Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
HDer St⸗ Jugberter Anzeigere erscheint wöchentlich fünfmal z Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sountag; 3 mal wöoͤchentlich mit Unterhaltung-
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M 16.
28. Jahrg
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Deutsches Reich.
Muünchenn, 19. Januar. Gegenüber den
pielseitigen Stimmen, welche letzthin die Anwend⸗
harkeit der Neuerungen der Sozialistengesetzvorlage
auf Bayern, sofern dieselben nämlich Gesetz werden
oliten, ohne Verletzung eines Reservatrechts auf
as Entschiedenste bestreiten, wird in maßgebenben
dreisen versichert, daß die bayerische Regierung im
hinblick auf das reichsstaatsrechtliche Verhältniß
Zes Erwerbs und Verlusts der Bundesangehörigkeit
einen Eingriff in das Reserdatrecht auch nicht ent ⸗
ernt als gegeben erachtet.
München, 19. Januar. Fürst Mar von
Thurn und Taxis von Neuburg ist als Prak⸗
tikant für den diplomatischen Dienst in das Staats⸗
ministerium des königl. Hauses und des Arußeren
ingetreten.
Köln, 18. Jan. Die Handelskammer be⸗
chloß in gestrizer Sitzung eine Eingabe an den
steichsstag zu richten, in welcher dargelegt wird,
daß der den Wein betreffende Gesetzentwurf den
Interessen der Winzer, des Handelstandes und der
Konsumenten nicht entspreche, vielmehr die in dem
Entwurf enthaltenen Bestimmungen die genannten
Interessenten schwer schädigen würden. Im Wei⸗
teren beantragt die Kammer, es möze der Zusatz
yon reinem Zucker vor der Gaährung gestattet, da⸗
zegen die Weinfabrikation verboten werden.
Berlin, 20. Jan. Der Kaiser hat heute
vei Empfang des Landtags-Präsidiums seine be—⸗
sondere Genugthuung über die Finanzlage und die
Ergebnisse der Staalsbahnverwaltung ausgesprochen.
„Die weitere Unterhaltung betraf mehr die Personen
des Präsidiums als politische Fragen.
*Die Vrroöffentlichung des neuen Sozialisten⸗
gesetzes hat begreiflicher Weise in der Presse
aller Parteischattirungen zu lebhaften Erörterungen
über diesen Gegenstand geführt, die jedenfalls auch
noch längere Zeit andauern werden. Ueberwiegend
erfahren die von der Regierung vorgeschlagenen
Verschärfungen eine ungünstige Beurtheilung seitens
der öffentlichen Meinung und gilt dies speziell
zinfichtlich der Expatriirung, also des Verlustes der
Staats⸗ und Reichsangehörigkeit. Inwieweit sich
diese ungünstige Auffassung auch im Reichstag
wiederspiegelt, wird man ja wohl aus der General
diskussion über den neuen Gesttzentwurf ersehen,
welche wahrscheinlich am Montag beginnt. Der
Reichskanzler, dessen Ankunft in verlin für diesen
Sonnabend fignalisirt war, gedeult namentlich an
den Verhandlungen über das Sozialistengesetz leb⸗
haften Antheil zu nehmen und es muß noch abge⸗
vartet werden, ob die machtvolle Beredtsamteit des
leitenden Staatsmanues nicht doch noch den Sieg
ilber die Einwande der voraussichtiichen Gegner der
Verscharfungsmaßregeln davonirägt.
Die Verschiebung der ersten Lesung des neuen
Zozialistengesetzes im Reichstag bis Anfang
oder Mitte nächster Woche wird mit der Vermuthung
erkllaͤrt, daß der Reichskanzler persönlich zur Ver—⸗
tretung der Vorlage im Hause erscheinen wird.
Ausland.
*Zwischen den Cabineten von Paris und
Rom spiell der Florentiner
dei dem es fich um das völkerrechtswidrige Ein⸗
dringen eines italienischen Friedensrichters in das
anzofische Consulat in Florenz handelt, noch immer
hin und her. Bis jetzt scheint noch keine, Frank—
— als den beleidigenden Theil, befriedigende
dsung des Zwischenfaüs gefunden zu sein dudn
diplomatischen Erörterungen der beiderseitigen Mi—
nisterien des Auswärtigen hierüber foridauern.
