Full text: St. Ingberter Anzeiger

Staͤnde gaben durch die außerordentlich ehrfurchts⸗ 
volle und sympathische Haliung gegenüber den 
deuischen Majestäten während deren Auf⸗ 
enthaltes in der Hauptstadt einen neuerlichen Be⸗ 
weis treuer Ergebenheit für den Sultan. Auch 
der Sultan ist von der lohalen Haltung der Be⸗ 
volkerung höchst befriedigt.“ Der deutsche Botschafter 
v. Radowi hat nachstehendes Schreiben an den 
Großvezier Klamil Pascha gerichtet: „Anläß- 
lich des Besnches des deutschen Kaiserpaares haben 
alle Civil⸗, Militär⸗ und Gemeindebehörden ge⸗ 
wetteifert, den deutschen Majestäten den Aufenthalt 
so angenehm als möglich zu gestalten. Auch die 
Bebölkerung Konstantinopels ohne Unterschied des 
Kultus und der Rasse gab durch ihre achtungsvolle 
sympathische Haltung einen neuerlichen Beweis der 
Ergebenheit fur ihren Souverän, indem sie trotz 
der ungeheueren Menschenansammlungen jedesmal, 
so oft die deutschen Majestäten sich öffentlich zeigten, 
boslkommene Ordnung aufrecht hielt. Ich erachte 
es demnach für meine Pflicht, durch Vermittelung 
Eurer Hoheit allen kaiserlichen Behörden, sowie 
den Bewohnern der Stadt, welche in so ausge⸗ 
zeichnetem Maße dazu beigetragen haben, den Glanz 
der denkwürdigen Tage des Besuches der deutschen 
Majestäten zu erhöhen, die Gefühle der Dankbar— 
keit auszudrücken, welche das gesamte deuische Voll 
für das ottomanische Kaiserreich beseelen.“ 
Sansibar, 14. Nov. Der englische 
Generalkonsul, Portal, ist gestern Abend an 
Bord des englischen Kanonenboots „Pigeon“ abgereist. 
Landrath der Pfalz. 
(G. A 
Speyer, 14. Nov. (10. Sitzun 9). Nach 
Verlesung und Genehmigung des Protokolles der 
9. Sitzung bringt das Landrathsmitglied Herr 
Reidenbach einen Antrag ein im Betreff: Ausbau 
der Eisenbahnstrecke von Lauterecken 
nach Staudernheim, welche zur Berichterstattung 
dem 5. Ausschusse überwiesen wird. Bei momen⸗ 
taner Verhinderung des Herrn Landrathspräsidenten 
wird durch den Landrath dem Mitgliede Hrn. Bürger⸗ 
meister Mahla der Vorsitz übertragen. Herr Janson 
Joh. berichtet Namens des 2. Ausschusses über die 
Kreis-⸗Kranken- und Pflege⸗Anstalt 
Frankenthal A. Rechnung pro 1888. Die Zahl 
der Verpflegstage betrug 312,071 Tage und er— 
forderten einen Nettoaufwmand von 266,838 Mk. 
18 Pfg. Es berechnet sich der Tagesaufwand für 
1 Person auf 853 Pfg. Die Einnahmen be— 
tragen 296,012 Mk. 57 Pfg. Die Ausgaben 
298,626 Mk. 95 Pfg. Demnach Mehrausgab⸗ 
2614 Mk. 38 Pfg. Hiezu Ausstände 134 Mk 
4 Pfg. Gesammtmehrausgabe 2748 Mk. 42 Pfg. 
B. Voranschtag pro 1890. Die eigenen Einnahmen 
entziffern 118,960 Mk. 04 Pfg. Die Dotation 
aus Kreisfonds beträgt a für den Betrieb 167,721 
Mk. 22 Pfg., b für Neubauten und Instandsetz⸗ 
ungsarbeiten 3688 Mk., in Summa 290,279 
Mk. 26 Pfg. gleich der Ausgabe für 1890. Diest 
Beträge entfallen auf die nachbezeichneten Positionen: 
1. Besoldung 11,116 Mk. 26 Pfg., Regiefond 
670 Mk., Gottesdienst 2396 Mk., Unterricht für 
gebrechliche Kinder 600 Mk., Krankenpflege 
42,076 Mt., Lohn der Dienerschaft 11,192 Mk. 
