Full text: St. Ingberter Anzeiger

krankungen von Lehrern wird in höherem Maß 
als seither in Anspruch genommen, da regelmäßig 
nur die Städte und einige wenige Landgemeinden 
in solchen Fällen für die entstehenden Schulver⸗ 
wesungskosten ganz oder theilweise aufkommen. Es 
ist deshalb eine Erhöhung der Schulreserve in Vor⸗ 
schlag gebracht worden. Auf Anregung des kgl. 
Staats⸗Ministeriums des Inneren für Kirchen⸗ und 
Schulangelegenheiten wurde ein Nachtragepostulat 
im Betrag von 15,000 Mk. zur Aufbesserung ge⸗ 
ring dotirter Schulstellen unterbreitet. — Real—⸗ 
schulen. Die in den Vorjahren an dieser Stelle 
erwähnte Zunahme des Besuches der Realschulen 
hält auch jetzt noch an, was wohl zu dem Schluß 
berechtigt, daß das Bedürfniß nach einer höheren 
bürgerlichen Bildung, welche diese öffentlichen Un— 
terrichtsanstalten bezwecken, in immer weitere Kreise 
dringt. Eine nothwendige Folge dieser Erscheinung 
ist das Erforderniß der Erweiterung der Real— 
schulen durch Errichtung von Parallel⸗Abtheilungen, 
worüber mit den Voranschlägen der betreffenden 
Schulen weitere Mittheilungen zugehen werden. — 
Das Direktoöorium des Germanischen Mu— 
seums in Nuürnberg hat dieses Jahr außer 
dem regelmäßigen Zuschusse, welcher bisher jähr⸗ 
lich 172 Mt. bettug und auch in den Voranschlag 
für 1890 wieder in gleicher Höhe eingestellt ist, 
noch einen außerordentlichen Beitrag erbeten. In 
den Voranschlag ist ein bezüglicher Betrag noch 
nicht eingestellt. — Industrie und Kultur. 
Hier werden sich zwei neue Positionen von je 
1500 Mk. finden, welche auf Antrag des Kreis⸗ 
Komites des landwirthschaftlichen Vereins für die 
Aufstellung je eines weiteren Assistenten bei dem 
kulturtechnischen Bureau und bei der landwirth⸗ 
schaftlichen Kreis Versuchsstation eingestellt wurden. 
— Ein Nachtragspostulat neuer Art bildet der 
auf die Pfalz entfallende Betrag zum Voll zug 
des Bauunfallversicherungsgesetzes 
vom 11. Juli 1887. Nach diesem Gesettz 
sind die Kosten der Unvallversicherung bei einer 
gewissen Art von kleineren Bauarten von den Ge—⸗ 
meinden bezw. je nach Anordnung der Landes⸗ 
zentralbehörden von den Distrikts- oder Kreisge⸗ 
meinden, und zwar umlageweise aufzubringen. Der 
die Pfalz treffende Betrag beläuft sich auf 819 
Mark 2 Pfg. — Betreffend die Frage der Ver—⸗ 
einigung der pfälzischen Brand⸗ 
versicherungsanstalt mit jener in 
den Landestheilen rechts des Rheines 
werden Vorschläge für den Emwurf eines 
Gesetzes über die Vereinigung der pfälzischen Brand 
versicherungs⸗Anstalt mit der rechtsrheinischen, sowie 
der Entwurf einer hierdurch nothwendig gewordenen 
Bau⸗Ordnung eingehen, welche mit schonender Rück⸗ 
ficht auf die seitherige freiere Bewegung der Pfalz 
in Bausachen lediglich jene Vorschriften der rechts⸗ 
rheinischen Bau⸗ Ordnung aufgenommen, die sich 
auf die Feuersicherheit der Gebäude beziehen, und 
eine vorgängige Plan-Genehmigung nur bezüglich 
einzelner Bauten mit erhöhter Feuersgefahr in's 
Auge gefaßt hat. Nach der Eröffnung wurde zur 
Wahl des Landrathépräsidenten und Sekretäͤrs 
geschristten und Herr kgl. Medizinalrath Dr. Zöller, 
Direktor der Kreis Kranken⸗ und Pflege⸗Anstalf 
in Frankenthal, zum Präsidenten, Herr Banquier 
Schneider zum Sekretär, Beide mit 21 Stimmeu 
bon 22 Abstimmenden gewählt. 
