Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Samstag, 15. September 1888. 23. Jahrg. 
Volitische Ueberficht. 
Mit dieser Woche hat anläßlich der großen 
rbsimanõver der preußischen Trup⸗ 
a wiederum eine Auzahl fürstlicher 
iste Einlkeht am deutschen Kaiserhofe 
niten. Unter diesen Fürstlichkeiten erregt der 
ancter des oͤsterreichischen Kaiserhauses, Erz her⸗ 
Julbrecht, ein besonderes Interesse, das sich 
m durch die militärische Bedeutung des erlauch⸗ 
Gaftes unseres Kaisers rechtfertigte. Denn den 
arzog umstrahlt der Ruhm des Siegers von 
iogga wie des Reorganisators und Reformators 
osterreichungarischen Armee, die er durch seine 
dse Thatigkeit auf ihre heutige achtunggebietende 
lung gebracht hat. und wenn nun Erzherzog 
icht heate als Generalissimus an der Spitze 
n hrächtigen Armee steht, so erklärt es sich 
m hieraus, daß er am Berliner Hofe mil 
onderer Auszeichnuung behandelt wird. Da⸗ 
un weist jedoch das Erscheinen des Erzherzogs 
der deutschen Reichshauptstadt noch einen andern 
uungsdoslen Zug auf. Der hohe Herr galt 
zoch gar nicht so langer Zeit als das geiftige 
it jener Partei in Oesterreich, welche die für 
urs so schmerzlichen Ereignisse des Jahres 1866 
derwinden konnte und ihre Verstimmung über 
innige Verhältniße zwischen dem Donaukaiser⸗ 
tt und dem deutschen Reiche nicht zu verbergen 
udte; seit 1864 ist denn auch Etzherzog Al— 
wniht mehr in Berlin gewefsen. Wenn er 
uehr wiederum in der deutschen Reichshaupt 
aschienen ist, so kann man hieraus wohl den 
uß ziehen, daß sich in dem Erzherzoge eine 
deidende Wandlung bezüglich seiner Anschau⸗ 
düber das deutsch⸗osterreichische Bundniß boll⸗ 
hat und mit um so freudigerer Genugthuung 
atum sein Besuch am Berliner Hofe von 
Dutschland begrůßt werden — * ist ein 
Zichen für die kraäͤstige Fotldauer des Bin 
wischen den beiden centraleuropaischen Kaiser⸗ 
um Schutze der arbeitenden Minderheit alle und 
ede Gewaltmaßregeln, durch welche die Einzelnen 
zezwungen oder eingeschüchtert werden, auch die 
lotzen Insulten, Verfolgungen, Belagerungen ꝛc. 
»olizeilich untersagt werden und 2. die Polizei⸗ 
airektion gehalten wird, je beim Beginne eines 
Streite durch ihre Organe, nöthigenfalls unter Zu⸗ 
iehung der Gemeindepolizei, strenge darüber wachen 
zu lassen, daß diese Vorschriften gehandhabt werden. 
8In Oesterreich nahm in dieser Woche die 
Sesfion der Einzellandtage. welche der 
Wintersession des oͤsterreichischen Reichsrathes vor⸗ 
inzugehen pflegt, ihren Anfang. Die Begrüßungs⸗ 
insprachen der Präsidenten in den einzelnen Land⸗ 
duben hielten fich meist vom politischen Gebiete 
ern und begnügten sich mit einer Skizzirung des 
orliegenden Arbeitsstoffes. Nur der den böhmi⸗ 
chen Rumpflandtag eröffnende Oberst-Landmarschall 
Fürst Lobkowitz mochte eine Ausnahme. Er be⸗ 
iutzte den fortdauernden parlamantarischen Streick 
er deutsch ˖ böhmischen Abgeordneten dazu, den letz- 
eren eins anzuhüngen und die Wünsche der par⸗ 
amentarischen Vertreter der Deutschböhmen als un⸗ 
lar und unrealisirbar zu bezeichnen und von einer 
unfruchtbaren Abstinenz“ der Deutschen zu sprechen. 
Ils seinerzeit Fürst Lobkowitz mit seinen czechischen 
r5reunden aus dem böhmischen Landtage austrat, 
»a war das natürlich keine unfruchtbare Abstinenz! 
