chmerzliche Nachricht zu vernehmen, wohl mag
Rancher den Tod des Kaisers als eine Erlosung
ür ihn, als eine Befreiung aus den leidensvollen
Fanden einer heimtückischen Krankheit betrachten,
Acin wie bei dem Tode Koaiser Wilhelm's alle
Welt, trotzdem sie angesichts des hohen Alters des
greisen Herrschers dieser Eventualität stets gewärtig
sein miißte, doch auf das tiefste erschüttert wurde,
so steht auch heute Alldeutschland und mit ihm die
ganze empfindende Menschheit tief bewegt und
schmerzvoll niedergebeugt an der Todenbahre des
zerklärten Dahingeschiedenen.
War es hei Kaiser Wilhelm, dem Siegreichen,
der Rückblick auf ein thatenreiches. von welterschüt⸗
sernden Ereignifsen begleitetes Leben und der Hin⸗
blic auf die Autorität der Person, welche jenem
craurigen Ereignisse eine so große Bedeutung ver⸗
lieh, so ist es heute in erster Linie das tiefe Mit
jeid und der aufrichtige Schmerz über das Schick⸗
ial eines Menschen, an dem sich die Bitterkeit des
debens in so grausamer Weise kundgab: Ein
reichbegabter Fürst, ein Held des Krieges und zu⸗
gleich ein Staatslenker, der das kostbarste Gut der
Zolker, den Frieden, zu wahren Willens ist, der
die Anschauungen einer neuen Zeit zur Geltung
zu bringen gedenkt, ein Regent, der zum Herrschen
geboren, angelangt auf der höchsten Stufe irdischer
Größe, Macht und Herrlichkeit, im Glanze der
Majesiät, Kaiser eines großen Reiches, das die
Achiung aller Nationen genießt, so also auf dem
Bipfelpunkt außeren Glücees stehend — ergriffen
don einer unheilbaren Krankheit, die unaufhaltsam
in der Lebenskraft ihres Opfers nagt, aller Kunst
der bedeutendsten Aerzte der Gegenwart spottend,
mit grausamster Hartnackigkeit und unersättlicher
Begierde das Leben des Leidenden Tag für Tag
derlürzend — wahrlich, ein Schauspiel, wie es sich
der ärgste Pessimismus nicht schwärzer und düsterer
hätte ausmalen können. Nie vielleicht ist die Ab⸗
hängigkeit aller anderen Guter, von dem einen
höchsten menschlichen Gute, der Gesundheit, so deut⸗
uͤch in das Licht getreten, als hier in der Leidens⸗
geschichte Kaiser Friedrichs.
Wie es grausam gegen den Verstorbenen, so
hat das Schichsal auch grausam gegen uns das
deutsche Voik, gehandelt, indem es einen Baum
hrach in seiner Blüthe, einen herrlichen Baum,
noch ehe wir die Früchte seiner Kraft genießen
fonnten. Große Hoffnungen werden mit Kaiser
Friedrich zu Grabe getragen. Ein kurzer Rückblick
schon auf seinen Lebenslauf zeigt, was ei uns war,
was er uns hätte werden können und was wir an
hm verloren haben!
Kaiser Friedrich wurde am 18. Oktober 1831,
dem Jahresiage der Volkerschlacht von Leipzig, im
neuen Palais zu Potsdam geboren. In der Taufe
Im 18. Nobember erhielt er die Namenl Friedrich
Wilhelm, Nicolaus, Karl. Schon mit dem fünften
Jahre begann man die Keime des Wissens in die
sunge Seele zu legen und unterrichtete ihn im
Schreiben, Deutschen, Rechnen, im Lateinischen,
Zeichnen und Malen. Auch mit dem militärischen
Trerzitium wurde er früh bekannt gemacht und von
Anteroffizier Bludau vom 2. Garde⸗Regiment ein⸗
exerzieri. Mit seinem 10. Geburtstage trat er als
Secondlieutenant in die Leib⸗ Compagnie des 1J.