Zweite Sitzung Nachmittags 4 Uhr. An— 
wesend sind sämmtliche Mitglieder des Landrathes 
und als Regierungskommissär der kgl. Regierungs⸗ 
direltor Herr Wand. Nach Eröffaung der Sitzung 
giebt Herr Landraths⸗Präsident Kenniniß von 39 
Vorlagen der kgl. Regierung an den Landrath 
Hierauf wird zur Bildung der Ausschüsse geschritten. 
Es wurden gewählt in den J. Ausschuß (Kreisfonds). 
J. Janson, Schneider, Krämer, Schellhorn⸗Wallbillich, 
Spies, Stöpel, Grohe, Bartz. II. Ausschuß (Kreis⸗ 
anstalten) Krämer, Mahla, Goerg, Höh, Chr. 
Janson, Krüger, Joß. Stalter, J. Janson, Schell⸗ 
horn;Wallbillich. UI. Ausschuß (Straßen und 
Kheindäamme). Brunck, Grohe, Höh, Frank, Kitt, 
Reidenbach, Weber, Chr. Janson, Bartz. IV. Aus⸗ 
schuß (Schulwesen). Krieger, Brunck, Mahla, Hun⸗ 
demer, Neu, Kitt, Schneider, Spies, Reidenbach 
J. Stalter. V. Ausschuß (Besondere Wünsche und 
Anträge). Mahla, Neu, Goerg, Hundemer, Kitt, 
Jos. Stalter, Stöpel, Jak. Stalter. VI. Ausschuß 
(Vereinigung der Brandversicherungsanstalt der 
Pfalz mit jener rechts des Rheins). Dr. Zöoller 
Schneider, Janson, Mahla, Kitt, Brunck, Krieger 
Spies, Frank. Die an erster Stelle genannten 
Herten sind die von den Ausschüssen gewählten 
Vorfitzenden. Denselben werden sodann die Rech- 
aungen pro 1888, die Voranschläge pro 1890 
jowie die Vorlagen der kgl. Regierung übergeben. 
Die Herren Goerg und Schneider bringen einen 
Antrag ein im Betreff Erbauung einer Eisenbahn 
von Biebermühle nach Kaiserslautern. Derselbe 
wird dem 5. Ausschuß zur Berichterstattung über⸗ 
wiesen. Nach Festsetzung der Tagesordnung (Ab ⸗ 
hör von Rechnungen) wurde die nächste Sitzung 
auf heute Nachmittag 4 Uhr festgesetzt. 
Lokale und pfaͤlzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 6. Nov. Wie uns mitge⸗ 
heilt wird, ist gestern der unter dem Verdacht decr 
Theilnehme an dem erwähnten Einbruchsdiebstahl 
—AV 
entlassen worden. Demnach 'scheint er in dieser 
Sache nicht belastet zu sein. 
*St. Ingbert, 6. Novb. Der Voranschlag 
der Distriktsrechnung für 1890 sieht an Ausgaben 
fürStraßenherrichtung und⸗Unterhaltung die Summe 
von 24345Mk. vor. Hiervon entfallen auf dieStrecken 
Blieskastel⸗St. Ingbert 53200 Mk., St. Ingbert⸗ 
Schnappach 4400 Mk., St. Jugbert⸗Eschringen 
3500 Mt., Aßweiler⸗Saarbrücken 900 Mk.. Äß⸗ 
weiler · Ommersheim 1800 Mk., St. Ingbert⸗ 
Spiesen 750 Mk. und St. Ingbert⸗Oberwürzbach 
1750 Mk. und auf die Mimbacher Schleuße 
15 Mk. 
* St. Ingbert, 6. Nov. Im Etat des 
Staatsministeriums für Kirchen- und Schul⸗Ange⸗ 
legenheiten für ein Jahr der 20. Finanzperiode 
ist die Bemerkung enthalten, daß die Zusammen⸗ 
tellung der eingekommenen Gesuche um Bewilligung 
fakultativer Staatsbeiträge zu Unterrichts— 
uind Kultusbauten, welche eine Berücksichtigung 
im Etat nicht finden konnten, gesondert übermittelf 
werden wird. Solche Gesuche find in Vorlage 
zjebracht worden aus der Pfalz 54; u. A.: Neubau 
iner kath. Kirche zu Maßweiler, Bez.⸗A. 
Zweibrücken, Gesamtbedarf 40000 Mk., Tilgung 
einer Bauschuld für Neubau der Kath. Kirche zu. 
