Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Et berter Anzeiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage.8 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗Blatt und Freitags und Samstags mit acht 
— —2 Doß Bian loster vierleljahrlich 1A G6d ¶einschlie důch Tragerlohn; durch die Post bezogen IA 75 8, einschließlid 40 ⸗ Zustellungsgebühr. Die 
Ditiger ungogebühr für die Lgespaltene Garmondzeile vder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfaln 10 ,bei außerpfalzischen und soichen auf welche die Expedition 
—* Austumt eaikeiu. ixä .eklamen 30 3. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
eBe. 
Deutsches Reich. 
Müuͤnchen, 16. Juni. Die „Allgem. Zig.“ 
eldet, der Prinzregent habe Mittheilung erhalten, 
Veisetzung solle Montags ganz in der Stille 
jolgen; deshalb ordnete derselbe nur die comman⸗ 
nden Generale von Orff und Prinz Leopold 
Beisetzungsfeier ab. Ein Armeebefehl besagt, 
werde eine vierwöchige Arme⸗trauer in der 
eitzeugung angeordnet, daß die ehrende Erinner⸗ 
—XL glorreiche Commandoführung des er⸗ 
hien Verstorbenen während des Feldzuges 
57071 in der Armee fortlehen werde. Die 
digin-⸗Mutter sandte einen Lorbeerkranz. 
Müuͤnchen, 26. Juni. Der Prinz⸗Regent 
iducte eine sechswöchentliche Hoftrauer an. Alle 
jenllichen Lusibarkeiten sind im gesammten Bayern 
jur Beisetzung der Leiche des Kaisers Friedrich 
iagesteltt. Fur die Armee ist eine vierwöchentliche, 
it das Ulanenregiment Kaiser Friedrich und die 
n Reichsland liegenden Truppen, wie für die 
reuhischen Truppen, eine sechswöchentliche Trauer 
ohlen. Allgemeine kirchliche Trauerfeier am Bei⸗ 
chumgstage, sowie Schultrauer werden Samstag 
utfinden. 
München, 16. Juni. Die gestern bereits 
eer die Beteiligung des Prinzen Ludwig an der 
heisehung des Kaisers Friedrich in Pots⸗ 
zam getroffenen Dispositionen sind soeben auf tele⸗ 
naphische und briefliche Berichte des bayerischen 
Hesandten abgeändert worden. Der Kaiser hat 
„zwillig verfügt, daß von allen Repräsentationen 
iemder Fürsten abgesehen werden soll. Infolge 
asen gehen nur die Korpskommandanten Prinz 
Lopold und von Orff nach Berlin. Außerdem 
eht eine Deputation des Regiments, dessen Inhaber 
vr Kaiser wat. Jede weitere Vertretung unter⸗ 
„eidt. Die Stadt München sendet einen pracht⸗ 
olen Lorbeerkrarz; die Schleife daran in den 
vundtfarhen trägt die Inschrift: „Dem kaiserlichen 
dulder, die trauernde Stadt München.“ 
Die Centennarfeier zum Gedächtniß an 
nig Ludwig J. ist aus Anlaß des Ablebens 
yw deutschen Kaifers Friedrich auf die drei letzten 
uge des Monats Jus verschoben worden. 
Baden Baden, 16. Juni. Die Kaiserin⸗ 
uutter und die großherzoglichen Herrschaften find 
den nach Potsdam abgereist. Dieselben kehren 
der Beisetzungsfeier wieder hierher zurück. 
hgroßherzogliche Paar reist um 6 Ubr 20 
inuten ab. 
Berlin, 16. Juni. Kaiser Wilhelm II. er- 
einen Armeebefehl, ind em es u. A. heißt: Die 
dusicht. mit welcher Ich an die Stelle trete, in 
gnt Gottes Wille beruft, ist unerschütterlich 
d Ich weiß, welchen Sinn für Ehre und 
9* eine glorreichen Vorfahren in der Armet 
nn haben, und Ich weiß, in wie hohem Maße 
Idenr Sim immer und zu allen Zeiten be—⸗ 
. “re In der Armee ist die feste underbrüch⸗ 
he ugehdrigkeit zum Kriegsherrn das Erbe, 
4* dom Vater auf den Sohn, von Generation 
— hmep geht. So gehören wir zusammen, 
3 ade Armee, so sind wir für einander geboren 
re ollen wir unauflöslich fest zusammenhalten, 
Apeisd Gottes Wille Friede oder 
7 In ein. Ihr werdet Mir jetzt den Eid 
und des Gehorsams schwören — und 
* stets dessen eingedenk zu sein, daß die 
n einer Vorfahren aus jener Welt auf Mich 
sehen und dok Ich ihnen dermaleinsi 
Montag 18. Juni 1888. 
