Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Klingenmünster, 20. Juni. In der 
reis⸗Irrenanstalt befinden sich 8 Geisteskranke, 
denen Klingenmünster als Heimatsgemeinde ange—⸗ 
wiesen worden ist. Zusolge dessen sind dieselben 
auch steuerpflichtig in hiesiger Gemeinde und daß 
letztere hierbei kein schlechtes Geschäft macht, geht 
aus der Thatsache hervor, daß diese 8 Personen 
eine Kapitalrentensteuer von 5252 Mark zu ent—⸗ 
richten haben, während die ganze Gemeinde Klin⸗ 
genmünster an direkten Steuern im Gesamten nur 
eiwa 4800 Mark zahlt. (Taf. d. S.) 
— Ludwigshafen, 22. Juni. Einer 
Münchener Correspondenz des „G. A.“ zufolge hat 
der Prinz⸗Regent gestern wiederholt die Kunstge⸗ 
verbe⸗Ausstellung besucht und hierbei besonders der 
ast vollendeten pfälzischen Abteilung größeres Inte⸗ 
esse entgegengebracht. 
Vermischtes. 
F Der Herzog Karl Theodor in 
Bayern ist aus Meran in Tegernsee eingetroffen 
uind hat seine ärztliche Thätigkeit im dortigen 
Zrankenhanse wieder aufgenommen. Letzteres ist 
dem großen und fiets zunehmenden Andrange von 
Patienten entsprechend durch einen Neubau, welcher 
zald seinem wohlthätigen Zwecke übergeben werden 
'ann, vergrößert worden. Hierdurch ist nun die 
Belegenheit geboten, nicht wie bisher nur solchen, 
welche mit Armuths. oder ärztlichen Zeugnissen 
versehen sind, sondern jedem Hilfesuchenden Auf⸗ 
nahme zu gewähren und in den Ansprüchen an 
größeren Komfort durch gut eingerichteie befondere 
Zimmer zu entsprechen. 
tNürnberg. Der deutsche Radfahrerbund 
deabsichtigt, das Andenken an Kaiser Friedrich durch 
eine Stiftung für Straßenwärter, welche den Namen 
Kaisere Friedrich⸗ Stiftung“ führen soll, zu ehren. 
Ertrazüge von Stuttgart nach 
Muünchen gehen laut Bekanntmachung im „Staats- 
anzeigar“ für Württemberg in der Nacht vom 
14 15. Juli, 28. 29. Juli., 11.12. August und 
1.12. Sept. Diese Zuge bilden Anschluß an Ex⸗ 
razüge aus Straßburg, bezw. Mannheim. 
F. Koblenz, 20. Juni. Der Gen.Anz. 
schreibt: Bei der Eidesleistung der 28er Artillerie 
postirte sich ein alterer Mann, anscheinend alter 
Beamter, hinter die Trappen und schwor mit 
diesen zugleich dem neuen Kaiser den Treueid. 
Auf die Frage, warum er dies thue, entgegnete er 
das sei er dem Kaiser schuldig und so habe er es 
auch beim vorigen Huldigungsfalle gehaiten. 
F Barr (Elsaß Loth.), 20. Juͤmn. In dem 
Zewann Rittenei unseres Bannes befindet sich ein 
Rebstück, in welchem über 30 Siöcke find, wovon 
jeder über 100 Trauben zählt. Ein überaus 
schöner Stock zählt sogar über 500 Trauben, ein 
anderer 300. Als ein Bannwärter dies in einer 
hiesigen Wirthschaft erzählte, wurde er don den 
Bästen ausgelacht. Als etr jedoch auf seiner Aus⸗ 
sage bestand, begaben sich vier der Gäste an die 
jragliche Stelle und stellten die Thatsache fest. 
Möge uns nun bald wirksamer Sonnenschein ge⸗ 
wvüͤhrt werden, damit unsere Hoffnung auf einen 
schoͤnen „Herbst“ nicht zu Schanden wird! 
