Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
gugoerter Anzeiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn · und Feiertage. D mel wochentlich mit Unterhaltungs ⸗ Blatt und Freitags und Samstags mit acht 
“ — Zrnge Dar Silan soster vierleijahrlich 1A Gd einschlie lich Trägerlohn; durch die Post bezogen ⸗ 75 4, einschließlich 3 gt 
ng egebuͤbr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 bei außerpfalzischen und soichen auf welche die Expedition 
Ausluns eribeiit. ib 4. Neklamen 80 3. Bei 4maliger Einruung wird nur dreimalige berechnet. 
DHõo. 
Donnerstag 14. Juni 1888. 
— 233 Jahrg. 
Deutsches Reich. 
ziraßburg⸗ 12. Juni. Wie das Irf. J. 
wenassiger Quelle erfährt. ist an der ganzen 
hchte uber die jüngste Grenzverletzung kein 
Wori. Die Behauptung des Progros 
ie daß der Bahnwärterin von Saint⸗Ail 
Aufforderung zur Vernehmung von der deut— 
en deborde zugegangen sei, ist eine niederträchtige 
zür die Pfalz zu siellen, und soll fich derselbe 
nicht ablehnend verhalten. — 
— Speyer, 12. Juni. Heute früh wurde 
durch den die Strecke begehenden Babnwart 
auf der Linie nach Schifferstadt am Waldsaum die 
oollständig verstümmelte Leiche des hier bei dem 
Schneidermeister Götz in Arbeit stehenden 16jahrigen 
heier Ritter von Schwetzingen gefunden. Der 
dopf ist vom Rumpfe getrennt und es scheint, daß 
der Unglückliche in selbstmörderischer Absicht sich 
yon dem gestern Abend eingetroffenen letzten Zuge 
iberfahren ließ. 
Ausder Pfalz. Dem Vernehmen 
aach veranstaltet das kgl. Kultusministerium zur 
Zeit eine Erhebung darüber, für welche Unterrichts⸗ 
jegenstände an den Volksschulen Hilfsbücher zuge⸗ 
assen werden sollen. Anlaß zu dieser Untersuch⸗ 
ing gab der Umstand, daß die Anschauungen der 
Zchulbehörden und der von denselben vernommenen 
Fachmänner über die Frage des Bedürfnisses nach 
Jehrbüchern sehr erheblich auseinander gehen. Die 
inen wollen den Gebrauch von Hilfsbüchern neben 
dem Lesebuch, dem Katechismus und der biblischen 
Beschichte nahezu vollständig ausschließen, die an⸗ 
deren dagegen empfehlen fast für jeden Unterrichts⸗ 
zegenstand ein besonderes Lehr⸗e oder Uebungsbuch 
(Zw. 3) 
Pfalzisches Schwurgericht. 
2. Quartal 1888. 
2 Zweibrücken, 18. Juni. (II. Fall.) Be⸗ 
ginn Vormittags 8 Uhr. 
Angeklagt: Franz Stuck, 23. J. a., 
ed. Tagner, geb. zu Philippsburg, zuletzt in Lud⸗ 
wigshafen wegen Raubversuchs, verüdt unter er⸗ 
schwerenden Umständen gem. 88 249 in Verb. mit 
250 3. 1 und 3 Str.G.⸗B. 
Der Gerichtshof besteht aus den HH.: 
Scherrer, k. O⸗L.G.⸗R. als Vorsitzender, k. 
dandgerichtsräte Bauer u. Bruch, k. Sekretaͤr 
Wagner als Gerichtschreiber. Staatsbe- 
hörde: Meier, III. St. A. Berteidiger 
—XVV 
Als Geschworne fungiren folgende HH.: Kohler, 
Zrehbiehl, Eisele, Schickendanz, Höfle, Weidmann, 
Simon, Weiß, Hoffmann, v. Hofenfels, Golsen, Kuhn. 
