Full text: St. Ingberter Anzeiger

Kairo, 4. Jan. Ein egyptischer Soldat, 
welcher aus Omdurman, wo er sich während der 
ietzten 9 Monate aufgehalten hatte, in Wadyhalfa 
angekommen ist, berichtet, der Mahdi habe 6000 
Mann auf Dampfschiffen nach Bar⸗el Gazel gesandt. 
Von diesen sei ein Mann am 11. Oktober zurück- 
gekehrt und habe die gänzliche Niederlage der Der- 
wische gegen Emin Pascha gemeldet. Der Soldat 
fügt hinzu, Emin sei der weiße Pascha. Am 23. 
Oktober habe der Soldat Omdurman verlassen und 
bis dahin sei keine weitere Nachricht aus dem 
Süden daselbst bekannt gewochen. 
Der Generalstabsarzt der Armee., 
Dr. v. Lauser, der kürzlich seinen achtzigsten Ge— 
bdurtstag beging, hat, wie berichtet wird, sein Ent⸗ 
lassungsgesuch eingereicht. 
Eofale und pfalzischye Nachrichten. 
*St. Ingbert, 5. Jan. Die morgen 
Mittag 3913 Uhr im Saale des Herrn Johann 
Wei rich (Brauerti Becker) beginnende Gene ral⸗ 
pecsammlung des hiefigen Allgemeinen 
Kranken-Unterstützuungs⸗ und Sterbe—⸗ 
Kasse-Vereins sei unsern werthen Lesern hier⸗ 
mit nochmals in Erinnerung gebracht. — Gleich⸗ 
zeitig seien unsere Freunde des Eislaufs auf das 
morgen Mittiag auf der spiegelblanken Eisfläche des 
Wommbacherweihers, welcher eine schwache halbe 
Stunde von Mitte der Stadt entfernt liegt, stattfindende 
große Eislauffest verbunden mit Concert der hie⸗ 
sigen Bergkapelle, erinnert. 
* St. Ingbert, 5. Jan. In Nr. 286 
vorigen Jahrganges des „St. Ingb. Anz.“ ver⸗ 
öffentlichten wir einen Artikel, worin wir auf die 
mangelhaften Postverbindungen von St. Ingbert 
nach der Vorderpfalz hinwiesen und besonders be— 
lonten, daß hier Briefe, welche nach 5 Uhr Abends 
aufgegeben werden, über Saarbrücken nur bis 
Neunkirchen befördert werden und namentlich solche 
mit Zug 255 um 7 Uhr 9 Minuten früh nur 
bis Zweibrücken gelangen. Je ein Exemplar be— 
treffender Nummer sandten wir an das kgl. Ober—⸗ 
postamt Speyer und an das Bezirksgremium für 
Handel und Gewerbe in Zweibrücken. Die berech⸗ 
tigte Forderung einer besseren Verbindung wurde 
wie neuestens aus Zweibrücken gemeldet wird, vom 
kgl. Oberpostamt anerkannt. Denn von Legterem 
exhielt das Bezirksgremium die Nachricht, daß die 
k. Postexpedition St. Ingbert angewiesen worden ist, 
ab 10. k. Mts. einen mit Zug 369 (Abgang aus St. 
Ingbert 9 U. 36 M. Nachts) durch Eisenbahnper⸗ 
sonal zu befördernden Vriefbeutel nach Zweibrücken 
abzufertigen, woselbst die Umspedition der darin 
enthaltenen Korrespondenzen auf die verschiedenen, 
mit den Frühzügen abgehenden Bahnposten 
tattzufinden hat. Von dieser Einrichtung sind die 
Hauptinteressenten gefälligst in Kenutniß zu setzen. 
Bewiß wird das Entgegenkommen der kgl. Ober⸗ 
oostbehörde allerseits Anerkennung finden. 
* Für das laufende Jahr wurden folgenden 
Pfälzern Stipendien verliehen: Studirende 
der Münchener Hochschule erhielten je 360 M: 
Friedrich Mayscheider von Speyer, F. Bauer von 
Kaiserslautern, H. Leppla von Einöllen, Otto 
stebmann und Heinrich Weber von Kaiserslautern. 
