Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ausland. 
Paris, 24. Okt. In der Revisionskommissien 
sprach sich Boulanger für Auflösung der Kammer 
ind Einberufung einer constituierenden Versamm⸗ 
ung aus. Eine unabhängige, vor dem Lande ver⸗ 
intwortliche Executivgewalt müsse in den Händen 
der Constituante liegen, welche Maßregeln treffen 
müsse, um dictatorischen Mißbräuchen vorzubeugen. 
Im Uebrigen bezieht sich Boulanger auf seine früher 
abgegebenen Erklärungen. 
Paris, 25. Olt. Wie der „Temps“ mit 
heilt, haben sich der deutsche Consul und der fran⸗ 
hoͤsische Unterpräfekt in Havre über die Art der 
Beilegung des bekannten Zwischenfalles geeinigt; 
das Wappenschild des Consuls wird wieder herge⸗ 
dellt und durch den Polizeikommissar im Beisein 
des Unterpräfekten wieder angeheftet. Bevor die 
Stunde dieser Feier festgesetzt wird, will der deutsche 
Consul seinem Botschafter in Paris berichten. 
Bestern erwartete er noch die Zustimmung des 
letzteren zur Wiederanheftung des Schildes in 
Begenwari der franzosischen Behörden. 
Rom, 25. Okt. Im Gemeinderath theilte 
gestern der Bürgermeister mit, daß Kaiser Wil⸗ 
helm ihn beauftragt habe, dem Rathe für die 
beschlossene Begrüßungsadresse und der gesammten 
Bebölkerung für den ihm zutheil gewordenen herz⸗ 
liichen und begeisterten Empfang seinen Dank aus— 
zusprechen. Ferner habe ihm Seine Maj stät 6000 
dire zur Unterstützung derjenigen Personen zugehen 
lassen, welche sich an denselben mit Bittgesuchen 
gewandt hätten. 
Belgrad, 24. Okt. Das Amisblatt ver⸗ 
öffentlicht eine Erklärung des Metropoliten Theodo⸗ 
fius, wonach die Ehe des serbischen Königs- 
paares aufgelöst ist. 
Petersburg, 25. Olt. Minister v. Giers 
zrhiell heute früh ein huldvolles Telegramm des 
Kaisers Alexander. Im Laufe des Tages gingen 
jerner Glückwunschdepeschen von sämmtlichen Mit⸗ 
Jliedern des kaiserlichen Hauses, der Königin von 
Württemberg, sowie von ausländischen Monarchen, 
aamentlich von Kaiser Wilhelm und König Hum⸗ 
hert von Italien, ein. Auch Fürst Bismarck sandte 
Blückwunschtelegramme. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Alschbach, 22. Okt. Vom 1. November 
an wird unser Ort von dem Postbestellbezirk Blies⸗ 
kastel getrennt und der Expedition Lautzkirchen zu⸗ 
getheilt. 
— Unter den dem „Musikvverein Kai— 
serslautern“ zu seinem am nächsten Sonntag 
im Fruchthallsaale stattfindenden Konzert gewid- 
meten drei Chören befindet sich auch ein Trink⸗ 
lied. „Dichter unbekannt“ steht am Schlusse der 
launigen Verszeilen, die sich gegen die Versetzung 
und Verzuckerung des Weines richten. Der „un—⸗ 
bekannte“ Dichter, der offenbar zu den sogenannten 
„Puristen“ gehört, singt: 
Reich mir nur, redlicher Winzer, den Wein, 
Ist er gleich sauer, ist er doch rein. 
Er gleicht dem schlichten ehrlichen Mann; 
Zeigt er auch rauh sich, fährt mich gar an; 
Doch ihm vertrauen und auf ihn bauen darf ich, 
Ich weiß es, er führt mich nicht an. 
Aber der Kunstwein, heimlich besüßt, 
Das ist der Schwätzer, der freundlich mich grüßt, 
Redet viel Schönes mir ins Gesich. 
Aber dem Glatten traue ich nicht; 
Hinter dem Rücken finnt er auf Tücken 
Und mir zu schaden ist er erpicht. 
Fort mit verdächtig duftendem Wein! 