23. Jahrg 
Rechenschaft über den Ruhm und die Ehre der 
Armee abzulegen haben werde. 
Der Erlaß an die Marine schließt folgender⸗ 
naßen: Die Marine weiß, daß es Mich nicht nur 
nit großer Freude erfüllt hat, ihr durch ein äußeres 
Band anzugehören, sondern daß Mich seit 
rühester Jugend mit Meinem lieben Bruder, dem 
Prinzen Heinrich von Preußen, ein lebhaftes und 
warmes Interesse mit ihr verbindet. — Ich habe 
den hohen Sinn für Ehre und für treue Pflichter⸗ 
sllung kennen gelernt, der in der Marine lebt, 
Ich weiß, daß Jeder bereit ist, mit seinem Leben 
reudig für die Ehre der deutschen Flagge einzu⸗ 
tehen, wo immer es sei. — Und so kann ich es 
n dieser ernsten Stunde mit voller Zuverficht aus⸗ 
prechen, daß wir fest und sicher zusammenstehen 
verden in guten und in boͤsen Tagen, im Sturm 
vie im Sonnenschein, immer eingedenk des Ruhmes 
des deutschen Vaterlandes und immer bereit, das 
as Herzblut für die Ehre der deutschen Flagge zu 
jeben. — Bei solchem Streben wird Gottes Segen 
nit uns sein. 
Berlin, 16. Juni. Gestern Nachmittag 
vurde die Einbalsamirung der Leiche des Kaisers 
zurch Herrn Wickersheimer selbst vorgenommen und 
war in folgender Weise: Nach Freilegung einer 
zroßen Halsschlagader ward mittelst eines Irriga⸗ 
ors die Wickersheimer'sche Leichenconservirungs⸗ 
lüssigkeit eingeflößt. Es wurden circa 2 Liter der⸗ 
elben verwandt. Nach etwa einer halben Stunde 
var die Einbalsamirung beendet. Bis zum Mon⸗ 
ag wird Herr Wickersheimer sich täglich nach Schloß 
Friedrichskton hinausbegeben, um die Einbalsamir⸗ 
ing zu controliren. 
Die Aufbahrung hat heute Abend 6 Uhr statt⸗ 
gefunden. Die dazu nöthigen Vorbereitungen und 
Arrangements waren unter Anleitung Anton von 
Werner's vom Prinzen Heinrich und dessen Ge⸗ 
mahlin Irene getroffen. 
Kaiser Wilhelm U, wird vorläufig im Mar- 
morpalais zu Potsdam residiren. 
Berlin, 16. Juni. Die Kaiserin hatte am 
Donnerstag den Reichskanzler beim Kaiser gemeldet. 
Als der Kanzler eintrat, streckte ihm der Kaiser 
beide Hände entgegen, ergriff die Hand des Kanzlers, 
drückte sie lange und fest, winkte dann die Kaiserin 
heran und legte deren Hand in die des Kanzlers, 
heide dann warm pressend. Es war zugleich der 
Abschied, den der königliche Dulder von seinem 
anzler nahm, dieser hat ihn nicht mehr lebend ge⸗ 
sehen. 
Berlin, 16. Juni. Die Doctoren Mackenzie 
ind Hovell reisen am Mittwoch Abend im Gefolge 
des Prinzen von Wales ab. Dec Erstere erwartet 
n Vlissingen seine Familie, mit der er auf einige 
Wochen nach Norwegen geht. Der Kaiser und 
Fürst Bismarck sprachen gestern mit Mackenzie. 
Derfelbe wird einen medicinischen Bericht über die 
Krankheit des Kaisers erstatten. 
Potsdam, 16. Juni. Die Obduction der 
deiche des Kaisers Friedrich fand in den späten 
Nachmittagsstunden statt. Außer den behandelnden 
Aerzten waren zugegen Virchow und Waldeyer. 
Das Ergebniß war Krebs. 
Ausland. 
Pest, 16. Juni. Der Praäsident der öster⸗ 
reichischen Delegation berief für Montag eine Ple⸗ 
aarsitzung ein, worin eine Trauerkundgebung an⸗ 
aßlich des Todes des Kaisers Friedrich erfolgt. 
