Full text: St. Ingberter Anzeiger

Montag nahm die Anstalt den Umzug in dieses 
ihr neues Heim vor, nachdem sie seit ihrem Be— 
dehen — seit 14 Jahren — im südlichen Flügel 
der Volksschule — des ehemaligen Waisenhauses — 
in ziemlich mangelhaften Lokalitäten untergebracht 
gewesen war. Um so wohler fühlen sich jetzt Lehrer 
und Schüler in den großen, hellen und freundlichen 
Räumen, welche die neue Lateinschule bietet. Das 
Bauprojekt, so wie es ausgeführt wurde, ist an- 
fangs von manchen mit Bedenken, ja mit Miß⸗ 
fallen betrachtet worden; allein jetzt dürfte niemand 
mehr in Abrede stellen, daß es ein sehr glückliches war. 
Das Haus birgt auch eine stolze und ehrwürdige 
Erinnerung. In demselben hat nümlich Kaiser 
Wilhelm J. 8 Tage gewohnt, als am 7., 8. und 
h. Augqust des Jahres 1870 das große Haupt— 
quartier sich in der Stadt befand. Unter der Linde 
des dazu gehörenden Gartens sah man damals, 
wie von Augenzeugen erzählt wird, den Kaiser, 
den Prinz ˖Regenten Luitpold, denn auch dieser hohe 
Herr hatte anfangs hier Wohnung, bis später ein 
anderes Quartier, bei Notar Bartels, beschafft 
wurde — Bismarck und Moltke und vor ihnen 
auf dem steinernen Tische Karten und Pläne aus⸗ 
gebreitet. 
Gebaut wurde das Haus im Jahr 1786 und 
ziente damals als Ministerialgebäude zur Zeit als 
Herzog Karl von Zweibrücken auf Schloß Karls⸗ 
berg refidierte. Anfangs unseres Jahrhunderis 
wurde es Sitz des Landkommissariats und dann 
bes Bezirksamts. Möge es auch in seiner jetzigen 
Verwendung der Stadt und Umgebung eine Quelle 
des Segens werden. 
— Kaiserslautern, 26. Juni. Am 
letzten Sonntag versammelte sich zu einer ordent⸗ 
lichen Sitzung des Pfälz. Gewerbemuseums-Vereins 
dessen Verwaltungsrat in den Räumen des 
Museumsgebäudes. Dieser Sitzung wohnte auch 
der Pretektor des Instituts, Se. Exzellenz der 
Staatsrat i. a. o. D. und Kgl. Regierungs 
Präsident der Pfalz, Herr Paul von Braun, an, 
und wurden hiebei vornehmlich die Rechnungsab⸗ 
lage pro 1887, sowie die Budget⸗Aufstellung pro 
1888, nach den Anträgen des am Tage vorher 
zu einer Sitzung berufenen Verwaltungsrats ˖ Aus⸗ 
schusses erledigt. Der Sißung vorgängig wurden 
die in ihrem dekorativen Schmucke nunmehr fertig 
gestellten oberen Räume des Museums besucht und 
mit Befriedigung von den dort ausgeführten bezüg⸗ 
lichen Arbeiten Einficht genommen. Aus den Ver— 
handlungen des Verwaltungsrathes war das her— 
borragende Interefsse, mit welchem die Bestrebungen 
des Institus von dessen Vertretung gepflegt werden, 
wohl zu erkennen, wie auch stetige Entwickelung 
aller Zweige des Gewerbemuseums den ausführ— 
lichen Mittheilungen seiner Vorstandschaft bei die⸗ 
sem Anlasse zu entnehmen war. Die alle dtei 
Jahre anzuberaumende Generalversammlung des 
Vereins wird voraussichtlich im Oktober ds. J. 
stattfinden. (Sp. 3) 
— Kaiserslautern. Ein Sachsenderein 
hat fich hierselbst gebildet. Aus Provinz, Koͤnig⸗ 
reich und Herzogthümern Sachsen sollen fich hier 
über 100 Personen aufhalten. (Pf. Vztg.) 
— Landau. Dazs Madenburgfesi, weiches 
in Folge des tiefbetrübenden Ablebens Seiner 
Majestät des deutschen Kaisers Friedrich verschoben 
wurde, gndet nach Beschluß des Madenburgvereins 
am Sonntag, den 29. Juli nächsthin statt. 
