Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
er⸗ Zugberter Auzeiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs · Vlatt und Mittwochs und Samstags mi 
J — Seüagen. Das Blait koftet vierteljährlich 1.& 60 — eiuschlieklich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.M 7 , einschließlich 40 ⸗ Zustelluugsgebuhr. Di⸗ 
stt —“XR fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseralen aus der Pfalz 107 , bei außerpfalzischen und solchen auf welche die Expedition 
en Auslunft ertbeilt, 18 , Neklamen 80 4. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnei. 
23. Jahrg. 
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7201.. Mittwoch, 12. September 1888. 
n französisches Urtheil über die 
deutsche Armee. 
po. Selbswerständlich liegt es in der Natur 
Zache, daß die frapzösische Armeeberwaltung 
rdotem Interesse die Handlungen des deutschen 
d verfolgt. Nicht nur die Ansprachen, die 
sa Wilhelm in Frankfurt und Sonnenburg ge— 
n, wurden in den größeren Blättern woͤrtlich 
ahler, sondern auch die Exerzitien der einzelnen 
mentet nach dem neuen Reglement werden 
q im Einzelnen gegeben und sogar die Kritiken 
orholt, welche der Kaiser zu Ende der Uebungen 
zhuten hat. Ueber die zablreichen Veränder⸗ 
u in den höchsten Militärstellen sagt das her⸗ 
atgendste französische Armeeblatt: 
Troß des vielfachen Ersatzes der bejahrten 
auale der deutschen Armee durch jüngere Kräfte 
emnan nun nicht glauben, daß die alte mili⸗ 
nde Tradition des preußischen Heeres sich auch 
neim einen Deut geändert habe; sie wird gänzlich 
xrührt bleiben. Die neuen Armeeführer werden 
Truppen ganz nach den Grundsätzen ihrer 
Hoger leiten, und auch der General Graf 
id tsee wird die Arbeiten des General ⸗Feldmar ⸗ 
ilz Grafen Moltke, dessen Beistand er während 
wz Jahre war, vollständig im Sinne des abge⸗ 
umnen Chefs weiterführen. Die verabschiedeten 
m Offiziere gehörten zu 2 Kategorien: die 
bilden die alten Waffengefährten Kaiser 
helmz J. Diese in Strapazen und Dienst er⸗ 
en Herren sehnten sich meist schon seit geraumer 
nach der verdienten Ruhe und blieben nur auf 
ningenden Wunsch ihres greisen Kriegsherrn 
Dienste; sie wurden bei ihrem Abschiede mit 
inhezeugungen überhäuft und blieben in der 
gliste als octive Orficiere verzeichnet. Die Ueb— 
halten zwar in dem letzten Kriege sehr ehren⸗ 
Lerdienfte aufzuweisen, waren aber nicht mehr 
zͤlig dienstfähig, wie es ein hartnäckiger Krieg 
ungt; außerdem hat man für die Bildung der 
Mattigen Reserve — Cadres eine Anzahl hoher 
ilen nöthig, welche deren Organisation einleiten 
fördern. Uebrigens muß man die Würde und 
be bewundern, mit welcher die zahlreichen bei 
Geftellten das Herbe der Verabschiedung er · 
an ju tragen wissen. In kurzer Zeit wird die 
ge Armee mit ebenso kräftigen und mannes⸗ 
sen Führern in's Feld rücken, wie dies 1870 
zall war; nur die Lieutenantsstellen zeigen ein 
unbedeutend höheres Alter als damals. Dieses 
sqhadet dem Dienste deshalb nichts, weil diese 
gere dafür ebensoviel erfahrener und besonnener 
en — Nur eine Gefahr erblickt das 
in der Verjüngung der hohen Stellen, näm⸗ 
e, „daß der noch jugendfrische Kaiser von 
aeraischen Führern umringt sein wird, die 
d eher zum Kriege drängen werden, als die 
in Generale dies gethau haben würden.“ 
hohe Achtung, mit der die französische 
don den Maßnahmen Kaiser Wilhelms U. 
ist sicherlich sehr bemerkenswerth. 
der Mainau kommend den König und die Koͤnigin 
n Friedrichshafen besuchen. 
