Full text: St. Ingberter Anzeiger

reicher Fachmann führte er die Leitung des großen 
Etablissements mit anerkannter Thatkraft und Aus— 
dauer. Den Arbeitern war er ein wahrer Freund und 
unermüdlich für deren Wohlergehen besorgt und thätig. 
Daß sein edles Bemühen nicht fruchtlos blieb, be⸗ 
weisen die dankbar gedenkenden Aeußerungen der 
Arbeiter. Wer Gelegenheit hatte, mit Hrn. Tafe! 
zu verkehren, mußte die hohe Gesinnung, den edlen, 
menschenfreundlichen Charakter desselben bewundern. 
So zieht sich durch alle Schichten die Trauer über 
den Tod dieses Mannes, der im kräftigsten Alter 
von tückischer Krankheit Uberwunden wurde. Das 
Andenken an ihn wird stets lebendig bleiben. Möge 
er in Frieden ruhen. 
5 St. Indbert, 11. Jan. Die gestrige 
Notig in der St. Ingb. Ztg. bezüglich unseres 
Berichtes über die Christbaumfeier des lath. Ge— 
sellenvereins drückt uns noch einmal die Feder in 
die Hand. Zunächst wollen wir der Deutung un⸗ 
seres Berichtes entgegentreten, als obh wir das 
Spiel der betr. Herren schlechthin tadeln wollten, 
weit entfernt davon, ein Spiel kann gut sein, wie 
hier der Fall, dann ist es aber nicht sehr gut, 
nicht Ausgezeichnet und noch lange nicht 
meisterhaft. Wir sind fest überzeugt, 
daß die betreff. Herren bescheiden genug wären, 
wollte man ihre Leistungen wirklich meisterhaft 
nennen, dieses zurückzuweisen. — Das ist's was 
wir eigentlich wollten. Die deutsche Sprache ist 
wahrlich reich genug, daß man wegen des passenden 
Ausdruckes nicht in Verlegenheit zu kommen braucht. 
Aber gerade hier wäre es am Platze von person⸗ 
lichen Interessen, statt gerechter Kritik zu sprechen. 
Wir haben kein Interesse daran, ob Meister oder 
Schüler. — Wenn der Herr Berichterstatter 
oder besser gesagt die Redaktion der St. 
Ingb. Zeitg. (denn von dieser scheint der 
gefirige Artikel zu kommen) meint, die erste Ent⸗ 
gegnung müsse uns getroffen haben, wahrscheinlich 
weil wir nicht darauf antworteten, so moͤgen sie 
erfahren, daß die dort gebrauchten Redensarten 
unverständlich und unzutceffend waren und uns 
varum vollfiändig kalt ließen. — Ein Versuch, 
unsere Behauptung zu entkräften, wurde nicht ge⸗ 
macht. Wenn trotzdem der Herr Korrespondent vor 
seinen Lesern sich gerechtfertigt glaubt, so zuckt es 
uns zwar in den Lachmuskeln ob dieser naiven 
Auffassung von Rechtfertigung; aber, „wenn alles 
liebi, mag Karl allein nicht hassen“, und so wollen 
wir denn nicht der einzige sein, der ihnen den 
Lorbeerkranz zu entwinden sucht. Ehre, dem Ehre 
gebührt. Den geehrten Lesern des Anzeigers soll 
jedoch gestattet sein, auch anderer Meinung sein zu 
dürfen, und, da auch wir das lesende Publikum 
nicht mehr länger auf die Geduldprobe stellen wol - 
len: „Schwamm d'rüber! 
* Der erste Schnee hat sich endlich verwichene 
Nacht eingestellt und scheint andauernd werden zu 
wollen, denn noch immer fallen die kristallenen 
Flocken vom Himmel und hüllen die Erde in das 
weiße, winterliche Gewand. Die Landleute werden 
sich freuen, daß den Saaten nunmehr die schützende 
Decke zutheil wird. 