Niederwürzbach, Bez. A. Zweibrücken, Gesamt— 
bedarf 40 256 Mk. Erweiterung der katholischen 
Kirche zu Hütschenhausen, Bez. ⸗A. 
Homburg, Gesamtbedarf 3250 Mti. Neubau der 
'ath. Kirche und des Pfarrhauses zu Kirchen⸗ 
arnbach, Bez.⸗A. Homburg, Gesamtbedarf 80000 
Mk., Tilgung einer Bauschuld für Kirchenrestaurirung 
uind Pfarrhofneubau zu Wiesbach, Bez.A. Homburg, 
Besamtbedarf 4000 Mk. 
— Der landwirtschaftliche Konsum- 
VBerein Bierbach eingetragene Genosseschaft 
zat seiner hisherigen Firma die gesetzliche Bezeichnung 
nit unbischränkter Haftpflicht zugefügt. 
— BallweilerWecklingen, 4. Nob 
Gemeinderatswahl.) Wahlkommissaͤr Einnehmerei— 
A 
hjeute: Georg Ries, Adjunkt, Mathias Blum, Jakob 
Lauer, Heinrich Stopp, Josef Ries, Josef Vogel— 
Jesang, Josef Blum, Johann Lang, Christof Blum, 
Johann Vogelgesang, Paul Welsch. Zum Polizei— 
adjunkten für Wecklingen wurde wiedergewäaͤhll 
Michael Welsch. 
— Zweibrücken, 5. Nov. Das in den 
nächsten Tagen zu Ausgabe gelangende Verzeichnis 
der Bürger unserer Stadt, welche bei der Stadt⸗ 
tatswahl am 12. ds. zur Wahl zuzulassen sind 
weist, mit Einschluß der Offiziere der hiesigen Garni⸗ 
son, die Zahl 1000 aus. (3tg.) 
— Zweibrücken. Der Evbangelische 
Bund veranstaltet am nächsten Sonntag im Frucht 
hallsaale zur Feier von Luthers Geburistag einen 
Familien⸗Abend, welchem Vortrag, Gesang und ge— 
sellige Unterhaltung einen ebenso anregenden, als 
gemütlichen Verlauf fichern. 
— Pirmasens, 5. Nov. Die Reichskommission 
hat die Beschwerde gegen das durch diek 
reisregierung der Pfalz als Landespolizeibehörde 
erlassene Verbot der hiesigen Zahlstelle des Vereins 
deutscher Schuhmacher, abge wie sen, so daß es 
also bei dem Verbote sein Bewenden hat. 
— Pirmasens, 5. Novd. Die Familie G. 
in der Brückengasse dahier wurde von einem 
schrecklichen Unglücksfall betroffen, der 
AVVV 
Vor einiger Zeit begaben sich die Eheleute außer 
bem Hause und ließen längere Zeit ihr 1 Jahr 
altes Kind im Bettchen schlafend zurück. Während 
dieser Zeit wurde das arme Kind, das äußerst 
chwächlich und leidend war, von einer Ratte 
iberfallen und angefressen. Das Kinn und 
ein kleiner Theil des linken Backens des armen 
Würmchens wurde von dem abscheulichen Thiere 
augefressen. Das Kind ist, nach der „Zig.“ n 
Folge dessen heuite gestorben. Die. schrecklichen 
Schmerzen, die dasselbe ausgestanden haben muß 
ann man sich denken. Die Ratten sollen sich dor 
hauptsächlich durch den städtischen Abflußkanal zu⸗ 
jammenziehen, sowie in den dort befindlichen alien 
Gebäulichleiten aufhalten. 
— Bei Weidenthal ertränkie sich dag 
58jährige Fräulein Lisette Chelius, Tochter degz 
früheren Revierförsters Chelius, in dem etwa V. 
Stunde vom Dorf entfernten Weisenbacher Weiher. 
Geistige Umnachtung, die schon einige Wochen bdor— 
her bemerkbar, soll das Motiv der traurigen That 
jein. 
— Landau, 5. Novb. Bei der gestern im 
Stift (Germaniasaal) dahier stattgefundenen Konm— 
troll-Versammlung wurden 52 Reservisten 
theils mit Geldstrafen, mittleren und gelinden Artest 
bestraft. Dieselben hatten sich fast alle nicht richtig 
an⸗ oder abgemeldet. Sehr häusig kommt es dor 
daß die Leute ihre Militärpapiere einfach dem 
Bürgermeister übergeben, wo dieselben alsdann in 
der Regel liegen bleiben. Es ist dies aber gar nicht 
Sache des Bucgermeisters, die Militärpapiere jedes 
Einzelnen an das Bezirkskommando abzulicfern, 
denn derselbe hat blos Meldekarten abzugeben und 
allenfalls bei deren Ausfertigung behilflich zu sein. 