Darde⸗Regimemts zu Fuß ein. Seinen weiteren
militärischen Unterricht leitete Oberst von Unruh,
seine erste wissenschaftliche Erziehung Prediger Godet
uind vom 13. Jahre ab Dr. Ernst Curtius, ein
Mann, der ihm auch im späteren Leben als Freund
und Rathgeber nahe stand. Nebst den körperlichen
Uebungen, als Reiten, Fechten, Turnen lernte der
Prinz, einem Brauche des Hohenzollernhauses ge-
maß, auch ein Handwerk und zwar die Schon⸗
Buchdruckerei.
Am 19. September 1848 wurde er in der
Schloßkapelle zu Charlottenburg durch den Ober⸗
hofprediger Dr. Ehrenberg confirmitti. Im Jahre
18149 erfolgte sein erstes Avancement, indem er
um Premierlieutenant ernannt urde, und an seinem
18. Geburlstage wurde er großjährig erklärt. Nun
bezog er die Universitat Bonn, wo er durch sein
freundliches, liebenswürdiges Wesen die Herzen
Aller gewann. Von Bonn aus besuchte er eine
Reihe der größeren deutschen Städte und machte
18851 mit seinen Eltern eine Reise nach England,
wo er zum ersten Male seine spätere Gattin, die
Prinzesfin Vicioria sah. Nach seiner Rückkehr er—
warteten ihn zwei militärische Auszeichnungen:
saiser Nicolaus von Rußland ernannte ihn zum
Fhet des russ Husaren⸗Regiments TIsum NMr. 11
und sein Oheim, Konig Friedrich Wilhelm IV.
heförderte ihn an seinem Geburtstage zum Haupt
mann.
Nach Beendigung seiner Studien in Bonn 1852
kehrte er nach Berlin zurück und übernahm die
Führung der 1. Compagnie im 1. Garde-Regimen⸗
zu Fuß. Im folgenden Jahre zum Major befoͤrdert,
machte er in Begleitung mehrerer militärischer
Dderren und des Hofpbautathes Strack eine Reise
iach Italien, welche viel zur Vermehrung seiner
ngeistigen Errungenschaften beitrug. Bis zum Jahre
858 sehen wir ihn, nachdem er die Kriegsschule
esucht und angestrengte militärische Dienstleistungen
jerrichtet hatte, als Oberst. Seine Verlobung mit
der Prinzessin Victoria von England fällt in den
derbst 1855, j doch wurde sie offiziell erst am 16.
Nai 1857 erklärt. 18537 mit der Führang der
rsten Gardeinfanteriebrigade beauftragt, nahm er
einen Wohnsitz in Breslau. Reisen nach Peters⸗
urg, London, Paris unterbrachen seine militärische
Thätigkeit.
188s begab sich der Prinz auf seine Hochzeits⸗
zeise nach England. Mit großer Pracht wurde am
25. Januar 1858 die Trauung des hohen Paares
n der Kapelle des St. James Palastes in London
jefeiert und ein Jahr später, am 27. Januar 1859
zielt der Prinz seinen Erstgeborenen in seinen
Armen. Den Titel als Generalmajor erhiet der
Zrinz am Morgen seines Vermäblungstages und
en Titel als „Kronprinz von Preußen“ nebst seinen
5rnennung zum Statthalter von Pommern am
fodestage seines königlichen Oheims, welchem sein
hater in der Regierung als Wilhelm J. folgte
Brinzessin Charlotte ward ihm am 24. Juli 1860
ind Prinz Heinrich am 14. Auguft 1862 geboren.