PAusdemWestrich 11. Jan. Nachdem gegen 
Schluß des Jahres 1888 in verschiedenen pfalzischen 
Zeitungen Mittheilungen über einen Entscheid des 
igl. Verwaltungsgerichtshofes in München, betreffs 
Kasualgebühren der Proteltanten in Böckweiler 
erschienen, welche falsch aufgefaßt worden sind, er⸗ 
laubt man sich die Hauptpunkte aus dem erst vor⸗ 
gestern eingetroffenen, 16 Folioseiten umfassenden 
Erkenntnis des hohen Gerichtshofes zur Kennmis 
zu bringen. 1) „Die Protestanten in Böcweiler 
sind aufgrund der Vorschrift in Ziff. 1. des Ge— 
neralsynodalbeschlusses vom Jahre 1881, allerhöchst 
genehmigt am 2. November 1882, zur Entricht⸗ 
ung solcher Gebühren verpflichtet. 2) Diese Ver— 
„pflichtung ist aber erst mit dem Zeitpunkte ihrer 
Jamtlichen Publikation am 24. Nov. 1884 zur 
„rechtlichen Wirkung gelangt“. (S. 14. u. 15.) 
Obwohl die Gebührenforderung des Lehrer? 
Vogelgesang in Böckweiler diese Bekanntmach⸗ 
ung erst veranlaßte, mußte derselbe damit kostenfällig 
abgewiesen werden, da sie ja aus der Zeit vor der 
amtlichen Verkündigung, d. h. aus den Jahren 
1883 und 1884 herrührte. Weil aber der Lehrer 
im Prinzip recht bekam, wurden die Kosten des 
Entscheides nur auf 10 Mk. festgesetzt, so daß nach 
Abzug der Herabsetzung der früher bezahlten Ge— 
bühren für den bezirksamtlichen Beschluß von 6 M. 
auf 2 M. und für den Regierungsbescheid von 15 
Mark auf 7 Mk. 50 Pfg. im ganzen mit Port— 
und Botenlohn 1 Mk. 55 Pfg. zu zahlen waren 
O Von der Bicenald, 10. Jan. Der 
den nahen Frühling verkünden sollende Maikäfer 
hat sich auch bei uns beim Pflügen eines Kleeackers 
in ziemlicher Anzahl lebend nahe an der Erdoder— 
Jäche gefunden. Os er wohl recht behält? „Hier 
wird ihm wenig Glauben geschenkt, indem der Wolf 
noch keinen Winter gefressen hat. Bauern und 
Buben wünschen den bis jetzt ausgebliebenen Schnee, 
obwohl aus verschiedenen Gründen, erstere zur Deck 
ung der Saat und Befruchtung des Bodens, letztert 
zum Wintervergnügen. 
— Am 1. Februar l. Is. tritt in Nieder⸗ 
kirchen, kgl. Amtsgericht Kusel eine Po si— 
expedition im Wirksamkeit. Die neue Post⸗ 
unstalt führt die Bezeichnung Niederkirchen „im 
Osterthale“ zur Unterscheidung von der gleichnamigen 
AUteren Postexpedition Niederklirchen, welche die 
aühere Bezeichnung Niederkirchen „bei Kaiserslautern“ 
mnzunehmen hat. 
— Kaiserlautern, 10. Jan. Wie wir 
hernehmen, haben auf das von der Stadt auszu⸗ 
jebende Anlehen von 810,000 M. neun hiesig⸗ 
und auswärtige Firmen fubmittirt. Mit besonderer 
Benugthuung ist dabei zu constatiren, daß die beiden 
hiefigen Firmen Böcking, Karcher & Cie., in Ver⸗ 
hindung mit dem Vorschußvereine,“ das höchste 
Angebot gemacht haben, nämlich 100,40 M. Es 
dürfte dies der beste Beweis dafür sein, daß das 
Anternehmen als ein nothwendiges und nebenbei 
centables erachtet wird. (N. Bz.) 
— Neustadt, 10. Jan. Zur Zeit der Ab— 
zangsprüfung an der hiesigen Realschule im Augusi 
zvorigen Jahres war ein Schüler von bier schwer 
rkrankt. Auf dessen Ansuchen wurde ihm vom 
gl. Ministerium eine Einzelprüfung gestattet. Die⸗ 
elbe fand nun unter der Leitung des Herrn Rec⸗ 
ors Schneider als Ministerial Commissär in den 
Tagen vom 4. bis 9. Januar statt und fiel zu 
Hunsten des Geprüften aus. (Ztg.) 