Aber dieselben selbst auszufertigen, dazu ist er nicht 
berpflichtet. Auch wurde von dem Bezirksoffizier 
auf ein Kriegsministerialreskript aufmerksam gemacht, 
wonach sich auch die Landwehrmänner jetzt schon mit 
neuer wollener Wäsche, Socken ⁊c. ꝛc. zu veisehen 
haben, damit dieselben im Falle einer Mobilmachung 
stets bei der Hand sind, indem im Falle eines 
Winterfeldzuges alle Läden rasch ausverkauft sind, 
ohne die Mannschaft sämmtlich befriedigt zu haben. 
Den Betrag erhalten die Leute beim Einrücken zu⸗ 
rückvergütet. Sodann wurde ihnen auch der Rath 
ertheilt, beim Einrücken im Falle einer Mobilisirung 
gleich Packmaterial mitzubringen, worin sie ihre 
Zivilkleider ꝛc. wieder heimschicken können, indem 
in einem derartigen Falle in einer Garnisonsstadt 
alsdann gar nicht so viel Packmaterial vorhanden 
ist, um Alle zufrieden stellen zu können. (Tgbl.) 
— Landau. Auf die hiesige erledigte pro— 
testantische Pfarrstelle wurde vom Presbyterium 
Herr Pfarrer Unger von Großkarbhbach 
zewählt. 
— Aus Landau berichtet der dortige „Anz.“: 
Vergangene Woche hat Fräulein Anna Sebastian 
jon hier, vor einigen Monaten noch Schulver⸗ 
weserin in St. Martin, unsere Stadt verlassen, um 
ich nach ihrem zukünftigen Wirkungsorte zu begeben. 
In Paris wird Fräulein Sebastian mit einer 
Ldehrerin und 5 Lehrern aus Berlin zusammentreffen 
und mit ihnen gemeinsam die weite Reise über Bordeaur 
nachSantiago (Südamerika) machen. Gegen Weihnach⸗ 
jen dürften sie in Chiles Hauptstadt eintreffen, wo sie 
dann nach fünfmonatlicher Pause — zur Erlernung 
der spanischen Sprache — ihre jungen Kräfte der 
neu errichteten Lehrerbildungsanstalt zur Verfügung 
stellen werden. Der Vertrag, den unsere jungen 
muthigen Pädagogen mit der Republik Chile abge⸗ 
schlossen, zeugt von dem hohen Interesse, das man 
dort der geistigen Bildung des Volkes zuwendet; 
es sei erwäͤhnt, daß die Regierung Chiles für die 
Reisekosten aufkommt und jeder weiblichen Lehrkraft 
ungejähr 2900 Mk. Gehalt festgesetzt hat. — 
— Kandel. Die Frau des Vorarbeiters Beck 
von hier, welche für Allerstelen einen Kranz auss 
den Gottesacker brachte, jraf dort der Schlag; sie 
wurde bewußtlos in ein Haus gebracht und starb 
nach 2 Stunden. 
— Neustadt, 5. Novb. Die diesjzjährige 
Hauptversammlung des „Pfalzischen 
Säangerbundes“ findet am Sonntag, den 17. 
November, Vormittags 11 Uhr, in der Brauer'schen 
Wirthschaft zu Haardt mit folgender Tagesordnung 
tatt: 1) Entgegennahme des Jahresberichtes; 2) 
Bescheidung der Rechnungen; 3) Feststellung des 
Voranschlages; 4) Wahl eines Mitgliedes des 
musikalischen Kommité's; 5) Abhaltung des 7. 
fälzischen Sängerfestes in Neustadt a/H.; 6) be⸗ 
sondere Wünsche und Anträge. Dem ausgegebenen 
Jahresberichte entnehmen wir folgendes; Bei Be⸗ 
ging des 28. Jahres seines Bestehens umfaßte der 
Bund 113 Vereine mit 3260 Sangern, am Schlusse 
desselben 109 Vereine mit 3256 Sängern, und 
war betrug die Zahl der aktiven Mitglieder 1077 
in 38 Vereinen und die der außerordentlichen 2145