Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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In berter Anzeiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungs⸗Glatt und Freitags und Samstags * acht 
— nge Das wVlanu ioftel vierteljahrlich 1⸗0 60 — einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen A 75 4, einschlie ßlich 40 e Die 
3 angogebůhr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum belragt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfaͤlzischen und soichen auf welche die Erpedin on 
elinn aitein, iä eklamen 30 3. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
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Mitwoch, 9. Mai 1888. 
25. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
tera, 5. Mai. Die Polizei hat die Strike⸗ 
dir hiesigen Maurer und die Schriften des 
eidomitees mit Beschlag belegt, angeblich, weil 
emotratische Agitatoren bei der Bewegung 
ügt seien. Auch die Auflösung des Strike · 
zucs soll aus diesem Anlaß erfolgt sein. 
herlin, 7. Mai. Der Ausschuß des Han- 
qhes hat sich für die Einführung neuer Rechts⸗ 
a fur gesellschaftliche Privatunternehmungen 
prochen, indem er eine Gesetzgebung empfiehlt, 
die Errichtung von individualistischen und 
vdistischen Erwerbsgesellschaften auf Grundlage 
in Aniheile zerlegten Mitgliedschaft und der 
nüntten Haftbarkeit der Mitglieder zuläßt. 
Ein Antrag, der ganz aus den allgemeinen 
nitären Bestrebungen unsrer Zeii hervorgegangen 
wurde vor acht Tagen im preußischen Abgeord⸗ 
auhaus eingebrucht. Der Abgeordnete Frhr. v. 
uglas beantragte, das Haus wolle beschließen 
rGétaatbregierung zu ersuchen, auf 
technischen Hochschulen, technischen 
ntetrichtsanstaälten aller Art, sowie 
den Seminarien Vorlesungen über 
Nersten Hilfeleistungen bei plötz 
den Unglücksfällen anzuordnen. Nach— 
Hr. v. Douglas seinen Antrag an der Hand 
Siatistkk begründet und namentlich den Nutzen 
int hatte, welcher unserer Armee im Kriege 
wõ dem Vollzuge der gegebenen Anregung erwachse, 
aude der Antrag fast einstimmig angenommen. 
Ausland. 
haris, 7. Mai. Die Abendblätter heben 
at, daß es augenblicklich unmöglich ist, ein prä 
Gesammturtheil über das Resultat der Mu⸗ 
lrathswahlen zu fällen, da viele derselben 
rein locale Motive beeinflußt sind und in 
Weise mit der Politik zusammenhängen. Bou—⸗ 
er wurde in Tulle in Folge eines freiwilligen 
lusses der Arbeiter der dortigen Waffenfabrik 
en Municipalrath gewählt. 
daris, 8. Mai. Der Municipalrath votirte 
90 Frcs. Unterstützung für die Familien der 
ethüttenarbeiter in den Departements Seine und 
eine et Dise, welche durch die Schließung der 
vn beschaftigungslos wurden. Vor der Ab⸗ 
we machte der Seinepräfect besondere Vor ⸗ 
Ar bezüglich des Votums. Der Polizeipräfect 
nüelirte, daß augenblickuich 2800 Glashültenar⸗ 
n beschaftigungslos seien. 
F dulanger wird am Freitag nach Dünkirchen 
“ sich von da nach Lille begeben, wo er 
—— zu verweilen gedenlt und an einem 
don 600 Personen theilnehmen wird. Am 
ag beabsichtigt Boulanger die Gruben von 
n und Denain zu besuchen und sich am Mon- 
und Valenciennes, Cambrai und St. Quentin 
* deben. An letzierem Orte wird er einem 
nn Banlet unter dem Vorsitz des Devutirten 
XX 
nr de 7. Mai. Dem „Standarde wird 
hc ghai gemeldet, daß das französische Ge⸗ 
mat in Ostasien plößzlich angewiesen 
. sich in Yokohoma einzufinden. Der Ad⸗ 
n det dersiegelte Ordres mil der weiteren Be— 
un der Floite. 
—* englischen Unterhaus erllarte 
—w zwischen der Regierung und dem Papste 
—W nichtofficielle politische Verhandlungen 
NT * g Samoa · Frage anbetreffe, 
»facto Hhnia Samoas und 
verde als soscher auch von der Regierung praktisch 
merkannt. Die Regierung hatte keinen Grund, bei 
den Differenzen mit Malietoa irgendwie Partei zu 
rgreifen. Die Vertragsbeziehungen zwischen Eng- 
and, Deutschland und den Vereinigten Staaten 
on Nordamerika bezüglich Samoas seien unverändert. 