Paris, 20. Jan. Das „petit Journal“
neldet aus Toulon: Diese Nacht erdielt die Ma—
ainedirektion versiegelte Instruktionen, alles berei—
zu halten. Die Bevölkerung ist sehr gereizt gegen
die Italiener. „Justice“ glaubt, eine günstige
Regelung des Florentiner Zwischenfalls sei bevor⸗
lehend.
Aus San Remo, 18. Januar berichtet
die „Nat.⸗Ztg.“: Wie viel Wahres oder Unwahres
an den hier verbreiteten Attentatsgerüchten auch
sein mag, so steht fesi, daß der Kronprinz bei
Ausfahrten von jetzt ab von berittenen Gendarmen
zegleitet wird und der Wachtdienst um die Villa
Zirio verstärkt ist. Die Villa Evelina ist für die
zevorstehende Ankunft der Königin von England
hergerichtet. Fürstbischof Kopp war auf der Durch⸗
teise heute beim Kronprinzen.
ein Pfarrhaus im Werthe von 24,000 Mark ge⸗
schenkt worden.
FeFriedrichsthal, 18. Jan. Ein Mäd—⸗
chen aus einem Orte in der Nähe Ottweilers
wurde gestern Morgen plötzlich unwohl und sah
sich infolge dessen auf der Fahrt nach Ottweiler,
an der hiesigen Station gezwungen auszusteigen.
Nach einer halben Stunde war Friedrichsthal um
eine Weltbürgerin reicher.
F In Sachen Ziethen-Wilhelm
hatten wir vor einiger Zeit mitgetheilt, daß dem
in Berlin wohnenden Vater des verurtheilten Ziethen
von einem früheren Soldaten der frauzösischen
Fremdenlegion ein Schreiben zugegangen sei, wo—⸗
noch Wilhelm und ein noch in Tongking dienender
Elberfelder an der Ermordung der Frau Ziethen
betheiligt gewesen seien. Ziethen Vater hat nun
dem Herrn Justizminister dieses Schreiben mit ge—
nauen und eingehenden Einzelnheiten in persön⸗
licher Audienz überreicht, wobei der Herr Minister
angeblich ecklärt haben soll, daß es nunmehr
allerdiags gerechtfertigt erscheine, in der Sache
energisch etwas zu thun; dieses Vorgehen sei jedoch
Sache der Staatsanwalischaft zu Elberfeld. Der
Bater des Verurtheilen Ziethen hat sich nun von
Neuem an die Staatsanwaltschaft zu Elberfeld ge—
vandt und gebeten, die Untersuchung gegen Wil—
helm wieder aufzunehmen und denselben wegen
Fluchtverdachtes zu verhaften.
F Bleibe im Lande! Vor einiger Zeit
richteten der „Preuß. Lehrerztg.“ zufolge mehrere
Seminaristrn in Barby ein Schreiben an den Pro—
lektor der Schule in Kamerun, King⸗Bell, in wel⸗
chem sie um Auskunft über die dortigen Schul⸗
und Gehaltsverhältnisse baten, um eventuell nach
der bevorstehenden Entlassungsprüfung eine Stelle
dort anzunehmen. Nach ungefähr 4 Wochen kam
eine Weltpostkarte zurück. Auf der Rückseite stand:
Ps. 37, 5 (ort steht bekanntlich der Spruch:
Bleibe im Lande ⁊c.), und darunter die Bemerkung:
„Seine Majeftät kann ja nicht lesen. Christaller.“
— Herr Christaller ist bekanntlich Lehrer an der
deutschen Schule in Kamerun.
