Ingberter Anzeiger

Zaribrod, 9. April. Der erste von Sofia 
kommende Eisenbahnzug ist, mit Jubel begrüßt, 
soeben angtlangt. Damit ist von heute ab die 
Drientweltlinie volkommen fertiageßellt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 11. April. Auf gestern 
Abend 5· Uhr war eine Gemeinde⸗Ver— 
sammlung in das Stadthaus einberufen, zur 
Genehmigung einer Anleihe im Betrag von 
pon 18,000 Mark als letzte Rate für den Bau 
des städtischen Schlachthauses. Dasselbe kostet im 
ganzen die Summe von 61,300 Mark, wovon 
48,300 bereits durch frühere Anleihen gedeckt sind. 
Wie diese wird auch der Rest bei dem hiesigen 
Vorschußberein gegen 4 */0 Zinsen ohne Provision 
erhoben werden. Die Rückzahlung erfolgt inner—⸗ 
halb 1094 Jahren, nämlich im laufenden Jahre 
1888 mit 3,500 Mark, sodann in 9/2 Jahren 
zährlich mit 1000 Mark bezw. 500 Mark. Es 
wurde dabei betont, daß hierdurch die Umlagen 
sich nicht echöhen, weil eine anderweitige, bisher 
in jährlichen Raten zu tilgende Schuld jetzt voll⸗ 
ständig erloschen sei. Erschienen waren zu der 
Versammlung, außer den Mitgliedern des Stadi⸗ 
cathes, zwei Gemeinde-Bürger, welche 
durch Unterschrift ihre Zustimmung ertheilten. So— 
gleich nach Erledigung dieser Angelegenheit eröff⸗ 
nete der Herr Bürgermeister eine Stadtrathssitzung. 
Bei derselben kamen folgende Gegenstände zur 
Verhandlung: 1. Prüfung der Armenrech— 
nung für 1887 und Aufstellung derselben 
für 1888. Die erstere, — Einnahme 5477 Mk., 
Ausgaben 5395 Mark, — wurde ohne Erinnerung 
gut geheißen, die andere mit 5336 Mark Einnahme 
und 5333 Mark Ausgabe fixirt. 2. Die Spi— 
talrechnung für 1887, 5341 Mark Einnahme 
und 4994 Mark Ausgaben, wurde ebenfalls ge⸗ 
nehmigt, diejenige für 1888 ist in Einnahme und 
Ausgabe auf 4282 Mark veranschlagt. Außerdem 
vurden als außerordentliche Ausgabe bewilligt 400 
Mark für einen Oelfarben-Anstrich der Front des 
dospitalgebäudes. 83. Der Stadtrath beschloß 
auf Vorschlag einstimmig die Anstellung des 
Herrn K. Peill als ständiger Lehrer hier. 
4. Der Stadtrath ist vom kal. Bezirksamt aufge- 
jordert, das Verhalten des städtischen Polizeikom⸗ 
missärs zu begutachten. Dieser hatie es abgelehnt, 
auf das Anfordern einiger Herra gegen den Jüng- 
lingsverein einzuschreiten, der sich am Todestage 
Kaiser Wilhelms in öffentlichem Lokale mit lautem 
Singen vergnügte. Der Stadtrath nahm Kennt ⸗ 
niß von dem Schreiben des kgl. Bezirkßamts und 
ging zur Tagesordnung über. 5. Marie Ehr⸗ 
hardt hier wurde mit Wirkung vom 1. April 
als Hebamme angestellt. 6. Zwei Wirthschafts- 
conzessionen wurden ertheilt und zwar an den Be⸗— 
sitzer des Sitzweiler Hofes und an Jakob Beck in 
der Blieskasteler-Straße hier. 7. Der Stadtrath 
deschließt, daß die Gebr. Braun hier, in deren 
Etablissements (Gerberei) etliche 60 Arbeiter be⸗ 
schäftigt find, aus der Orts-Kranken⸗Kasse auszu— 
scheiden und eine eigene Kranken-Kasse zu bilden 
haben. 8. Christian Kling, Metzger, hatte sich 
geweigert, eine Spitalrechuung von 105 Mark zu 
begleichen und statt dessen 60 Mark zahlen wollen. 
Nach Stadtrathsbeschluß soll jedoch die Forderung 
an ihn vollständig aufrecht erhalien bleiben. 9. 
