jeden Zweck 8 Millionen mehr. Allerdings sei bei
der Einmündung des Kanals in Speyer eine stehende
Brücke nothwendig, wenigstens sei diese in dem
Projekt erwähnt. (Sp. Zig.)
— Speyer, 11. Juni. Inhaltlich höchster
Entschließung des Kgl. Staatsministeriums des
Innern vom 19. vor. Mis. ist nunmehr für den
Regierungsbezirk der Pfalz ein eigener Vertrauens⸗
mannsbezirk der Tiefbau-Berufsgenossenschaft neu
gebildet worden und wurde fr denselben als Ver⸗
rauensmann Viltor Linz, Vorstand des Straßen⸗
und Flußbauamtes Speyer, als Stiellvertreter der
Assessor desselben Amtes, A. Gleizes durch den
Vorfiand der Tiefbau⸗Berufsqgenossenschaft gewählt.
Pfälzisches Schwurgericht.
2. Quartal 1888.
Zweibrücken, 11. Juni. Die zweite
Schwurgerichtssession wurde von dem Vorsitzenden,
Herrn k. Oberlandesgerichtsrat Scher rer mit einer
Änsprache an die Herrn Geschworenen um acht Uhr
heute eroffnet. 2
Als erster Fall kam zur Verhandlung: Jakob
Handwerker, 38 Jahre alt, led. Dienstknecht
von Gräfenhausen, zuletzt in Siebeldingen
in Diensten, angeklagt der Körperverletzung mit
nachgefolgtem Tode. — —
Der Gerichtshof besteht aus den HH. k. Ober⸗
landesgerichtsrot Scherer als Vorsitzender, den kgl.
dandgerichtsräten Gugel und Bruch, kgl. Sekretär
Wagner als Gerichtschreiber.
Staatsbehörde: Meier, 3. St. A., Vertheidiger:
—XEXVX
Als Geschworene fungiren folgende 12 Herrn:
Hoffmann, Krehbiehl, Exter, Simon, Hoͤfle, Becken⸗
haupt, Sauerbrunn, Weber, Eisele, Schickendanz,
Kuhn, Weidmann.
Der Angeklagte, der am 2. April ds. Jahres
(Ostermontagh, nachdem er betrunken von einem
Ausfluge von Landau zurückgekehrt war, in die
Ellermann'sche Wirthschaft in Siebeldingen ge—
kommen, hatte dort Streit begonnen und sich
nach einigen Zurechtweisungen auf den Heim—
weg gemacht. Einige Schritte hinter ihm
gingen der Tagner Weidenbach und ein an—
derer Einwohner von Siebeldingen. Als dieselben
gleich, wie der Angeklagte, von der Staatsstraße
ab in den sogen. Canalweg einbogen, drohte
dieser, es sollte ihm nur keiner nachkommen und
nach einigem Hin- und Herreden versetzte er ohne
jeglichen weitern Anlaß dem Weidenbach einen mit
großer Wucht ausgeführten Stich in die Brust, der
den alsbald eingetretenen Tod desselben veranlaßte.
Das Messer drang bis zu einer Tiefe von 8 Cim
ein und traf die aus dem Herzen zur Lunge füh
rende Schlagader.
Noch an demselben Abend wurde Handwerker
von Ortsangehörigen an einer Brücke schlafend
gefunden, festgenommen und erklärte anderntags, wie
auch heute auf Vorhalt, daß er sich an gar nichts
erinnere, daß er von seinem ganzen Tun und
Treiben in der zweiten Hälfte jenes Nachmittags
und besonders von seiner Tat gar nichts mehr
wisse. —
Wdr k. Staatsbehörde führte aus, der Ange⸗
klagte habe die Tat mit solcher Roheit begangen,
er genieße überhaupt einen solch' getrübten Leu—
mund, daß, nachdem er ja die Tat selbst zugestehe,
kein Grund vorhanden sei, mildernde Umstände
anzunehmen.
