Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amssgerichts St. Inabert. 
* St Jugberter a7 erjcheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Seiertage. 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungs-Vlatt und Mittwochs und Samsßags mit 
—— Beilagen. as Vlait tostet dierteljahrlich 1 A G60 einschließlich Tragerlohn; durch die Poft bezogen 14M 78 4, einschließlich 40 4 Zustellungsgebuhr. Die 
ructuugsgebühr fur die 4gespallene Garmondzeile oder deren Raum betragi bei Inseraien aus der Pfalz 10 4, bei außerpfalzischen und solchen auf welche die Erpeditien 
Auskunft ertheili, I3.4, NReklamen 30 A Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
J 866. 
Finladung zum Abonnement 
uf den täglich, mit Ausnahine der Sonn⸗ und Feier⸗ 
nge erscheinen den 
„St. Ingberter Anzeiger“. 
Der „St. Ingberter Anzeiger“ besitzt eine ansehnliche 
eerbreitung in den Orten der Westpfalz und dem benach⸗ 
anen preußischen Gebiete. Politische Nachrichten werden 
mEt. Ingberter Anz.“ mit möglichster Raschheit verbrei⸗ 
außerdem bringt der „Anzeiger“ allwöchentlich eine 
rütische Uebersficht. Treu, national und patriotisch steht 
hum angestammten Herrscherhause und zu derjenigen 
jattei, welche fuür Erhaltung der nationalen Guüter eintritt. 
den Nichtpolitischen Theil sucht der St. Ingberter Anzeiger 
iuf das Anziehendste zu gestalien durch stete aufmerksame 
rirachtung und sachliche Besprechung lokaler Vorgänge und 
derhaltnisse, kleinere landwirthsch. und gemeinnützige Artikel 
ic. eit. Wöchentlich führt derselbe zwei Sseitige illu—⸗ 
trirte Sonntagsblätter, ferner anliegend ein „Un⸗ 
erhaltungsblatt⸗ (2 mal wöchentlich) mit gediegenen 
omanen, Keineren Erzählungen, Gedichten, Räthseln. Der 
St. Ingb. Anzeiger“ eignet sich als wirksamstes Ju⸗ 
erations⸗Blatt. 
Der Preis des Blattes erleidet auch jetzt keine Verän⸗ 
erung und stellt sich vierteljährlich auf 1,60 Mk., einschließ⸗ 
qh Trägerlahn, durch die Post bezogen 1,75 M. einschließ⸗ 
ich 40 pfg. Zustellungsgebüuhr. Denjenigen Abonnenten, 
elche den St. Ingberter Anzeiger durch die Träger erhal⸗ 
, wird derselbe auch im nächsten Quartal fortgeliefert, 
als nicht vor Ablauf dss. Monats ausdrückliche Abbestell⸗ 
ng erfolgt. Bestellungen durch die Post wollen baldigst 
emacht werden. 
zu fleißigem Abonnement laden ein 
Hochachtungsvollst 
Redaktion und Expedition 
des „St. Ingberter Anzeiger.“ 
Deutsches Reich. 
Berlin, 18. März. Die Budgetcom— 
4Aision des Reichstages bewilligte die für die 
Jerwaliang und Unterhaltung des Kaiserpalastes 
u Straßburg angeforderten 24 000 M. Es handelt 
ch dabei um eine Pauschalsumme, die regelmäßig 
a das Hausmarschallamt zu zahlen sein wird. 
Berlin, 18. Maärz. Das fernere Erscheinen 
er, Volkszeitung“ wurde auf Grund des Socialisten⸗ 
csetes verboten. Die „Volkszeitung“ hat dagegen 
war bei der Reichsbeschwerdece mmission Rekurs 
ingelegt, der Erfolg gilt jedoch für unwaährschein⸗ 
qh. Einem Gerüchte zufolge steht die Ausweisung! 
weier Redacteure der „Volkszeitung“ aus Berlin 
x Dor 
— — — 
Ausland. 
Paris, 18. März. Die feierliche Beisetzung 
ts derstorbenen Marineministers Admirals 
Jaursés fand unter großer Beteiligung statt. Am 
drabe sprachen die Minister Tirard und Freycinet 
und Viceadmiral Duperre; sie feierten in patrio- 
ichen Worten die Verdieuste des Verstorhenen, die 
nich im Kriege 1870 um die nationale Vertei- 
qung erworben habe. 
