Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Berlin. (Der vorlaute Fern⸗ 
precher ) Ein jungverheiratheter Kaufmann, im 
zonigmond seinet Ehe, pflegte sich trotzdem aus 
Fewohnheit zum „Frühschoppen“ in ein Lokal 
Taubenstrabe zu begeben, welches unter den 
—R eines Orchestrions seine Gaste von — 
ir Hand“ bedienen läßt. Die junge Frau, 
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uche davon Kunde erhalten hatte, glaudte ihren 
Idoif den Verführungskünsten jener Bier⸗Sirenen 
hiehen zu müssen und nahm ihm das Versprechen 
auf seine Vormittagsfreude im „Elysfium“ zu 
erzichten. Dennoch aber saß er eines schönen 
Norgens wieder in dem verbotenen Paradiese hin⸗ 
sunem Schoppen. Da fiel ihm plotzlich eine 
Hichtige Geschaͤftssache ein und trieb ihn der 
hunsch, von seiner Frau eine Auskunft zu er— 
Aten, an das Telephon des Lokals. Die Ver⸗ 
indung mit seiner Wohnung war schnell vollzogen, 
— — 
dhemann wollte eben „Danke, Schluß, rufen, als 
ie Gattin plotzlich außerte: „Sag 'mal. Adolf, 
vo stedst Du denn wieder? Ich höre ja Musik!“ 
Ach, Mauschen, in einem Zigarren⸗Geschäft 
n der Friedrichstraße. — die Wachtparade zieht 
hen vorbei!“ — Ob fie es geglaubt hat? 
x Errichtung einer Werkstatt zur Erbauung 
entbarer Luftschiffe in Berlin.) Das 
Berl. Tgbl.“ berichtete vor einigen Tagen Fol⸗ 
endes: Als Erfinder und Unternehmer wird uns 
in Herr W. dezeichnet, der mehrere Jahzre hinter 
zchloß und Riegel verbracht hat — wegen eines 
huells, wie er versichert. In dieser unfreiwilligen 
Nuße scheint er den Plan zur Reife gebracht zu 
jaben, den er jetzt auszuführen gedenkt. Noch 
hunderbarer als die von Herrn W. behauptete 
ͤsung des Problems der Lenkbarkeit des Luft- 
chiffes erscheint uns die uns von unserem Gewährs⸗ 
nann gleichzeitig mitgetheilte Thatsache, daß Herr 
W. auch zwei sehr vermögende Herren gefunden 
at, die ihm zur Ausführung seines Projektes 
h 000 beʒw. 125 000 M., zusammen also 200 000 
N. zur Verfügung gestellt haben. Hierzu erhält 
ie „Post“ folgende Mittheilungen: Sachverständige 
jaben ihr Gutachten dahin abgegeben, daß die 
Ideen des Herrn wohl möglich erscheinen; auch 
ie angestellten Nachforschungen haben ergeben, daß 
etrügerijsche Manipulationen ausgeschlossen sein 
ütften. Es sind im Ganzen eine Million Mark 
n Antheilscheinen von 50 000 M. zusammenge⸗ 
racht worden. Es wird zunächst ein großartiges 
zabrikgebäude errichtet und dann wird die Her⸗ 
ichtung von Akkumulatoren ins Werk gesetzt. 
FEine erschütternde Scene spielte 
ich kürzlich früh auf dem Schlesischen Bahnhof in 
derlin ab. Einer aus Russisch Polen in Berlin 
ingekommenen durchreisenden Auswanderer⸗Familie, 
velche sfich nach dem Lehrter Bahnhof begeben 
vollte, war im Eisenbahnwagen während der Fahrt 
yon Breslau nach Berlin ein zweijähriges kleines 
MNädchen gestorben. Der Jammer der armen Eltern 
var um so größer, als dieselben bis zur Ankunft 
uuf dem Schlesischen Bahnhofe gar keine Ahnung 
satten, daß das Kind, welches während der letzten 
tunden sich wohl unwohl gefühlt, dann aberzin 
heiten gehüllt eingeschlafen war, todt sei. Erst 
ier wurde es der armen Mutter klar, daß sie zu⸗ 
eßt eine Leiche in den Armen gehalten, und ein 
ufällig auf dem Bahnhofe anwesender Arzt kon- 
atitte den Tod der Kleinen. Natürlich mußte 
ie Reise nach Amerika unterbrochen werden, und 
uf der Straße vor dem Bahngebäude umstand 
me mitleidige Menschenmenge die ärmlich gekleidete 
ammernde Familie. Ein Arbeiter, schon ein älterer 
Nann, sammelte in seinem Hute für die Armen 
ind hald war eine Summe unter den mitfühlen- 
en Zuschauern zusammengebracht, welche für die 
doung des verstorbenen Kindes ausreichen 
iurfte. 
