Full text: St. Ingberter Anzeiger

Verhältniß zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, 
Beschränkung beider Theile auf den sog. Arbeits⸗ 
vertrag, Lockerung der Disziplin und Organisation 
häufiger Arbeiterausstände zur Durchsetzung auch 
uͤnberechtigter Forderungen werden die nächsten 
Folgen der Errichtung derartiger Ausschüsse sein, 
denen sich weiterhin die Lahmleguig der Handels— 
und Industrie-Unternehmungen, die daraus 
folgende Arbeitslosigkeit einerseis und Gefähr— 
dung des Befitzstandes andererseits, sowie die Er⸗ 
ichütterung der gesellschaftlichen und flaatlichen 
Ordnung anschließen werden. In Erwägung 
dessen erklären sich die unterzeichneten Vereine 
prinz'piell gegen die Errichtung von 
Arbeiter⸗Ausschüssen, sehen vielmehr eine Lösung 
der heutigen Schwierigkeiten nur da als möglich 
an, wo der Ardeitgeber persönlich jedem seiner 
Arbeiter Gelegenheit gibt, seine Beschwerden 
einzeln oder durch ad hoc gewählte Delegirte 
anzubringen, und, sowen diese Beschwerden sich 
als billig und gerecht erweisen, Geneigtheit zu 
entsprechender Abhülse bethätigt.“ 
Koblenz. Im August nächsten Jahres 
wird hier das XVIII. Mittelrheinische 
Kreisturnfest abgehalten werden. Die 11 
GBaue des Kreises (zu dem auch der Turnverein 
St. Ingbert gehört) zählen etwa 32000 
Turner. Die ersten vorbereitenden Schritte find 
bereits geschehen. Unter reger Beteiligung aus 
allen Berufskreisen wurden die Festausschüsse ge— 
bildet; den Vorsitz im geschäftsführenden Aus— 
schusse hat Herr Obecbürgermeister Schüller über— 
nommen. Für den Garantiefonds sind in wenigen 
Tagen 30000 Mtk. gezeichnet worden. 
Das deutsche Reichskanzleramt veröffentlicht 
Folgendes: Aufgrund der Vorschriften in 89Ziff. 
2 des Gesetzes über die Naturalleistungen 
für die bewaffnete Macht im Frieden, vom 13. 
Februar 1874, ist der Betrag der für die Na— 
turalverpflegung zu gewährenden Vergütung für 
das Jahr 1890 dahin festgestellt worden, daß an 
Vergütung für Mann und Tag zu gewähren ist: 
mit Brot ohne Brot 
a) für die volle Tageslost 80 Pfg. 68 Pfg, 
b) für die Mittagskost 40 Pfg. 35 Pfg. 
c) für die Abendkost 25 Pfg. 20 Pfg. 
d) für die Morgenkost 15 Pfg. 10 Pfg. 
* Mainz, 24. Dez. Die Hofbuch— 
druckerei von Johann Wirth, welche vor 
kurzem von einem Konsortium Frankfurter Kapita— 
listen angekauft wurde, ist gestern in eine Aktien— 
gesellschaft umgewandelt worden. Das Abltien— 
tapital beträgt 300,000 Mt. 
F Merkwürdige Todesursache. Aus 
Rheinhessen, 21. Dezember. In dem Dorfe 
K. siarb vor einigen Tagen ein Mann unter sonder— 
buren Umständen. Von der zuständigen Gerichts— 
behörde aufgefordert, berichtet der dortige Todten— 
deschauer wie folgt: An großh. Amtsgericht in X. 
Betreffend den Todesfall des N. N. Es war 4 
Uhr Morgens, als ich in das Haus des N. N. 
gerufen wurde. Die Leiche, welche auf dem Hofe 
gestorben war, wie angegeben wurde, lag auf dem 
Bett. Sie war bereits todt ꝛc. Der Bürgermeister 
desselben Ortes setzte das großh. Kreisamt von 
dem Ableben des Orisdieners in Kenntniß, indem 
er schrieß: „Der Polizeidiener Anton W. ist in 
Folge von Lungentzündung gestorben; hinzusellt 
hatte sich noch — ärztliche Behandlung.“ 
F Rothenburg o. T. 24. Dez. Herr 
Gottfried Scharff, langjähriger rechtskundiger 
Bürgermeister dahier, ist gestern gestorben. 