Wer sich gern täuschen läßt, falle hinein 
Wahrlich, die Wahl wird Weisen nicht schwer, 
Hoch der Naiurwein, Wein ist nur er! 
Fort mit dem Kunstwein, Schwindel und Dunstweinl 
Reich mir den redlichen Sauern nur her! 
— Bergzabern, 22. Olt. Als Seltenheit 
in jetziger Jahreszeit möge die Thatsache auftreten, 
daß man im Garten des Herrn Lehrers Gieß zu 
Boöllenborn, einem Dorfe bei Bergzabern, wohl⸗ 
tiechende weiße Veilchen und Pfirsichblüten gefunden 
Jat. Gewiß eine Seltepheit in diesen kalten 
Herbsttagen. 
— Zelhlerthal, 24. Ott. In den Dör— 
jern des Zellerthales fieht es bezüglich des Herbstes 
heuer gut aus. Die Weinberge waren gesund und 
find reichlich mit Trauben behangen. Die Qualitaät 
wird gut. 
— Speyer, 28. Okt. Die am vergangenen 
Erntedankfest erhobene Kirchenkollekte für den Neu⸗ 
»au eines zweiten prot. Pfarrhauses in Otterberg 
zat in Summa 2047 Mtk. 82 Pf. ertragen. 
Sp. 3) 
— Speher, 23. Oktober. Die Stelle eines 
vezirksärztlich n Stellverlreters zu Dahn mit einer 
Jahres · Remuneration von 700 Mark aus Staats⸗ 
nitteln ist zu besetzen. Gesuche um dieselbe sind, 
mit dem Appcobationsschein belegt, längstens bis 
zum 14 November d. J. bei der kgl. Regierung 
der Pfalz, Kammer des Innern, einzureichen. 
— Speyer, 25. Okt. Der schriftliche Theil 
der Einjährig-Freiwilligen-Prüfung ging gestern zu 
kẽnde. Von den 8 erschienenen Kandidaten fil 
iner durch, und werden sich die übrigen 7 Kandi⸗ 
aten heute der mündlichen Prüfung unterziehen. 
Angemeldet waren 11 Kandidaten. 
— Rheingönheim, 25. Okt. Die Villa 
des kgl. Forstmeisters Moos dahier ging bei der 
gestrigen Versteigerung um den Preis von 14,000 
Mark in den Bisitz des prakt. Arztes Dr. Mickel 
dierselbst über. (Pf. K.) 
— Ludwigshafen, 25. Okt. Gestern 
Nachmittag wurde auf badischer Seite oberhalb der 
Rheinbrücke die Leiche eines Mannes gelaͤndet. 
Bei näherer Besichtigung der Leiche wurde die 
Wahrnehmung gemacht, daß dieselbe an der linken 
Schläfe eine Wunde hatte, welche von einem Schuß 
herzurühren scheint. Bis jetzt konnten die Per— 
onalien der Leiche noch nicht festgestellt werden 
(G. A.) 
— Ludwigshafen, 25. Okt. Die Per— 
onalien der gestern in Mannheim geländeten Leicht 
ind nun feftgestellt. Der Verstorbene heißt Joh 
Beter Necker, war Buchhalter bei der Firma Kauf- 
nann hierselbst, stand in den 50er Jahren und hat 
die That jedenfalls aus Lebensüberdruß derübt. 
— Beiden Pfälzischen Eisenbahnen 
werden dem „L. A.“ zufolge in Zukunft hinsicht- 
ich der Anstellung und Erwerbung als Lok o mo⸗ 
fibführer und »eizer die folgenden wichti⸗ 
zen Neuerungen, die bisher nur theilweise bestanden, 
ingeführt werden. Lokomotivführer können in Zu⸗ 
iunft nur diejenigen werden, die nicht unter 21 
zdahre und in der Regel nicht über 35 alt, gelernte 
dandwerker, körperlich gesund und rüstig und im 
Besitz eines sittlich-tadellosen Leumunds sind. Loko⸗ 
notivführer⸗Kandidaten müssen wenigstens ein Jahr 
in einer der Eisenbahnwerkstätten zu Ludwigshafen 
oder Kaiserslautern praktisch gearbeitet haben und 
dann, ehe fie zur Lernung des Führerdienstes zuge⸗ 
assen werden, ein weiteres Jahr als Heizer. 
