Full text: St. Ingberter Anzeiger

damit eine Basis des Einvernehmens gewonnen zu 
sein. — Doktor Rattazzi, welcher im Auftrage der 
italienischen Regierung dem König Menelek von 
Schoa 1000 Flinten und 10,000 Patronen als 
Geschenk überbringen sollte, ist nach Assab Bay 
zurückgekehrt, weil der Sultan von Haussa den 
Durchzug durch sein Gebiet verweigerte, um 
Schwierigkeiten mit dem Negus Johannes zu ver⸗ 
meiden. 
Washington, 15. April. Dem Kongreß 
der Vereinigten Staaten liegt gegenwärtig ein Ge⸗ 
setzentwurf vor, welcher bezweckt, den verschiedenen 
Siaaten der Union die von denselben vor 27 Jahren 
während des Bundeskrieges erhobene Kriegssteuen 
zurückzuzahlen. Es handelt sich um eine Summe 
bon 16 Willionen Dollars. Nach Annahme dieser 
Vorlage soll eine Anstrengung gemacht werden, 
auch die Baumwollsteuer in Höhe von 68 Millionen 
Dollars zurückzuzahlen. Der Zweck dieser Gesetze 
entwürfe ist, den durch die fortgesetzten Ueberschüsse 
immer mehr angeschwollenen Bundesschazz zu leeren, 
damit der Beweggrund für die in der Botschaff 
des Präfidenten Cleveland vorgeschlagenen Herab⸗ 
setzungen des Zolltarifs beseitigt werde. F 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*Si. Ingbert, 18. April. Vorgestern er⸗ 
eignete sich in der hiesigen Grube ein sehr bedauer⸗ 
licher Unfall. Der Bergmann Jakob Benner 
bon hier wurde während der Arbeit von einer her⸗ 
abstürzenden Kohlenmasse so schwer verletzt, daß er 
ins Spital verbracht werden mußte und man an 
seinem Aufkommen zweifelt. 
— Landau, 17. April. In der Maitern⸗ 
schen Wirthschaft am Kaufhause erschien gestern 
Nachmittag eine aus 7 Köpfen bestehende Zigeuner⸗ 
bande. Nachdem die Mitglieder derselben dem Bock 
tüchtig zugesprochen und die Köpfe entsprechend er⸗ 
hitzt waren, fingen die Zigeuner zu tanzen an, was 
der Wirth wegen der Belästigung der übrigen Gäste 
verbet. Daraufhin ging die Bande zum Angriff 
gegen den Wirth vor, welcher die Gendarmerie zu 
Hilfe rufen mußte. Anch diese fand heftigen Wider⸗ 
stand, wobei sich namentlich ein etwa 15jähriges 
Mädchen thätlich an einem der Gendarmen vergriff. 
Schließlich wurden 4 Mäaͤnner und das erwähnte 
Mädchen festgenommen und in sichern Gewahrsam 
gebracht. 
— Vom Otterbach, 13. April. Ein 
Mann fiel beim Abraupen seiner Obstbäume von 
der Leiter, wurde krank, gebraucht den Arzt und 
erhielt ein Protokoll, weil er nicht alle Raupen⸗ 
nester beseitigte. Der Mann ist gewiß übel daran. 
(S. W.) 
Vermischtes. 
München, 16. April. Die Eröffnung der 
königlichen Schlösser zu Herrenchiemsee, Linderhof 
und Hohenschwangau findet heuer bereits am 15. 
Mai statt. Preis und Besichtigungszeit sind im 
Wesentlichen wie im Vorjahre. Rüchichtlich des 
Schachen, dessen Besuch zur Zeit wegen der Schnee⸗ 
massen wohl noch unmöglich ist, wurde Fürsorge 
getroffen, daß er auch in diesem Sommer wie bis⸗ 
her bewirthschaftet wird. 
F Närnberg, 14. April. Eine unangenehme 
Ueberraschung erlebte dieser Tage ein junger Kauf⸗ 
mann. Als er Abends heimkehrte, fand er alles 
verfiegelt! Seine Mietsfrau war gestorben, deren 
Mann war verreist. und so hatte eine Gerichts⸗ 
kommission die Siegelung vorgenommen. Der 
Kaufmann gelangte erst nach der Rückkehr des 
Mannes wieder in den Besitzz seiner Habseligkeiten. 