Bern, 18. März. In Zürich wurden zwei 
russen infolge der Untersuchung über die An⸗ 
tgung der Bomben verhaftet. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
—St. Ingbert, 19. März. Das Kagl. 
udienreklorat Speyer gibt bekannt, 
c; das Hofrath Georg v. Jäger'sche Uni— 
nfitdtgst pendium, dermalen im Betrage von 
20 Mi. jahrlich, neu zu derleihen ist. Bewerber 
lüssen sich dem Studium der Philologie widmen, 
u der Kgl. Studienanstalt Speyer oder Zwei⸗— 
nücken in der Oberklasse zu den desten Schülern 
ehört und demensprechend die Absolutorialprüfung 
estanden haben, Gesuche mit den für Etlangung 
on Universitätsstipendien aus Staatsmitteln er— 
oꝛderlichen Dürftigkeits · und Würdigkeits-Zeug- 
men (Leumundszeügniß und Nachweis über er— 
Dienstag, 19. März 1889. 
'olgreich bestandene Stipendiatenprüfung) find bis 
putestens 1. August 1889 beim Kal. Studien- 
ektorate Speyer in Vorlage zu bringen. 
*— Einjährig⸗Freiwillige.) Nach 
er neuen Heersrdnung werden diejenigen Einjährig⸗ 
rxreiwilligen, welche sich während der ersten sechs 
stonate ihrer Dienstzeit gut geführt und ausreichende 
denntnisse erworben haben, nach Umlauf dieser 
zeit zu überzähligen Gefreiten befördert; von diesen 
verden wieder diejenigen, welche sich durch gute 
Führung und Kenntnisse auszeichnen, nach Umfluß 
veiterer drei Monate zu überzähligen Unteroffizieren 
jefördert und tragen unter Beibehaltung der Schnüre 
die Unteroffiziersauszeichnung. Von diesen werden 
ziejenigen, welche die Offiziersprüfung bestehen, zu 
Keserveoffiziersadspiranten ernannt, erhalten besondere 
BZefähigungszeugnisse und werden dann zur Reserve 
entlassen. 
PZweibrücken, 18. März. Schwur⸗ 
jericht beimt. Landgericht Zweibrücken. 
. Quartal. Vormittags 83 Uhr. I. Fall: 
Ingenheimer Adam, Händler von Franken⸗ 
hal, wegen Münzfälschung. 
Gerichtshof: HH. Erbelding k. Oberlan- 
desgerichtsrath als Vorsitzender, Bruch und Gulden 
k. Landgerichtsräthe. Staatsbehörde: Wag- 
ner k. II. St⸗A. Vertheidigung: Adler 
Rechtsprakt. 
Geschworne: HH. Nägele, Goͤpfert, Reitz, 
Weisbrod, Ritter, Koͤnig, Crusius, Fischer, J. 
Becker, Barz, D. Becker II., Streffler. 
Am 27. September 1888 sandte der Angeklagte 
jeinen fiebenjährigen Neffen zu dem Kaufmann 3. 
n Frankenthal, um ihm Cigarren zu holen, und 
Jab demselben zu diesem Behufe ein Zweimarlstück. 
Der Kaufmann erkannte das ihm zur Zahlung an⸗— 
jebotene Geldstück sofort als ein falsches und fragte 
ʒen Knaben nach seinem Namen, worauf ihm dieser 
ingab, er heiße Kaiser und wohne in der Rhein⸗ 
traße. Dem sofort herbeigerufenen Schutzmann 
jestand er jedoch alsbald seinen richtigen Namen 
Ingenheimer und bezeichnete das Geldstüch als von 
einem Onkel — dem Angeklagten — empfangen. 
die am gleichen und an einem der nächsten Tage 
n dem Hause des Angeklagten, das er mit seiner 
Mutter bewohnte, vorgenommenen Haussuchungen 
ührten zuꝛ Auffindung zweier zum Metallgießen 
enützter Löffel und einiger Bleistücke — scheinbar 
ibrig gebliebene Eingußstücke. Der Angeklagte be—⸗ 
nahm sich bei der Durchsuchung sehr aufgeregt und 
nachte einige widersprechende Angaben. Heute gibt 
zerselbe nun an, er sei früher in einer Metallgie⸗ 
zerei beschäftigt gewesen und habe die Löffel von 
herwandten erhalten, ebenso die Bleistücke, von 
yenen er einige schon vor kurzem zum Ausgießen 
iner Roͤhre als Senkel für seinen Schwager benützt 
Jabe. Zur Falichmünzerei seien diese Utensilien nie 
hestinmmt gewesen. Das Zweimarkstück habe er auf 
der Mannheimer Messe eingenommen und, da er 
's als falsch nicht erkannt habe, ohne es weiter zu 
zetrachten, seinem Neffen zum Einkauf von Cigarren 
ibergeben. 
Der Angeklagte wird als nichti fleißig geschildert, 
onst liegt gegen seinen Leumund nichts vor. 