Waldenburg i. Schl. Eine Katze im 
ztieflasten — das duürfte doch nicht zu den all- 
iglichen Ereignissen gehören. In der Nacht zum 
Renstag vor. We. wurden Passanten auf Klagetöne 
ufmerksam gemacht, welche aus dem an der Ecke 
et Gabelsbergerstraße angebrachten Briefkasten er⸗ 
hallten. Man benachrichtigte die Post hiervon, 
ind als nun der Kasten gebffnet wurde, fand man 
me Katze in demselben vor. Die Uniersuchung 
ab, daß das Schloß des Briefkastens wahrschein- 
ch mit einem Infirument zurückgedrückt, hierauf 
e Thür herabgetlappt und, nachdem die Katze 
meingeschoben worden, der Kasten wieder so zuge⸗ 
lappt wurde, daß das Schlos einschnappte. Es 
ind Vorkehrungen getroffen worden, um in Zukunft 
Lehnliches unmoöglich zu machen. 
fAus Nordschleswig. Nachdem kürzlich 
ine Sektiererin infolge bestandigen Grübelns uͤber 
eligioͤse Dinge dem Wahnsinn verfallen war, ver⸗ 
reitet sich jetzt die Kunde von einer grauenhaften 
chat, die gleichfalls als ein Auswuchs des Sekten- 
ums zu betrachten ist. Wie bereits berichtet, 
darben nach einander in kürzester Frist fünf blühende 
dinder eines Landmannes in Emmerleff, und das 
echste iotkranke Kind folgte bald den Geschwistern. 
Hit Bestimmtheit verlautet jetzt, daß die armen 
kleinen dem Moloch des Aberglaubens zum Opfer 
efallen find. Der Vater ist nämlich ein eifriger 
UInhänger der sonderbaren, starr⸗orthodoxen Sekte 
der „Bornholmer“, die seit einiger Zeit viel von 
ich reden macht. Da nun diese Sektierer dem 
Blauben an das Fatum ergeben sind, so lassen fie 
alle Fügungen des Schicksals ohne Widerstreben 
und Murren über sich ergehen. Diesem Glaubens⸗ 
atze getreu, hat der Landmann in Emmerleff seine 
echs an der Diphtheritis erkrankten Kinder vor 
einen Augen den Erstickungstod sterben lassen, ohne 
zus dem in der Nähe belegenen Hoyer die geringste 
irztliche Hilfe gegen die tückische Krankheit in Än⸗ 
pruch zu nehmen. 
FWiedereinführung der Peitschen⸗ 
trafe in England. Mit Rücksicht auf die 
vachsenden Einbruchsdiebstähle in London hat das 
S—chöffengericht am Londoner Zentralgerichtshof die 
Biedereinführung der Peitschenstrafe vorgeschlagen. 
dieselbe leistete vor einem Jahrzehnte vorzügliche 
dienste gegen eine bestimmte Klasse von Urbel- 
hätern, welche sich Abends auf ihre Opfer stürzten 
ind fie knebelten, die sogenannteu Garotiter und 
vürde auch heute vielleicht wohlanwendbar sein 
jegen Messerhelden, Baumfrebler, Schnellfahrer 
1. s. w. 
h Rom, 18. Febr. Der letzte männliche 
S5prosse der Familie Barberini iflt gestorben. 