In Frankreich bildet das Wochenereigniß 
iie Reise des Präsidenten Carnot und 
ves Cabinetschefs Floquet nach der Normandie. 
Die Reise soll offenbdar zunächst das Gegengewicht 
u den letzten Wahlerfolgen der Boulangisten ab⸗ 
jeben. Der Empfang, den die beiden Staats⸗ 
vürdenträger aller Orten gefunden haben, deutet 
arauf hin, daß dieser Zwedck erreicht ist, denn von 
oulangistischen Demonstrationen bei der Präfiden⸗ 
tensReise wird so gut wie gar nichts gemeldet. 
daneben hat aber Carnot seinen Ausflug auch da⸗ 
u benutzt, um die militärische Großmachtsstellung 
yrankreichs, wie dessen maritime Entwickelang her— 
orzuheben und sang er namentlich in dem Kriegs⸗ 
afen Cherbourg ein feuriges Loblied auf die fran- 
ösische Flotte, wobei wohl die jüngsten großen 
rzlottenübungen bei Toulon mit nachgewirkt haben 
nögen. Am Mittwoch Abend trafen Carnot and 
zloquet in Havre, der Handelsmetropole der Nor⸗ 
nandie, ein. 
* In dem Wahlkampfe anlaßlich der Neu⸗ 
vahl des Präsidenten der nordamerikanischen 
Anion ist nun auch der Präsidentschafts⸗Candidat 
ꝛer republikanischen Partei, Harrison, mit seinem 
Regierungsprogramm“ aufgetreten. Nach demsel- 
»en will Harrison die bestehenden Zollsätze modifi— 
iren, um den amerikanischen Producenien den ein⸗ 
Jeimischen Markt zu erhalten, auch will er die Höhe 
er Lohne durch unterschiedliche Zölle aufrecht er— 
jalten wissen. Entschieden erklärt er sich gegen die 
rtinwanderung von mittellosen Leuten und Ver⸗ 
rechern und ebenso gegen die Chinesen⸗Eiwander- 
ing. Schließlich spricht Harrison die Ueberzeugung 
nus, daß es der amerikanischen Diplomatie gelingen 
verde, mit Canada eine Verständigung wegen der 
Fischereifrage herbeizuführen. — 
* Ende September wird die jährliche Kon⸗ 
erenz der irischen Nationalliga von 
Broßbritannien in Birmingham abgehalten 
verden. Der dortige Polizeidireltor hat jedoch be⸗ 
weits den Veranstaltern mitgeteilt, daß das Programm 
ür etwaige Meetings im Freien ihm vorher unter⸗ 
reitet werden muß. 
*Ein germanischer Hospitalverein hat 
ich nach dem „Berl. Tgb.“ in Porto Alegre, der 
»er Hauptstadt Provinz Ris Grande do Sul in Brafi⸗ 
ien, gebildet und von seinen 400 Mitgliedern ein Kapi- 
al von 6000 M. gesammelt, um ein Hospital für 
dranke aller deutschen Stämme ins Leben zu rufen und 
zu unterhalten. Tausende von Deutschen wohnen 
n der Provinz Rio Grande, und Tausende unserer 
zandsleute kommen jährlich nach den Hafenftädten 
des Landes, oft mit geringen Mittein versehen, 
yhne Kenntniß der Landessprache, ohne Freunde 
»der Verwandte, und gerathen, wenn sie von Krank⸗ 
jeit befallen werden, in die bitterste Noth. Dieser 
iolhleidenden Landsleute sich anzunehmen ist Pflicht 
iller Deutschen, und der germanische Hospitalverein 
vendet sich an die opferbereite Hilfe der deutschen 
dandsleute mit der Bitte, ihm die Mittel zur Er⸗ 
cichtung und Unterhaltung eines deutschen Hospitals 
zu gewähren. Genanntes Blait befördert Beiträge. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 13. Sept. Auf allerhöͤchsten Befehl 
zrägt die königliche Familie um den verstorbenen 
Kaiser Friedrich nach Ablauf der Hoftrauer noch 
bis zum 15. Juni 1889 Familientrauer. 