Muünchen. Verwaltungsgerichtshof. In 
Sachen, betreffend: „Die Zahlstelle München 
des deutschen Tischler-Verbandes,“ ist 
die Beschwerde des Schreiners Eduard Schmid 
als Bevollmächtigten der Zahlstelle München, gegen 
einen Entscheid der kgl. oberbayerischen Kreisregier— 
ung als unbegründet verworfen, der angefochtene 
Entscheid wird bestätigt. Demnach ist die genannte 
Zahlstelle sofort zu schhießen, da sie sich als 
bolitischer Verein charakierisitt. 
F (Einbruchdiebstahl.) In der Nacht 
von Montag cuf Dienstag wurde im Komptoir der 
bekannten Verlagsbuchhandlung Braun u. Schneider 
in München, von wo aus die „XFliegenden 
Blätter“ in alle Welt gehen, eingebrochen und die 
Tageskasse, welche den Abend vorher noch geleert 
worden war, mit ca. 70 Mk. Indhalt, eine große 
Anzahl Brief- und Stempelmarken im Werthe von 
za. 120 Mk., sowie ein zweites Pult, worin sich 
einiges österreichisches Geld befand, ihres Inhalts 
beraubt. Die große Kasse, welche eingemauert ist, 
widerstand den gemachten Versuchen, fie gewaltsam 
zu öffnen. Der oder die Thäter sprengten den 
Fensterladen im Parterre des am Maximiliansplatzi 
gelegenen Haufes auf, drückten die Scheiben des 
Fensters ein und gelangten so unbehelligt in das 
domptoir, in dem sie, der Manipulationsweise nach, 
denau bekannt gewesen zu sein icheinen. Am 
Dienstag Vormittag wurde gerichtlicher Augenschein 
genommen; von dem Thäter hat man indeß bie 
jetzt noch keine Spur. 
Weimar. Die Gewehrfabrik in 
Sömmerda (v. Dreyse) hat bedeutende Aufträge 
in kleinkalibrigen Magazingewehren (Modell Frz. 
Dreyse) für China übernommen. Die Fabrif 
lieferte schon vor einigen Jahren eine bedeuteunde 
Zahl Gewehre dorthin. 
F Berlin, 24. Dez. Durch Allerhöchf 
Kabinetsordre ist der General⸗Lieutenant Graf v 
Alten, Kommandeur der Garde⸗Kavallerie⸗Divi⸗ 
ion, unter Belassung in dem Verhäliniß als Gen rul⸗ 
adjutant à la suite Sr. Maj. des Kaisers und Königs 
zum Gouverneur der Festung Uim ernannt worden 
Beneral Lieutenant p. Versen, Kommandeur der 
—X— 
sst unter Belassung in seinem Verhältnis als Gene⸗ 
raladjutant Seiner Majestät des Kaisers und 
Aönigs in gleicher Eigenschaft zur Garde⸗Kavallerie⸗ 
division versetzt worden. 
F Tragikomisch. Wie schwer es ist, es 
illen Leuten recht zu machen, das mußte ein armer 
Musensohn in Berhin zu seinem Schaden 
ieser Tage erfahren. Nach laugem Mühen war 
⸗s dem Studiosus gelungen, zwei Lektionen zu er 
zattern, deren karger Ectrag ihm über des Leben? 
Nothdurft hinweghelfen sollte. An einem der letz 
ten Tage erscheint nun der Student bei einem 
einer geistigen Pflegebefohlenen. Der Vater em⸗ 
zfängt den Correpetitor mit düsterer Miene und 
röffaet dem Bestürzten, daß sein Sohn eine über— 
nus schlechte Censur nach Hause gebracht habe; er 
der Vater) sei zwar von dem redlichen Eifer des 
Lehrers überzeugt, aber der bedauerliche Mißerfolg 
RAeser Bemühungen zwinge ihn, auf dessen weitere 
Ditwirkung an der geistigen Ausbildung seines 
Sprößlings zu verzichten. Betrübten Gemüthes 
irscheint nun der Student in dem zweiten Hause. 
dier empfängt ihn Mama mit außerordentlicher 
riebenswürdigkeit. Sie ist entzückt, denn die Cen— 
uren ihres Töchterchens lauten überaus glänzend 
»as begabte Kind braucht keine Nachhilfe mehr. 