Schlosserheizer) gefahren sein. Um eine Lokomolive 
elbstständig führen zu dürfen, ist in Zukunft die 
blegung einer Prüfung nothwendig. Diese 
Zrüfung erstreckt sich auf die erlangte praktische 
Fertigkeit in der Führung einer Lokomotive, sowie 
zuch auf die für den Beruf eines Lokomotioführers 
iöthigen sonstigen Kenntnisse. Die praktische Prüfung 
erfolgt durch den betr. Maschinenmeifter allein, 
vährend die schriftliche und mündliche Prüfung in 
Begenwart der beiden Werkstätte-Vorstände, des 
Werkmeisters in Neustadt und des jeweiligen Be⸗ 
riebse Inspeltors abgenommen wird. In der Regel 
ollen jahrlich zwei Prüufungen (im März und Ok⸗ 
ober) stattfinden, und zwar abwechselnd je in 
dudwigshafen und Kaiserslautern. Die erstmalige 
Brüfung wird im März 1889 in Ludwigshafen 
sorgenommen und haben an derselben sich alle die⸗ 
enigen zu betheiligen, welche nach dem 1. Juli 
888 die Berechtigung zur selbstandigenFührung einer 
dolomotive erhallen haben. Lokomotivheizer önnen 
uur die werden, die wenigstens ein Jahr in einer 
er vorgenannten Betriebswerkstätten als Werkstätte- 
kaglöhner gearbeitet haben; Lokomotibführer konnen 
ziese nicht werden. 
— Das Kreis⸗Amtsblatt veröffentlicht die Ge⸗— 
tehmigungs-Urkunden über die Emisfion 
ines 31aproz. Prioritaäts ⸗Anlehens der Allienge- 
ellschaft der Pfälzischen Ludwigsbahn im Betrage 
yon 3,991,000 M., eines 815 proz. Prioritätsan⸗ 
ehens der Aktiengesellschaft der Pfalzijchen Maxi—⸗ 
niliansbahn im Betrage von 2,170, 0006 M. eines 
31 proz. Prioritätsanlehens der Pfälzischen Kord. 
»ahnen im Betrage von 1,880,000 M. — sammt⸗ 
iche zur Anlage von Doppelgeleisen, zur Ausführung 
zon Erweiterungsbauten, zur Vermehrung und 
Ausrüstung des Fahrmaierials. 
— Ordensverleihungen.) Während 
ver Anwesenheit des Prinzregenten in der Pfalz 
vurden im Ressort des Staatsministeriums des 
Innern an Bürgermeister ⁊c. verliehen: 1 Verdienst⸗ 
Irden vom hl. Michael 3. Klasse, 17 solche 4. 
dlasse, 4 Verdienstkreuze de 
— —— 8 — 
der bayerischen Krone und 9 —9 
des Verdienstordens vom hl. Mithate Medal- 
Vermischtes-· 
.Metz, 24. Okt. Wie die E. 
aus Nancyh' meldet, wird die franzosisch — 
zesellschaft vom kommenden Mongat ab, w stbahn 
„infolge der von Deutschland ergeifnt gen de 
wangsmaßregeln“ ungemein deringerun J Pab· 
yerkehrs zwei Züge auf der Strif Ra tsonen 
vourt ganz ausfallen lassen, und zwei —9— Avn. 
(wovon der eine 9 Uhr 54 Min. früh — 
ankommt, der andere 4 Uhr 12 Min, nah F 
von dort abgeht) zu gewöhnlichen hentnnmn 
degradiren. — Eine französische Schaneeher 
velche hier auftreten wollte, hat keine en 
Aufenthalt in den Reichslanden erhalten 4 
ẽlsaß dürften vorldufig die Bühnenkünstler Ju 
Frankreich, die stets s mehr oder weniget 9 
Deutschthum ärgerliche Szenen herbotriefen e 
chwinden. bun 
FKreuznach, 26. Okt. Der seit ein 
keihe von Jahren hier wohnende Müllergesel 
ẽmil Schön, ein achtbarer Familienvatec, han 
Seinen am Sonntag letzthin verlassen und jehl 
seitdem jede Spur über dessen Verbleib. Eß 
aicht ausgeschlofsen, daß ihm ein Unglück n 
toßen ist. 