Das Ergebniß der heutigen Haupwerhandlung 
st im wesentlichen folgendes: Der Angellagte, ein 
jielfach vorbestrafter, schlecht beleumundeter Mensch, 
vurde am 23. Februar abhin aus dem Zuchthause 
daiserslautern nach 2* jaͤhriger Strafzeit entlassen 
ind begab sich nach Ludwigshafen, wo er früher 
n Arbeit stand. Nachdem er sich wenige Tage 
ungeblich arbeitsuchend hier herumgetrieben und 
vahrscheinlich seine geringen Baarmitliel verbraucht 
zatie, waf derselbe am Abend des 25. Febtuar in 
er Heß'schen Wirtschaft auf dem Hemshofe zu 
dudwigshafen mit dem Südfrüchtenhandler Wolf 
on Mannheim zusammen, der dorten seine Waaren 
amherziehend feil bot. Hier will der Angeklagte 
„on dem letztern einige freche Antworten bekommen 
und sich darüber geärgert haben. Ungefähr um 
i2 uhr Nachts ging dieser Wolf mit einem Be⸗ 
annten, einem gewissen Herold, in der Richtung 
nach Ludwigshafen, als plötzlich jemand aus der 
Dunkelheit auftauchte, dem Handler ins Gesicht 
schlug und wieder verschwand. Gleichzeitig gesellte 
sich Stuck zu den beiden, sagte das sei eine große 
Frechheit gewesen und er wolle Zeuge werden. 
Wolf ging nun in ein in det Nähe befindliches 
Fahnwaͤrterhäuschen und bat den Inwohner hier 
bleiben zu dürfen bis die Polizeipatrouille vom 
Hemshof nach Ludwigshafen gehe, um sich dieser 
inzuschließen. Herold trennte sich schon hier von 
tnen. Stuck redete nun dem Wolf zu, er solle 
nit ihm gehen, da passire ihm nichts, er habe auch 
inige 20 Mtk. bei sich. Auf Anraten des Bahn- 
varters ging Wolf auf diesen Vorschlag ein. Am 
Bahnhof Ludwigshafen angekommen, bemerkten sie 
in der Dunkelheit zwei Gestalten, deren weiterer 
Berbleib jedoch nicht konstatitt wurde. Wolf war 
— ein eigentümliches 
Benehmen zu bemerken, vollends als dieser ihn 
fragte, wie seine Geschäfte gingen und ob er kein 
Messer bei sich hätte. Damit man kein Geld bei 
hm vermute, klagte Wolf über seine geringen Er⸗ 
solge; auch trage er nie ein Messer bei sich. 
Jetzt — in der Nahe der Adlerapotheke, an 
der Eͤe der Ludwigs⸗ und Oggersheimerstraße, 
ganz nahe dem Polizeiwachtlokule — hieb der An⸗ 
jeklagte, wie Wolf auf seinen Eid bezeugt, wahr⸗ 
cheiniich mit einem geschlossenen Messer diesem 
inigemale auf den Kopf und machte sich an die 
Antersuchung der beiden fremden Hosentaschen. Auf 
den Hilferuf des Wolf kamen Schutzleute, vor denen 
edoch Stuck mit Erfolg die Flucht ergriff. Noch 
in der nämlichen Nacht erzählte er seinem Genossen 
Rappert, daß er einen gehauen und durchsucht, aber 
kein Geld gefunden habe. 
Anfangs leugnete der Angeklagte alles, gestand 
dann immer etwas mehr zu und behauptet heute: 
es sei alles richtig, nur habe er nicht einen Roaub 
—XVV die Taschen 
gelangi, sondern er habe diesen blos hauen wollen, 
da er auf dem Hemsdhofe ihn geargert habe. Die 
Aeußerung, von der Rappert berichte, habe er nicht 
getan. 
Die k. Staatsbehörde führt an, daß in Lud⸗ 
wigshafen in ganz erschreckender Weise solche Ver⸗ 
brechen mit groͤßter Frechheit auf den Straßzen ver⸗ 
ubt werden, fast unmittelbar vor dem Polizeilokale, 
daß der Angeklagte ein ganz sicherheitsgefährlicher 
Mensch sei, dem die Zuchthausverwaltung das 
chlimmste Zeugniß und die Erwartung baldigen 
Wiedersehens mit auf den Weg gegeben habe. Durch 
die eidlichen Aussagen sei die Anklage vollständig 
hegründet und müsse die Schuldfrage bejaht werden. 
Die Vertheidigung haite zunachst eine weitere 
Frage auf Körperverletzung mittels gefährlichen 
Werkzeugs gestellt. Sie gibt zu, daß der Ange- 
tlagte den Wolf mit Absicht begleitet habe, um ihn 
durchzuprugeln, beitreitet jedoch die Absicht der Be— 
raubung, die durch die Aussage der Zeugen nicht 
nachgewiesen sei. 