Forstkandidaten erhielten je 420 M: Hrch. Schecher 
aus Erlenbach, Hrch. Cramer aus Lindelbrunn; 
330 M: Jos. Ostermeier von Hofstetten. 
—“* Die Einbruchsdiebstähle in der 
Pfalz mehren sich in letzter Zeit in beunruhigender 
Weise. So wurde auch in Cisenberg am Abend des 2. 
Jan. bei dem Steinhauer L. Scherr eingebrochen 
und demselben 600 M. entwendet, und mußte 
dem Diebe dieser Kassabestand nicht unbekannt ge- 
wesen sein. Scherr befand sich mit seiner Familie 
bei Verwandten, welche Gelegenheit der Einbrecher 
benützte. Derselbe schlich sich in den Hinterhof 
und drückte eine Fensterscheibe der Schlafstube ein. 
Es scheint, daß der Dieb von hier ist, indem dem⸗ 
selben die Verhältnisse der in letzter Zeit hier Be— 
stohlenen genau bekannt waren. Eine Beruhigung 
für die Bürger wäre es, wenn man des gefährlichen 
Finbrechers habhaft werden könnte. 
*— Originelle Neujahrskarten versandte 
die in zwei Weltteilen wohlbekannte Lackfabrik Ino 
Werner u. Co. in Mannheim. Der Inhaber der⸗ 
jelben, Herr Werner, ist der Erfinder der Glasuren 
und Emaille für Brauereigeräte, wie Käüjhlschiffe, 
Maischbütten ꝛc. und dessen Geschäft allen Brauerei- 
besitzern wohlbekannt. Die Originalität der Karten 
bdesteht darin, daß auf der Rückseite derselben für 
das Jahr 1887 die Anzaäahl der Brauereien. die 
Bierproduktion aller europäischen Länder und 
Amerikas, sowie deren Steuerertrag und der Kon⸗ 
um in den einzelnen Ländern pro Kopf der Be— 
yölkerung in Litern angegeben ist. Großbrittanien 
teht bei 12983 Brauereien obenan mit rund 47 
Millionen Hektolitern Produktion, 125 Liter auf 
den Kopf der Bevölkerung und einem Steuerertrag 
»on nahezu 200 Millionen Mark. Die größte 
Anzahl Brauereien hat Deutschland, nämlich 26143, 
velche xund 45 Millionen Hektoliter Bier herstellen; 
is treffen hier 95*4 Liter auf den Kopf der Be⸗ 
»ölkerung und der Steuerertrag ist rund 672 
Millionen Mark. Amerika scheint die größten 
Brauereien zu haben, denn 2170 Brauereien stellen 
3913 Millionen Hektoliter Bier her, die 9795 
Millionen Mark Sieuer ertragen, auf den Kopf 
der Bevölkerung treffen 55 Liter. Der größte Con- 
um ist in Belgien, wo 150 Liter Bier auf den 
kFinzelnen kommen. Den geringsten Verbrauch hat 
stumänien, denn er beträgt nur 1 Liter pro Kopf. 
Unter den deutschen Ländern steht Bayern oben- 
in mit 248 Litern pro Kopf der Bevboͤlterung. 
— In Kaiserslautern haben einige 
derren in einer Versammlung in der „Alten Pfalz“, 
»er Vztg. zufolge, beschlossen, am Sonntag, 13. 
Januar, in einem noch näher zu bestimmenden Lo⸗ 
al, eine allgemeine Versammlung hiesiger prote⸗ 
tdantischer Einwohner einzuberufen, um durch Dar⸗ 
egung der ganzen Verhältnisse, zu weiterem, that⸗ 
räftigem Wirken für die Reischersache Anregung 
u geben. 
— Dahn, 2. Jan. Drei Burschen aus Fisch 
ach Namens Ahrenth, Ganster und Kuntz, zerklei⸗ 
jerten in der Neujahrsnacht in der Wohnstube des 
dköhlers Kuntz daselbst auf einem Tische Spreng- 
zulver, das sie sich verschafft hatten und mit 
vem sie zu schießen gedachten. Durch eine 
Unvorsichtigkeit fiel plötzlich die auf dem Tische 
ehende Petroleumlampe um — ein fürchterlicher 
drach ertönte und die herbeieilenden Nachbarsleute 
jewahrten zunächst einen erstickenden Qualm, dann 
ah man, daß die Fenster und Thüren des Kuntz⸗ 
chen Hauses vollstandig vernichtet waren. Die in 
»er Stube Anwesenden waren fast alle betäubt, je⸗ 
voch erlitt Niemand eine ernstliche Verletzung. Das 
Borkommniß duürfte vor Gericht noch ein ernstes 
Nachspiel haben. 