St. P.) 
f.Lauterburg, 20. Juni. Der Andcang 
zum Lehrerberuf, welcher in den fiebziger Jahren 
recht stark war, dann aber nachließ, scheint wiedet 
im Zunehmen begriffen zu sein. Zu der gestern 
hier begonnenen Aufnahmeprüfung in die hiefige 
Praͤparandenanstalt haben sich 44 — im Vorjahre 
nur 28 — junge Leute geftellt, von denen wie 
auch in früheren Jahren nur 25 aufgenommen 
werden. In der protestantischen Präparandenan⸗ 
stalt zu Neudorf war der Andrang immer sehr be⸗ 
deutend. St. P.) 
fLeipzig, 21. Juni. Amtlich wird ge⸗ 
meldet: Am 2. Juli beginnt vor dem zweiten 
und dritten Strafsenat des Keichsgerichts die Straf⸗ 
verhandlung gegen den Farber Appel aus Straßburg, 
sowie gegen den Hilfsschreiber Dietz und dessen 
Ehefrau Karoline geborene Siebenmorgen wegen 
Landesverrathes und Beihilfe dazu. 
In der Frage, ob der Inhalt einer Post⸗ 
karte, durch welche Jemand wegen Bezahlung seiner 
Schuld gemahnt wird, als beleidigend anzusehen 
und —X Posikarte daher von der Beförderung aus⸗ 
zuschließen ist, hat das Kammergericht zu Berlin 
die Entscheidung gefällt, daß eine solche Mahnung 
an fich noch keine Beleidigung sei. Sie werde erfi 
dann zu einer strafbaren Beleidigung, wenn die 
Form. in welcher die Mabnung asgefußt ist einen 
veleidigenden Charakter trägt. Soweit daher diese 
Voraussetzung nicht unzweifelhaft zutrifft, werden 
Postkarten, welche eine Zahlungsaufforderung ent- 
jalten, bei der Postbeforderung nicht zu beanstan⸗ 
den sein. 
F Berlin. Ein bedauernswerthes Mädchen 
tand jüngst in der Person der Emma Se.. vor 
)er 95. Abtheilung des Schöffengerichts. Die bis⸗ 
jer Unbescholtene war eines Diebstahls bezichtigt, 
dem ein ganz eigenartiger Sachverhalt zugrunde 
ag. Jahrelang hatte sie Beziehungen zu einem 
aufmann gehabt, die nach Aufsassung beider Teile 
nit einer Ehe endigen sollten. Einstweilen gestat⸗ 
seten die Verhältnisse des Brautigams den Gang 
zum Standesamt indessen nicht. Da brach Leid 
nuf Leid über das arme Mädchen herein. Zuerft 
tdarb ihr zweijähriger Knabe. Einige Zeit später 
öste der Vaterdesselben die Verlobung mit ihr auf. Die 
Beschenke wurden gegenseitig zurückgegeben. Nach 
Verlauf eines halben Jahres hatte die Angeklagte 
der Mutter ihres früheren Verlobten einen geschäft⸗ 
lichen Besuch zu machen. Als sie sich bei dieser 
Belegenheit für einige Minuten allein befand, sah 
ie auf dem Tische die Uhr ihres ehemaligen Bräu⸗ 
igams liegen. An der Kette befanden sich mehrere 
Berloques und darunter auch ein kleiner, in Gold 
Jefaßter Zahn. Derselbe stammte von ihrem ver⸗ 
torbenen Kinde her. In der Meinung, daß der 
Bater kein Anrecht an diese Reliquie habe, löste 
iie dieselde schnell von der Kette und steckte sie in 
die Tasche. Das Verschwinden des Zahns wurde 
pald entdeckt und der Verdacht auf die Angeklagte 
gelenkt, welche ihre That auch unumwunden einge⸗ 
tand, sich aber weigerte, den Zahn wieder heraus⸗ 
ugeben. Nunmehr wurde sie wegen Diebstahle 
zur Anzeige gebracht. Der Werth des Goldes, 
vomit das Zähnchen eingefaßt war, betrug nur 
ein Geringes. Trotzdem die Angeklagte erklärte, 
daß es ihr nicht um das Gold, sondern nur um 
den Zahn zu thun gewesen, gelangte der Gerichts⸗ 
hof doch zu der Ueberzeugung, daß hier rechtswid⸗ 
rige Anneigung vorliege; der Fall liege aber so 
nilde wie selten einer und deßhalb sei nur auf 
inen Tag Gefängniß erkannt worden. 
