Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
t, Ingberter Anzeiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöoͤchentlich mit dehergeeewe und Freitags und Samstags mit acht 
,, rge e ei o an dueud nherlehn dund die Von verden scüegig —Zune tungegeduvr. Su 
ihlgebuüͤhr für die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum belraͤgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 , bei außerpfalzischen und soichen auf welche die Expedition 
rü unnf aittiu. iäexrlamen 80 3. Vei maliger Einrücung wird nur dreimalige berechnet. 
— —— 
8105. 
Samstag, 19. Mai 1888. 
33. Jahrg. 
Pfingstbetrachtung. 
— Wie ein Jubelgruß geht der Ruf 
Pund zu Mund. Haben wir ein schöneres 
Die Natur ist erwacht aus langer Winter- 
n, der Lenz ist wieder Sieger geblieben und 
cut seinem Füllhorn die Gaben der Schönheit 
Veblichkeit über die Erde ausgebreitet. Da 
deln sich auch die Gefühle des Menschenherzens, 
und Hoffnung erwachen überall und die 
aschen werden versöhnlicher. In solcher Stim- 
gist man auch geneigt, alle politischen Sorgen 
acgesen, allen politischen Betrachtungen aus 
Vege zu gehen. Aber der Ernst der wirk 
qm Zustande erfordert immer neue Beachtung. 
m dider muß die Jetztzeit hinsichtlich der Ge⸗ 
ung der politischen Lage als eine recht schwierige 
ihnet werden. Den zufriedenen Staaten, die 
iihigen Besitz ihres Erworbenen friedlich weiter 
iien umd schaffen wollen, stehen andere Staaten 
nübet, in welchen man Bestrehungen beobachtet, 
qe auf Neiguüg zu gewaitsamen Thaten auf 
auzwärtigen Gebiete hindeuten. Es ist ja 
clletdings anzunehmen, daß bei jenen Agita- 
in der Chauvinisten oder Boulangisten in Frank⸗ 
und der Panslavisten in Rußland und meh⸗ 
m Staaten der Balkanhalbinsel manche Flunkerei 
Spiegelfechterei mit unterläuft und daß es 
seht die Frage ist, ob diese Parteien erstens 
ominirendem Einfluß in Frankreich und in 
gland gelangen, und ob sie zweitens wirklich die 
zen, lühnen Helden der That besitzen, welche sie 
zu haben vorgeben. Doch lassen wir auch die 
uiworlung dieser Fragen noch dahingestellt, so 
ibt doch für Europa durch die Existenz und 
ung dieser Parteien ein bedeutendes Element 
Beunruhigung bestehen und die Dreistigkeit der 
dier und Hetzer dieser Parteien sorgt ja im 
igen auch dafür, daß Europa über gewisse 
gen nicht zur Tagesordnung übergehen kann. 
uns Deutsche gesellt sich noch zu dem Drucke 
t unsicheren, schwankenden Lage die Sorge um 
esundheitszustand unseres geliebten Kaisers 
iduch. Gotilod lauten ja jetzi die Nachrichten 
ndas Befinden des teueren Monarchen von Tag 
Lag hünstiget. Hoffen wir dat diese Zeichen 
mn als trügerische erweisen, daß Kaiser Fried⸗ 
dem Eintritt der besseren Jahreszeit Ge⸗ 
oder wenigstens Linderung seines Leidens 
— uns dieser starke Hort des Friedens 
theten! Das wäre uns allen die höchste 
zusspricht, mit großer Mehrheit ab. Hiermit ist 
ilso das Herrenhaus in enischiedenen Gegensatz zur 
logeordnetenkammer getreten und wenn letztere bei 
hren Beschlüssen beharrt, so ist das Schullasten⸗ 
sesetz gescheitert; doch erhält sich in „eingeweihten“ 
dreisen die Anaahme, daß sich die Conservativen 
es Abgeordnetenhäuses schließlich doch noch der 
Meinung des Herrenhauses über den Schulgeld⸗ 
aragraphen und über die Verfassungsänderung an⸗ 
dequemen werden. 
Ausland. 