— Annweiler. Zur Warnung iheilt 
das „A. W.“ folgendes mit: Bei einer Vereins⸗ 
testivität dahier fanden sich u. A. auch eine 
Anzahl junger Herren ein und waren nach kurzer 
Zeit recht fidel; da sie sich alle gut kannten, theil⸗ 
veise sehr intime Freunde waren, so blieben die 
gegenseitigen Neckereien nicht aus. Hierbei nahm 
iner derselben einen Propfen und warf ihn nach 
einem Freunde; unglücklicherweise hatte letzterer, 
entweder infolge Gähnens oder Lachens, gerade den 
Mund auf, der scharf geworfene Propfen fuhr durch 
den Mund in die Rachenhöhle und blieb dort 
ttecken, so daß man einen Erslickungstod befürchten 
mußte. Glücklichetrweise kam e in Hustenanfall, 
welcher den Profen in die Höhe befoörderte und 
der fatalen Situation ein Ende machte. 
— Landau, 4. Jan. Ein Soldat der 11. 
Komp. des 18. Inf.Rgts. schoß sich heute 
Morgen einen Finger ab. Ob es absichtlich oder 
unvorsichtiger Weise geschehen, konnten wir nich! 
erfahren. 
Am nächsten Sonntag findet hier eine Ver⸗ 
ammlung zur Förderung der Retschersache 
tatt. 
— Deidesheim. Unter den Winzern be⸗ 
deht schon seit urdenklichen Zeiten die Sitte, in der 
sacht vor Weihnachten (Christnacht) einen Zweig 
zer Jericho⸗Rose, unter dem Namen „Weinrose“ 
ekannt, in ein Glas mit Wein zu stellen und an 
eren mehr oder minderem Aufblühen das Ergeb⸗ 
niß eines bevorstehenden Herbstes bestimmen zu 
vollen. Obgleich wir nun auch nicht im Gering⸗ 
ten auf die Zuverlässigkeit dieser Ecscheinung ver⸗ 
rauen, so darf doch gesagt sein, daß man in Win⸗ 
erkreisen das schöne Aufgehen der Blätter als eine 
jute Vorbedeutung für den kommenden Heerbst hält. 
Die in der letzten Christnacht gemachten Wahr⸗ 
nehmungen an genannter Rose waren denn auch 
ehr erfreuliche, und wünschen wir von Herzen, es 
nöchten fich an die beregte Erscheinung geknüpften 
doffnungen in vollstem Maße erfüllen. 
— Beindersheim, 3. Jan. Es wurd⸗ 
im 26. November v. J. an dieser Stelle berichtet, 
daß einem hiefigen Milchmann als er morgens halb 
7 Uhr vor der Rauch'schen Wirthschaft in Franken⸗ 
hal hielt, ein Korb, 72 Pfd. Butter enthaltend, ge- 
dohlen wurde. Der Bestohlene machte davon einem 
Frankenthaler Schutzmann Anzeige, welcher nach 
Darstellung der Angelegenheit demselben erwiderte: 
„Ei, da gehört Ihnen ja, weil Sie das Pierd 
allein stehen ließen, noch ein Protokoll.'. „Ah 
noch“ sagte unser Butterbestohlener, und als er 
nach einiger Zeit das Strafmandat nebst Kosten ꝛtc. 
Mk. 2.50 betragend, erhielt, war er nicht wenig 
von der Promptheit des Protokollierens überrascht 
uind bezahlte die Strafe. 72 Pfd. Butter à M. 
l. — Wut M. 7.50, Strafmandat M. 2.50 thut 
usammen M. 10 Gesammtwverlust! Eine Warnung 
ür Milchfuhrwerke, die gewöhnlich mit den „mu- 
higsten Rossen“ bespannt sind und welche leicht, 
venn sie ohne Aufsicht auf der Straße stehen. 
durchgehen und großes Unheil anstellen können. 
— Frankenthal, 8. Jan. In das hiesige 
dandgerichtsgefangniß wurde heute Vormittag ein 
Bursche eingebracht, welcher verdächtig ist, die letzten 
Brände in Böhl gelegt zu haben. 