Von sachverstündiger Seite werden die Werk— 
euge als zur Falschmünzerei geeignet erachtet, und 
»ie Münze als aus Blei und Zinn gegossen be— 
eichnet und zwar in einer so unvollkommenen 
zrägung, daß die Fälschung auf den ersten Blick 
ckenntlich sei. 
Den Geschwornen liegt zur Beantwortung die 
. Jahrg. 
Hauptfrage aus 8 146 (Münzfälschung) und eine 
Frage nach mildernden Umständen vor; außerdem 
aoch auf Antrag der Vertheidigung eine Frage aus 
z 148 (Versuch des Inverkehrbringens falschen 
Beldes, das man als ächtes empfangen, nach er⸗ 
annier Unächtheit) 
Die k. Staatsbehörde verbreitet sich zunächst 
iber die Gemeingefährlichkeit dieser Verbrechensart 
uind sucht alsdann den Nachweis aus einzelnen In— 
dicien zu führen. Der Angeklagte habe nicht gerne 
gearbeitet und doch Geld sich verschaffen wollen. 
Banz auffällig habe er den Knaben zu einem Kauf⸗ 
mann geschickt, dessen gewöhnlicher Kunde er nicht 
sei. Verdächtig sei auch das Benehmen des Kna- 
hen nach der Entdeckung und das des Angeklagten 
zei der Haussuchung. Die vorgefundenen Werk⸗ 
euge habe Ingenheiwer jedenfalls zur Anfertigung 
)»es Geldes benützt. Außer diefer Münze seien zur 
zamaligen Zeit in der Frankenthaler Gegend noch 
einige von ganz gleicher Prägung in Verkehr gesetzt 
vorden, sicherlich auch von dem Angeklagten her⸗ 
rührend. Auch würden die Eingußstücke ganz ge— 
nau an die Münze passen und müßten die Geschwore⸗ 
nen dem allem nach zur Bejahung der ersten Frage 
kommen. Sollten sie jedoch diese verneinen, so 
ttehe zweifelsohne fest, daß der Angeklagte, wenn 
nan annehmen wollte, daß er das Zweimarkstück 
wirklich als ächt vereinnahmt habe, als Geschäfts- 
nann doch sofort dessen Unächtheit erkannt haben 
nußte und versucht habe, durch absichtliche Veraus⸗ 
jabung als ächtes sich schadlos zu halten, weßhalb 
edenfalls die 8. Frage zu bejahen sei. 
Dagegen führte die Vertheidigung aus, der In⸗ 
icienbeweis sei völlig mißglückt. So lange das 
Gegentheil nicht erwiesen, sei den Angaben des An— 
zeklagten, die auch durch Zeugenaussagen unterstützt 
vurden, Glauben zu schenken. Auch nach der Ver⸗ 
jaftung des Ingenheimer sei in Ludwigshafen 
nochmals ein gleiches falsches Zweimarkstück in Ver⸗ 
lehr gebracht worden und sei damit besonders der 
Zufammenhang zwischen dem. Verbrechen und dem 
Angeklagten als Thäter in Zweifel gestellt. Ferner 
habe derselbe durch seinen Handel immerhin seinen 
Unterhalt verdient, so daß auch das von der kgl. 
Staatsbehörde untergeschobene Motiv in Wegfall 
gerathe. 
Allenfalls könne man die Aufstellung der An⸗ 
llage bezüglich der 3. Frage gelten lassen, und stelle 
man diese in das Ermessen der Geschwornen. 
Nachdem diese die erste Frage verneint, dagegen 
die 8. bejaht hatten, verurtheilte der Gerichtshof 
jemäß den Anträgen des Staatsanwalts resp. Ver⸗ 
heidigers den Ingenheimer zu einer Gefängnißstrafe 
»on 2 Monaten und erklärte diese Strafe als durch 
die erlittene Untersuchungshaft für verbüßt und ver— 
fügte die Einziehung der falschen Münze. 
Schluß der Verhandlung 11*4 Uhr. 
2 Zweibrücken, 18. März, Nachmittags 
3 Uhr. U. Fall: Straub Jakob, Tagner 
zon Berghausen, wegen Sittlichkeitsverbrechens gem. 
5176 Z. 2 in idealer Conkurrenz mit 8 183. 
Gerichtshof: HH. k. Landgerichtsdirektor 
Herfeld, als Vorfitzender, Bruch und Gulden Räthe. 
Staatsbehörde: k. II. St. A. Wagner. Ver⸗ 
theidigung: Gießen, Rechtsanwalt. 
Geschworne: Lilier, Fischer, V. Becker, 
dlingel, Blinn, Jung, Lang, Grogro, Reitz, Scholl, 
Waibel, Naegele. 
Nachdem die Geschwornen die Schuldfrage aus 
3176 3. 2, unter Annahme mildernder Umstände