Am fatalsten soll es ihm gewesen sein, daß er an 
dem fraglichen Abende einem Tanzkränzchen fern 
bleiben mußte, weil er über nichts verfügte, wie 
über den Geschäftsanzug, den er gerade anhatte 
F In Baden hat sich kürzlich ein Verein ge⸗ 
bildet, der stellenlosen, erholungsbedürftigen und aus⸗ 
gedienten badischen Lehrerinnen vorüber⸗ 
gehend oder dauernd eine Heimstätte in einer gesunden 
schönen Gegend Bedens bieten soll. Vorläufig ist, 
wie die Badische Landeszeitung mittheilt, Baden⸗ 
Baden dazu ausersehen. Seit wenigen Wochen 
des Bestehens erfreut fich der Verein einer täglich 
wachsenden Zahl ordentlicher und außerordentlicher 
Mitglieder, sowie der warmsten Gunst wohlwollender 
Menschen. An der Spitze des Vereins steht Prinzessin 
Wilhelm von Baden als Proteciorin, und die Ver⸗ 
waltung wird zur Zeit durch das Lehrerinnenpersonal 
des Seminars Prinzessin Wilhelm⸗Stift in Karlsruhe 
besorgt, unterstützt mit Rath und That von Mit⸗ 
gliedern des großherzoglichen Oberschulrathes. 
Die Rächerin ihrer Ehre. Ein jun— 
gez Fräulein war von dem Inhaber eines in einer 
der frequentesten Straßen Frankfurts gelegenen 
Geschäfts auf das Empfindlichste beleidigt worden. 
Sie nahm sich vor, sich zu rächen. Am Samstag 
Vormittag kurz vor 12 Uhr, betrat sie das Geschäff 
und bat, den Besitzer sprechen zu dürfen. Als er 
erschien und seinem Erstaunen über den Besuch 
Ausdruck geben wollte, schlug sie dem Spötter mil 
iner rasch aus dem Paletot hervorgezogenen Reit 
»eitsche mehrmals und wuchtig über das Gesicht 
Der Getroffene schrie laut um Hilfe. Das Geschäfts 
Zersonal eilte herbei, doch wagte keiner die resolute 
junge Dame anzurühren, aus Furcht ehenfalls mil 
z»er Reitpeische intime Bekanntschaft zu machen. 
Das Mädchen erreichte glücklich die Straße, aus 
der sich eine große Zahl Neugieriger angesammell 
hatte. Der Vorfall wird das Schoöffengericht be⸗ 
schaͤftigen. 
F Freche Bettler. Dem reichen Manne. 
der heute, um nicht nach dem bekannten biblischen 
Spruche beurtheilt zu werden, Wohlthaten übt, 
zeht es schlimm. Steht er einmal in dem Ansehen 
eines Wohlthäters, so gehen ihm die Bittschriften 
jo zahlreich zu, daß er fich ihrer kaum zu erwehren 
ns Ein reicher Bürger Frankfurts erhielt ein 
mis besonderen Umständen verknüpftes Gesuch einer 
gilfsbedürftigen Familie um leihweise Ueberlafsung 
pon 200 Mark. Er hatte kaum die Forderung 
„erücksichtigt, d. h. dem Bittsteller das Geld ge— 
chenkt, als ihm in wenigen Tagen eiwa 60 ähn- 
lich lautende Bittschriften zugingen, die fämtlich 
uuf jene erste Schenkung Bezug nahmen. 
F(Annahme verweigertlh) Ein Ge— 
ichtsvollzieher zu Frankfurt a. M. hatte bei 
einem stellenlosen Commis eine Pfändung vorzu⸗ 
sunehmen. Schon wollte er sich entfernen und in's 
Pfändungsprotokoll die Bemerkung „fruchtlos“ 
machen, als die Hauswirthin hereintrat und die 
Ankunft des Geldbriefträgers meldete, der ihrem 
zimmerherrn 60 Mk. brachte. Der Gerichtsvoll⸗ 
ieher beschlagnahmte sofort den ganzen Betrag, 
wogegen die Hauswirthin Einsprache erhob, indem 
ãe ihre Ansprüche für rückständige Miethe geltend 
nachte. Dem Streit machte nun der Commis ein 
rasches Ende; er erklärte dem Geldboten, er nehme 
die Sendung nicht an, man sollte sie nur zurück⸗ 
gehen lassen. Dagegen konnte der Gerichtsvollzieher 
aichts machen. 