Die Sitzunga wird dann sofort geschlossen. 
Pest, 16. Juni. Alle Blätter sprechen in 
Frtra· Ausgaben ihr Beileid aus und zollen den 
Zerrschertugenden des heimgegangenen Kaiser— 
Friedrich ihre hohe Anerkennung Namens Ungarns, 
Jas nicht vergessen werde, daß Deutschlands ver- 
torbener Kaiser der Verbündete and intime Freund 
hres Königs gewesen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 18. Juni. Gestern Abend 
hjalb 9 Uhr veranstaltete der Kriegerberein im Ober 
Jauser'schen Saale eine würdige Todenfeier für 
hen höchstseligen Kaiser Friedrich. Auf der Bühne 
erhob sich auf einem mit Blumen und Fahnen ge⸗ 
chmackvoll geschmückten Aufbaue die Büste des un 
ergeßlichen Entschlafenen. Unter gedämpften 
Trommeischlag nahmen Fahnenträger mit der Fahn 
ind Trommler Aufstellung vor der Bühne, wäh— 
end die übrigen Mitglieder und das sehr zahlreichl 
erschienene Publikum sich von den Sitzen erhoben. 
derr Schlaudekker eröffnete die Feier mit dem 
Zlavierbvortrage eines Trauermarsches. Sodann 
hielt Herr Fischer, Vorstand des Kriegervereins, 
die Gedächtnißrede. Hierauf wurde ein sehr wirk 
ingsvoller Mannerchor vorgetragen, welchen Hert! 
Schlaudecker hier selbst gedichtet und komponirn 
hatie. Mit dem Commando Zum Gebet“ schloß 
die Feier. — Die Rede des Herrn Fischer müssen 
wir wegen Mangel an Raum auf Morgen zurüdk 
stellen. 
Am 16. Juni, Nachmittags 592 Uhr sandit 
der Vorstand im Namen des hiesigen Kriegervereins 
folgendes Telegramm an das Kaiserliche Hofmar - 
schallamt in Berlin: 
Der Kriegerverein Sanct Ingbert spricht Seimer 
Majestät Kaiser Wilhelm tiefinnerstes Beileid bei 
dem unersetzlichen Verluste, gleichzeitig aber auch 
unwandelbare Treue aus. 
Fischer, erster Vorstand. 
L. St. Ingbert, 18. Juni. Der heutt 
vormittags 11 Uhr in der prot. Kirche begangene 
Trauergottesdienst für unsern enschlafenen Kaisen 
Friedrich war so zahlreich besucht, daß auch der 
etzte Piatz besetzt war, ein Zeichen der großen 
diebe und Teilnahme fur den kriege und leider 
probten Fursten, dessen umflortes Bild, unter Pal 
men verborgen, vom Altare her die Eintretenden 
begrüßte. Das ganze Gotteshaus war, soweit 
die Kürze der Zeit erlaubte, zur Trauerfeier ge— 
rüstet; sein schonster Schmuck aber war die au⸗ 
ächtige, tiesbewegte Gemeinde. Hert. Pfarrer 
Ferckel gab den Gefühlen Ausdruck, die jetzt alle 
‚eutschen Herzen bewegen; die Textstelle Hosea 6, 
183 deuiete er als unsere Losung in schwerem 
deide: Kommt, wir wollen zum Herrn, 
daß wir uns beugen unter Seine Hand 
und daß wir uns aufrichten an Seinen 
dand! In zahlreichen historischen Zügen schil 
Ferte er das Werden, die Thaten, das Wesen und 
zie Persönlichkeit des geliebten Fürsten. Zwe 
chöne, zweistimmige Lieder der Schuljugend gaber 
vohlthuend und erhebend dem Ausdruck, was des 
Slaubens Trost und Hoffnung ist. Möge das 
Bild des mit achtem Geistesadel geschmückten Manne? 
imauslöschlich den Herzen eingeprägt bleiben und 
ie Liebe seines Volles ihm bis über's Grab er— 
jalten bleiben 
St. Ingbert, 18. Juni. Heute Morgen 
'and in der katholischen Pfarrkirche nach vorherge— 
jangenem Trauergeläute der Trauergottesdienst für 
insern höchstseligen Kaiser Friedrich statt. An der- 
Aben betheiligten sich die Herren Beamten, Lehrer