Gratifikationen der arbeitenden Pfleglinge 1400 
Mk., Viktualien 180,000 Mk., Beheizung und Be⸗ 
leuchtung 17,8380 Mtk., Unterhalt und Anschaffung 
von Kleidern, Weißzeug, Bettung 27,500 Mk., 
desgleichen von Geräthen für den Betrieb 7500 
Ml., Grundsteuer und Umlagen 100 Mk., Antaufs⸗ 
und Fütterungskosten von Melk⸗, Mast⸗ und Zug 
vieh 20,000 Mk., Bepflanzung des Gartens und der 
Felder 2400 Mk., für Kaminreinigung und Brandasse⸗ 
kuranz 1650 Mk., Baureperaturen 11,680 Mk.. 
Refisionsditäten 180 Mk., Reservefond 271 Mk., 
Feuertequifiten Anschaffung 500 Mk. Zur Deckung 
des Defizits der Rechnung pro 1889: 1698 Mk 
Nach diesem Referate übernimmt der Herr Land⸗ 
xrathsprasident wieder den Vorsitz und berichtet so— 
dann Herr Mahla im Namen desselben Ausschusses 
über die Angelegenheit der Kreis⸗-Irren⸗Anstalf 
Klingenmünster. (Bericht folgt.) Tagesordnung für 
morgen Nachmittag 4 Uhr: Penfionsstand für 
Realschullehrer und Lehrer an isolirten Lateinschulen, 
Wünsche und Anträge auf Erhauung von GEisen- 
hahnen. 
Xokale und pfalzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 16. Nob. Für die Mit⸗ 
glieder des Vereins „Harmonie“ steht heute 
rine sehr interessante Unterhaltung bevor. Diesen 
Ahbend 8 Ubr wird nämlich in dem Verein der 
stecitator Herr Paul Rieder aus München einig 
zusgesuchte dramatische Stücke, wie Theile aus 
„König Lear“, sowie auch eigene poetische Erzeug 
nisse verschiedenen Inhalts zum Vortrage bringen. 
Dem Recitator stehen die besten Empfehlungen zur 
Seite. Gewiß wird es vielen, und nicht am 
wenigsten den Damen, erwunscht sein, eine wie 
man erwarten darf, kreffliche Wiedergabe poetischer 
Werke zu hören. 
* St. Ingbert, 16. Nob. Wir weisen be—⸗ 
sonders auf die heutige Bekanntmachung hin, wo⸗ 
nach Dienstboten, welche durch mindestens Sjährige 
Dienstzeit bei derselben Herrschaft Anspruch auf 
einen Preis aus dem pfälzischen Dienstbotenstifl 
qjaben, ihre Gesuche bis längstens 25. dss. Mts. 
beim Bürgermeisteramte einzureichen haben. 
*— Der abtretende Gläubiger, welcher 
bon dem abgetretenen Schuldner die Zahlung der 
abgetretenen Forderung annimmt, ohne demselben 
die erfolgte Abtretung der Forderung bekannt zu 
geben, macht sich eines Betruges schuldig. (Arteil 
des Reichsgerichts, IIII Straf-Senat, vom 18. Mär— 
1889.) Hinzugefügt muß werden: Vorausgesetzt, 
daß er die Forderung nicht etwa in der Absicht 
einzog, um dadurch die Geschäfte des Cessionars zu 
besorgen. 
*— Mit Giltigkeit vom 1. Dezember l. J. 
treten für den Verkehr mit Zusammenstell⸗ 
baren Rundreiseheften die nachfolgenden 
Bestimmungen inkraft: Fur Reisen, auf welchen 
ausschließlich Strecken der an dem Rundreiseverkehr 
beteiligten Verwallungen deutscher Staats⸗ und 
Privateisenbahnen benutzt werden, können zufammen⸗ 
stellbare Fahrscheinhefte auch dann ausgegeben, 
bezw. zur Benutzung zugelassen werden, wenn die 
Hin⸗ und Rückfahrt ganz oder teilweise über die 
gleichen Bahnstrecken stattfindet. 