Fur den städtischen Armenarzt werden wegen er— 
hoͤhter Anforderungen an seine Thätigkeit statt der 
bisberigen 200 Mark 300 Mark in das Budget 
eingestellt. 10. Eine kleine Ausgabe für Bureau⸗ 
Materiai fand Genehmigung. 11. Die Steuer⸗ 
einnehmerei erhält die Erlaubniß, bei eintretendem 
Mangel auf Rechnung des kgl. Rentamts, auf 
Frist einiger Tage, Vorschuß aus der Staditasse 
zu entnehmen. 12. Einer Forderung des Bezirks⸗ 
bauschaffners auf Vergütung für Arbeiten am hie⸗ 
sigen Schlachthausbau wurde nicht stattgegeben. 
*St. Ingbert, 11. April. Echöffenge⸗ 
richtssizung.) 1. Maria Gries, 27 Jahre alt, hier, 
ist angeklagt des Diebstales eines Korbes Kohlen 
don einem Wagen und deren Mutter Wittwe Char— 
lotte Gries wegen Nichtabhaltens von dem Vergehen. 
Beide werden für überführt erklärt und M. G. zu 
2 Tagen Gefängniß, Wwe. G. zu 1 Tag Haft 
verurtheilt. Die Kosten tragen sie gemeinschaftlich. 
2. Joh. Jung, 80 Jahre alt und Jos. Quirin IU., 
Bergleute hier, haben sich wegen gemeinschaftlich 
begangener vorsätzlicher Körperverletzung zu verant 
worten; Jung verfällt in eine Strafe von 3 Mke. 
en 1 Tag Haft nebst Kosten. während Quirin 
mangels Beweises freigesprochen wird. 3. Des 
zleichen Vergehens haben sich schuldia gemacht Kl. 
Lanzer, 18 Jahre alt, Jak. Lanzer, 20 Jahre alt, 
und Alb. Keßler, 21 Jahre alt, sämtlich aus 
dassel. Kl. L. verfällt deßhalb in eine Strafe von 
10 Mk. ev. 2 Tage Gefängniß, ebenso Jak. L. 
uind Alb. K. in eine solche von 3 Mk. ev. 1 Tag 
Befängniß. Ein Jeder zalt außerdem * der Kosten. 
4. Der einfachen vorsätzlichen Körperverletzung wird 
überführt erklärt Ludwig Haherer, 21 Jahre alt, 
von Hassel und hiewegen in eige Strafe von 83 M. 
v. 1 Tag Gefängniß genommen; L. Napoleon 
daberer, 19 Jahre alt, von Hasset büßt eine vor⸗ 
ätzliche Körperverletzung mitteis gefährlichen Werk⸗ 
eugs (Kaffeeblech der Arbeiter) mit 5 Mk. Geld⸗ 
trafe ep. 1 Tag Gefängniß. Die Kosten fallen 
eiden gemeinsam zur Last. 5. Gegen L. Jochum, 
55 Jahre alt, Herhergswirt in Schnappach wird 
vegen Beleidigung des dortigen Stationscomman- 
anten bei Ausübung des Dienstes auf eine Geld— 
trafe von 20 Mk. und Tragung der Kosten erkannt. 
5 . St. Ingbert, 11. April. Heute fand 
m neuen Schulhause unter der Leitung des Herrn 
dauptlehrers Hagenbucher die VU. besondere 
donferenz für den Fortbildungsbezirk Blies kastel⸗ 
3t. Ingbert statt. An derselben nahmen 18 
-—chuldienst⸗ Exspektanten teil. 
*Si. Ingbert, 11. April. Ueber das Pro⸗ 
zramm der Pfälzer Reise des Prinzregenten 
verlautet weiter, daß der Regent während seines 
twa achttägigen Aufenthalts seine Residenz in 
Villa Ludwigshöhe nehmen und von dort aus all⸗ 
äglich bis zum Mittag die pfälzischen Städte be— 
uchen, am Nachmittag sodann aber zur Tafel nach 
rudwigshöhe zurückkehren wird. Die Städte, welche 
der Regent mit seinem Besuche beehren wird, 
ind folgende: Speyer, Ludwigshafen, Kaisers— 
autern, Neustadt, Landau, Zweibrücken, Germers⸗ 
jeim. Vor seiner Abreise nach der Pfalz wird 
zer Regent noch den Landtag schließen. Am 15. 