- Auf Vulcano, der südlichsten der Liparischen 
zunseln, wurden am 12. Februar innerhalb 71 
5tunden 99 und am 14. Februar innerhalb 8 
5tunden 112 vulkanische Explosioneu beobachtet, 
velche sehr häufig elektrischer Natur waren. Dabei 
vurde keinerlei Erschütterung des Bodens wahr— 
genommen. 
F Von einem unfreiwilligen Bade, 
as kürzlich ein Jünger des Mars zu nehmen ge⸗ 
wungen wurde, berichtet man die folgende Geschichte: 
Frau Rechnungsrath N. war die Güte und Nach— 
icht selbst; vor Allen aber durfte die Köchin Frie- 
derike, kurzweg Rieke genannt, ein Mädchen von 
refflichen Eigenschaften, sich ihrer Gunst rühmen. 
die Küchenfee theilte nur eine große Schwäche mit 
hresgleichen: sie hatte eine allzu ausgesprochene 
Zorliebe für's Militär, und trotz mancher trüben 
ẽrfahrung wandte sie ihr Herz dem kraushaarigen 
Fritze“ von der Infanterie zu. Leider konnte sie 
hn nur an solchen Abenden bei sich empfangen, 
in welchen die „Gnädige“ das Theater besuchte. 
steulich nun war wieder solch' ein heißersehnter 
Ubend für Rieke hereingebrochen. Fritze durfte 
ilso neben seinem Liebchen am traulichen 
derd in der Küche weilen. Plötzlich aber wurde 
raußen geläutet. Rieke eilte cns Guckloch der 
Flurthüre, kam jedoch gleich wieder bleich und zit⸗ 
ernd zurück. Draußen stand die „Gnädige“ mit 
der Gesellschafterin. Wenn es ihr einfiel, durch die 
düche zu gehen! Voll Angst suchte sie nach einem 
Versteck; da fiel ihr Blick auf die in der Küche 
tehende, stets mit einem Leintuch bedeckte Bade— 
wanne. Rasch mußte Fritz hinein. Rieke breitete 
über die Wanne wieder das Leintuch, und nun erst 
lief fie hinaus, die Wartenden einzulassen. Der 
Gnädigen“ war im Theater plötzlich unwohl ge⸗ 
vorden, daher die unerwartete Rückkehr. Rieke 
nußte jetzt schleunigst zum Hausarzt, man ließ ihr 
aum so viel Zeit, sich ein Tuch umzuhängen. In 
hrer Abwesenheit nun erschien die Gesellschafterin 
n der Küche und traf Anstalten zu einem Bade, 
zas die Frau Rath allabendlich kurz vor Schlafen⸗ 
gehen nahm. Nichts Arges ahnend, schraubte sie 
an je einer Längsseite der Wanne einen Schlauch 
in, befestigte einen davon an der Wasserleitung, 
en anderen an einem in der Heiz; und Kochvor⸗ 
ichtung eingefügten, mit heißem Wasser gefüllten 
dessel, und als dies geschehen war, öffnete sie die 
hähne an den Schläuchen. Im nächsten Augen- 
zlick schoß auch schon auf den in der Wanne Ver—⸗ 
teckten von rechts ein armdicker kalter Wasserstrahl 
ind von links ein brühend heißer. Wie ein Feder—⸗ 
jall schnellte Fritze in die Höhe und sprang mit 
ꝛinem gewaltigen „Donnerwetter!“ aus der Bade⸗ 
vanne vor die entsetzt aufschreiende Gesellschafterin. 
Binnen wenigen Augenblicken war das ganze Haus 
uilarmirt. Rieke kam und hätte gleich wieder gehen 
önnen, wenn nicht ihre sonstigen schätzbaren Vor⸗ 
süge die „Gnädige“ bewogen hätten. „Pardon“ zu 
iben. 
Dienstesnachrichten. 
Rechtspraktikant Stein aus Rheinzabern, 
dermalen an der ek. Regierung in Untecfranken 
vurde zum Assessor am Bezirksdamt Schwabach 
rnannt. 