Die Verteidigung suchte dagegen nachzuweisen,
daß es nach den die That begleitenden Umständen
recht wohl denkbar und als erwiesen anzunehmen sei,
daßHandwerker wirklich in einem Zustande von
Bewußtlosigkeit, infolge hochgradiger Trunkenheit,
gehan delt, daß dadurch seine freie Willensbestimmung
ausgeschlossen sei und also gemäüß 8 51Str. G.⸗B.
eine strafbare Handlung nicht vorläge, weshalb
Freisprechnng zu erfolgen hätte.
Für den Fall der Bejahung der Schuldfrage
beantragte der Verteidiger die Annahme mildernder
Umstände, die durch die Trunkenheit und hoch⸗
gradige Erregung des Angeklagten z. Z. der Tat
gegeben seien.
Nach stattgehabter Beratung verkündete alsdann
der Obmann der Geschworenen, Herr Exter, den
Spruch derselben, welcher die Schuldfrage bejahte
und die Frage nach mildernden Umstaänden ver⸗
neinte, worauf der Schwurgerichtshof den Ange⸗
klagten zu einer Zuchthausstrafe von 6 Jahren ver⸗
urteilte, unter Aberkennung der bürgerlichen Ehren⸗
rechte auf die Dauer von 6 Jahren.
Vermischtes.
Von der Saar. Wenn Ackersleute ein
Stück Vieh an einen Handelsmann verkauft haben
bekommen sie öfters von Letzterem innerhalb der
Garantiefrist die Nachricht, daß das Vieh nach einem
ziemlich entfernten Orte gekommen und dort ge⸗
fährlich erkrankt sei. Gewöhnlich ist hiermit die
Aufforderung zu einer gütlichen Einigung über den
Schaden verbunden. Der Verein gegen Wucher
im Saargebiet hat mehrfach in solchen Fällen dem
dandmann gerathen, sogleich nach dem Orte zu
reisen, wo das Vieh steht, und sich dort unter der
Hand nach dem Zustande desselben zu erkundigen.
Es zeigte sich dann meist, daß die Krankheit sehr
ubertrieben und eine Einigung gar nicht erforderlich
war. Die Befolgung dieses Rathes hat daher
chon manchem Landwirthe Weitläufigkeiten erspart
F München, 10. Juni. Prinz Rupprecht ist
nus Spanien Samstag mittags um 1 Uhr 88
Min. mit dem Orient⸗Expreßzuge über Paris wieder
hier eingetroffen.
Muünchen, 10. Juni. Zu den mancherlei
Festlichkeiten, welche waährend dieses Sommers in
München abgehalten werden, kommt auch das
Jubiläumsschießen. Bei demselben werden
im Interesse der Sicherheit als Zieler, Warner ꝛc
nur Militärs verwendet, welche pro Tag eine
Gratifikation von 4 M. erhalten.
F Munchen. Der hiesige Haus⸗ und Grund⸗
besitzerberein hatte bekanntlich s. Zt. an die Kammer
der Abgeordneten eine Petition um Abänderung
des Haussteuergesetzes gerichtet, welche nach Beschluß
der Abgeordnetenkammer der kgl. Staatsregierung
zur Kenntnißnahme hinübergegeben wurde. Der
Brund- und Hausbesitzer⸗Verein wird auf die an
zeregte Frage zur rechten Zeit wieder zurückkommen,
da seiner Ansicht nach die kgl. Staatsregierung
vohl nicht wird umhin können, den Wegfall der
Besteuerung von leeren Wohnungen und Mieths
zusfällen in ernste Erwägung zu ziehen. Für die
m den Kammervberhandlungen erwähnte Einführung
einer allgemeinen Einkommensteuer kann sich der
Grund⸗ und Hausbesitzerverein nicht begeistern; die
selbe hätte zu den bestehenden nur noch eine an—
dere Steuer gebracht und damit zur alten Unge—
rechtigkeit eine neue zugefügt. — Die Centenarfeier
für König Ludwig J. wird nicht nur in Mün—
hen, sondern in ganz Bayern als ein Ehrenfess
begangen, weßhalb das Central⸗-⸗Komiiee an die be—
rreffenden Ministerien die Bitte richtet, daß an den
beiden Festtagen (9. und 10. Juli) die sämtlichen
Schulen geschlossen bleiben und daß an den Ge—
richten, auch dei den Schwurgerichten, keinerle'
Perhandlungen abgehalten dürfen.