Der Mitinhaber der bekannten Hamburger 
Firma Albrecht O'Swald, welche in Afrika große 
Besitztümer hat, ist heute nach der „Nat.Zig.“ zu 
em Reichskanzler nach Friedrichsruh geladen. 
Die Einladung wird mit Angelegenheiten der Oft⸗ 
afrikanischen Gefellschaft in Verbindung gebracht. 
Berlin, 13. Sept. Im Rittersaale des könig⸗ 
ichen Schlosses fand Abends 7 Uhr ein größeres 
Diner statt, woran außer den Prinzen des könig- 
ichen Hauses der Koͤnig von Sachsen, der Erz⸗ 
jerzog Albrecht, die bayerischen Prinzen und andere 
Fürstlichkeiten mit Gefolge teilnahmen. 
Berlin, 14. Sept. Zum Staatssekre⸗ 
ür im Reichsschatzamt soll mehreren Blät— 
ern zufolge der Reichstagsabgeordnete von Mal⸗ 
zahn⸗Gülz, Mitglied der deutscheconservativen 
Partei, ernannt worden sein. v. Malgahn⸗Gültz 
zat fich wiederholt als Präsident und Referent in 
finanzpolitischen Commissionen bemerkbar gemacht. 
Er ist 1840 geboren und wurde 1866 Regierungs⸗ 
Assessor. 
Berlin, 14. Sept. Der König von Sachsen 
and die übrigen fürstlichen Manövergäste fuhren 
morgens 7 Uhr mittelst Extrazugs nach dem Ma⸗ 
aoͤverfeld. Der Kaiser hat sich von Müncheberg 
aus mit glänzender Suite morgens 7 Uhr nach 
dem Manöverfeld nächst Jahnsfelde begeben. 
Berlin, 14. Sept. Der Norddeutschen All⸗ 
gemeinen Zeitung zufolge sind über den Zeitpunct 
zer Hochzeit der Prinzessin Sophie und des Kron- 
zrinzen von Griechenland noch keine Bestimmungen 
zetroffen; nur das dürfte sicher sein, daß die 
dochzeit n icht vor dem Früh jahr fattfinden 
wird. 
on bemerkenswerthen Ereignissen auf dem 
—A abgelaufene 
nichtz gezeinigt; hoͤchstens wäre alsein 
zu der Ernennung v. Bennigsens 
Werpidfidenten der Probinz Hannorer die 
machung zu erwähnen, in weicher der neu⸗ 
iident die Uebernahme seines Amtes an— 
wvrspricht, desselben gerecht, unparteiisch 
ne Ansehen der Person ju walten. 
ut Unterschrift zirkulirt gegenwaͤrtig in den 
. Handwerksmeister und Gewerbetreiben— 
acichs eine Petition an den dortigen 
VBrath, welche fich mit den Streike und 
ersönlichen Freiheite⸗ beshn die 
mupft an den Streit der Schlosser und 
ute an und konstatirt, daß während der 
Streiles der grohle Teil der Arbeiter, 
nuiten wollten, der Verfolgung Mißhand⸗ 
ohung, Schmähung und Belastigung von 
Streikenden ausgesetzt gewesen sei und 
ulicher Weise gegen diejenigen vorgegangen 
Welche, von außen kommend, in Zurich 
vurden oder Arbeit suchten. Die Petition 
den Art. 7 der Siaaisverfassung an, 
dersonliche Freiheit gewahrleisten WBenn 
uhtel in Streitefalen nicht ein leeres Wort 
b müsse in Erganzung desselben ein⸗ 
duunng erlassen werden, durch weiche 1. 
Ausland. 
Bernu, 14. Sept. Der Bundesrat eiklärt 
umtlich, die wegen Schmuggels social demo⸗ 
sratischer Schriften nach Deutschland 
tattgehabten Untersuchungen stien micht auf 
deutsche Forderung erfolgt. Ihr Zweck sei, den 
zundesrat über alle derartigen Vorgaͤnge genau zu 
interrichten. Dieses Verfahren werde auch ferner 
eobachtet werden. 
Wien, 14. Sept. An Stelle Treforts schlug 
Tisza den Grafen Albin Csaky zum Unterrichts