München, 10. Sept. Das Telegramm, 
velches gestern Kaiser Wilhehm an den Her—⸗ 
sog und die Herzogin Max in Bayern 
anläßlich ihrer diamantenen Hochzeit richtete, lautet: 
Es ist mir ein Herzensbedürfniß, Ew. konig- 
ichen Hoheiten zu dem schönen und seltenen Feste, 
netches Sie heute begehen, meine und der Kaiserin 
anigste Glückwünsche darzubringen. Die engen 
jamilienbande, welche Ew. königlichen Hoheiten mit 
neinen Frau Großtanten, J. Maj. der Koͤnigin⸗ 
Mutter Maria und weiland J. Maj. der Königin 
ẽlisabeth, verbinden, sowie meine Gefühle dankbarer 
zJerehrung für Ew. königlichen Hoheiten Frau 
Tochler, J. Maj. die Kaiserin von Oesterreich, der 
nein undergeßlicher Herr Großvater bis zum Ende 
eines ruhmreichen Lebens in treuer freuudschaft⸗ 
icher Zuneigung ergeben war, sichers unter allen 
Imständen mein reges Interesse an allen Vorgängen 
n Ihrem erlauchten Hause, aber unabbängig da⸗ 
von, kann ich nicht anders als mit herzlicher Theil⸗ 
zahme der erhebenden Feier gedenken, die Alle, 
velche Ew. k. Hoheiten nahestehen, heute im Geiste 
n dem Wunsche vereint, der Abend Ihres Lebens 
nöchte ein ruhiger, freudenreicher sein, wie der Tag 
erselben ein segensreicher war, und Ew. k. Hoheiten 
nöchten zum Glück Ihrer Anverwandten, zu denen 
ch gehöre, noch lange Jahre in unserer Mitte 
veilen. Wilhelm. 
Berlin, 10. Sepi. Dem ‚Berl. Tagbl.“ 
vird aus Hannover mitgetheilt, daß dort daran 
edacht wird, den Oberbürgermeister Dr. Miquel 
um Landesdirektor der Provinz Han⸗ 
ro ver zu wählen. 
Am Samstag hat der erst am Freitag von 
rirol zurückgekehrte Minister der offentlichen Ar⸗ 
eiten v. Maybach eine Conferenz in seinem 
Ninisterium abgehalten, in welcher Abhilfemaß⸗ 
egeln fur die Ueberschwemmungen in 
Schlesien berathen wurden. Nach der „Börsen⸗ 
tg.“ hat fich dabei ergeben, daß die Wassers⸗ 
jefahren durch Sicherheitsbauten abgewendet werden 
dunen. Da eine wirkliche Abhilfe aber nur her⸗ 
eigeführt werden könne, wenn die Sicherheitsbauten 
ruch auf österreichischem Gebiete zur Ausführung 
ommen, so soll eine für die Verhütung von Ueber⸗ 
chwemmungen in Schlesien besonders niedergesetzte 
Fommisfion bei den österreichischen Behörden ein 
zleiches Vorgehen anregen. 
Zu dem Wahlaufruf der Conserva⸗ 
iven sagt die „Post“, derselbe könne, wenn er 
m Sinne der Cariellconservativen zur Ausführung 
jelangt, die breite Basis eines gedeihlichen Zu⸗ 
ammenwirkens für die Cartellparteien bilden. Er 
enthalte aber, sofern der Einfluß der conservativen 
Rechten flärker ist, Keime zu ernsten Differenzen. 
Berlin, 10. Sept. Der Kaiser ist heute 
Abend 7 Uhr in Marineuniform und mit dem 
Fekannten Gefolge nach Bremerhaben abgereist, um 
»en Flotienmanöbern beizuwohnen. 
Berlin, 11. Sept. Der Vorsitzende der 
Fidilgesetzzvuchscommisfion, Wir klicher Geheim⸗ 
rat Dr. Pape, ist heute Nachmittag 8 Uhr 
zestorben. 
Berlin, 11. Sept. Die Feindseligkeiten der 
Fingeborenen an der ostafrikanischen Küste, 
zie letzten Mittwoch gegen Deutsche verübt wur⸗ 
den, haben sich bald darauf gegen die Englän— 
der wiederholt. 
Bremerhaven, 11. Sept. Der Kaiser 
raf heute Nacht 133 Uhr vor der Lloydhalle ein 
ind wurde von dem Direktor des Norddeutschen 
Lloyd Lehmann empfangen. Der Kaiser durchschritt 
ie festlich geschmückte Lloydhalle und begab sich 
ofort zu dem von der „Hohenzsllern“ abgesandten 
studerboot, welches den Kaiser an Bord brachte. 