— Germersheim, 27. Juni. Die in 
einer der letzten Nummern des „Kurier“ gebrachte 
Notiz, nach welcher Vizefeldwebel Pohl des 17. 
Inf.Regts. 6. Kompagnie, der in Speyer einen 
Selbstmordversuch machte, an den Folgen seiner 
Verwundungen gestorben sei, ist nicht richtig. Pohl 
war lungenkrank und ist ausschließlich an den Foi⸗ 
gen dieser Krankheit gestorben. 4J 
— Speyer, 29. Juni. Gleichwie im Vor—⸗ 
jahre soll auch jetzt wieder infolge höchster Ent— 
jchlieung des Kgl. Staatsministeriums des Innern, 
ein mehrtägiger Instruktionskurs veranstaltet werden 
worin geeigneten, sich hiezu bereit erklärenden Per— 
soͤnlichleiten Gelegenheit geboten wird,. sich genau 
über die Reblaus und die Reblauskrankheit 
zu unterrichten. Demenisprechend hat die Kgl, 
Regierung der Pfalz, Kammer des Innern, be— 
schlossen, diesen Kurs in Kirchheimbolanden durch 
Landwirthschaftslehrer Nipeiller aus Kaiserslautern 
in der Zeit vom 20. bis 25. August 1888 ab⸗ 
halten zu lafsen. An diesem Kurse, welcher unent⸗ 
geltlich erteilt wird, können sich 10 — 15 Zuhsörer 
hesheiligen, welche hiezu eines Mikrostops mit 
twa 70facher Vergrößerung, zweier Präpariernadeln 
'owie eines Dutzend Obj⸗kt⸗ und Deckgläser de— 
»ürfen. Diese Utensilien ktönnen bei Beginn des 
rurses von Landwirthschaftslehrer Nipeiller auf 
Berlangen bezogen werden. Ein Mikroskop reich! 
nöthigenfalls auch für zwei Theilnehmer aus und 
önnen einige dieser Instrumente von ⁊c. Nipeiiller 
jur Verfügung gestellt werden. An ditjenigen, 
welche fich dabei betheiligen wollen, ergeht die 
Aufforderung, sich längstens bis zum 10. Augufst 
. Irs. bei Herrn Landwirthschaftslehrer Nipeiller 
in Kaiserslautern schriftlich oder persönlich anmelden 
zsu wollen, worauf unter Mititheilung der Zulassung 
nuch die Stunde des Beginnes des Kurses und 
das hiefür bestimmte Lekal bekannt gegeben werden 
vird. 
— Die kgl. Prüfungs⸗Kommission 
ürEinjährig⸗Freiwilbigein Speyer, 
zestehend aus den Herren Oberstlieutenaut Keim 
ind Freiherr v. Löffelholz. bringt zur öffentlichen 
Tenntniß, daß gemäß 8 91 der Ersatzordnung die 
naͤchste Prufung für den Einjährig⸗Freiwilligendienst 
m Herbste abgehalten wird. Diejenigen jungen 
deute, welche der Prüfung sich zu unterziehen 
vünschen, haben ihre Gesuche um Zulafsung läng⸗ 
tens bis zum 1. Auguß nächsthin bei der vorge⸗ 
nannten Kommisfion einzureichen. Ort und Zeit 
zer Prüfung wird den Gesuchstellern sodann be⸗ 
onders bekannt gegeben werden. Den Zulassungs⸗ 
jesuchen find folgende Belege beizufügen: 4) ein 
Beburtszeugniß, b) ein Einwilligungsatiest des 
Baters oder Vormundes mit der Erklärung über 
ie Bereitwilligkeit und Fähigkeit, den Freiwilligen 
vährend einer einjährigen aktiven Dienstzeit zu be— 
leiden, auszurüsten und zu verpflegen, o )ein Un⸗ 
escholtenheitszeugniß. In dem Gesuche ist anzu—⸗ 
jeben, in welchen zwei fremden Sprachen der sich 
Neldende geprüft sein will. Auch hat derselbe 
inen von ihm selbst geschriebenen Lebenslauf dei⸗ 
ufügen. 