— Zweibrücken, 16. Nov. Die Eröffnung 
der IV. Sitzungsperiode pro 1889 des 
Schwurgerichtes bei dem kgl. Vandgericht⸗ 
Zweibrücken ist auf den 9. Dezember d. J. fest⸗ 
gesetzt und Herr Oberlandesgerichtsrat Stichter zum 
Vorsitzenden der Schwurgerichts⸗Session ernannt 
vorden. — Vor ungefähr 3 Monaten find zwei Ge⸗ 
angene, die Maurer Hans M. von Linden und 
Jost Peter von Kübelberg, welch' beide an einem 
Neubau im Gefängnishof beschäftigt waren, ent⸗ 
vichen. Jost Peter wurde nun heute wieder in die 
hiesige Gefangenanstalt eingeliefert. Derselbe hiell 
ich in Luxemburg auf. Hier wurde er wegen 
eines begangenen Diebstahls in Untersuchung ge— 
zogen und auf Requisition unserer Staatsbehörde 
hierher ausgeliefert. Nachdem die beiden hier im 
Befängnis ausgebrochen waren, hielten sie sich in 
der Nähe von Kübelberg einige Tage auf und 
machten sich dann auf den Weg nach Luxemburg. 
In Diedenhofen will Jost seinen Reisegefährter 
Hans verlassen haben, von welchem man bis jetz 
teine Spur hat. (Btg.) 
— Landstuhl. (Besitz wechsel.) Das 
an der Eisefkahnstraße gelegene Wohnhaus der 
Erben des dahier verlebten Bierbrauereibesitzere 
Herrn Georg Schirber ging laut notariellen Aktes 
don gestern für 9000 Mtk. durch Kauf an Herrn 
Abraham Reinheimer, Handelsmann dahier, über. 
— Herr Josef Schirber verkaufte unterm Gestrigen 
das bisher in seinem Eigentum befindliche, früher 
der Firma J. Reichhard Söhne gehörige Anwesen, 
zestehend aus Wohnhaus mit Lagerräumen und 
Stallungen, Dampfsägewerk, Lohmühle, Badeanftalt, 
holzlager Schuppen und großem Lagerplatz, an 
eine Schwester Frau Franziska Reichhard flur 
32,500 Mk. — Die bisher von Herrn August 
Schirber dahier betriebene Bierbrauerei und Mälzerei 
erhält von jetzt ab insofern eine Veränderung, als 
dessen Bruder Herr Joses Schirber in das Geschäft 
als Teilhaber eingetreten ist und ‚beide das Ge—⸗ 
schäft unter der Firma Gehrüder Schirber weiter⸗ 
ühren werden. (3tg.) 
— Von der Sicingerhöhe, 15. Novp 
In dem Höhdorfe Martinshöh setzte gestern 
in der Abenddämmerung der Ruf: „Die Kirche 
hrennt!“ die Einwohnerschaft in Aufregung. 
Zwei jugendliche, dem Bettel und dem Diebstahle 
ergebene Taugenichtse sollen es auf die Opferkasse 
abgesehen und dabei fahrlässigerweise einen Para— 
mentenschrank in Brand gesetzt haben. Das Feuer 
wurde jedoch rasch entdeckt und geloöͤscht, ehe ein 
zrößerer Schaden entstehen konnte. Schon vor 
ztlichen Jahren gerieth die nämliche Kirche ge⸗ 
egentlich eines nachbarlichen Schadenfeuers ir 
Brand und konnte nur nach qaroßer Anstrenaun—c 
der Dorfbewohner gerettet werden. Martinshoh 
ist eine der elf pfälz. Gemeinden, denen unlängs 
eine Kirchenlotterie bewilligt wurde. Das Dorf — 
hebt außerdem, wie der „Zw. Z.“ gemeldet wird 
zu einem Kirchenneubau seit mehreren Jahren ein⸗ 
Kultusumlage von 580 so. Die kathol. Bewohn 
von Martinshöh fsind darum in der keineswegẽ 
angenehmen Lage, an dem alten baufalligen 
Kirchengebäͤude Ausbesserungen vornehmen zu 
müssen, während fie zum Neubau einer Kirch⸗ 
schwere Opfer zu bringen haben. 
— Kusel, 15. Nov. Gestern Vormittag fand 
dahier die Adjunktenwahl statt. Nachdem der bis 
herige erste Adjunkt Herr Benzino abgelehnt haue 
wurde der bisherige zweite Adjunkt Herr Banquier 
Emil Wack zum ersten und Herr Apotheker Wilhelm 
Röbel zum zweiten Adjiunkten gewählt. Die 
Wahl des Buürgermeisters wird am Samstag im 
Dick'schen Saale vorgenommen. 