Lokale und pfalzische Nachrichten. 
.*. St. Ingbert, 9. Mai. Wie man uns 
nittheilt, veranstaltet der protestantische 
dirchenchor am nächsten Sonntag Abend im 
Iberhauserschen Saale für seine Mitglieder und 
deren Angehörigen, sowie für seine Freunde und 
gönner eine musikalische Unterhaltung, 
ogenannten Familiena bend. Das Programm 
st'ein sehr gewähltes und reichhaltiges; es umfaßt 
jemischte Choͤre, Klavierpiecen, Duette und Solo's. 
Den Besuchern steht somit ein recht genußreicher 
Ibend in Ausficht. Zu begrüßen ist, daß dieses 
nal bei der Geraͤumigkeit des Lolales der Besuch 
inem größeren Kreise wie am letztenmale ermöglicht ist. 
* St. Ingbert, 9. Mai. Echöffengerichts- 
itzung.) In der heutigen Schöffengerichts⸗ 
i zzung wurde im ersten Fall gegen Joh. Grell, 
Schmelzarbeiter hier wegen Unterschlagung verhan⸗ 
eli. Derselbe hatte ein Stück Eichenholz aus dem 
dottaschwald, das schon verkauft war, aber, 
die er behauptet, auf seinem Acder gelegen sei, 
echtswidrig sich angeeignet, und wird ihm dafür die 
zeringst zulässige Strafe von 3 Mk. ev. 1 Tag 
defängniß nebst Kosten zutheil. Alle weiteren 
Berhaudlungen hatten Vergehen der Körperverletz- 
ing zum Gegenstand. Ein 14jähriger Bursche, 
Joh. Schmitt von hier hatte gelegentlich eines 
Streites einen Kameraden mit einer Peitsche etwas 
serb bearbeitet. Seine Strafe fuür diese Körper⸗ 
erletzung mittels gefährlichen Werkzeugs wird unter 
Annahme mildernder Umstände mit 8 Mk. ev. 1 
Tag Gefaͤngniß und Kosten festgestellt. — Johann 
sies und Gg. Schmidt aus Ensheim waren in 
iner dortigen Wirtschaft am 26. Febr. in Streit 
Jeraten, der zu Thätlichkeiten führte. Hierbei kam 
ßet. Ries seinem Bruder Johann in der Weise 
ur Hilfe, daß er dem Gegner desselben mit einem 
Bierglase auf den Kopf schlug. Gg. Schmidt und 
Het. Ries verfallen daher wegen vorsätzlicher, von 
sKies mittels gefährlichen Werkzeugs begangener 
Zörperberleßzung in eine Geldstrafe von je 10 Mk. 
ind je Us der Kosten. — Wegen desselben Ver⸗ 
sehens, begangen am 22. Januar in der Ganion ⸗ 
chen Wirischaft hier wird Andr. Schwarz hier, —18 
J. a., mit einer Strafe von 10 Mk. ev. 2 Tage 
Hefängniß nebst Kosten belegt. — Joh. Jos. 
Feichtner, Bergmann und Ad. Feichtner hatten am 
3. Februar den Bergmann Jak. Betz in der 
Schweizer'jchen Wirthschaft hier geschlagen, 
votauf Betz die Aeußerung machte, er wolle 
eide noch todtschlagen. Die beiden Feichtner wer⸗ 
en wegen gemeinschaftlich begangenerKörperverletzung, 
Betz wegen Bedrohung zu je 6 Mk. ev. 2 Tagen 
Hefängniß und je Vs der Kosften verurteilt. 
*Si. Ingbert, 9. Mai. Wie die Z8w. 
Ztg.“ mittheilt, bringt am 10. Juni der Cãacilien⸗ 
derein in Zweibrücken die „Jahreszeiten“ zur Auf⸗ 
uhrung, zu welcher eine Kraft ersten Ranges, Frl. 
Herzog, kg. bayerische Hofopernsangerin aus München, 
ndgiltig gewonnen ist. Vorausfichtlich wird auch 
heir Kammersänger Staudigl mitwirken. — Am 
leichen Tage findet in Homburg das diesjährige 
Kadfahrerfest statt. Hierzu soll, wie verlautet, der 
vortige Radfahrerverein eine neue Rennbahn herge⸗ 
ichtet haben 
— Neustadt, 7. Mai. Der Herrn Badden⸗ 
hausen gehörige „Bayerische Hof“ (rüher Kirch- 
‚Ferger) dahier ging durch Kauf um den Preis von 
irla 70,000 M. in den Befitz einer auswärtigen 
Aktien⸗Brauerei über. 