F München. Die Frequenz der Kgl. tech
aischen Hochschule beträgt im laufenden Sommer
Semester 691, nemlich 423 Siudirende, 88 Zu—
hörer und 180 Hospitanten. Bei der allgemeinen
Abteilung find eingeschrieben 172, bei der Jagenieur⸗
Abteilung 82, bei der Hochbau Abteilung 91, bei
der mechanischetechnischen 200, bei der chemisch⸗
sechnischen 118 und bei der landwirtschaftlichen
Abteilung 28 Zuhörer. Der Nationalität nach ge—
höcen an: Bayern 370, dem übrigen Deutscher
Reiche 152, dem Auslande 169 und zwar; Oester⸗
reiche Ungarn 43, Rußland 38, Rumänien 7, Ser
hien 12, Bulgarien 6, Türkei 2, Griechenland 8
Italien 9, Schweiz 25, Holland 2, Luxemburg 8
Broßbritannien 8, Norwegen 1, Nordamerika 7 und
Südamerika 2. Unter den 180 Hospitanten be—
inden sich: 73 Studirende der Universität und 48
A—
Offiziere, 28 Techniker, 7 Chemiker, 2 Pharmazeuten
1 Geistlicher, 7 Lehrer, 3 Künstler und Kunsteleven
5Kaufleute und 7 unbestimmten Berufes.
Aus Thuüringen. Dieser Tage hatte
die Meininger Garnison in verschiedenen Lokalen
Festball zur Nachfeier des Geburtstages des Herzogs
von Meiningen. Einen Soldaten, der auf Wach
bei dem Zuchthaus Untermaßfeld sich befand, er⸗
zriff das Weh darüber, dieser Festlichkeit nicht
beiwohnen zu können, dermaßen, daß er fich mit
einem Dienstgewehr erschöß.
FErlebnisseeines Sprachteinigers
Vor einiger Zeit fuhr ich auf der Bahn von Dieten⸗
dorf nach Arnstadt und hatte die Freude, im Zuge
den als großen Jäger, vorltrefflichen Wirth und
hochverdienten Schrachreiniger bekannten Herrn O.
M., Herbergsvater zur „goldenen Henne“ in Arn—
qtadt, begrüßen zu können. Ich sage hochverdienten
—XXV
Bote“ sang vor drei Jahren sein Lob. Wir spra⸗
chen über Jagd, sein Lieblingsgeshroe
ner tritt ein: „Meine nt dut
er wendet sich auch an meinen de
Habe ich Ihr Billet schon — 5
erwiderte ruhig der Herbergsvater 9
Billet.“ Der Schaffner ist ee wa
Ihnen ein, ohne Billet zu fahren 63
Sie dazu?“ Mit der größten —* lm
ihm der Angeredete, er möge sich doh bide
und den Vorfall ruhig dem Vn whi
„Gut“ sagte der Schaffner, „ich mn
Herrn Inspeltor prompt denunziren. —
n fich ler Uebelihäler ain Dun ahn
und war begierig zu erfahren, wie die d w
würde. Auf dem Bahnhofe angeonee
er dem Herrn Inspektor denunzirt. e
einem Kuͤpee zweiler Klasse ohne Bihe
worden, mein Herr!“ So beginnt daß F
„Ich muß Sie in Strafe nehmen.“ c
Sie, Herr Vorsteher, ich kaufte mir in Ie
eine Fahrkarte für einen Plazz in einer *
weiter Ordnung und glaube damit allen *
Bahn gestellten Anordnungen Genüge 9
zu haben; hier ist meine —
varum haben Sie denn dieselbe nicht gleih
Schaffner gegeben? Er hat doch nach ihren
zefragt?“ „Sehen Sie, werther Hem vin
jeher, die Sache verhält sich so: ich i
