Full text: St. Ingberter Anzeiger

Annalboré In ed er 
9 
— 
rri 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
St , In berter Auzeiger“ erscheint tägli i 
* r 3 — ee g b e deep und Feiertage. 2 mal wöͤchentlich mit Unterhal * 
e ehe tengg · diat und Freitags und Samstags mit acht 
er ee aum betraägt bei Inseraten aus der Pfalz 10 bei 3 A 
n enig bn dnenen arn de ian * Vaeineeen soichen auf welche die Expedition 
— —— — 
82. 
Politische Uebersicht. 
*Die bayerische Abgeordnetenkam ˖ 
cehnaner genehmigte am Mittwoch fast einstimmig 
ach zoe Lolalbahngese tz in der Fassung der Reichsraths⸗ 
Mnmer, wonach die Zahl der neu zu erbauenden 
—I 19 auf 11 herabgemindert wird. 
—J Minister des Innern gab im Laufe der De⸗ 
rüt hue der beberzigenswerthen Anschauung Ausdruch 
cin man im Baue von neuen Eisenbahnen Maß 
ticdeen müsse und nicht voreilig zu Werk zu gehen 
Mise. Außerdem genehmigte die Kammer ein- 
item sunig den Militäretat pro 1888 89. Regierungs⸗ 
Ns wurde für eine spätere Session eine Vorlage 
oi. die Legung eines zweiten Geleises auf sämt⸗ 
sen bayerischen Hauptbahnstrecken in Aussicht 
psellt. 
— Im Bundesrathe ist der abgeänderte 
ud von Kaiser Friedrich unterzeichnete Entwurf 
Ahnt Unfalle und Invaliditäts Versicher⸗ 
a aug eingegangen und kann man seiner Veröffent⸗ 
a isitung wohl bald entgegensehen. Der neue Ent⸗ 
gegpurf soll gegen den früheren bedeutende Abänder⸗ 
uil. hugen aufweisen. 
Die badische zweite Kammer hat die 
hue Kirchenbvorlage gegen 10 Stimmen (0 Cleri⸗ 
igerkule, ! Demokrat) angenommen. 
den/ *In der freien Schweiz geht man jetzt 
lutsshrfer gegen die Sozialdemokratie vor, speziell 
gegen die aus dem Auslande gebuürtigen Vertreter 
qgl deielben. So sind durch Bundesrathsbeschluß die 
Redalleute und Mitarbeiter am „Sozialdemokrat“, 
nru in Zürich erscheinenden Hauptorgan der So— 
iudemolraten deutscher Zunge, aus der Schweiz 
uugewiesen worden. Dem genannten Blatte war 
n vor einiger Zeit wegen seiner in's Maßlose 
eigerten Sprache eine Verwarnung zugegangen, 
ncher jedenfalls nicht beachtet worden ist, so daß 
Ausweisung der betreffenden Mitarbeiter des 
lattes als die nächste Folge der Verwarnung er⸗ 
veint. Ob eventuell eine vollständige Unterdrück⸗ 
g des „Sozialdemokrat“ erfolgen wird, wie viel⸗ 
d. behauptet wird, steht noch dahin. 
Die Wehrausschüsse des österreichischen 
ddes ungarischen Abgeordnetenhauses 
hen die neue Reservisten⸗Vorlage fast unberändert 
enommen. 
Der neueste Wahlerfolg der Boulangisten 
n u. A. auch den etwas gesunkenen Muth der 
Zuisthen Patriotenliga wieder von Neuem be⸗ 
g Die „Alktionsgruppe“ der Patrioten richtete 
Shnpaidieadtese an Boulanger, außerdem 
Deroulede zum Ehrenpräsidenten der Liga 
trgewählt, allerdings gegen den Vrotest einiger 
iteltionsmitqlieder. 
8 Deutsches Reich. 
derlin 19. April. Wahrhaft ergreifend ist 
De Ergebung unseres Kaisers in das un⸗ 
q iche Schicksal. Von den nächsten Zeugen, 
* uizt täglich am Krankenbette weilen, erfährt 
eede Einzelnheiten, die um so bewunder⸗ 
—“ sind, als dem Kaiser der gefahrdrohende 
4 dne Leidens nicht mehr unbekannt sein 
ate eradezu erschütternd ist ja die Aeußerung, 
* zu erzählt wird, der Kaiser am Sonntag 
m Pirer Hefprediger auf einen Zettel geschrie— 
d soll: , Beten Sie nicht für Genesung, 
—* 7— baldige Erlssung.“ — Wie wir aus 
— uelle erfahren, soll seit gestern Abend, an 
Anm das Fieber wieder slärker auftrat, kein 
mehr bestehen, daß die Lungen doch affi— 
Samstag, 21. April 1888. 
