Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Iugberter Amzeiger. 
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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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ugberter Au eiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs-Blatt und Freitags und Samstags mit ach. 
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790. 
Samstag, 12. Mai 1888. 
23. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Eine aus den Reichstagsverhandlungen be⸗ 
Streitftage ist nunmeht vom Reichsge⸗ 
wentschieden; fie betrifft die Gegenzeichnung 
icher Otdres, durch welche ordnungswidrige 
hage oder Verausgabungen in dem Bereiche 
neußiechen Militärverwaltung niedergeschlagen, 
uneweise in Ausgabe belassen werden. 
war die formelle Giltigkeit derartiger, 
dom preußischen Kriegsminister gegenge— 
er Ordres nicht angezweifelt worden. Erst 
don Seiten des Rechnungshofes Be⸗ 
n gegen diese Praxis erhoben wurden, 
uch vom Reichstage die Forderung nach 
BGegenzeichuung dieser Ordres durch den 
tanzier gestellt worden. Der Bundesrath 
iher dafür, daß für eine im Bereiche der preu⸗ 
Militarverwaltung liegende ordnungswidrige 
agabung eine Ordre des Königs von Preußen 
usreichend erachtet werden müßte. Derselbe 
dabei von der Voraussetzung aus, daß es eine 
zsmilitärbetwaltung im strikten Sinne des 
ries nicht gäbe, sondern nur eine Militärver— 
tung der einzelnen Kontingente. Diese Streit⸗ 
ie ijt jetzt, nach der „Magd. Z.“, durch das 
hsgeticht in einem am 9. März d. J. verkün⸗ 
Urtheil grundsätzlich im Sinne der verbün⸗ 
Regierungen entschieden worden. 
Die Geruͤchte über angebliche Veränderungen 
röoͤsterreich ungarischen Diplomatie 
en jetzt das erwartete authentische Dementi. 
affizidse „Pol. Corresp.“ in Wien bezeichnet 
Herüchte als unbegründet und bezeichnet ledig⸗ 
die Nachticht, der österreichische Botschafter in 
»on, Graf Karoly, werde im Laufe des Jahres 
einem Posten zurücktreten, als verbürgt. Ueber 
dachfolger Karoly's sei noch keine Entscheidung 
n. 
Der Führer der irischen Nationalliga, 
zarnell, hat nunmehr entschieden Stellung 
wer dem Vorgehen des Papsies gegen den 
augsplan“ der irischen Revolutionaire genom- 
Auf einem von dem sogenannten liberalen 
»Club in London zu Ehren Parnell's 
Festessen hielt letzterer eine Rede, in wel⸗ 
A. äußerte, die irischen Katholiken wür— 
re politischen Pflichten nicht von einem 
zrälaten dictiren lassen. Die Intriguen 
hen Regierung mit Rom gegen Irland 
nets mißlungen und würden auch dieses 
aͤglich scheitern. Die Nationalliga und die 
hartei hätten übrigens mit dem „Feldzugs- 
uichts gemein. Indeß wolle er dem Ver—⸗ 
üicht entgegentreten, welches O'Brien, Dillon 
anderen katholischen Führer in der irischen 
ag gegen das paͤpstliche Decret einzuschlagen 
ezeigt halten sollten. 
de telegraphischen Berichte über den weiteren 
v der Reise des Coburgers in 
„ bulgarien klingen recht lakonisch. So 
5 n egaph vom 9. Mai aus Rustschuk 
* Fürst Ferdinand die Parade über die 
* arnison abgenommen habe — von et⸗ 
n Obationen für den Fürsten kein Wort! 
.Deutsches Reich. 5 
Rungen 10. Mai. Der Reichskanzler 
Is den Sohn des verstorbenen bayerischen 
ang der Infanterie und Generalkapitans der 
e Hartjchiere, v. Pranthh, ein Bei⸗ 
I anm. worin er die herzlichste Teilnahme 
erlust qusspricht. den der Sohn durch den 
Tod des Vaters erlitten und besonders hervorhebt, 
aß im ganzen Reiche das Andenken des Verstor⸗ 
en in dantkbarer Erinnerung bleiben werde, innig 
verknüpft mit der Geschichte des deutschen Vater⸗ 
undes, an welcher der Verstocbene zu ernster Zeit 
hatkräftig mitgewirkt. 