7Coblenz, 15. April. Die Stadiverordneten⸗ 
»ersammlung beschloß, zur Errichtung eines von 
dem Provinzial⸗Komitoͤ in Coblenz zu errichtenden 
Denkmals für Kaiser Wilhelm seitens der Stadt 
den Betrag von 30000 Mt. zu bewilligen. 
7 Bingen, 18. April. Am letzten Mittwoch 
ollte auf dem Rochusberg ein frohes Hochzeitsfest 
jefeiert werden. Bei der Auffahrt stellte sich ein 
zöͤllisches Schnee- und Regenweiter ein; bei dem 
Mahle brach ein Marmortisch vor dem Brautpaare 
zusammen, und als das letztere Abends zur Eisen⸗ 
hahn fuhr, barst am Kirschhof die Achse des 
Wagens, so daß dieser umfiel und die Pferde durch 
zingen. Der gerade aufwärts kommende Sohn 
des Kutschers hielt die Thiere auf, so daß die 
ungen Gatten, zwar verstimmt über diese „Vor—⸗ 
zedeutungen“, aber mit gesunden Gliedern, den 
Weg zur Bahn zu Fuß zurücklegen konnten. 
FHomburgv. H., 14. April. Die Schneemassen 
im Taunus sollen nach Aussage von Leuten, die 
hierher „über die Höhe“ kamen, noch sehr starl 
sein. Am Feldberg liegt an beiden Abhängen der 
-chnee noch fast ein Meter hoch. 
F Aus Elsaß⸗-Lothringen. Die Ehre, 
das erste Denkmal zum Andenken an den ver⸗ 
storbenen Kaiser Wilhelm in Elsaß⸗Lothringen 
zielleicht in ganz Deutschland, errichtet zu haben 
wird wohl das im letzten Kriege oft genannte und 
hekanntlich erst mit Friedensschluß in deutschen Be— 
sitiz übergegangene Festungsstädtchen Bitsch bean⸗ 
pruchen können. Unmittelbar nach dem Ableben 
des Kaisers wurden auf Anregung der dortigen 
Sektion des Vogesenklubs Sammlungen veranstaltet, 
velchen aus einheimischen, wie eingewanderten 
Areisen so reichliche Mitiel zuflossen, daß die Aus—⸗ 
sührung des Denkmals alsbald in Angriff genom— 
nen werden konnie. Die Grundsteinlegung erfolg! 
schon jetzt, die Einweihung des in einfachen, aber 
odlen Formen gehaltenen Monumentes schon An— 
'ang Mai. Auch in Metz gedenkt man mit der 
Errichtung eines Kaiser-Denkmals bald vorgehen zu 
oͤnnen. 