Mai wird er die Münchener Kunstgewecbe⸗Ausstell⸗ 
ing persönlich eröffnen. Seine Rückreise von hier 
ach München erfolgt durch Baden inkognito, es 
oird demgemaß also auch kein Besuch beim badischen 
dofe stattfinden. 
—* Für den Fall, daß S. Kg. Hoheit der 
Zrinzregent bei seiner Anwesenheit in der 
Bfalz auch unsere Stadt zu besuchen geruhen sollte, 
»estimmt der Stadtrath die Summe von 500 Mk. 
ür Schmückung der Stadt ꝛc. ꝛc. und wählte zur 
Feststellung der Empfangsfeierlichkeiten ein Comite, 
estehend aus den HH. J. Peters, W. Kahn, 
N. Thiery, L. Grewenig. P. Toussaint 
ind N. Jung. 
* St. Ingbert, 11. April. Aus den Mit⸗ 
eln der Wittelsbacher Landesstiftung wurden zuer⸗ 
annt dem Pfälz. Gewerbemuseum in Kaiserslautern 
ür die damit verbundenen Lehrwerkstätten 700 M.; 
»er Webschule zu Lambrecht 200 M., dem Gewerbe⸗ 
verein Speyer für seine Fachzeichnenschule 100 M., 
»em Gewerbeberein Kirchheimbolanden für seine 
Zeichnungsschule 100 Mk., dem Gewerbeverein 
Ibermoschel zur Errichtung einer Korbflechtschule 
200 Mark. 
— Herr Baron Eugen v. Gienanth, kgl. 
dämmerer, wurde von S. K. H. dem Prinz⸗ 
stegenten in Audienz empfangen. 
— Zweibrücen, 8. April. Eine Trauer⸗ 
unde durcheilte heute früh unsere Stadt: unser 
jochverehrter Herr Pfarrer Blum ist gestern Abend 
im 8 Uhr seinem langen Leiden erlegen. Mit 
einem Dahinscheiden hat ein segensreiches Leben 
ür Familie, Kirche und Schule seinen Abschluß 
efunden. Geboren am 23. Dezember 1824 zu 
kFrabelsdorf in Franken, zog Herr B., wie die 
Zw. Zig.“ berichtet, nachdem im Mai 1843 sein 
Bater gestorben war, mit seiner Mutter hierher 
ind besuchte die Lateinschule, sowie das Gymna- 
ium, studirte hierauf 4 Jahre in Erlangen und 
rat dann sein Amt als Seelsorger an, in welchem 
er eine so segensreiche Thätigkeit entfaltete. Er 
var zunächst Vikar in Kirchheimbolanden, hierauf 
»is 1856 Pfarrer in Neuhäusel, von da bis 1869 
olcher in Homburg, kam dann nach Haßloch und 
yon hier im Jahre 1877 nach Zweibrücken, wo er 
im 15. Juli in der Alexanderskirche inftallirt 
vurde. Sein Andenken bleibt als das eines Ge— 
eechten alle Zeit in Segen: er ruhe sanft gebettel 
um letzten Schlummer von der Hand treuer Liebe 
)er Seinen in Familie und Gemeinde. 
