Full text: St. Ingberter Anzeiger

100 Erzedenten wurden dem Landgerichte einge— 
liefert; das Polizei- Gefangenenhaus ist mit Ar- 
resianten überfüllt. Heute nachmittags verkehrten 
280 Tramwaywagen, somit ist der normale Be⸗ 
trieb wieder hergeftellt; der Verwaltungsrat beschloß 
heute, der Direklion die sofortige Einführung der 
zwölfstündigen Arbeitszeit anheimzustellen. 
Wien, 25. April. Die „Abendpost“ be- 
zeichnet es als ein bedauerliches Merkmal der Ver- 
rohung und Skandalsucht eines Teiles der fremden 
Presse, welcher nicht aufhört, erfundene und er⸗ 
logene Darstellungen aus dem Familienleben aller⸗ 
höchster Personen ohne Rücksicht auf die heiligsten 
Gefühle der Völker und Personen gewissenlos zu 
publicieren. Eines der verwerflichsten Beispiele 
biete der Artikel eines Berliner Blattes über das 
Befinden der Kaiserin, der gewiß in Berlin 
gleiche Entrüstung hervorgerufen, wie in O sterreich⸗ 
Ungarn. Die „Abendpost“ ist in der Lage, auf das 
Bestimmteste zu erklären, daß die Kaiserin von dem 
schweren Schlage, der ihr Mutterherz getroffen, 
zwar tief gebeugt, daß aber ihr allgemeines Be⸗ 
finden hierdurch keine wesentliche Aenderung erfuhr 
und hierüber verbreitete Nachrichten erfunden seien. 
Die neuralgischen Schmerzen sind in diesem Winter 
zwar heftiger aufgetreten, doch nahmen dieselben 
bereits ab und erhofft man zuversichtlich von der Kur 
in Wiesbaden noch weitere Milderung derselben. 
Stockholm, 26. April. In der Zweiten 
stammer beantragte Abg. Bexell, den Handels— 
und Schifffahrtsvertrag mit Deutschland zu 
fündigen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingabert, 27. April. Die Anmeld- 
ungen bei den hiesigen Militärvereinen sei— 
tens Solcher, die sich an der Einweihung der 
Prinzregentenfahne in Speyer betheiligen 
wollen, mehren sich täglich. Es steht jetzt schon 
fest, daß St. Ingbert an den Festlichkeiten in 
Speyer würdig vertreten sein wird. Vom Krie⸗ 
gerberein werden nach bisheriger Feststellung 
180 Mitglieder mit der 26 Mann starken Kapelle 
des Hüttenvereins sich betheiligen; außerdem schließen 
sich unserem Kriegervereine ca. 40 Angehörige der 
Militärvereine in Elversberg an. Der hiesige Land— 
wehrverein hat für den Festtag die Bergkapelle 
engagirt und wird nach gegenwärtigem Stand der 
Anmeldungen in der Stärke von 167 Mann er—⸗ 
scheinen. — Es wird uns von unterrichteler Seite 
die Mittheilung gemacht, daß oft auch Leute, welche 
den Militärvereinen nicht angehoören, sich bei der 
betr. Vorstandschaft zur Theilnahme an der 
Fahrt nach Speyer melden wollen. Es scheint 
demzufolge die irrthüumliche Annahme verdbreitet, 
daß am 5. Mai Jedermann um 50 Pfg. nach 
Speyer fahren dürfe. Dies ist durchaus nicht der 
Fall. Eine etwa bewilligte Fahrpreisermäßigung 
(es ist nicht festgestellt, ob dieselbe sich auf 50 Pf. 
erniedrigen soll) wird sich nur auf Mitglieder 
von Militärvereinen erstrecken, micht aber 
auf Familien-Angehörige von Vereinsmitgliedern. 
*St. In gbert, 27. April. Mit dem Be— 
ginn des Sommerdienstes am 1. Juni l. 
J. erscheint auch wieder eine neue Auflage des 
durch die Direktion der Pfälzischen Eisenbahnen 
herausgegebenen Kur sbuches. Durch Aufnahme 
von Inseraten in dessen Inseratentheil finden die⸗ 
selben die weiteste Verbreitung, und machen wir 
Gasthofbefitzer, Restaurateure und Geschaͤfisleute 
darauf aufmerksam. Der Preis für eine ganze 
Blattseite beträgt Mk. 20.00, für s Seite Mt. 
IO.OO, Na Seite M. 6.00, a8 Seite Mti. 8.00 
und bei sich wiederholender Aufnahme in den 
nächsten Auflagen für 1 Seite Mt. 17.50, 
Seite Mk. 9.00 4 Seite Mk. 5. 00 und / Seite 
Mk. 8.00. Aufträge für den Inseratentheil nimmt 
für hier und Umgegend längstens bis 10. Mai 
nächsthin die Bahnhofdverwoltungdahier 
entgegen. 
