Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Pirmasens, 29. Jan. Aus dem 
Verkauf der Jo s'schen Schudfabrik am Landauer⸗ 
thor (Preis: 80,000 Mk.) an die Herren Levi 
und Reimann, welcher seit einigen Tagen in der 
Schwebe war, ist nichts geworden. — Wie die 
„P. Z.“ erfährt, ist nun die städt. Polizei im Be— 
fitze einee Milchwaage, mit welcher auf dem 
Wochenmarkte künftig häufiger die zum Verkauf 
bestimmte Milch auf ihren Inhalt geprüft werden 
wird. 
— Pirmasens, 29. Jan. Die Pirmasenser 
Blaͤtter bringen heute einen längeren Aufsatz über 
„eine Existenzfrage“ für unsere Schuh⸗Induü— 
strie“, in welchem sich folgende allgemein inte⸗ 
cessierende Stelle findet. „Die neuen Ausputzma⸗ 
schinen haben unter der hiesigen Arbeitecbevölkerung 
eine solche Aufregung hervorgerufen, daß es dringend 
noöͤthig ist, auf diesem Wege Aufklürung in dieser 
hochwichtigen Sache zu geben. Pirmasens mit 
jeiner rüssig und unaufhaltsam emporstrebenden 
Schuhindustrie ist infolge der allenthalben sich regen⸗ 
den Konkurrenz unbedingt darauf angewiesen, alle 
Neuerungen, sie mögen heißen wie sie wollen, sofort 
sich zu eigen und zu nutze zu machen. Wenn es 
nur einen Augenblick diesen Standpunkt der unaus⸗ 
zesetzten, aufmerklamsten und allseitigen Umschau 
verlassen oder gar unbekümmert um die technische 
Fortentwickelung in der Schuhfabrikation draußen 
bei der bisher am hiesigen Platze üblichen, draußen 
hier und dort überholten Praxis inne halten würde, 
so würde es sicherlich in kürzester Zeit von der 
Konkurrenz zurückgedrängt werden und seine so 
schwer errungene Stellung ernstlich gefährdet 
sehen.“ 
— Aus Landau wird der „Pf. Pr.“ ge- 
schrieben: „Wie ich höre, wird mit dem 1. April 
die hier in Garnison liegende 8. Batterie der 2. 
Feldabtheilung des 2. Feld⸗Artillerie⸗Regiments 
nach Würzburg verlegt. Aus welchem Grunde, 
konnte ich nicht in Erfahrung bringen.“ 
— Neustadt, 29. Jan. Heute früh traf 
folgende Depesche an Herrn Bezirksingenieur Haupt⸗ 
mann a. D. W. Schleicher hier ein: 
Se. kgl. Hoheit der Prinzregent lassen die 
von Einwohnern Neustadts bei der gestrigen Ver⸗ 
sammlung dargebrachte loyale Kundgebung mit 
dem Ausdrucke allerhöchst ihres huldvollsten Dan⸗ 
kes erwidern. 
Im allerhöchsten Auftrage 
Freiherr Freyschlag v. Freyenstein, 
Generalmajor, Generaladjutant. (N. Z.) 
— Deidesheim, 29. Januar. Abermals 
brachte der unerbittliche Tod unserer Stadt einen 
schweren Verlust: im gottbegnadeten Alter von 
über 92 Jahren verschied gestern Fräul. N. v. 
—A 
unsere Stadt einen unersetzlichen Verlust bedeutet, 
so wird derselbe auch darüber hinaus schmerzlichsi 
empfunden werden. Waren doch der Werke der 
Humanität der Verewigten zur Linderung der Noth 
der Bedürftigen zahlreiche, wie besonders das 
„Maxstift“ — das Waisenhaus unseres Cantons 
— in derselben eine durch lange Jahre hindurch 
bewährte opferfreudige Förderin verliert. 
(D. A.) 
— Speyer, 28. Jan. Der katholische 
Kirchenbauverein St. Joseph verfügt 
zjetzt am Ende seines 1. Geschäftsjahres über 
13,000 Mk. Die Kirche ist auf 200,000 Mk. 
veranschlagt. (Zw. 3.) 