Nach statigehabter Beratung bejahten die Ge⸗ 
schwornen die Schuldfrage, wegen Raubversuchs, 
inler Verneinung der Frage nach mildernden Um⸗ 
stünden, worauf das Schwuͤrgericht den Angeklagten 
zu einer Zuchthausstrafe von vier Jahren verur⸗ 
jeilte, unter Aberkennung der bürgerlichen Ehren⸗ 
rechte auf die Dauer don fünf Jahren und die 
Zulässigkeit der Stellung unter Polizeiaufsicht 
aussprach. 
Schluß der Verhandlung: 184 Uhr. 
w ·vmischtee. 
4Gesandtschaften.) Nach dem Stande 
dom 1. Juni unterhält Bayern Gesandtschaften in 
folgenden Staaten; Baden, Belgien, Frankreich, 
Ddessen, Italien, Oesterreich Preußen, Rußland, 
aͤgr. Sachsen, Schweiz, Wurttemberag und beim 
Paͤpstl. Stuhl. 
Zerlin, 12. Juni. Nach den neuesten den 
snigen Blättern aus Pots dam zugehenden 
achrichten haben die Schlingbeschwerden des Kaisers 
daufe des Vormittags etwas nachgelassen. Ge⸗ 
gentlich der heutigen Consultation ist die Canüle 
oihseit worden. Rach der Consultation sollen 
Vetzte die Möglichkeit einer künstlichen Ernäh⸗ 
ing in Erwägung gezogen haben. 
Zerlin, 13. Juni. Der König von Schwe ⸗ 
n gedenkt um 1193 Uhr seinen Besuch bei den 
Aesiaten in Friedrichskron abzustatten und um —1 
lir der Einladung des Kronprinzenpaares im 
sormworpalais zu entsprechen. Nachmittags wird 
a König den Fürsten Bismarch besuchen. 
Potsdam, 18. Juni. Bulletin. Bei dem 
auser it nach guter Nacht das Athmen leicht 
ind tuhig. Die Ernährung geht leichter von 
zuten. Der Kräftezustand ist besser. 
Ausland. 
Nadrid, 18. Juni. Martinez Campos 
dieh an Sagasta, daß, wenn sein Demissionsge⸗ 
ich nicht angenommen werde, er das Commando 
n Madrid dem nächst unter ihm diensthabenden 
Ricier übertragen werde. Dieser Brief hat die 
isterkisis beschleunigt. Das Cabinet hielt eine 
kihung, welche his 2 Uhr Nachts dauerte. Man 
ummt an, daß bei Eröffnung der heutigen Kam⸗ 
nerstzung die Regierung die Krifis ankündigen und 
die Kammerfitzungen bis zur Bildung eines neuen 
babinetz aufheben wird. Die Demission Martinez 
damboß wurde angenommen. 
Lolale und pfaͤlzische Nachrichten. 
56846. In ghert, 14. Juni. Einem längst gefühl⸗ 
n Bodurfnisse foll demnachst abgeholfen werden. Wie 
dit nämlich von beteiligter Seite vernommen, soll 
hu Idt von Ensheim mit einem Engländer 
7— Herstellung einer Straszenbahn von hier 
n Eusheinm übereingekommen sein. Cs handelt 
we hauptsächlich um den Güterverkehr, doch soll 
* zin Personenwagen eingestellt werden und so 
vier mal Fahrgelegenheit nach Ensheim und 
gegeben sein. Mit der Herstellung der Bahn 
daldigst begonnen werden. 
ge J t. Ing bert, 14. Juni. (Waldparthie.) 
V es wiederholt eingetretenen Regenwetters mußte 
* usik abbestellt und die Waldparthie abermals 
m coben werden. Das Statifinden derselben 
—XV in diesem Blatte bekannt gegeben. 
net eee 14. Juni.Kaufmann Jseh. Dreßler 
in heute morgen auf dem Speicher eines 
ane drei junge Edelmarder. Dieselben sind 
iene ca. 6 Wochen alt und einstweilen 
8 — untergebracht. Wahrscheinlich 
n aubzeug durch die Tauben, welche auf 
p Speicher ihren Schlag haben, an⸗ 
ppinmasens 12. Juni. Wie der „P. 
— 9— Herr kgl. Bezirksamisassessor und 
* 8* geordneter Stobaus ersucht werden, in 
ir —* Landtagssesfion einen Antrag auf Erlaß 
edürfnis entsprechenden Bauordnung