Deutscher, und weder Sie, noch der Shh
können mir zumuthen, daß ich halb Deutsth
halb Französisch rede!“ „Ach sol na jn
Folge muß ich aber doch bitten, dem Sqhn
das Billet zum Kupiren auszuhändigen.“ 4
mir leid, ich werde nur Fahrkarten kaufen
solche aushändigen. Leben Sie wohl.“ Di
Braunschweig erscheinende Zeitschrift des Alhhene
deutschen Sprachvereins, der wir diese kleine
schichte entnehmen, knüpft an dieselbe folgende
merkung: Ja, wird mancher Leser sagen,
zeht doch zu weit, man wird vielleicht soga
Wort „lächerlich“ gebrauchen. Nun wollen:
aber die Sache einmal bei Lichte detrachten.
haben gesehen, daß mein Reisegefährte für jedes din
wort einen richtigen deutschen Ausdrucd gehabt
Was würden wir sagen, wenn ein franzöh
Schaffner uns in Frankreich anreden w
Vos Farscheines, il me faut les absehneid
Deshalb fort mit den überflüssigen Fremdwt
Berlin, 8. Juni. Der Magisin
schloß zur Zentenarfeier Ludwig J. nach Ni
2 Deputirte zu entsenden und wird hierbon
Stadtverordneten Kenntnis gegeben.
Auf dem bebvorstehenden Aerztett
soll, wie gemeldet, die Frage der geschlichen du
ung des Geheimmifttelunwesens bar
werden. Die vom Geschäftsausschuß einge
stommission hat nunmehr der „D. Med— Wihh
sufolge folgende Thesen aufgeftellt: 1) Des
iche Ankündigen und Anpreisen von Geheimnin
it auch wenn deren Fusammensetzung belam—
zu verbieten. — 2) Der Verkauf —X
heimmittel außerhalb der Apotheken sollte non
andiger eingeschtänkt werden, als es bis jrht
die kaiserliche Verordnung vom 4. Januat!
geschehen ist. — 8) Es sind unzwedennn
simmoungen zu erlasfen, dahin gehend. daß de
imnminlhandel ian hefehlichen “Schranlen ghu
derde. Iiy Es ist nothwendig, diese Bestimmu—
auch auf den Großhandel mit Geheimwimneln
zudehnen.
F Berlin. Als die Arbeiterinnenbem
1884 in Verlin anf ibrer Höͤhe sand gu
Frau in den Vordergrund, die bereits 187 .
Zeit von Johann Most, viel von sich reden g
datte; Frau Flotemine Cantius. Diefelbe wn
ireue Udjuiamin von Frau Dr. Hofmam,
Zuillaume⸗Schack, sagte sich aber später
selben los und gründete einen eigenen
dem „Grafinnen und Doctorinnen p
sollten. Frau Camus hatte eine gute
heredsamkeit und fand anfangs viele m
Zuhbrerinnen, wenn sie in grellen Farben j
der Raherinnen schilderte. Als sie abet nun
uch gegen die staatichen Einrichtungen zu
Vmolz der Kreis der Besfucherinnen sehr zuß *
die Arbeiterinnenvereine wurden aufgelon
Fantius Ehe wurde heschieden und nun un
socialdemotratische Worifuͤhrerin mit ihren *
fich nach Amerika begeben, um sich *8
Heimat zu gründen. Von den anderen gun
der Arbeiterinnenbewegung dringt nur sel 9T
in die Ocffentlichkeit. Frau Dr. Hofman
p
ẽ
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