F Ein ebenso knappes, wie wirkungs 
yolles Gedicht auf den Tod Kaiser Friedrichs ver⸗ 
ffentlicht Felix Dahn. Es lautet: 
Auch Du dahin! — Verstummt nun, ihr Gedichte, 
kuch überdröhnt der Gang der Weltgeschichte: 
ẽr schreitet schnell. — Wir müssen's fiumm ertragen, 
denn die ses Weh zu singen und zu sagen 
dermag kein Mund. — Greift fester Schild und Schwert 
ind, sei's zum Siege, sei es zum Verderben, 
zIm Dulden, Schweigen, Leben, Kämpfen, Sterben, — 
Führt sie, der großen Todten werth! 
fGEindermund zur Tagesfrage.) 
Der Kaiser hat das Entlassungsgesuch Puttkamer's 
ingenommen“, theilte am Kaffeetisch, beim Durch⸗ 
zlättern der Zeitungen, der Vater seiner Gattin 
mit, während der neunjähtige Junge anscheinend 
nit dem Ueberlesen der langen Aufgabe beschäftigt 
var. Indessen hatte er die wichtige Neuigkeit ge⸗ 
zört. Und „det is fein, Vater“, fiel er ihm ins 
Wort, „denn brauchen wir die neue Orthographie 
aicht mehr zu lernen.“ 
F (Mord aus Liebe.) Aus Genf wird 
—XXX 
Triesterin aus angesehener Familie, welche seil 
inigen Monaten mit ihrer Familie daselbst weilte, 
von einem chilenischen Studenten, Louis Gormaz, 
velcher sich in das außergewöhnlich schöne Mädchen 
derliebt hatte und keine Gegenliebe fand, meuch—⸗ 
ings mittelst eines Revolvers erschossen wurde. 
Bocmaz versuchte hierauf, sich selbst zu todten, ver⸗ 
vundete sich jedoch nur leicht. 
London. 22. Juni. Laut einer Meldung 
des Reuter'schen Bureaus aus Paul de Loando 
vom 20. Juni find im Lager Yambunga's arabische 
Flüchtlinge eingetroffen, welche meldeten, daß die 
kxpedition Stanleh's in der waldigen und gebirg⸗ 
gen Gegend jenseits des Aruwimi-Flusses Mitte 
April in Verwirrung geraten und daß die Zahl 
der an der Erpedition Betheiligten in Folge der 
ortdauernden Kämpfe mit den Eingeborenen um 
ein Drittel vermindert sei. Stanley, durch einen 
Pfeil schwer verwundet, sei mehrere Male im Lager 
jon feindlich gefinnten Eingeborenen eingeschlossen 
vorden, weshalb er weder mit Emin noch mit 
hambunga in Verbindung treten konnte. Ein— 
teue Hilfsexpedition soll unter Major Barttelot in 
deopoldville organifirt werden. 
F Newyork, 18. Juni. Mit ungewöhn⸗ 
licher Verwegenbeit wurde ein Eisenbahnzug der 
nördlichen Pacific-Bahn ausgeraubt. — 
gegebenes Nothsignal der Zug 86 — 
acht maskirte Leute, wahrscheinlich behn 
Kuhhirten), den Zug und — 
zäste und das Zugpersonal durch ein⸗ die dit 
Revolhern abgegebene Salve ein. —* ihn 
derten sie den Geldschrank der Eroan —T 
und nahmen jedem männlichen Past ssellde 
ab. Frauen wurden unbelästigt geiafsen —T 
keine Schmuchsachen gestohlen. —*8 dui 
die Räuber nur 1000 Doll., da die hef belan 
Werthsachen versteckten, während die ene 
uber 
Geldschrank erbrachen. Einer verstedte l —*— 
in fei ß i V)—d 
in seinem Eßkorb. Nach 12 Stunden ribh 
Räuber fort. Dieselben werden jetzt eifrig x 
CGin Junggesellenpaar) —* 
Brüder Fuhrmann, Junggesellen im Alter do J 
resp. 80 Jahren, sind in St. Louis in 
orben nachdem sfie doselsr Zo Jarennn 
neinschaftlich gehauft und ein uhrmachu 
rieben hatten. Man hatte die beiden alten 
inige Tage lang nicht gesehen, und dun 
on der Polizei die detreffende Wohnung n 
Dort fand man die Leichen. An diesen bun 
Spuren von Mißhandlung fichtbar und im In 
mer wurde auch nichts gefunden, was zu der Vye 
nahme fuͤhren koönnte, daß die Greise Seitsm 
hegangen haben. Alle Anzeichen deuten vieln 
darauf hin, daß John Fuhrmann, der im Ven 
'ag, in der Nacht plötzlich starb und daß Cherl⸗ 
als er sah, daß sein Bruder todt war, inn 
'olch' furchtbare Aufregung gerieth, daß ain 
Schlage getroffen wurde und ebenfalls deisti 
Der öffentliche Nachlaßverwalter fand in dem diu 
chrank Doll. 88.65. Nachdem Inventar aut 
iommen war, wurde das Lokal von dem dhn 
lichen Nachlaßverwalter geschlossen. Die ‚We 
Post.“ berichtet weiter: „Die Gebrüder Fuhrnn 
waren in Danzig geboren und sprachen den du 
ziger Dialekt, teotz der vier Jahrzehnte, die sied 
hvort fort waren, noch unverändert. Beide s 
eitlebens Junggesellen geblieben. Die Uhrmahe 
jatte ihnen nicht viel eingebracht; seit eiwa! 