Das zahlreich versammelte Publikum begrüßte den 
zaiser enthufiastisch. 
Primkenau, 11. Sept. Laut endgiltiger 
Bestimmung trifft die Kaiserin mit den fünf 
Prinzen am 286. oder 26. September, sireng 
ncognilo, zu 10- oder 12tägigem Aufenthalt hier⸗ 
selbst ein. 
Ausland. 
Wien, 10. Sept. Der Prinz von Wales 
erhielt heute Mittag den Besuch des Kaisers und 
und des Kronprinzen und machte denselben 
Begenbesuche. wobei er dem Kaiser für das ihm 
erüehene Husarenregiment dankte. Nachmittags 
nachte der Prinz von Wales dem Grafen Kal— 
noky einen längeren Besuch. Derselbe begibt fich 
norgen Abend mit dem Kaiser zu den Manövern 
hei Bellobar, darauf nach Gödölld. — Kaiser 
Wilhelm trifft am 4. Oktober Vormittags von 
München kommend hier ein und steigt im Schloß 
Schönbrunn ab. 
Bruͤssel, 10. Sept. Der Londoner 
Sozialisten Congreß wird u. A. die Frage 
der Erneuerung der Internationale berathen. 
Paris, 10. Sept. Die ‚Patrie“ führt aus, 
Prinz Victor Napoleon werde der Vermah⸗ 
lung seiner Schwester nicht beiwohnen, weil er die 
von seinem Vater gestellten politischen Bedingungen 
nicht acceptieren idnne. Das Blatt fügt hinzu, 
Prinz Vicior werde den Grundjätzen und Lehren 
Rapoleons niemals untreu werden. 
Paris, 10. Sept. Der Kriegsminifter, Herr 
hon Freycinet, deabsichtigt, sich mit seinem 
Stabe nach Belfort zu begeben, um die Projecte 
zezüglich der Verstärkung der umliegenden 
Forts zu prüfen. Von Belfort wird der Minister 
ach Hericourt gehen, wohin die Verlegung von 
rei neuen Feldbatierien als Reserve der in Belfort 
oncentrierten Artillerie angeordnet wurde. Bei 
Fer dortigen Anwesenheit des Kriegsministers soll 
erner die Frage einer eventuellen Verstärkung der 
Favallerie⸗Besatzungen in diesen Grenzgegenden er⸗ 
dert werden. — Die gerichtliche Untersuchung 
jegen den vermeintlichen Spion Kilian (Gon 
dohenburg) scheint eingestellt und nur seine 
Jusweisung beschlofsen zu sein. „Intransigeant“ 
pricht bereits von einer „neuen Erniedrigung Flo⸗ 
Juer's vor Bismaick“ und daß Floquet nicht um- 
onst Ferry's Oheim sei. — Am 24. September, 
dem Jahrestage des Todes Brignon's, den der 
eutsche Jager Kaufmann ersgossen, wird in 
Vexaincourt ein Denkmal des Ereignisses enthüllt; 
zie Blätter warnen die dortige Bevölkerung vor 
gefährlichem Ueherschwang. 
Paris, 11. Sept. Prasfident Carnot 
vurde bei seiner Ankunft in Caen auf das leb⸗ 
— 
Zug anhieit. Vereinzelte Rufe: „Es lebe Bou- 
anger!“ waren unter dem Beifallsrufen der Menge 
aum vernehmbar. Abends fand in Caen ein 
Zankett statt, wobei Carnot, den Toaft des Maires 
Jeantwortend, erklärte, das Vertrauen der Bevoͤlker⸗ 
ing zur Regierung werde nicht getäuscht werden. 
die Freiheiten der Republik seien nicht bedroht; 
denn dies einmal der Fall sei, dann könne die 
Deutsches Reich. 
JZaden ˖ Baden, 11. Sept. Die Kaiserien 
itwe Augusftasist heute Necht 12 Uhr 10 
ron hier augekommen und hat im Hotel Meß⸗ 
Vohnung genommen. 
wttgaͤrt, 11. Sept. Dem „Staatsan⸗ 
ufolge ist der Kaifer besuch jeßzt defini- 
gesezt. Der Kaiser wird am 28. ds. von