Bern, 17. Mai. Die Anklagelammer des 
gundesgerichtes verwies den Commis Karl Schill, 
jen Buchdrucker Müller⸗Schmid und den Buch—⸗ 
jändler Festersen ⸗Mieg, alle in Basel, als Ver⸗ 
afser und Verbreiter des Fastnacht -Pamphletes 
„Vive la Prance“, wegen öffenilicher Beschimpfung 
der deutschen und elsaß⸗lothringischen Regierung 
vor die eidgenössischen Assisen, dagegen wird die 
trafrechtliche Verfolgung des Commis Norbert Hofer 
abgelehnt. 
Brussel, 17. Mai. Die Regierung plant 
ie Verstaatlichung der Lüttich-Limhurger Eisenbabn 
owie aller zu den Befestigungen an der Maas 
ührenden Eisenbahnen. 
In beiden Häusern des euglischen Par⸗ 
aments haben in den letzten Wochen lange 
debaiten über den Zustand der englischen Wehr⸗ 
nacht stattgefunden. Dieselben ließen erkennen, daß 
nan sich in allen englischen Parteien der Erkennt. 
uiß von der militärischen Schwäche Englands nicht 
zerschließt, aber mit allem Debattiren ist das Par⸗ 
ament der Losung der dringenden Frage, auf welche 
Weise England für einen großen europuischen Krieg 
ictionsfählg zu machen sei, nicht näher gekommen. 
MRan schlägt halbe Maßregeln vor, aber keine durch— 
zreifende Reformen. 
Dublin, 18. Mai. Ein Manifest der par⸗ 
iellitischen katholischen Deputirten bezeichnet die im 
Firkular des Papstes behaupteten Thatsachen als 
inbegründet. Das Manifest gesteht dem heiligen 
5tuhl die geistliche Jurisdiktion zu, erklärt aber 
ormell, die Iren könnten das Recht des heiligen 
Zztuhles, fich in die politische Angelegenheit Irlands 
inzumischen, nicht anerkennen. — 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
xSi. Ingbert, 19. Mai. Wie aus dem 
Inzeigetheil zu ersehen, wird die hiefige Bergkapelle 
mter Leitung ihres Kapellmeisterss Hrn. Engel 
norgen Nachmittag 224 Uhr in Beckers Biergarten 
in Concert veranstalten. Bei der bekannten, stets 
vachsenden Leistungsfähigkeit der Kapelle steht zu 
ꝛrvarten, daß der Besuch desselben zahlreich sein 
vird, zumal der Eintritispreis ein sehr niedriger 
st. Daß der „Hännes“ für körperliche Erfrischung 
ind Stärkung hinreichend gesorgt hat, versteht sich 
a bei ihm von selbst. 
St. Ingbert, 19. Mai. In der 8 
rorrespondenz vom letzten Dienstag war der Stiefel 
ils höchster Berg der Umgegend aufgeführt. Wir 
vurden von geschätzter Seite darauf aufmerksam 
jemacht, daß diese Angabe auf einem, hier wohl 
iemlich verbreiteten, Itrtum beruht. Der Stiefel 
esselt zwar durch seine kegelförmige Gestalt den 
zlick am meisten, er beherrscht eigentlich die Land⸗ 
chaft, seine Höhe aber steht der anderer Punkte 
voch nach. Nach den Angaben auf der bayerischen 
generalstaabskarte liegt der Hochscheid, der in der 
etreffenden Correspondenz erwähnte Punkt zwischen 
asseler und Oberwürzbacher Thal 415 Mir. über 
dem Spiegel der Nordsee. Es folgen der Rothen⸗ 
opf mit 414 Mir. Höhe, der Schafkopf mit 399 
Meter, der Stiefel mit 393 Mir., der Kahlenberg 
nit 384 Mir. Höhe. Dagegen erhebt sich der 
seuweiler nur zur Höhe von 346 Mir. Diese 
yestimmten Zahlenangaben dürften manche Erörter⸗ 
ing schließen, die durch das beregte Thema hier 
eranlaßt wurde. 
— In Pirmasens wird laut dem „A.“ 
nächsten Dienstag Abend eine Ministerialkommijsion 
intreffen, um das Nöthige zur Errichtung der vier⸗ 
ursigen Realschule daselbst zu veranlassen und die 
eschehenen Vorarbeiten zu prüfen. 
— Edenkoben, 18. Mai. Eine der ‚Gegenw.“ 
us München zugegangene Mittheilung besagt, daß 
SZe. Kgl. Hoheit der Prinz⸗Regent gelegentlich des 
5zẽãmpfanges eines pfälzischen Beamten geäußert 
jabe, die Reise in die Pfalz werde wahrscheinlich 
n diesem Jahre unterbleiben müssen. Bestätigung 
dieser Nachricht bleibt abzuwarten. 