— Die Frau des Ackerers Jakob Ritthaler in 
Fußgönheim ertrank in ihrem Pfuhlloch. 
— Bei dem gegenwärtig sehr niederen Wasser⸗ 
stand des Rhein's bietet fich die beste Gelegenheit, 
die Ueberreste der Römerbauten bei der Rhein 
überfahrt bei Altrip zu sehen, worauf Alter— 
thumsforscher ganz besonders aufmeiksam gemacht 
werden. 
— Ludwigshafen, 29. Jan. Gestern 
Abend wurde durch die Schutzmannschaft ein Fabrik⸗ 
arheiter vom Hemshof verhaftet, welcher ein 
Dienstmädchen in der Maxꝛstraße schon wiederholt 
in den Abendstunden überfallen und schwer miß⸗ 
handelt hat Das Motiv der That ist Rache. Es 
wurde vorige Woche auf dem Hemshof ein großes 
Bündel Wäsche polizeilich beschlagnahmt, über 
deren rechtlichen Erwerb sich die Eigenthümerin 
nicht auszuweisen vermochte. Das Dienstmädchen 
soll nun, nach dem G. A., Angaben gemacht haben, 
welche den des Diebstahls dieser Gegenstände ver⸗ 
dächtigen Personen sehr unbequem sind. 
— Der Ahschluß der Betriebsrechnung 
der pfälz. Eifenbahnen für das Jahr 1888 
ergibt nach Deckung der fufionsmäßigen Zinsen 
und Amortisationsquoten für die Aktien und 
Prioritäten einen Ueberschuß von 1,141,277.78 
Mk. welcher denjenigen des Vorjahres von 280, 1983.78 
Mk. um 861,064.71 Mt. übersteigt. Nach den 
nit der kgl. Staatsregierung bestehenden Verträgen 
ann von diesem Ueberschuß ein Betrag bis zur 
Hdöhe eines Prozents der Brutto⸗Einnahme, d. h. 
don etwa 190,000 Mk. dem Referbefonds über⸗ 
wiesen werden und ist der alsdann verbleibende 
Rest je zur Hälfte zur Deckung früherer Zinszu- 
schüsse des Staates und zu einer den Alktien der 
zrei pfälz. Eisenbahngesellschaften gleichmäßig zu- 
sommenden Superdividende zu verwenden. 
Vermischtes. 
FIn St. Johann hat ein roher Bursche 
im Montag Abend einen groben Unfug verübt; 
ex band zwei große Hunde — ohne Maulkorb — 
nit einem vier Meter langen Strick aneinander 
ind ließ gegen 8 Uhr die Thiere von der Main⸗ 
erstraße in die Bleichstraße laufen. Ein ochtzehn⸗ 
ähriges Mädchen wurde am Pfaffeng äßchen von 
den Hunden umgerannt, fiel rücklings auf das 
gflaster und erlitt eine Verletzung am Kopfe; viel⸗ 
eicht, meint der „St. J.S. A.“, hat der 
„Spaß“ des rohen Buben noch mehr Schlimmes 
erursacht. 
Saarbrücken, 29. Jan. Die diesjährige 
Zauthätigkeit in hiesiger Stadt wird voraussichtlich 
vieder eine sehr rege werden; es wurden bereits 
gZaukonsense für acht Neubauten, die in der ver—⸗ 
aängerten Bleichstraße, in der Deufschherrens und 
ilten Metzerstraße errichtet werden, ertheilt. — 
Fin hiesiger Metzger kaufte gestern von einem 
Brauereibesitzer in St. Johann einen Mastochsen; 
das Gewicht des Fleisches nach dem Schlachten be⸗ 
rug 1050 Pfund. 
F Forbach, 26. Jan. Zu den vier Opfern, 
velche die Fremdenlegion im adgelaufenen Jahre 
aus Forbach und Umgegend gefordert hat, kommt 
noch ein weiteres. Georg Firmery aus dem be— 
aachbarten Dorfe Behren, welcher in Magdeburg 
in Garnison stand, desertirte vor einigen Jahren 
zon seinem Regiment und ließ sich dann bei der 
Fremdenlegion anwerben, ein Schritt, den er an⸗ 
zesichts der furchtbaren Strapazen und unmensch- 
lichen Behandlung bald bitter bereute, der aber 
nicht mehr rückgängig zu machen war. Dieser Tage 
ist nun ein an den jungen Firmery gerichteter 
Brief mit dem Vermerk zurückgekommen, daß der⸗ 
elbe bereits am 18. August v. J. verstorben sei. 