— Ludwigshafen, 29. Juni. Wie enorm 
der Werth mancher Bauplätze gestiegen ist, beweist, 
zaß gestern laut „G.A.“ ein Verkauf verbrieft 
vurde, wonach Herr Kaufmann Herz einen zehn 
Ruthen großen an der Breitenstraße Hemshof ge⸗ 
egenen Bauplatz zum Preise von 1000 Mark pro 
Ruthe an einen Bäcker auf dem Hemshof abgetreten 
hqat. Ein Angrenzer hat schon vor einigen Wochen 
die Ruthe zu 800 Mark verkauft. Die ungeheure 
Steigerung des Werthes dieser Grundstücke hat seine 
Ursache in der Neu-Anlage der Straße, die in 
einiger Zeit einer der verkehrreichsten zu werden 
erspricht. Es erscheint unbegreiflich, daß sich Grund⸗ 
desitzer hie und da noch weigern, das noͤthige Ge⸗ 
ände zur Neuanlage der Straßen unentgeltlich an 
die Stadt abtreten zu wollen, da doch allein diese 
den Werth des Grund und Bodens so bedeutend 
erhöhen. 
Vermischtes. 
F Auf dem Schlachtfeld von Wörth — 
o schreibt man der „Eur. Corr.“ aus Hagenau 
. E. — soll Kaiser Friedrich ein Denkmal erstehen! 
Unterstützt von angesehenen Männern aus hiesiger 
Stadt und dem Kreis Weißzenburg hat der hiesige 
criegerberein die Sache in die Hand genommen 
und den Beschluß gefaßt, die Denkmalfrage nich! 
lediglich als Sache des Vereins aufzufassen, son⸗ 
dern den sympathischen Gedanken auf breiter Grund⸗ 
lage zu verallgemeinern. Möchte derselbe in allen 
deutschen Herzen Widerhall finden, damit auf der⸗ 
jenigen Stäite, wo einst in heißer Feldschlacht die 
Waffenbrüderschaft zwischen Nord und Süd ge⸗ 
jchlossen wurde, demjenigen Helden, welcher zuerst 
die deuischen Waffen zum Siege geführt, ein seiner 
würdiges Standbild gesetzt werde. 
F München, 27. Juni. Der allerhöchsten 
Bestimmung Sr. kgl. Hoheit des Prinz ˖ Regenten 
zufolge wird das Zentral-Landwirthschaftsfeft für 
»as Königreich Bayern (zugleich Kreisfest für Ober⸗ 
zayern) im laufenden Jahre Sonntag den 7. Ok⸗ 
ober in München abgehalten werden. Am Mon— 
jag den 8. Okt. findet die öͤffentliche Generalver- 
sammlung des landwirthschaftlichen Vereines im 
Vereinslokale statt. — Der k. Kämmerer, Major 
1. D., Frhr. v. Hertling stürzte heute in der 
Reichenbachstraße von einem überfüllten Trambahn⸗ 
waggon, wobei ihm drei Finger abgefahren wurden. 
München. Wie man der „Allgem. Zeit⸗ 
ung“ aus Aschaffenburg mittheilt, wird die Ver⸗ 
egung des 2. Jägerbataillons nach einer neu er⸗ 
ichteten Garnison in dem Reichslande sehr stark 
jesprochen. An dessen Stelle soll das zur Zeit in 
Fichstätt liegende 3. Jägerbatai 
burg verlegt werden. lon nahh AUto 
Kraft⸗und Arbeitsmaj 
Ausstellungin München, din 
der Ausftellung findet nicht, wie —*— 
August, sondern schon am 27. Juls ug am 
die aus Anlaß der Centenarfeier hierher hbu dn 
Gäste Gelegenheit haben, dieselbe zu asgem 
endet mit den übrigen Ausslellungen D 
tober. Es sind bereits 250 Anmeldungen J 
zanzen deutschen Reiche erfolgt. Di —*9 r 
wird in vier Gruppen eingeteilt, und e 
Kraftmaschinen als Gas⸗ Wasser- —** 
lufte⸗, Petroleum-, Gewichts⸗Motoren; 2 h 
maschinen und Werlzeuge; es sind dies m n 
für verschiedene Gewerbe als Holz⸗ 
hemische. Papiet · Nahrungs · und enutne 
Buchdruckerei- und Textil ⸗Gewerbe, dne 
zum Messen und Beodachten; 83. —E 
and zwar Ventilatoren, Zentrifugenpiese * 
Aufzüge, elektrische Anlagen; 4. Kolckit n 
Fabrikations⸗Ausstellung. Das Direklotim — 
in den Handen des Herrn Direktorgz Ma Vi 
yon der Maschinenbaus⸗Gesellschaft München, 
jewährten und tüchtigen Arbeitskre 
fF Nürnberg, 26. Juui. Das Geweind 
kollegium beschloß einstimmig. beim Magistin 
Aufstellnng der Büsten der Kaiser Wilheim An 
Friedrich im Sitzungssaal des Rathauses — 
F Aschaffenburg, 25. Juni. Zwie 
Angehörigen der drei hiesigen Korps der Jern 
'orstlehranstalt fand vorgestern nachmittag auf imn 
zenachbarten Hofgute eine großartige . Korphhth 
hren Abschluß, bei welcher einige zwanzig Teilnen 
so mit „Schmissen“ zugerichtet wurden, daßn 
anwesender Arzt und die drei Korpsdienet 
hände voll zu thun hatten. 