8 Jahrg. 
cirt find, was bisher bekanntlich noch immer ge⸗ 
leugnet wurde. (Frankf. J.) 
Berlin, 19. April. Das Armeeverordnungs⸗ 
„latt enthält eine Kabinetsocdre, wonach auch nach 
Aufhören der Armeetrauer für Kaiser Wilhelm die 
Fpauletts bis auf Weiteres nicht anzulegen find. 
Berlin, 19. April. Der „Reichsanzeiger“ 
neldet die Ernennung des bisherigen Gesandten 
Stumm in Madrid zum Botschafter. Es wird 
zies das erstemal in der Geschichte unserer 
reußisch-deutschen Diplomatie sein, daß ein Bür⸗ 
zerlicher zum Botschafter ernannt worden ist. Ge⸗ 
rade auf dem Gebiete der Diplomatie, wo ja die 
ahlreichsten intimen Berührungen mit der Hof— 
zefellschaft der betreffenden Lander vorkommen, 
var die Tradition, nur Adelige zu den höheren 
Stellungen zu befördern, am längsten aufrecht 
erhalten worden, viel länger als beispielsweise 
heim Militär, wo bürgerliche Generäle, allerdings 
auch noch keine Corpskommandeure, schon seit 
Aielen Jahren keine Seltenheit mehr sind. Fürst 
zismarck hat als Minister des Auswärtigen auch 
nit dieser adelig-diplomatischen Tradition gebrochen. 
Anter ihm erlebten wir die ersten bürgerlichen Ge⸗ 
andten an den europäischen Fürstenhöfen (in exo⸗ 
ischen Landern hatte man freilich schon früher 
zier und da einen ernannt) wie Dr. Busch in 
gukarest, Stumm in Madrid. Indem jetzt auch 
ein Bürgerlicher zum Botschafter, also zum direkten 
ind unmittelbaren Vertreter des Kaisers bei einem 
remden Monarchen ernannt wird, zeigen Kaiser 
ind Kanzler ausdrücklich an, daß sie ein Vorrecht 
»er Geburt auf diesem Gebiete fürderhin nicht 
nehr anerkennen wollen. Auch die Ernennung 
»es Generallieutenants Mischke zum Generalad⸗ 
utanten des Kaisers war in dieser Beziehung nicht 
ohne Bedeutung. Nach diesen Vorgängen ist auch 
»er bürgerliche kommandirende General nur noch 
ine Frage der Zeit, d. h. sobald der nächste zum 
Avancement reife bürgerliche Divisionär an die 
steihe kommt, wird er eben Corpskommandeur, 
vährend ihm bis jetzt ein ehernes Thor dann das 
veitere Forschreiten auf dem militärischen Wege 
abschnitt, ohne Rücksicht auf Tüchtigkeit und Be— 
deutung, nur in Rüchsicht auf den Namen. 
Berlin, 20. April. Der Kaisser hatte eine 
ziemlich ruhige Nacht. Das Befinden Sr. 
Majestät ist im übrigen un verändert. 
Berlin, 20. April. Der „Reichsanzeiger“ 
ublicirt folgendes Bulletin über den gestrigen Tag 
zurch eine Extra ⸗Nummer: „Se. Majestät der 
daiser und König hatte heute im Ganzen et⸗ 
vas weniger Fieber als gestern. Im Laufe des 
Tages hat sich eine ziemlich reichliche Menge Eiter 
entleert; die Athmung ist ruhiger geworden. 
Mackenzie. Wegner. Krause. Hovell. Leyden.“ 
Die Staatsanwaltschaft in Posen macht be— 
—XD 
tlasses der vom dortigen Kreisgericht seinerzeit 
jegen. den Erzbischsff Ledochowsky erlassene 
Steckbrief zurückgenommen wird. 
Die Vermögensfragen des kaiser—⸗ 
lichen Hauses sollen jetzt vollständig geordnet 
und der Kaiserin -—Mutter“ mit Zustimmung der 
Aanaten 12 Millionen Mark ausgesetzt sein. 
Ausland. 