— Hochstätten, 16. Mai. Ein dieser 
Tage durch unser Dorf fahrender Beloci- 
edist erweckte so sehr die Aufmerksamkeit eines 
dundes, daß sich dieser das Monstrum etwas näher 
zetrachteten wollte. In mächtigen Sätzen verfolgte 
er es und tanzte dann mit wuͤtendem Gebell vor 
dem Rade her, so daß der Radfahrer gezwungen 
var, langsamer zu fahren. Als er nun das Bein 
vegstreckte, um den Hund zu vertreiben, faßte die⸗ 
er gleich zu und zog den Zeter und Mordio 
Schreienden zu Boden. Das eine Hosenbein hing 
n Fetzen herab, und würde der Hund noch nicht 
osgelassen haben, wenn nicht seine Herrin dazu 
jekommen wäre, welche das Geberden des Hundes 
jamit entschuldigte, er habe so noch nichts gesehen. 
der Befitzer des Hundes will sich nun ein Velociped 
aufen, um dem Hunde Anschauungsunterricht zu 
gjeben und ihm zu zeigen, daß man auch ohne 
remdes Zuthun leicht mit dem Boden in Berührung 
ommen kann. R. Pf B. 3.) 
— Dürkheim, 18. Mai. Die Restauration 
m Curgarten wurde Herrn Wirth F. Schüpphe 
bertragen. Herr Conditor J. Dülk wird gleich⸗ 
eitig dortselbsi ein Buffet errichten, in welchem u. 
I. Gefrorenes und sonstige einschlägige Artikel zur 
herabreichung gelangen. Beide Herren, seit jeher 
enommirt in ihrer Branche, geben die Gewähr, 
aß das die Curlocalitäͤten besuchende verehrl. Pu⸗ 
zlikum von auswärts und hier bestens bedient wer⸗ 
den wird. (D. A.) 
— Speyer, 16. Mai. Großes Aufsehen 
nachte heute hier das Gerücht, gegen den Direktor 
des Speyerer Wasserwerkes, Hrn. Louran, sei 
nerichtliche Unterfuchung wegen Veruntreuung in 
einem Amte eingeleitet und derselbe in Unter⸗ 
uchungshaft abgeführt worden. Ersteres wurde 
esiätigt durch die Erhebungen, die Amtsgericht und 
Fendarmerie auf dem Bureau des Wasserwerkes 
ind bei Geschäftzleuten vornahmen. Letzteres Ge⸗ 
ücht traf nicht zu, Herr Louran ist flüchtig. Dem 
gernehmen nach kieß er sich von einem hiesigen 
dutscher heute früh um 8 Uhr nach Friedrichsfeld 
'ahren, von wo er den Weg in die Schweiz ge— 
ommen haben soll. Herr Lindemann, Vertreter 
ꝛer hiesigen Wasserleitungsgesellschaft, die ihren 
Sitz in London hat, ist schon seit einigen Tagen 
—X 
zängt. Der Flüchtling läßt hier eine Frau mit 
z Kindern zurück. Uebermäßige Ansprüche an das 
ꝛeben scheinen (wie so häufig) die nachste Urfache 
es Zusammensiurzes zu sein. Zahlreiche hiesige 
Deutsches Reich. 
derlin, 18. Mai. Busllelin von heute Mor⸗ 
Vhr: Der Kaiser ist in den letzien Tagen 
u siederfrei gewesen; die Schlingbeschwerden ind 
nz geschwunden. Das llgemeinbefinden ist 
behriedigend daß der Kaiser einen großen Theil 
Neges im Fresen zubringt. Die Krafte neh- 
ru fchtlih zu die Absonderung if geringer. 
Vreußzen hai der parlamentarische 
—V 
woge hinein gewährt, ohne daß er jedoch zum 
nage gekommen wäre. Denn das Herrenhaus 
nte in seiner Mitwochssitzung nicht nur dem 
duse saner Commissechansthuich der Wiever 
eingung der vom Abgeerdnetenhause beschlossenen 
— schulgeldfreien Armenschulen zu, sondern 
— auch den 87 des Schullastengesetzes, 
nta nach der Fassung des Abgeordneten hauses 
Lendetung der Verfassung infolge des Gesetzes