F Der bayerische Handwerker 
dund umfaßte am Ende des Jahres 18878 
Torporationen mit 5284 Mitgliedern gegen? 
Corporationen und 5540 Mitgliedern des Jihr 
1886. Auf Oberbayern treffen hiervon 20 Im 
ungen, 15 Vereine, Niederbayern 18 Innunge 
5 Vereine, Oberpfalz 7 Innungen, 2 Veren 
Mittelfranken 4 Innungen, Unterfranken 4 Im 
ungen, 1. Verein, Schwaben 9 Innungen, b Vn 
ꝛine. Pfalz und Oberfranken sind nicht verlrete 
F Mainz, 28. Juni. Von den beidn 
Frauenspersonen, welche am Montag Abend i 
der Martin'schen Badeanstalt in so gräßlicher Vel 
um das Leben kamen, wurde gestern Aberd di 
ine (das Dienstmädchen Pauline Kniel aus Obe 
Briesheim) unter dem Badschiff gefunden. Di 
deiche wurde nach dem Friedhof verbracht; dicseh 
zeigte keine Spuren äußerer Verletzung, wohl ehe 
diejenigen der Schwangerschaft. Der Vithhehe 
des Mädchens (ein Schuhmacher Gottlieb Preuß hin 
hat sich aus Kummer gestern Abend aufgehuns 
er wurde zwac nach einiger Zeit abgeschüihn 
scheint aber nicht mehr zu retien. Die Leiche d 
mitwerunglückten Hebamme Bolens ist nodh nihh 
zefunden. Ueber der Sache schwebt noch r 
mysterioͤses Dunkel. 
Mysteriöses Unglüuck. Mainz,* 
Juni. Das Dunkel wird noch dichter. Wahrm 
destern Abend die in der Badeanstalt gefunden 
deiche noch der Heimath des Maädchens verhith 
werden sollte, erhob der Mann der Hebamn 
Bolenz dagegen Einsprache, unter der Sehaunn 
e26 sei der Körper seiner Frau. Eine Brandwun 
am Arm, ein Ring und ein Ohrring g 
dafür, während die Leiche vorher von — 
und dem Bruder als diejenige des Mädchens 
tkannt war. Das großh. Kreisamt hat die ze 
mnstalt vollständig schließen lassen und die Concesfion 
entziehyung bei dem Kreisausschuß beantrngl. zp 
Koln 27. Juni. In der jüngt bine 
dattgehabten achten Plenarversammlung des 7 
kisenbahnrats teilte Herr Regierungstat Dr. 
nit, der Hetr Minister der öffentlichen rn 
jabe für die Rückfahrkarten auf Entfernunrn 
100 Kilometer die Vergünstigung zugestanden— b 
zie Gültigkeitsdauer derselben, die zurzeit 
Tage betraͤgt, auf drei Tage erhöht wern 
daß die Abstempelung der dreitägigen Rü 9 
rien vor der Rückteise unterbleiben sole. 
un Tage vor dem ersten Weinachts⸗ Din wa 
pfingst⸗Feiertage gelösten Rückfahrkarten —4*— 
agiger Gültigkeit würden eine viertägige 9— 
eitsdauer erhalten, und es solle auch b *— 
Rückfahrkatten von der Abstempelung abg 
werden.