— Kaiserslautern, 15. Nov. Theuereé 
Waͤsche trägt der kaum der Schule entwachsent 
Emil Hoch, Sohn von Michael Koch dahier, 
welcher für einen unter Eindrücken einer Fensterscheibe 
gestohlenen Halskragen wegen Diebstahls im Rückfall 
zu 1 Jahr und 6 Monaten Zuchthaus verurtheili 
wurde. 
— Otterberg, 14. Novb. Bei der heutigen 
Versteigerung des sog. „baye rischen Hofes“ 
eines früheren Tanzlokales, Wohnhaus mit zwei 
geräumigen Gärten, durch ihre schöne Lage sehr 
zu Bauplätzen geeignet, und eine Fläche von 9 
Aren (27 Dezimalen) enthaltend, wurde das An— 
wesen unter blos 2 Konkurrenten Herrn Jalob 
Kraus II., Wirth und Bauunternehmer dahier, um 
die Summe von 6000 Mk. zugeschlagen. In 
wieweit der jetzige Besitzer fragliches Anwesen, wo⸗ 
rin in früheren Jahren regelmäßig Tanzmusik ab⸗ 
gehalten und eine Kegelbahn betrieben wurde, sich 
nutzbar machen wird, ist zur Zeit unbekannt. 
— Pirmasens, 15. Nov. Die Abordnung 
in Sachen der Biebermühlbahn ist 
gestern Nachts wieder heimgekehrt. Dieselbe hatte 
nus folgenden Herren bestanden: Kaiserslautern 
dommerzienrath Euler, Bürgermeister Hohle, Stadt⸗ 
baumeister Bindewald; Pirmasens: Bürgermeister 
sönig und Kommerzienrath König: Waldfisch⸗ 
dach: Gaßner; Schopp: Eugen Jakob; Stein⸗ 
alben: Schneider. Die Abordnung sprach bei den 
Ministern v. Crailsheim, v. Riedel und v. Fei⸗ 
litzsch, sowie bei Herrn Ministerialrath v. Rumpler 
und dei vielen Abgeordneten vor, um das Bahn⸗ 
projekt zu empfehlen. Minister v. Crailsheim 
erklärte, daß jetzt, wo die Bitte nur auf eine Se⸗ 
kundärbahn gerichtet und für diese der Grunder⸗ 
werb gesichert sei, das Projekt eher in Erwägung 
zezogen werden könne. Versprechen könne der Mi-— 
aister jedoch nichts. Die Regierung könne in 
olchen Angelegenheiten sich nicht von Gefühls— 
politik leiten lassen. Bezüglich des Ablaufs des 
Uebereinkommens zwischen Siaat und Pfälzerbahnen 
mögen die Pfälzer beruhigt sein. Wenn die Re⸗ 
gierung ernstlich den Bau einer Linie wolle, wer⸗ 
den die Pfälzerbahnen denselben auch ausführen, 
zjudem gäbe es auch später noch Mittel, nöthigen⸗ 
falls einen Bahnbau zu erzwingen. Dem gegen⸗ 
wärtigen Landtag werde jedoch keine Bahnvorlage 
mehr zugehen. Minister v. Riedel zeigte sich 
ebenfalls sehr wohlwollend und versprach, im näch⸗ 
sten Frühjahre einen Ministerialbeamten zur Prüf⸗ 
ung der einschlägigen Verhältnisse in die interessirte 
Gegend zu entsenden, namentlich zur Ermittlung 
des Juteresses, welches das Staatsärar an der ge⸗ 
wünschten Bahnanlage habe. Insgesammt erhielt 
die Abordnung den Eindruck, daß die Stimmung 
in den maßgebenden Kreisen eine dem Bahnprojekt 
qünstigere sei als früher. (A.) 
— Laudau. GBesitzwechsel.) Herr Zahn⸗ 
sechniker Kühner hat das Notar Heuck'sche Haus 
in der Nußbaumgasse um 36,000 Mk. erworben. 
— Rheinzabern. Bei der Gemeinde— 
rathswahl wurde hier ein Zeitel folgenden In⸗ 
hJalts abgegeben: 
Ich soll ehren den Alten 
Aber auch zum neuen halten, 
Der uns traktirt mit Worscht und Bier, 
Wis Mode isch hier. 
So lang ich mich auch thu besinnet, 
E' richtige Borjemeschter thu ich ni finne,! 
Drum thu ich sor kein stimmen; losst mich gehn, 
Es werd doch nit besser in der Gemen. 
— Belflheim, 15. Nov. Gestern starb 
dahier Herr Valentin Sutter nach einem schweren