— Zweibrücen. In einer unter Vorsitz 
des Bürgermeisters Märcker stattgehabten Versamm⸗ 
lung hat sich aus hiesigen Bürgern ein —D 
gebildet z eranstaltung einer Samm 
lleberschw n dem Elbe· Oder⸗ um 9 wo 
Bebiete. beschlossen, die Gene feir 
zu erbit r von Haus zu gre 
nehmen ig. ing⸗ 
.* lautern in der allen he 
and am g Nachmittag eine gemine 
iche Sitzung des Kreisturnrathes und de I 
russchusses für Abhaltung des IV. —E— 
'ür den 10. deutschen Turnkreis (Badu din 
ind Elsaß⸗Lothringen) statt. Dader 9— 
reter Herr Dr. Waßmannsdorf durch a“n 
erhindert war, wurde die Sitzung, unde op 
derr Bürgermeister Hohle theilnahm, don vnge, 
vorsitzenden Herrn F. Lang aus Sp her 893 
ks wurde nach der „Sp. Zig.“ beschiosen 
Fest am 18. bis 21. dlugust abzuhalien in 
eitig folgende Festordnung festgestellt: un 
nachmittags Sitzung des Kampfgerichts, an 
Uhr Fackelreigen, ausgeführt von den 604 
Turnvbereinen unter Leitung des pfälzischen dn 
urnwartes Herrn Mayer. Am 19. früh a 
Ahr Vereins⸗ und Einzelwettturnen, 1 Uh dig 
nach dem Festplatz.. 8— 6 Udhr Vereins· umn 
elwettturnen. — 8 Uhr Bankeit im Fruchthahug 
Um 20. früh 6—-12 und nachmittags 224 u 
VBereins- und Einzellwettiurnen, Schluß; — 
Uhr Vertheilung der Preise auf dem ·Feslng 
3 Uhr Konzert im Fruchthallsaale. — Nachuum 
von 3 bis 6 Uhr findet in unmiittelbatet w 
des Festplatzes eine Uebung der freiwilligen 
jätskolonne statt. Am 21. Ausflug und vis 
ung der Sehenswürdigkeiten von Kaiserslautn 
— Spehyer, 9. April. Von den Großgun 
besttzern der Bezirksämter Spehyer⸗Ludwigele 
Frankenthal⸗Neustadt wurden gewählt: I) Chuste 
Janson, Gutsbesitzer in Kleinbockenheim, miu 
Stimmen zum Landratsmitglied, 2) Emil Bo 
nann⸗Jordan, Gutsbesitzer in Deidesheim, mit 
Stimmen zum Ersatzmann, welche heide die * 
annahmen. 
— Edenkoben, 9. April. Wie die, Gegent 
aus sicherer, Quelle erfährt, wird mit der seise 
ung einer Telegraphenleitung von hier bis zurhhl Vil 
Ludwigshöhe anläßlich der Anwesenheit St. 
Hoheit des Prinz⸗Regenten demnächst bun 
— Ludwigshafen, 9. April. Der M 
Arbeiterwahlverein hatte an den Herrn Dr. Sie 
von Stuttgart, das Ersuchen gestellt, gelegenll 
seiner Anwesenheit beim Freidenkertag in Nut 
heim hier einen Vortrag zu halten und Zuleh 
mit dem Thema „Kulturfortschritt“ erhalten. d 
hiesige Bezirksamt hat jedoch die Versammlutß 
untersagt unter Berufung auf das Sozialiftengesh 
—AI 
— Zeiskam, 8. April. Gestern wurde de 
18jährige Knabe des Sattlers Reide von hiet 
in Rülzheim Meerrettig verkaufte, auf dem heih 
wege von Bellheim, wo die Straße bekanntlich du 
den Wald führt, am hellen Mittag angepadt, sen 
Baarschaft, die er bei sich trug (1.65 Mte.), bern 
und an einen Baum angebünden. Untersucn 
zurch die Gendarmerie ist im Gange. Hofrrt 
zelingt es, des Gauners habhaft zu werden. M 
Stromer war bekleidet mit einem langen Rod huh 
einen sogenannten Knebelbart und eine Natbe h 
—R —V— 
DAus der Pfalz. In doerschideh 
Vereinen ist beabsichtigt, zur Unterstützung denb 
Norddeutschland durch die furchtbaren Ueberschwench 
ungen schwer geschädigten Bevölkerung enmw 
Beiträge aus der Vereinskasse zu bewilligen cu 
durch geeignete Veranstallungen eine Beihilfe duü 
eisten. Bei dem gewaltigen Umfang der 
Ueberschwemmungs ⸗ Gebieten herrschenden Noth w 
u wünschen, daß dieser edle Gedanke nichte 
Durchführung, sondern auch in den Vereinen h 
velchen derartiges noch nicht beabsichtigt sein pols 
Alseitiage Nachahmung finden möge. 4 
Vermischtes. 4 
Munchen, 9. April. In der Nacht 3 
Sonntag auf Montag wurde der Ehreposten w 
der Wohnung des Generals Muck an der zenne 
draße Nr. 5 von vier Strolchen verhöhnt. *. 
einer derben Zurechtweisung entfernten sie si 4 
chienen aber bald wieder und schlugen den 7 7 
der nichts Schlimmes ahnte, mit einem Zodtsun 
iber den Kopf, daß er bewußtlos zusammenhun 
zann verbogen fie ihm das Seilengeweht * 
chnitten ihm das Vorderglied des rechten —* 
ingers weq. In diesem Zustande wurde er