— Koönigsbach, 7. Mai. Der Winzer 
Joseph Glaser von hier, welcher sich heute Morgen 
in das Feld begab, um zu arbeiten, wurde von 
einer Frau, welche ihm das Frühstück bringen 
volslte, sodt aufgefunden. Ein Schlaganfall hatte 
dem Leben des in der ganzen Umgegend als fleißiger 
ind ehrsamer Burger bekannten Mannes ein jähes 
xInde bereitet. Der Verstorbene war Ausgangs der 
ünfziger Jahre und Vater von 8 Kindern. 
Msi. 3.) 
— Spehyer, 5. Mai. Auf dem Hauptfeste 
des pfälz. Missionsvereins, das am 30. d. Mis. 
n Bohl stattfindet, werden die Herren Pfarrer 
Blumhardt aus Bad Boll die Festpredigt und 
Zasler Missionäre Müller, Ruhland, und Irion 
Unsprachen halten. (Sp. Ztg.) 
— Ludwigshafen, 7. Mai. Welche ver⸗ 
chiedenartige Wirkungen der Genuß des edlen 
gerstensafteßs auf manche Menschen ausübt, beweist 
solgender Vorfall, der sich gestern Nachmittag in 
den Stunden zwischen 5 und 6 Uhr auf dem Hems⸗ 
hof abspielte: Der Maurer Huber, dessen Leber 
zuf der Sommerseite zu liegen scheint, dämpfte seine 
Durstesqualen durch etliche 20 Schoppen Bier, in⸗ 
olgedessen er in eine solche Begeisterung gerieth, 
aß er sich als der Beherrscher Samos', Polykrates, 
ahlte. Flugs stieg er auf eines Daches Zinnen 
und schaute mit vergnügten Sinnen auf den be— 
eblen Hemshof hin. Ganz 4 la Polykrates warf 
nuch er Kleinodien „in die Flut“, nur mit dem 
Unterschiede, daß diese aus Ziegelstücken bestanden 
ind so Menschenleben in Gefahr brachten. Als die 
Zache zu bunt wurde, befahl die Schutzmannschaft 
dem Exaltirten, von des Daches Zinnen herabzu⸗ 
teigen, was jedoch nicht gutwillig geschah. Und 
so mußten denn beherzte Männer das Wagniß 
internehmen und den Wüthrich auf seinem luftigen 
Sitze gefangen nehmen. Der Vorfall verucsachte 
elbstversiändlich einen größeren Auflauf. (G. A.) 
Neber den Saatenstand in der Pfalz im April 
yeroͤffentlicht das kgl. statisische Bureau folgenden 
Bericht. Infslge der kalien Witterung ist die 
Begetation im Allgemeinen noch sehr zurück und 
der lang anhaltende Winter verzögerte die Früh⸗ 
ahrsbestellung sehr. so daß die Saat der Sommer⸗ 
ruͤchte noch nicht überall beendet ist. Anlangend 
die Wintersaaten, so sind dieselben mit Ausnahme 
des Roggens zufriedenstellend, letzterer hat schon 
m Spätjahr durch die Feldmäuse gelitten, da, wo 
hdies nicht der Fall war, hat er einen guten Stand. 
Mit dem Legen der Karioffeln wird eben begonneu. 
Die Wiesen haben einen guten Ansatz. 
— Die überseeische Auswanderung aus 
)em deutschen Reich über deutsche Häfen, Antwerben, 
Roiterdam und Amsterdam betrug im März 10,355 
ind im ersten Vierteljahr 1888 17,488 Köpfe. 
diese vertheilen sich nach Ihrer Herkunft u. A. 
olgendermaßen: aus Bayern rechts des Rheins 
397 und aus der Pfalz 426. Es ist darauf auf · 
merksam zu machen, daß hierbei die Auswanderung 
uͤber französische Häfen (Havre, von wo viele Aus⸗ 
vanderer aus dem Sudwesten des Reichs expediri 
werden) nicht nachgewiesen ist, und die über eng⸗ 
ische Hafen nur soweit sie in unseren Häfen als 
rec Veförderung ermittelt werden konnte