Ein Maskenball im Irrenhause. In der
tädtischen Irrenanstalt zu Dalldorf fand am
Sonntag Abend eine Theateraufführung statt, der
ich ein Maskenball anschloß. Man hatte zu diesem
Behufe aus der Zahl der Irren „Kräfte“ ausge⸗
ucht, die sich nach Ueberzeugung der Arzte als
Schauspieler qualifizirten, und dabei Talente ent⸗
deckt, die alle Erwartung überstiegen. Als Schau⸗
tück hatte man L'Arronge's „Papa hat's erlaubt“
zewählt. Die Rollen waren gut vertheilt und vor⸗
trefflich gelernt, so daß am Abend Alles klappte
und der Souffleur bereits nach der ersten Szene
seine Thätigkeit einstellen lonnte. Dank der vor⸗
refflichen Leitung des Herrn Direktors Sander
und des Oberarztes Dr. Richter machte denn auch
die Vorstellung auf die Kranken einen so günstigen
Eindruck, daß die Darsteller wiederholt hervorge⸗
xufen wurden. Alles war begeistert, und als der
Vorstellung der Maskenball folgte, waren schnell
die in einem Nebengemach befindlichen Garderoben-
stücke angelegt, und in einem Zeitraum von 20
Minuien war der „Grand bal masqué“ in vollem
Gange. Als Maitré de plaisir fungirte der durch
seine Hochstapeleien bekannte Eberhard Birk alias
„Graf Wilhelm von Württemberg.“ Um 1l Uhr
erfolgte auf einen Wink des Direktors Sander die
Demaskirung. Jeder Kavalier führte seine Dame
zur Tafel, und unter Plaudern, Scherzen und
Zokale und pfälzische Nachrichten.
— Gotutheim, 18. Jan. Gestern waren
Arbeiter beschäftigt, eine sehr hohe Pappel zu
ällen. Die Pappel fiel nach der sog. Weide hin,
voselbst auf dem Eise eine Anzahl Kinder sich
ummelten. Durch die Wucht des Falles brach die
Bappel in ihrem oberen Drittel, woselbst der
Stamm noch 40 - 50 Centimeter Durchmesser hat,
ib, und trafen die Aeste 4 der Kinder, wodurch 2
derselben schwer, die beiden anderen leichter verletzi
purden. Eines der Kinder, der Wittwe Abel ge⸗
„drig, ein Mädchen von 8 Jahren, erlitt einen
S„chädelbruch und ist seinen Verletzungen er⸗
egen, während jenes der Wittwe Sebastian Baum
aoch schwer darniederliegt.
— Dörnbach, 17. Jan. Gastwirth Wolf
—X
Haupttreffer mit 5000 Mk. gewonnen.
— Am 1. März wird fur den pfälzisch—
württembergischen Güterverkehr ein
neuer Tarif zur Einführung kommen.
Vermischtes.
F Den ersten Haupttreffer der Zwieseler
Lotterie hat der Sohn des Posthalters Berz!
in Amberg gewonnen.
4 Wiedenbrück, 18 Jan. In der Nach—⸗
»argemeinde Clarholz eischoß ein kürzlich nach
weijaͤhriger Dienstzeit vom Heer entlassener junger
dandwirth, als er einen geladenen Revolber zur
Befichtigung in die Hand nahm, durch die unvor⸗
icht'ge Berührung des Hahnes seine neben ihm
tehende Mutter. Die Kugel war der Frau in's
Gehirn gedrungen.
FMannheim, 16. Jan. In einer Ver⸗
ammlung von süddeutschen Brennerei⸗Interessenten
wurde der Beschluß gefaßt, eine regelmäßige Noti⸗
rung von Spiritus und Branntwein an der hie
igen Produktenbörse herbeizuführen. Zu diesem
Zwece ist es jedoch nothwendig, daß sich die
Zrenner und Händler aus Baden, Pfalz ꝛc. regel⸗
mäßig und möglichst zahlreich an der Montagbörse
in Mannheim in dem Lolale der Lederhalle von
12 bis 1 Uhr einfinden werden.
F Der evangelischen Pfarrgemeinde Brebach
nebst Güdingen-⸗Bübingen) ist, wie die „S.u.
Bl.⸗Z.“ vernimmt, von der Firma Rud. Böcking
u. Comp. zu Halbergerhütte ein Grundssück im
Werthe von 3000 Mk. und von Herrn Geh. Kom—
nerzienrath Stumm auf Schloß Halberg eint
Landparzelle im Werthe von 1000 Mark, sowie