Jahren aber, nachdem fie den Laden aufgegehn 
jatten sie fast gar nichts mehr zu thun. Sie führn 
ahraus jahrein ein sehr eingezogenes Leben. bin 
von ihnen pflegte Morgens zum Baäcker und in 
Brocery zu gehen, ab und zu auch auf den Nar 
ind besorgte die nöthigsten Einkäufe für die Ju 
gefellen⸗-Wirthschaft, die sie führten. Das war 
altere von ihnen, der mit den schneeweißen Haer 
und der untersetzten Gestalt. Der besorgte m 
das Kochen. Nach Bier ging abwechselnd dald 
Fine, bald der Andere. Sonst gingen sie fafsr 
zusammen aus. Sie waren große Musihfreun 
bersaumten selten ein Donnerstag Concert im Lafeht 
Park, hatten eine gute Erziehung genossen, u 
biel, besonders Zeitungen und wußten, inedh ih 
infiedlerischen Lebensweise, sehr aut, was in 
Welt vorging. 
(Entdeckung neuer Goldgruben, 
Austtralien) Im westlichen Australien soh 
Goldgruben von unermeßlicher Reichhaltigleit e 
deckt worden sein. Die bisher analyfirten br 
haben durchschnittlich 27 Unzen Gold die Lor 
ergeben. Reiche Melbourner Kaufleute haben! 
ganze Gegend, wo sich die betreffenden Goldede 
befinden, eigenthümlich erworben und mehrere ar 
nen des Etzes an den Parlamentsabgeordne 
Denniker Healon geschickt, welcher diese Probenn 
cnglischen Metallutgen untersuchen lassen wird 
arktberichte. 
Homburg, 20. Juni. (Fruchtmittelpreis unde 
ualienmarti Weigen dVi. 20 Pf. Korn B. “, 
Spelztern ¶ M. — Pf. Spelz M. 7 Vf. 6 
dreihige dO M. — pf. Gersie Areihige 0 R. 5 v 
hafer 7 Mos pf mischscucht d M. — pf, eh 
o . — yf. Wiaen 0 —ppi, Bohaen 
vf. woartoffcin e. vö ppf. Kornbtodes In 
zo vs. Gemuchibrod 6 pfund 72 pf. Ochsenseihh 
Rin dfie isch 80 Pf. Kalbfleisch 30 Pf.. Hammelfleish 
Schweinesleisch 30 Pf., Butter IPfund1 —A 
Zweibrucken, 21. Juni. (Fruchimittelpreis und 
ualenmarti) Weizen dn. —pf., aorn —8.7 
derie Wweireihige J MN. — Pf., dierreihige d.Re 5 
Spelz d M. — Pf., Spelzlern — M. — pf. 9 
. pf., Mijchfrucht d M. — pf., dafer 
Spvi, Erbsen õ M gf. wWiaen 3R, D. 
—B—— 
n gs. Zurtefein 2 dö vs, Weiheredelunt 
50 Pf., Kornbrod 8 Kilo 60 Pf. —R be 
5 v, paat Wed 100 Gr. 6 ÿÿf. Kindfleisch 
d i o gebcijch bo vi, dan 
iis v0 pf . Schweinese sch vd Pf, Wein enn 
—