Berlin, 9. Mai. Der Hamburger Senat 
jedentt an den Bundesrath den Antrag gelangen 
u lassen, den Zeipunkt, an welchem das Frei⸗ 
afengebiet endgiltig begrenzt werden solle, auf drei 
Fahre hinauszuschieben, da das in Aussicht ge— 
iemmene Gebiet den Ansprüchen des von Jahr zu 
zaͤhr anwachsenden Handels bei weitem nicht ge⸗ 
iüge. An dem Zeitpunkt des Eintritts Hamburgs 
n den Zollverband, der bekanntlich auf den 1. 
ARkiober ds. Is. festgesetzt ist, ändert dieser Antrag 
elbstverständlich nichts. 
Berlin, 10. Mai. Die Hamburger Bürger⸗ 
chaft nahm debattelos den Antrag des Senats be⸗ 
reffend die endgiltige Ausdehnung des nördlichen 
Freihafenbezirks an. 
Berlin, 11. Mai. Bulletin von heute Morgen 
) Uhr. Das Befinden des Kaisers in den letzten 
Tagen war verhällnißmäßig gut. Das Fieber ist 
janz gering, der Schlaf, wenn auch öfters unter⸗ 
rochen, doch erquickend. Die Kraͤfte haben sick 
wieder gehoben. 
Ausland. 
Paris, 9. Mai. Die Gemeindewahlen vom 
3. Mai werden von den Boulangisten immer noch 
iis ein grand succès gefeiert. Die Ergebnisse für 
zoulanger sind: zum Gemeinderat gewählt in Tulle 
ind mehreren kleinen Orten; dann hat er Stimmen 
rhalten 4805 in Lille, 2250 in Boulsgne am 
Meer, 507 in Issoudun, 347 in Toulon, 185 in 
Bherne, 751 in Belfort und so fort. Das ist denn 
voch ein wenig mager. Die Zahlen find um so 
ächerlicher, als stellenweise ganz fürchterlich gewühlt 
vorden war. 
Mailand, 11. Mai. Der Kaiser von Bra⸗ 
ilien hatte gestern Abend ernste Symptome von 
gehirncongestionen, verbunden mit Fieber. Dr. 
Semmola hält den Zustand für ziemlich ernst und 
zerief telegraphisch den Professor Acharcot aus Paris 
ind den Dr. de Giovann aus Padua zur Consultation. 
Rio Janeiro, 11. Mai. Die Kammer 
aahm die Regierungsvorlage, betreffend die unmit⸗ 
Abare bedingungslose Abschaffung der Sklaverei, an 
ue uru— —— 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
Q Aus dem Bliesthal, 11. Mai. Die 
etzten warmen Tage haben uͤberaus fördernd auf 
zie gesamte Vegetation gewirkt, namentlich stehen 
ie 'Obstbäume in der schönsten Blutenpracht 
ind versprechen eine reiche Ernte. Hoffentlich wer⸗ 
en die drei Eismänner, die morgen ihre Herr— 
haft antreten und seit gestern als ihren Vorboten 
en rauhen Nordwind gesendet, ein gütiges Regi⸗ 
nent führen und die Hoffnungen des Landmanns 
icht zerstören. Abgesehen davon, daß der Ausfall 
iner Dosternte ein sehr empfindliches, das ganze 
Jahr hindurch fühlbares Minus für unsere Bevöl⸗ 
erung mit sich bringt, wie dies die letzten zwe 
ybstlosen Jahre beweisen, wäre ein gutes Obstjahr 
ruch schon deswegen zu wünschen, daß wieder mehr 
Mut und Freudigleit zum Obstbau bei unsern 
Zeuten einkehrte. Lücken, welche in den Reihen 
infrer Obstbäume der strenge Winter 1879180 ge⸗ 
nacht, sind bis jetzt in vielen Gemeinden noch nicht 
dieder ausgefülli worden, und doch ist unser Boden 
Jerade für Obstbau so sehr geeignet und manches 
Bergstück, das jetzt öde liegt, so daß sein Besitz für 
den Eigentümer der Steuern und Umlagen wegen 
eigentlich ein Verlust ist, würde, in ein Baumstück 
umgewandelt, nicht blos zur Verschönerung der 
Begend beitragen, sondern auch dem Besitzer eine 
zute ständige Einnahme einbringen. Und auf Ver— 
mehrung seiner Einnahmen, teils durch rationellere 
Ausnützung der vorhandenen, teils durch Auffindung 
und Schafsung neuer Einnahmequellen muß der 
Landmann heutzutage sinnen und denken, sonfi 
muß er im Kampfe ums Dasein unterliegen. 