— Speyer, 11. Jan. Der Tod hat in 
inen bedeutenden Kreis der hicsigen Gesellschaft 
eine schmerzliche Lücke gerissen, indem Herr Rentier 
rudwig Heyden reich heute Vormittag halb zehn 
Uhr an den Folgen eines Schlaganfalles aus dem 
deben schied. Der Verlebte hat bei einer reichen 
ind ehrenvollen Vergangenheit eine Stellung inne⸗ 
Jehabt, wie wenig seiner Landsleute. Zunächst war 
eine politische Thätigkeit herborragend. Im Jahr 
1848 stand sein Name wegen seiner Theilnahme 
in der politischen Bewegung auf der Liste der zum 
Tode Verurtheilten. Anfangs der 70er Jahre ge⸗ 
joͤrte er dem Reichstage an und war lange Jahr 
zis zur Gegenwart; Führer der nationaliberalen Partei. 
Wie der „Pfälzer Sängerbund“ seit seinem Be⸗ 
dehen (1860) und das pfäaälz. Feuerwehrwesen 
zurch Herrn Heydenreich einen so ganz seiner Art 
nisprechenden, stetig fortschreitenden Entwickelungs⸗ 
jang genommen haben, ist zu bekannt, als daß es 
hier naherer Ausführung bedürfe. Besonders die 
hiesige „Liedertafel'“ betrauert in ihm ihren uner 
nüdlichen und wohl nicht zu ersetzenden Direktor 
die Stadt, ja die ganze Pfalz aber einen ihren 
hcenwertesten Manner. Friede seiner Asche! 
— Ludwigshafen, 10. Jan. Das vom 
siesigen Cäcilienberein jüngst zu Gunsten des Herrn 
Musikdirektors Carl Isenmann dveranstaltete 
donzert hat auch in pecuniärer Hinsicht den denk⸗ 
zar günstigsten Erfolg zu verzeichnen. Der Verein 
st, nach dem er die entstandenen Unkosten auf seine 
dafse übernommen hat, dem G. A. zufolge in der 
ingenehmen Lage, der Familie Isenmann den 
insehnlichen Betrag von Mk. 600 zu überweisen! 
— Ludwigshafen, 11. Jan. Die Aktien 
Brauerei dahier, die Firma Gebr. Neuhäuser 
und Weingart & Kaufmann haben in aner 
dennenswerther Weise dem Verein für Geflügelzuch! 
eine Partie Vogelfutter zur Futterung der Vögel 
im Winter zur Verfügung gestellt. Der Verein 
pricht denselben hiermit seinen Dank aus. — Di⸗ 
Rechnung der Vogel- und Geflügelaus— 
tellung schließt mit einem Ueberschuß von übern 
500 Mt. ab. 
— Gerolsheim, 10. Jan. Eine rohe 
That wurde in der Nacht vom 8. um 9. do. aui 
dem hiesigen Friedhofe ausgeführt, indem 8 Grab⸗ 
denkmäler in boshafler Weise umgeworfen und be— 
chädigt wurden. Als der That verdächtig wurde 
der hiesige Tagner G. A. Schitthelm durch Herrn 
HZendarmeriewachtmeister Sauer in Frankenthal ver⸗ 
jaftet. 
Neueste Nachrichten. 
Zweibrücken, 12. Jan. Bei der morgen 
Sonntag nachmittags 8 Uhr, in Spehyer stattfin—⸗ 
den Beerdigung des Vorstandes des Pfalzischen 
Feuerwehrbereines, Herrn Heydenreich, werden auch 
die Feuerwehren unseres Bezirkes vertreten sein 
Nach der vom Vorstand unseres Bezirksverbandes 
Herrn Joh. Bachmann erlassenen Einladung er— 
folgt die Abfahrt der Vertreter ab Zweibrücken 
mint dem Schnellzug vorm. 7 Uhr 52 Min. 
über Germersheim, die Rückfahrt ab Speyer 5 
Uhr 50 Min. über Neuslsadt. In Anbetracht der 
großen Vecdienste, welche sich Heydenreich um die 
dle Feuerwehrsache erworben hat, dürfte auch ein 
zahlreiche Vertretung der Westricher Feuerwehres 
zu erwarten fsein. 