Wien, 19. April. Se. K. H. der Prinz⸗ 
Regent Luitpold von Bayern trifft gegen Mitte 
Nai hier ein und wird während seines zehn⸗ bis 
wölftägigen Aufenthaltes im Palais seiner 
Schwester, der Erzherzogin Adelgunde Herzogin 
»on Modena, Wohnung nehmen. 
Wien, 19. April. In allen Kreisen der 
Bevölkerung verfolgt man mit schmerzlicher Spann⸗ 
ing die Berichte über das Befinden Sr. Majestät 
»es Kaisers Friedrich. — Die Erzherzogin Maria 
Theresia und zahlreiche hervorragende Mitglieder 
der Aristokratie ließen bei der deutschen Botschaft 
xrkundigungen einholen; der Erzherzog Albrecht 
rkundigte sich telegraphisch von Arco aus. 
Paris, 19. April. Die Kammer nahm mit 
379 gegen 177 Stimmen die Tagesordnung an. 
FJumcel Ginke) sprach sich dahin aus, die Kammer 
jege das Vertrauen zur Regierung, dieselbe werde 
es verstehen, den republikanischen Institutionen ener⸗ 
gisch Achtung zu verschaffen und die vom Lande 
berlangte Politik des Fortschritts, der Reformen 
und der Freiheit zur Geltung zu bringen. Der 
antrag Wickersheimer, eine Commission für 
stevision der Verfassung am Samstag zu ernennen, 
wurde mit 340 gegen 215 Stimmen angenommen. 
Paris, 19. April. Die Kammer vertagte 
sich bis Samstag. Boulanger kehrte in's Louvre— 
hotel in offenem Wagen zurück, von etwa 5000 
bis 6000 Menschen mit Hochrufen —5 
Paris, 20. April. Die Morgenblätter be— 
rachten die beiden in der Kammer gestern abge— 
zebenen Voten als einander widersprechend; die 
elben bewiesen aufs Neue, daß kein Zusammen⸗ 
jang in der Kammer bestehe, da dieselbe nach dem 
Bertrauensvotum für das Cabinet die Revision der 
Zerfassung, deren Vertagung Floquet beantragt 
zatte, durch ein späteres Votum billigte. Die Kund⸗ 
zebungen der Boulangisten dauerten den ganzen 
Abend fort, namentlich auf der Straße Montmartre 
vor den Bureaux der „Cocarde'. Auf den Bou— 
evards wurden einige Personen verhaftet, später 
aber wieder freigelassen. Ein erheblicher Zwischen⸗ 
rall ist nicht vorgekommen. 
London, 19. April. Fergusson ant—⸗ 
wortet auf eine bezügliche Anfrage, die Verwaltung 
des Kongo⸗Freistaates in Brüssel habe die Behaup⸗ 
ung, daß ihre Beamten mehrere Doͤrfer der Ein⸗ 
geborenen zwischen Matadi und Stanley-Pool nie⸗ 
zʒergebrannt, die Männer erschossen und die Frauen 
ind Töchter mißhandelt oder getödtet hätten, als 
vollständig unbegründet erklärt; in den wenigen 
Fällen, wo eine feindselige Behandlung der Kara⸗ 
vanen eine Bestrafung der Eingeborenen nothwen⸗ 
zig gemacht habe, sei mit größter Mäßigung ver⸗ 
fahren worden. 
Rom, 19. April. Der Papst empfing heute 
die belgischen Pilger. — Der Senat trat heute 
als Gerichtshof zusammen, um über die Sittlich- 
keitsvergehen des angeklagten Ex⸗Präfecten, Senator 
Pissabini, das Urtheil zu fällen. Es wurde 
beschlossen, die Oeffentlichkeit für die Verhandlung 
uuszuschließen. 
Konstantinopel, 20. April. Die Pforte 
zenehmigte den Betriebsvertrag mit der der Sociéts 
des Raccordements und gestattete der serbischen 
Fompagnie den Wageneintritt. Demnach wird die 
Route Belgrad Salonichi definitidv am 19. Mai 
röffnet. 
Newyork, 18. April. Die Legislatur des 
Staates Newyork nahm mit 87 gegen 8 Stimmen 
eine Vorlage an, welche den Tod durch Elektricität 
als Hinrichtungsart einführt. Die Annahme der 
Voriage seitens des Senats gilt für gewiß. 
Wajshington, 19. April. In dem Repräsen⸗ 
antenhaus hat Mr. Belmont von New-York einen