Mögen darum die kommenden Tage vor schäd⸗ 
lichem Frost uns bewahren und die Blüten unsrer 
Baͤume sich zu lieblichen Früchten entwickeln, dann 
wird gewiß wieder neue Lust zur Baumzucht bei 
unserer Bevolkerung sich zeigen und das alte Sprüchel⸗ 
chen wieder mehr Beachtung finden: J 
„Auf jeden leeren Raum 
Pflanz' einen Baum 
Und pflege sein — 
Er bringt dir's ein.“ 
Q Gersheim, 10. Mai. Gutem Vernehmen 
nach wird in nächster Zeit eine Verordnung hoher 
Kgl. Regierung der Pfalz erscheinen, welche die 
Abhaltung der Visitationen unsrer Volksschulen am 
Ende des Schuljahres ducch die Kgl. Distrikts- 
schulinspektoren aufhebt und anordnet, daß in jeder 
Schule jährlich einmal an einem von dem Inspek⸗ 
tor zu wählenden Tage eine außerordenlliche Viñ— 
tation vorgenommen werde. 
Bedenit man, welche Beschwerden und An⸗ 
strengungen die Vornahme dieser bis jetzt in den 
ietzten sechs Wochen des Schuljahres stattfindenden 
Plüfungen den Distriktsschulinspektoren, zumal im 
Wesirich verursacht hat, wo so mancher Schulort 
nur auf mühsamem Wege zu erreichen ist, und er⸗ 
wagt man ferner, wie ungünstig oft in den Mo⸗ 
naten März und April die Witterung war, so wird 
man wohl annehmen dürfen, daß diese zu erwar⸗ 
tende höchste Verordnung von sämtlichen Schulin⸗ 
spektoren mit Freuden begrüßt werden wird. 
— gaiserslautern, 8. Mai. Metzger 
Philipp Kohler schlachtete kürzlich eine Kuh, welche 
als perlfüchtig erkannt und deßhalb auf die Frei— 
bank verwiesen wurde. Solches Fleisch darf nur 
bis zur Hoͤhe von 15 Kilo an eine Person verabfolgt 
und muß unter Aufficht der Polizei verkauft wer— 
den. Kohler nahm von diesem Fleisch die ansehn⸗ 
lichsten Stücke im Gewichte von etwa 360 Pfund. 
verpackte dieselben unter Aufsicht der Polizei und 
sendete sie nach Paris. Das hiesige Schöffengericht 
erkannte hierin eine Uebertretung der Fleichverkaufs⸗ 
ordnung und bestrafte Kohler mit 20 Mk., welcher 
dagegen Berufung erhob. Die letztere sfellt auf, 
daß das Fleisch nicht hier verkauft, sondern erst in 
Paris habe verkauft werden sollen, der erste Richter 
sei also nicht competent gewesen. In der Haupt— 
sache handeit es fich hierbe; um die Frage, ob es 
gestattet sei, hier für bankfähig erklärtes Fleisch 
noch ausführen zu dürfen und wird das Gericht 
diese Frage, die heute Morgen verhandelt wurde, 
bis naͤchsten Dienstag entscheiden. K. 
— Speyer,; 10. Mai. Heute am Himmel⸗ 
fahrtsfeste, nachmittags um 2 Uhr wurde der dritt⸗ 
alteste Pfarrer der pfälzischen prot. Kirche, Herr 
Karl Philipp Jakob König, quieszierter K. Konsi⸗ 
storialraih und zweiter Stadtpfarrer dahier, Ritter 
des K. Verdienfiordens vom h. Michael, nach mehr⸗ 
wöchentlichem Krankenlager aus dieser Zeitlichkeit 
abgerufen. Derselbe war 1804 in Dürkheim ge— 
bocen rat in den Dienst der Schule 1832 als