FeFrankfurt a. M., 24. Oktober. Ein— 
—VDD 
orte abwesend war, Wertpapiere im Werte vo 
320 000 Mk. aus der Wohnung gestohlen. sP 
Thäterin ist die Haushälterin des Bestohlenen em 
detkt worden, welche samt Bruder und Liebhah⸗ 
lüchtig ist. 
F Hanau, 24. Oktober. (Mysteridse 
Fund.) Vor einigen Tagen fanden einige Jungen 
deim Holzsuchen in dem Poppenwäldchen einen 
Zack mit allerhand Knochen. Bei näherer Unten 
uchung soll sich ergeben haben, daß es Menschen 
mochen sind. Wie nach der „H. Z3.“ 8 
jesteht der mysteriöse Fund in einem männlichenpu 
Skelett, welches bereits sehr alt ist, sowie in einen 
Frauen⸗ und einem Kinderskelett; letztere sollnhe 
veniger alt und noch mit Fleischteilen behaftet sein 
Der Fund wurde der Polizei abgeliefert, welchebe 
hdie Knochen zwecks weiterer Untersuchung in di. 
Leichenhalle des Friedhofs verbringen ließ. Mub Ib— 
maßlich stammen die Knochen aus den Ausgrebh 
ingen beim Bau eines Hauses in der Nähe da 
türkischen Gärten. 
FSt. Goar, 24. Okt. Seit heute Abenß 
137 Uhr wüthet in dem gegenüberliegenden * 
GFoarshausen eine heftige Feuersbrunst. Mebrere 
Bebäude stehen in Flammen. 
.Zur Warnung. In dem Schnelhzunmhn, 
Röln⸗Mainz waren vier Herren von Bingerbrutnd 
aus zweiter Klafsse gefahren. Als ihnen neso 
Bingen die Fahrkarten abverlangt wurden, reicht um 
iner von ihnen dem Schaffner vier Billete drituddn— 
Zlasse hin und zwar ein Sonntagsbillet und dihhhn 
Retourbillete MainzeBingen, sowie einen Thabuun 
nit den Worten: „Es ist schon gut!“ be 
Schaffner aber sagte: „Darauf lasse ich mich nitthel 
ein, Sie müssen in Mainz nachbezahlen!“ Dudee b 
Jab er Billete und Geld zurück. Sofort nach Anten 
unft in Mainz begab sich der Schaffner mit dernihr 
Stationsvorsteher an das Koupee, aber die Hertenntr 
waren fort. Der Betreffende, welcher die villetaie 
Abergab, wurde jedoch auf dem Bahnhofsplatz bo guu 
dem Schaffner, der ihm nacheilte, erwischt un suser 
zurückgeholt. Nachdem er 6Mark bezahlt unhlser 
seine Personalien angegeben hatte, wurde dersducn 
selbe zu einer Gefangmstrafe von einer Wodhum 
verurtheilt. aime 
eFolgendes originelle Deirath gan 
gesuch findet sich im „Koͤlner —2 
„Eine Wittwe, Mitte 80er, gesund und munteth 
noch im Besitze der vollständigen Garderobe iht 
seligen Gatten (war 1 Meter 68 Centimeter groß 
mit schönen Möbeln und 900 Mk. Vermgnn 
vare geneigt, fich wieder zu verheirathen. 
zittet gefl. Offerten u. s. w.“ Wenn der 5 
ber nur in die Garderobe hineinpaßt; der gesun 
munteren Witiwe wird er schon passen! gtrice· 
Paderborn, 28. Oit. Der 2ojatrn 
Bauernsohn Detel von Scherfelde wurde nß 
diesigen Schwurgericht wegen Ermordung sei 
Stiefmutter zum Tode verurteilt. de⸗ 
Des Ratdsets Lofung. Der e 
burger Zig.“ wird aus Mauͤnchen, 21. Olhoben