Fine anderweitige Benachrichtigung der trostlosen 
Mutter ist nicht für nothwendig gehalten worden. 
In Hasborn kamen zwei Knaben in 
»en Besitz einer Tynamitpatrone, welche sie angeb⸗ 
ich gefunden haben wollen. Indem der eine die 
Batrone zwischen den Fingecn hielt, zündete der 
indere dieselbe mit einem Zuündholz in Brand, 
vobei dieselbe mit einem heftigen Knall explodierte 
ind, nach der „N.Bl.⸗Z.“, dem einen Knaben 
wei Finger abriß, wogegen der andere das eine 
Auge und eine Verletzung der Wange zu beklagen hat. 
F In Wiesbaden ist bei dem Kanalbau 
in der verlängerten Langgasse zwischen dem Bade⸗ 
hause „zuum Spiegel“ und der ‚neuen Rose“ in 
ꝛiner Tiefe von drei Metern eine längere Wasse r⸗ 
eitung römischen Ursprungs von sehr 
zut erhaltenen, mit dem Stempel der 22. Legion 
dersehenen Ziegeln aufgededt; worden. Die 
Leitung befindet sich noch in voller Wirksamkeit 
und liefert ein vortreffliches Thermalwasser. Die 
Leitung und Quelle sollen neu gefaßt werden, da 
Rieses ohne Schädigung der übrigen Quellen ge— 
chehen kann. 
F Dülken, 27. Jan. Die Polizei hat in 
joriger Woche hier und in Viersen ein Falschmün⸗ 
ernest von 3 Personen ausgehoben, welche falsche 
Zweimarkstücke gefertigt und ausgegeben hatten. 
Die Faͤlschungen waren derart schlecht, daß man 
ich wundern muß, wie die Leute es wagten, dieses 
'alsche Geld an den Mann zu bringen. 
F München, 28 Jan. Veteranen Lotterie. 
Bei der heute Mittag vorgenommenen Ziehung fiel 
der Haupttreffer mit 25,000 Mtk. auf die Nummer 
231,804; die Nummer 118,888 gewinnt 7500 
Mk; die Nummer 107,894 gewinnt 25800 Mtk; 
die Nummern 83684, 49,530 und 65,071 ge 
ninnen je 1000 Mk. 
An den Folgen des Bisses eine 
Papageis ist in München der bekannte Hol 
hesiher Josef Grunnwald Eigenthümer da 
Grand Hotel Grunwald“ in der Dachauerstarh 
m Alter von 48 Jahren gestorben. Sein —R 
hat ihn in den Finger gebissen, es trat Blu wen 
ziftung ein, infolge welcher zuerst der vetletze 
Finger, sodann der ganze Arm hatte ampunn 
verden müssen. Herr Grünwald war ein sehr bodu 
Arer und wohlthätiger Mann. 
Ein junger Heckules deutsche 
ßeburt, der 26ährige Sebastian Miller au 
München, hat, wie die „Newyork er Staatsztg 
verichtet, dieser Tage in der Klinik des Pens 
vania Hospital“ in Philadelphia Proben sein 
kdraft und Muskelstärke gegeben. Es war ein 
Jroße, hauptsächlich aus Studenten bestehende Zu⸗ 
örerschaft anwesend. Auf dem soliden tanneten 
Tische lagen eine große eiserne Kugel, ein eiserner 
tting und einige feste Kieselsteine. Dann trat mn 
der Seite Dr. Mortons Sebastian Miller herrin. 