In diesen Jahren nahm der Kronprinz den regsten
ntheil an dem Aufdlühen der Gewerbe und
zünste. Seine ersten kriegerischen Erfahrungen
ammelte der Kronprinz in Schleswig 1864 und
vurde er für seine Betheiligung am Kriege zum com⸗
mandirenden General des 2. Armeeccorps ernannt
Im deutschen Kriege von 1866 wurde ihm die
Führung der 2. preußischen Armee übertragen.
thon Glatz und Neiße aus rückte er am 26. Juni
in Böhmen ein, siegte nach Durchschreitung der
gefahrvollen Gebirgspässe bei Nachod und Trautenau
im 28., bei Skalitz am 29. Juni und trug in
dem großen Entscheidungskampfe bei Konigsgrätz
zurch sein rechtzeitiges Erscheinen bei Chlum an
Mitiag des 3. Juli wesentlich zum Siege bei—
Abends 8 Uhr trafen der König und sein Sohn
auf dem Schlachfelde zusammen. Unter Umarm⸗
ungen und Küssen dankte der Vater dem treuen
Zohne und übergab ihm den Orden pour le mé-
te, den der Kronptinz unter Thranen annahm.
stach diesem siegreichen Kampfe bestand die kron
zrinzliche Armee noch die Gefechte von Tobitschau
m 17. Juli, den Vorstoß gegen Prerau und als
Schlußakt das blutige Gefecht bei Blumenau.
Der Jubel, welche in Berlin den Führern, be⸗
onders dem Kronprinzen und Prinz Fciedrich Kart
ntgegengebracht wurde, war ein gewaltiger. Die
ir“den Kronprinzen gehegte Verehrung steigerte sich
um Enthufiasmus. Wahrend des Krieges verlor
ie Kronprinzliche Familie den Prinzen Sigismund,
zeboren 1864, durch den Tod. Bis 1869 lebte der
dronprinz wieder neben seinen militärischen Pflichten
zer Kunsi und Wissenschaft und reiste sodann zur
xFröffnung des Suez⸗Kanals nach dem Orient.
Bei Ausbruch des deuisch · französischen Krieges
rhielt der Kronprinz den Oberbefehl über die dritte
Armee und damit über die süddeutschen Truppen.
durch seine gewinnende Liebenswürdigkeit, seine
iffene, biedere deutsche Hetzlichkeit hatte er bald die
Bemuther versöhnt und die Herzen der süddeutschen
grüder erobert. In München wurde ihm ein ge⸗
cadezu begeisterter Empfang bereitet. Eine Zeit
danger Erwartung folgte, bis die ersten Erfolge des
zroßen Krieges ihm zu Teil wurde. Unter seiner
Augen erfocht die driste Armee am 4. August einen
zlänzenden Sieg bei der Erstürmung von Weißen⸗
zucg und des Gaisberges und am 6. August bei
Wöcth durch die Vernichtung der Mac Mahon'schen
Armee. „Unser „Fritz', wie er vwach diesen
Schlachten von seinen Soldaten genannt wurde,
ücte am 16. August in Nancy ein. Das eiserne
dreuz zweiter Klafse wurde ihm nach Weißenburg
ind das der ersten Klasse nach Wörth als Lohn
u Teil. Am Ehrentag der deutschen Armee, am
3. September bei Sedan nahm er mit seiner Armet
ühmlichen Anteil. Die Gründung einer Invaliden—
stiftung für Deutschland war sein Werk
eines Aufruses vom 6. Septemberm ziß
Vor Paris kämpfte er am 9. u
reich bei Villeneuve und —E —
dann jm großen Hauptquartier zu —RV —M
empfing dort mit dem Prinzen Friedrich in Irau
28. October die Generalfeldmarschallswün il e die J
bis dahin einem Prinzen des regiaenee
noch nicht ertheilt worden war. Bei der — —J
proclamirung zu Versailles am 18. Jama tine seiner
küßte der Kronprinz zuerst seinem greisen
dem neuen deutschen Kaiser die Hand. adn
terzeichnung der Friedensbrälimingrien de
n Mirz 1871 Versaites und afendal du
in Berlin ein, wo er am 22. das Großkren
eisernen Kreuzes erhielt. Bei den ee ni
zügen der rückkehrenden Truppen in Berlin iunn
München ward er vom Volke mit Jubel be —
der sich bei seinen späteren Inspectionen
deutschen Armee stets ecneuerte. In der Reihem
Friedensjahren, welche hierauf folgten war erhi
der Vertreier des Kaisers sowie dessen Veglen
offiziellen Gelegenheiten. So war er i840
Wien dei Eröffnung der Weltausstellung, in Shh—
den und Norwegen bei Köͤnig Oscat Il. in
densborg bei der dänischen Königsfamilie, 19
bei König Victsr Emanuel in Neapel, 18780
dem Leichenbegängnisse Victor Emanuels in gun
nach dem Attentate 1878 vom Juni bis Dezenh
Leiter der Regierungsgeschäfte und 1881 in het
hurg bei dem Leichenbegängnisse Kaiser Alexunde
IV. von Rußland. Am Anfang des Jahres 19
feierte der Kronprinz seine silberne Hochzeit, vu
hm aus allen Theilen Deutschlands die winn
Sympathie entgegengebracht wurde.