Berlin, 11. Jan. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ 
constatiert, daß die französischen Beamten 
sich geweigert haben, die erforderlichen Scheitte 
zu ihun, um ein Individuum zu ermitteln, welches 
im deutschen Zollamtsgebäude zu Deutsch ˖ Abricourt 
in der Nacht vom 9. zum 10. Januar Fenster— 
cheiben zertrümmert und verschiedene Hezzschriften 
hinemgeworfen haite. 
Berlinu, 11. Jan. Reich sStag. In Fort— 
etzung der Wahlprüfungen besprach heute 
der Reichstag die Wahl des Abg. Websky. Hermes 
hegründete den Antrag auf Vornahme näherer Er- 
nuͤtelungen wegen angeblicher Wahlbeeinflufsungen, 
namentlich durch den Kreisschulinspektor Gregorovius 
Nach lehhafter Besprechung, an der sich u. a. v. 
Marquardsen und Bebel, beteiligten, erfolgte Rüch- 
verweisung der Wahlprüfung an die Kommission. 
Rächst: Sitzung Samstag 1 Uhr. Anträge Baum— 
zach und Hitze, betr. Gewerbegericht und Arbeiter⸗ 
chutzgesetzge bung. 
Für die Redaktisn derantwortlich F. X. Demet 
Eingesandt. 
Das alte Lied von der Mißhandlung von Kindern 
durch ihre Stiefmutter hat auch hier auf eine recht 
raurige Weise eine neue Strophe erhalten. Kommi 
dieser Tage ein Bube aus dem Walde nachhause und 
findet, daß seine Mutter (resp. Stiefmutter), Frau 
—A — 
tagen auf der Straße herumzulaufen, ist kein Ver⸗ 
gnügen, und so begab sich denn der Kleine in die 
Wohnung seines Oheims. Allein dies sollte ihm 
teuer zu stehen kommen. Als er später wirklich 
seine Mutter zuhause traf, wurde er gleich exami- 
niert, wo er den Nachmittag zugebracht habe. Denn 
dem armen Kinde war es verboten, seine Verwand⸗ 
ten zu besuchen, weil er denen oft schon erzaͤhlte, 
wie schlecht es ihm bei der Stiefmutter geht. Da⸗ 
rauf erhielt der Hungrige ein Stück Brot. Aber 
während das herzlose Geschöpf von einer Mutter 
ihm mil der einen Hand das Brot verabreichte, 
sließ sie ihm mit der anderen Hand unter der 
Drohung: Sieh, wenn Du noch einmal dort hin 
zehst — — — — ein scharf geschliffenes Metz⸗ 
jermesser in der Nacken, so daß es fast ein Wun⸗ 
der war, daß die Wunde nicht tödlich wurde. Mit 
durchstochener Mütze und blutüberströmt retiete ich 
der Arme zu seinen Verwandien, die ihn verbin⸗ 
den ließen. 
Wenn jemand gegen einen andern eine Waffe 
zieht, so ist er strafbar; seht empfindlich wird er 
gesiraft, wenn er von der Waffe Gebrauch macht. 
Als gesellschaftsgefährlich setzt man ihn hinter 
Schloß und Riegel. Diese armen Kinder aber find 
hrer Stiefmutter schutzlos in die Hände gegeben, 
da der Vater immer auf Arbeit ist. Diese Kinder 
können nie aufhören zu zittern. Einer solchen 
Rabenmutter darf mag keine Kinder anvertrauen. 
Es ist darum eine heilige Pflicht für die Anver- 
wandten der verstorbenen wirklichen Mutter gegen- 
über, die Kinder den Händen dieser Frau zu ent⸗ 
reißen und für sie sowohl leiblich als geistig Sorge 
zu tragen; denn unter einer solchen Pflege ver⸗ 
tümmern Körper und Seele. 
für Herren und Knaben⸗ 
—LAo kleider, reine Wolle, 
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breit a Mk. 4.75 per Meter versenden direct 
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Dep. Oettinger & Co. Frankfurt a. M. 
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