Die glückliche Mutter verabreicht dem jungen Manné 
mit den herzlichsten Dankesworten für seine so 
erfolgreichen Bemühungen das restliche Honorar; 
er braucht sich nicht weiter zu bemühen. ... Die 
Beschichte ist komisch für den, der sie in der Zeit⸗ 
ung liest, aber sie ist recht traurig fuür den armen 
Studenten, der die eine Lektion verlor, weil sein 
Zögling zu wenig, die andere, weil derselbe zuviel 
zelernt hatte. 
F Ein junger Wei⸗-Neger, den Graf 
Joachim v. Pfeil aus Afrika mitgebracht hat, er⸗ 
ctegt gegenwärtig das Interesst der Berliner Ge— 
ehrtenkreise, weil er der erste Repräsentant eines 
disher noch unbekannten Stammes ist, der den 
uropäischen Boden betreten. Der junge Bursche 
st u. A. auch von Profissor Virchow eingehend 
untersucht und von dessen Assistenten photographirt 
worden. 
F Brüssel, 24. Dez. Die Arbeitsein— 
stellungen im Kohlengebiet von Charleroi 
rehmen zu; es wird ein allgemeiner Streik be⸗ 
ürchtet. Die Bewegung verbreitete sich mit großer 
Schnelligket. In den Hauptgruben ist das Zu⸗ 
ammenhalten der Bergleute ein auffallend festes. 
Allenthalben macht sich Kohlenmangel bemerkbar. 
,Leuchtende“ Menschen. Die elek— 
rischen Glühlampen haben eine neue Verwendung 
zefunden. Im Hafen von Sunderland tragen die 
Dockarbeiter Helme, an deren Spitze eine elektrische 
Blühlampe angebracht ist, die von einer kleinen 
Batterie gespeist wird. Das Licht genügt voll— 
tandig zur Arbeit und die Kosten sind geringer 
als bei Gas. Die Leuchtkraft ist aleich 16 Wachs: 
kerzen. 
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Gemeinnüutziges. 
In Bezug auf die Influenza hat die badische 
Regierung eine amtliche Plublkation veranlaßt, 
welche schließt: „Weil die Grippe in den aller— 
meisten Fälle eine leichte Erkrankung darstellt, dar' 
die eigentliche Behandlung in der Regel eine sehr 
ꝛinfache sein. Es genügt meift, das Bett zu hüten, 
tnappe Diät zu halten und schweißfördernde 
Pflanzenaufgüsse zu nehmen. Stellen sich intensidere 
Erscheinungen, besonders seitens der Respirations⸗ 
organe ein, so versauwme man nicht, ärztliche Hilfe 
in Anspruch zu nehmen. Sorge für die nöthige 
ärztliche Hilfe und Unterstüßung der ärmeren Volks- 
klassen mit Medikamenten, Heizungs⸗ und Nahrungs⸗ 
mitteln werden für den Fall des Eintritts der 
Epidemie die Hauptrichtungen sein, in denen sich 
die öffentliche Gesundbeitspflege zu bewegen haben 
wird.“ 
Sienstesnachrichten. 
Bezirksthierarzt Feiedrich Engel in Kaisers— 
lautern wurde vom 1. Januar 1890 an als Ver- 
weser der Kreisthierarztes⸗ und Bezirksthierarztes- 
Stelle in Speyer einberufen. 
Der Hauptzollamtsoffiziul Bieringer in 
Ludwigshafen wurde zum Hauptzollamtskontrolleur 
in Pfronten befördert und der Zollassistent Gräün— 
waud in Rosenheim zum Hauptzollamtsoffizial in 
Ludwigshafen ernannt. 