Am 17. November 188 reiste er zum visn
des Königs Alfonso nach Madrid, wo ihm seln
der spanischen Bevölkerung in allen Orten de⸗
herührte, eine Reihe der glänzendsten Ovaliben
ntgegengebracht warde. Am 14. Dezember iehe
er von Spanien über Genua nach RWom zum 8
uche des Königs Humbert und des Papstes Leo AUl
weich letzterer Besuch bekanntlich das nachbelin
Aufsehen erregte.
Im Juni 1884 wurde der Kronprinz p
Prasidenten des Staatsrathes ernannt unde
Sommer des Jahres 1886 wohnte er det Fi
des Universitäts⸗Jubilaums in Heidelberg —X
mals machien sich die ersten Spuren seines schwen
Zeidens in einer chronischen Heiserkeit demelte
zu deren Heilung er den Herbst an det Rii
zubrachte.
Bei dem am 1. Januar 1887 in Vetln
feierten 80jährigen militärischen Diensiubldu
ind dem 90. Glburtsiage seines Vatets ate
er als Thronerbe an der Spitze der Mitgliede e
kaiserlichen Hauses und der Generale des drusthe
Heeres. Ende Mai vorigen Jahres ginge de
u Isten Nachrichten von dem ernsten Leiden des dan
vrinzen durch die Presse, welche allgemeine kup
ichkeiten hervorriefen. Leider hat sich diese J
eftaugi, denn die Krankheit hat sich zu eiun n
Jeilbaren herausgebildet. Trotz aller Anstrengurn
Jer berühmtesten Spezialisten der Welt, indß
Aufenthalte in Tyrol und in San Remo gen
es Keinem, Herr der Krankheit zu werden
die Trauerkunde vom Tode Kaiser Wiltenn
in Wetterstraht in die Ruhe von
stemo schlug, da zögerte der Kronprinz, nurn
daiser des deutschen Reiches keinen Augenbin
Anafeee ue Sudens mit der ws
aaeretut des Nordens zu vertauschen un
herwaisten Throne Besitz zu ergreifen. Be
neue Kaiser seinen Herrscherberuf auffaßte,
steht uns Allen noch lebhaft vor Augen.
Seine Trasse feine Kundgebungen, itt,
gierungshandlungen — fie athmen Alle den p
des Wohlwolleng, der Friedferligkeit und
Grsinnung. Deßhalb hatte er auch die Symhu
nicht nur Deutschlands, sondern der ganzen
firten Welt. ien
Jetzt ruht der Kaiser aus von aller 3
dehens und allen Beschwerden seines hohen d
Bis an sein Ende hat er die uͤbernommn
Ffuͤllt, welche ihin die Sorge um sein ge
Voil auflegie. Der sterbenden Hand er
das Scepter. za wahl
So leblte, litt und starb er als ein wan
Deld, als ein echter Hohenzoller. als
wie er des deutschen Reiches würdig —VJ
das erhabenste Beispiel eines gekroͤnten ͤr
wind sein Leben und Leiden allen Men
qa