Durch Regierungs-Entschließung wurde die 
nterimistische Verwesung der unteren protestantischen 
Schulberweserstelle in Neuburg dem Schuldienst⸗ 
exipektanten Ludwig Becker von Mauchenheim 
nit Wirkung von 15. d. M. an übertragen. 
Die protestantische Pfarrstelle zu Gerolsheim, 
Dekanats Frankenthal, wurde dem Pfarrer Leonh. 
VBalker zu Offenbach, Dekanats Landau, ver⸗ 
iiehen. 
Kaplan Rheude in Kirrweiler wurde als 
daplan nach Kaiserslauterr versetzt. 
Der Assessor des k. Bezirkdamts Schweinfurt, 
steinhard Frhr. v. Gise, wurde seinem Ansuchen 
intsprechend aus dem Staatsdienste entlassen. 
Versetzt: der Bureaudienergehilfe Max Schnei⸗ 
der von Reustadt nach Speyer. Penfioniert: der 
Telegraphenmechaniker 1. Kl. Rudolf Nieh aus 
n Speyer auf 1 Jokr 
Fam?liennachrichten. 
Gestorben: In Dürkheim J. S. Weil, 79 
J. a.; in Kaiserslautern Fr. Catharina Burgardt, 
reh. Kennel. 60 J. a. 
—— 
Neueste Nachrichten. 
Berlin, 19. Febr. Kunftigen Freitag findet 
zeim. Reichskanzler Fürsten Bismarck eine 
»arlamentarische Mittagstafel statt, zu der zahl⸗ 
eiche Landtagsabgeordnete aus verschiedenen Frac- 
ionen Einladungen erhalten haden. 
Berlin, 19. Febr. Der deutsche Han⸗ 
elstag wurde heute Vormittag 10 Uhr eröffnet. 
Ztaatssekcetär, Vizepräsident des Staatsministeriums, 
». Bötticher, hieß die Erschienenen willkommen und 
esprach dann die Hauptberathungsgegenstände. Die 
hersammlung trat zunächst in die Berathung des 
ẽentwurfs, eines Gesetzes, betreffend die Alters und 
Invaliditäts⸗Versicherung ein. 
Berlin, 19. Febr. Der „Reichsanzeiger“ 
eröffentlicht die Verordnung, betreffend die Aus—⸗ 
ibung der Prisengerichtsbarkeit aus Anlaß 
ver ostafrikanischen Blockade. 81 bestimmt, daß 
die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der von 
)»em deutschen Geschwader aus Anlaß der Blockade 
yer ostafrikanischen Küste gemachten Prisen in erster 
Instanz dem Prisengericht in Sansibar zustehen 
oll. Dieses besteht aus dem deutschen General⸗ 
onsul daselbst und dem Auditeur des Blockadege⸗ 
hwaders. In zweiter Instanz erfolgt die Ent- 
heidung durch das Oberprisengericht in Berlin. 
die allgemeine Geschäftsaufficht über diese Gerichte 
teht dem Reichskanzler zu. 
Für die Redaktion verantwortlich F. X. Demetz 
Versteigerungs- und Submissions- 
Anzeigen. 
Im Gemeindewalde von Morlautern, 
Distrikt Hasselberg, sollen pro 1889 circa 80 
Tentner eichen Lohrinde geschalt und im Submissi⸗ 
onswege verkauft werden. Die näheren Bedingungen 
können beim Bürgermeisteramte, bei dem die bezüg⸗ 
lichen verschlossenen und mit der Aufschrift „Sub⸗ 
nission auf Lohrinde“ versehenen Anerbieten läng- 
stens bis 8. Märzulf. Is., Mittags 2 Uhr ein⸗ 
zureichen sind, erholt werden. Am genannten Tage, 
Nachmittags 3 Uhr, findet die Eröffnung der ein⸗ 
gzelaufenen Submissionen und eventuell der Zuschlag 
im Bureau des Bärgermeisteramtes statt 
—â—— 
ner arke Juuex 
hicht · n Rheumalismu⸗ 
reidenden sei hiermit der echte 
Wain-⸗Expeller 
At ‚Anker“ als sehr wirksames 
Hausmittel empfohlen. 
Bdorratbe in den mesten Apotheren.