Protest. Kultus. Das protest. Vikariat 
Hachenbach wurde dem Pfarramtskandidaten Hein⸗ 
rich Bäcker von Queichhambach vom 1. Januar 
1890 an übeitragen. 
Die Gemeindeschreiberei in Leimersheim wurde 
dem Lehrer Hermann Kuhn üÜbertragen. 
Gendarm P. Emig in Landau wurde auf 
Ansuchen zum Grenzaufseher in Furth i. W. er⸗ 
nannt. 
Haupilehrer M. Kaiser in Kusel wurde 
auf Ansuchen von der Funktion eines Haupt- 
lehrers für den Fortbildungsbezirk Kusel enthoben 
und diese Funktion dem Lehrer Ph. Gabel in 
Mühlbach a. Gl. übertragen. 
Pfalzische Eisenbahnen. D.r bisherige 
Bezirkeingenieur O. Göhring von Kirchheim— 
holanden wird als Vorstand des Ingenieurbezirkes J. 
nach Kaiserslautern versetzt. Ausgetreten ist: Diätar 
Anion Friedebach der Kontrole am 16. Dez möer. 
— Pensionairt wurden vom 1. November ab 
Ingenieur Georg Klein in Ludwigshafen auf 
Jahr und der temporär pensionirte Bremser FIrz. 
Kuntz in Ludwigshafen auf weitere 83 Monaten 
vom 16. November ab: Stationsverwalter Adam 
Leibig in Dellfeld auf 6 Monate und der tem⸗ 
porur pensfionirte Zugführer Jos. Ganz in Neu— 
stadt dauernd; vom 1. Dezember ab: die tem⸗ 
horär penysfionirten Bahnhofverwalter Wendel 
Postel in Hochspeyer und Schaffner Wilhelm 
Fischbach in Speyer auf ein weiteres Jahr; 
Schaffner Wilhelm Beysiegel in Ludwigshafen auf 
weitere 6G Monate; vom 16 Dezember ad: der 
temporär pensionirte Wagenwärter Johann Reeb 
in Landau dauernd; vom 1. Januar 1890 
ab: die temporär pensionirten Wagenvisiteur 
Michael Vohlandt in Ludwigshafen, Wagenwärter 
Franz Freitag und Heizer Joh. Jung in Kaisers— 
lautern dauernd. 
Familiennachrichten. 
Gestorben: In Niederauerbach Philipp 
Schöneberger senior, 66 J. a.; in Breitenbach 
Ludwig Weyrich, 65 J. a.; in Grethen Jakob 
Mesel, 83 J. a.; in Forst Johann Ludwig 
Werle. 
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Reueste Nachrichten. 
Müuͤnchen, 26. Dez. In dem Befinden 
des Ministerpräsidenten d. Lutz ist keine Aender— 
ung eingetreten; die letzte Nacht hat der Kranle 
unruhig verbracht. 
Für die Redaktion verantwortlich F. FX Deme“ 
Ball⸗Seidenstoffe v. 95 Pige. bis 
14.80 p. Met. — glatt, gestreift u. gemustert 
— vers. roben; und stückweise portos und zoll— 
frei das Fabrik-Depot G. Henneberg (GE. u. 
KHofl.) Zürich. Muster umgehend. Brief⸗ 
kosten 20 Pf. Porto. 
Tausende längst gezogener Loose sind 
noch unerhoben und der Ver— 
jährung ausgesetzt. Gegen 50 Pf. Briefmarken 
sendet Bankeer A. Daun in Stuttgart, Heraus— 
heber des bekannten N. Finanz- und Verloosungse 
blattes, die Serienliste (24. Jahrgang) über alle 
bis 30. Dez. gezogenen Serienloose nebst Ver— 
loosungskalender füt's neue Jahr Jedermann 
franko zu. Auch kontrolirh derselbe Loose etic. in 
aͤllen stattgehabten Ziehungen a 10 Pf. per Stück, 
in allen künstigen Ziehungen g 15 Pf. per Stüd 
und Jabr.