F Forbach, 13. April. Gestern stießen Ar⸗ 
veiter, welche in der Nähe der Adischen 
fabrik mit Erdarbeiten beschäftigt n 
ziemlich gut erhaltenen Sarg, in —* un De 
männliche Leiche befand. Man glaudt an un 
um die Begräbnisstätte von Vlenneninhe hn 
welche als Landwirthe in ziemlicher — 
den ganzen Kreis Forbach zerstreut leth gu 
Todten in der Nähe ihrter meist eimn W gre 
Behofte beizusetzen pflegen. a 
Leipzig, 16. April. Daßs — 
zerwarf in dem bekannten Prozeß gegen m 
zelischen Pfarrer Thümmel die an 
Angeklagten und des Staatsanwalts ⸗ 
Artheil des Landgerichts zu Cassel vom s 
Die Gründe besagen: Im Wesenllichen 
Niemandem verwehrt. die Einrichtungen at 
anzugreifen, aber es sei ein gewisse n 
zuhalten; auch dürften keine Ausscheume 
cttattfinden, welche den Vorschriften n 
zie zum Schutze der religibsen Geführen 
gläubiger und zur Wahrung des betfes 
Friedens in Deuischland gegeben find 
t Berlin, 15. April. (Ueberschwenm 
in der Mark Brandenburg.) Die Ma 
kanntlich sehr wasserreich, aber ein solcheh 
reichthum, wie gegenwärtig, ist noch von, 
jetzt lebenden Menschen beobachtet wordn 
großen Landseen, welche die Spree obethah 
lüns durchfließt, oder welche mit der Shu 
Nebenflüsse in Verbindung stehen, näm 
Zeuthener See, der Lange See, der Seh 
der Große Zug, der Krossin⸗See, der Won 
See und der Dämeritz-See bilden eine 
riesige Wasserfläche, aus der auf meilenwe 
fernung nur einzelne überfluthete Baung 
»der ab und zu die Dächer einzeln siehen 
höfte hervorragen. Ein Theil des großen h 
Forstes ist ebenfalls überschwemmt. Du 
Müggelsee, der Kalksee und die zweite, w 
Oberspree durch die Dahme in Verbindunge 
Seenkette zeigt ein ähnliches Bild. Die] 
Schmöckwitz, Wernsdorf, Rahnsdorf, die (e 
Hankels Ablage, Ziegenhals, Gosen, Zinu 
ner, Nieder Löhme und so fort liegen wie 
mitten in dieser Wasserfläche. Schwer zuln 
qat die Stadt Köpenik. Der chaussirte Dam 
Zöpenik über Müggelheim nach Gosen ist e 
Fluth zerstört, die an dem Damme gelegenen 
Spreebrücken haben großen Schaden erlikl 
werden wohl neu gebaut werden müssen. 
Schiffer fahren in dieser gewaltigen Vasa 
nit ihren nach Berlin bestimmten Lassschife 
nicht im eigentlichen Spreeflußbette, welcht 
urch Stromschnellen erkennbar ist, sondern de 
Aber Wiesengrund hin, der mehrere Mese 
iberschwemmt ist und wo die Strömung eih 
chwächer wird. Im Spreegebiet unterhah 
lins befinden sich bis Spandau keine gin 
Wasserbecken, aber der Fluß ist hier übertl 
et nicht sehr bedeutend durch die Uferhöhe üh 
vird, weit ausgetreten. Die Stadt Charlon 
jat zwar nicht durch Ueberschwemmung, abe 
nehr durch Grundwasser zu leiden. 
— In einer der besnen Goldschmiede⸗Werh 
Berlins wird gegenwärtig, wie man der 
Itg.“ mittheilt, die letzte Hand an das dem 
Zenrich von Preußen von den deutschen 
ffizieren gewidmete Hochzeitsgeschenk gelegl 
elbe besteht aus einem ebenso kostbaren, wu 
zinellen silbernen Tafelaufsatz, der einen uu 
Wogen umbrandeten Leuchtihurm darstellt, in 
vberster Spihe durch einen leichten Drud elh 
dicht erstrahli. Um den unteren Teil des Th 
ieht sich ein von Callandrelli modellierter 
ceicher Fries. 
F éine Kehlkopf⸗Operation an einen 
vurde am letzten Montag von Professor I 
Berlin an cinem Trakehner Vollbluthengste 
steiipferde aus dem lonigüchen Marsiall bo 
Zugegen waren hierbei der Oberstallmeister — 
jon Rauch in Begleitung seiner Marstalls⸗Verr 
Departements⸗Thierarzt Dr. Albrecht und d 
Sutor, sowie mehrere Offiziere. Die Ob 
ing glücklich von statten und erregte n 
Maße das Interesse der anwesenden Herren 
Aunst des angesehenen Chirurgen hat ubbrigen 
ie ¶ Sporiweltschreibt bereits die Ausun 
keit auch der fremden Regierungen auf fich 
o daß don Seiten detseiben Äbgesandte un 
Berliner thierärztlichen Hochschule kommen. 
Der Kriminalkommissarius Weien in 8 
hat nach Aufgabe seiner bisberigen amiliche