— Laut Kausbertrag vor Hen. Justizrath 
Machwirth, als instrumentirenden Notar, ging die 
Aktienbrauerei Frankenthal am 83—. dss. 
Mis. definitiv an die E. Metzner'sche Brauereige⸗ 
ellschaft dorten um den Vreis von 160.000 Mk. 
über. 
— Jagersburg, 4. Jan. Dahier wurde 
in Verein zur Foörderung der Bienenzucht 
unter gleichzeitigem Anschluß an die Bienenzucht⸗ 
pereine der umliegeuden Ortschaften gegründet. — 
die Bohr versuche nach Steinkohlen beim nahe⸗ 
gelegenen Websweilerhofe wurden unlängst einge⸗ 
tellt. Man stieß zwar nach langer Arbeitszeit 
nuf Kohlenflötz⸗, allein in einer solchen Tiefe, deren 
Ausgrabung zu einem Schachte allzugroße Kosten 
berursachen würde. Die Gesellschaft läßt nun Bohr⸗ 
bersuche am „Naßwald“ unweit Hoͤchen u 
Vzʒt. 
— Unter den Studirenden der technischen Hoch⸗ 
schule in München befinden sich folgende Pfäl— 
zer, die mit Stipendien aus Staatsfonds 
pro 1888189 bedacht wurden: Friedr. Mayscheider 
von Speyer, F. Bauer von Kaiserslautern, H. 
Leppele von Einöllen, Otto Rebmann von Kaisers⸗ 
lautern und Heinrich Weber von Kaiserslautern. 
Vermischtes. 
fZur Rechts anwaltschaft beim Amts- 
gerichte Su lzbach wurden zugelassen der kgl. 
preuß. Notar und Rechtsanwalt Viproux dort⸗ 
selbst. 
F In Saarbrücken-St. Johann be— 
ginnen bereits die Carnevalssitzungen. Die St. 
Johanner Carnevalsgesellschaft hält nächsten Sonn⸗ 
tag im Tivoli Eröffnungs⸗Kappensitzung. 
4F In der Saar geht seit gestern Nacht Treibeis, 
eine Unterbrechung des Schiffsverkehrs auf dem 
Saarkanal steht in Aussicht. 
F In Heusweiler fand gestern Morgen 
wie die S. Z. berichtet Hert Kaufmann Dohle 
eine Dynamit-Patrone auf seiner Fenster⸗ 
zrüstung liegen. Zum Glücke war die Zündschnur 
abgerissen, so daß die Patrone nicht explodieren 
lonnte, was wenn es geschehen wäre, sicher ein 
großes Unglück herbei geführt hätte. Allgemeiner 
Wunsch ist es daß die Untersuchung den Thäter 
exmittelt und exemplarische Strafe nicht ausbleiben 
ioll. (S. 3.) 
F Mestz. Der bayerische Hauptmann Graf von 
Dürckheim-Montmartin, welcher bei der 
dönigskatastrophhe in Ungnade gefallen und zur 
Strafe in das hier garnisonierende 8. bayer. In⸗ 
anterie⸗Regiment versetzt worden war, ist jetzt 
pieder in das in München garnisonierende 5. In⸗ 
fanterie-Regiment versetzt worden. 
FZur Lehrlingsfrage. Die badische 
Regierung hat die dortigen Gewerbevereine aufge⸗ 
fordert, ihr Meister namhaft zu machen, welche 
dehrlinge in Kost und Pflege aufnehmen, für ihre 
ittliche Haltung Sorge tragen und sie den heutigen 
Anforderungen entsprechend unterweisen wollen. 
Solchen Meistern, welche selbstverständlich die er— 
forderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen 
müssen, soll eine staatliche Beihülfe nicht allein für 
die Leistung der Lehre, sondern auch für die Ver— 
besserung ihrer Werkstätte-Einrichtung gewährt 
werden. 
fKoöln, 2. Jan. Heute Morgen wurden 
im Dome zwei Grabgewölbe gefunden. In 
dem einen hatten die sterblichen Ueberreste des Kur⸗ 
fürsten Johann Elemens, Herzogs von Bayern, 
welcher 1723 starb, eine Ruhestaͤtte gefunden. Das