Sein Oberkörper war bis zum Gürtel enibldoßt 
er nahm einen der Kieselsteine, legte ihn, von den 
ting gehalten, auf die eiserne Kugel, schwenln 
einen Arm ein paar Mal im Kreise herum und 
ieß ihn wie einen Hammer auf den Kieselstein nie⸗ 
derfallen. Beim dritten Schlag war dieser in klein⸗ 
ʒtüdchen zertrummert. Wahrend dieser Vorgang 
nachte Professor Morton seine Studenten auf d 
olossale Eatwidelung der. Muslkeln des jungen 
Mannes aufmerksam, welche ihn, wie er sagt, an 
ie bekannte Herlules-Statue erinnerten. Um sein 
dand vor Verwundung zu schützen, pfleqgt Mille 
ie mit Tuchern zu umwickeln, ehe er schlägt. Mi 
reier Hand tann er 1800 Pfund aufheben; sein⸗ 
—X 
F Einen für Gemeindeverwalt 
ungen wichtigen Entscheid hat der bahr, 
Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß einer Beschwerde 
vegen Verweigerung des unentgeltlichen Heimaet 
rechtes erlafsen. Der Maurer Josef Stahl in 
Illenschwang hatte auf Grund der Art. 6 und? 
des Heimatgesetzes 1888 um WVerleihung des 
deimatrechtes in Illenschwang nachgesucht, ließ sih 
iber später von der Gemeindeverwaltung bestimmen, 
zaß er im Wege des Vecrgleiches gegen eine be— 
timmte Gegenleistung auf Verleihung des Heimal⸗ 
ꝛechtes für alle Zeit verzichtete. Als er nun gleich⸗ 
wohl neuerlich ein Gesuch um Heimatverleihung 
kellte, wurde er sowohl vom Bezirksamte Dinkels 
bühl wie von der mittelfränlischen Kreisregierung 
abgewiesen. Der Gerichtshof erklärte die hiegegen 
zingelegte Beschwerde für begründet, indem deraruge 
Verzichte auf einen Anspruch kraft des Gesezzeß 
einerlei Giltigkeit haben. 
Für unsere Kinder. In der ‚Ge— 
neinnützigen Gesellschaft“ zu Leipzig sprach 
derr Professor Dr. Hoffmann über „Das Früh—⸗ 
fück in der Schule und die Ernährung der Schul- 
inder.“ Der Vortragende betonte zunächst, daß daß 
Schulkind chronischen Hunger habe. Der raschere 
Stoffwechsel des Kindes, die Wachsthumsperiode 
verlange regelmäßiges häufiges Essen. Nehme daß 
dind außer der Hauptmahlzeit nicht Zwischenmahl— 
eiten ein, so trete dieser chronische Huager ein, 
der, da er nicht schmerzhaft, auch nicht zum Essen 
reibt. Das Kind hungert, ohne daß ihm dieses 
um Bewußtsein kommt. Blutarmuth und Blut—⸗ 
nangel im Gehirn seien die Folgen. Die unglüd⸗ 
lichste Schulzeit sei die gegenwärtige von 9211 
Ahr. Das um 28 Uhr eingenommene Frühstüc 
ei nicht nachhaltig. Um 9512 Uhr kommt das 
dind nach Hause, und seiner lauten oder stummen 
Forderung nach Essen wird seitens der Muttet 
nicht Gehör gegeben: Es jsei doch gleich Mittag. 
Inbedingt müsse das Aind Frühstück in die Schult 
nit nehmen, da die Zwischenzeii zwischen dem ersten 
Frühstück und dem Mittagessen zu groß sei. 
F. Der erste Grafulant am königlichen 
Schloß zu Beclin war ein Postillon, welcher auf 
einer gelben Postkutsche um 216 Uhr über den 
Schloßplatz fuhr. Vor den Zimmern Ihrer Maje⸗ 
täten hielt er plötzlich an, nahm sein Posthorn zur 
dand und gleich darauf drangen schmetiernd die 
Weisen des alten Liedes: „Schier odreißig Jahre 
ꝛist Du alt“ zu den kaiserlichen Gemächecrn empor. 
Die hellen, reinen Toͤne lockten sämmtliche Passanten 
»er Umgegend vor das Schloß, und als es fich 
zjinter den Vorhängen oben zu bewegen schien, da 
erscholl ein brausendes Hurrah empor. 
F Warumtanzüman? WVon einem Ber⸗ 
iner Hofballe, der schon vor längerer aber nicht 
is