“— Die Direktion der Pfälzischen Eisen⸗ 
bahnen gibt bekannt, daß vom 1 Mai ds. Is. 
ab auf zusammenstellbare Rundreise— 
hefte des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen 
und auf sämmtliche Rundreisehefte für feste Rund- 
reisen innerhalb der Giltigkeitsdauer derselben un⸗ 
beschränkte Fahrunterbrechung gestattet ist und zwar: 
a. auf der Anfangs⸗ und Endstation, sowie auf 
den etwa besonders namhaft gemachten Aufenthalts⸗ 
stationen eines jeden Fahrscheines ohne weitere 
Formlichkeit; b. auf den übrigen Unterwegsstationen 
beliebig oft innerhalb jeder Fahrscheinstrecke. In 
etzterem Fall ist jedoch das Rundreiseheft sofort 
nach dem Verlassen des Zuges dem Siationsbeam⸗ 
sen zur Bescheinigung der Fahrunterbrechung vor- 
zulegen, widrigenfalls es bis zur Endstation bezw. 
zis zur nächsten aufgedruckten Aufenthaltsslation des 
zetreffenden Fahrscheines seine Giltigkeit verliert. 
Ferner wird dekannt gegeben, daß die Eisenbahn · 
ind Dampfschiffverwaliungen der Schweiz der 
Finrichtung der zusammenstellbaren Rundreisehefte 
des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen vom 
J. Mai ab vollständig beitraten. Räheres hierüber 
st auf den Stationen zu erfahren. 
*— Für Sammler dürfte die Mittheilung von 
Interesse sein, daß silberne Fünfmarkstücke mit dem 
Hildniß Kaiser Wilhelms J. im Jahre 1888 nicht 
geprägt sind, vielmehr sind solche seit dem Jahre 
1876 nicht hergestellt worden. 
— Zweibrücken, 26. April. Das Be- 
zirksgremiunm hatte sich in seiner letzten Sitz 
uͤng vom 18. d. M. zunächst mit der Neuwah 
der Vorstandsmitglieder des Gremiums 
zu beschäftigen. Dieselbe wurde einem Vorschlag 
des Herrn Krämer zufolge mit Zuruf vorgenommen 
und solgende Herren gewählt: Kommerz. R. J. 
B. Wolff, 1. Vorstand, Christ. Horn, 2. Vorstand. 
J. Bender, 1. Schriftführer, und Pet. Loch, 2. 
A 
Zu Punkt 2 der Tagesordnung, „Revision der 
Allerh. Verordnung vom 20. Dez. 1868“, erklärte 
ich nach der „Zw. Zig.“ der Ausschuß mit den 
eingehenden Ausführungen des Herrn Schwinn, als 
Berichterstatters, nach welchen die diesbezüglichen 
Vorschlage des k. Staatsministeriums, Abtheilung 
für Landwirthschaft, Gewerbe und Handel, vom 9. 
März a. c. zu begrüßen seien, einverstanden, mit 
dem Anfügen, daß zu S3 und 84, 1 folgende 
Ergänzungen angereiht und dieser Beschluß sogleich 
in die Pfälz. Handels- und Gewerbekammer ein⸗ 
jesandt werden möchte: Zu 8 3 wird gewünscht: 
daß zum Besuch der Handelskammersitzungen im 
Falle der Verhinderung des. Vorstandes des Bezirks⸗ 
zremiums Vertretung zulässig sein soll. ZuU 84, 
l, nach welchem fernerhin auch Aufsichtsrathsmit⸗ 
zlieder und auch die Vorstandswitgl'eder eingetr. 
Benossenschaften wahlstimmberechtigt sein sollten, 
wird gewünscht, beizusetzen: „welche früher schon 
vahlsiimmberechtigte Handel⸗ und Gewerbetreibende 
varen“. Durch diesen oben erwähnten Zusatz wird 
ep. einem Mißbrauch vorgebeugt, welcher darin be⸗ 
tehen könnte, daß in den z. Z. aufblühenden 
Bründerperioden Personen als Auffichtsräthe u. s. 
v. gewählt werden, welche weder mit dem Handel 
noch dem Gewerbe in sonst irgendwelcher Beziehung 
jestanden und daher auch nicht berufen erscheinen, 
u wählen oder als Vertreter für Handel und Ge⸗—⸗ 
verbe gewählt werden zu köͤnnen — Gegen die 
aach den Ministerial⸗Vorschlägen gleichzeitig geplante 
krrichtung eines Handels⸗ und Gewerbe—⸗ 
rathes erklärte sich das Gremium mit 9 zu 5 
St., indem man dabei der Ansicht war, daß da⸗ 
»urch die Bedeutung der Handelskammern beein⸗ 
rrächtigt werden könnte bezw. deren vornehmste Auf⸗ 
jabe, als begutachtende Instanz der Regierung zu 
dienen, wesentlich einbüßen müßte. 
— Kaiserslautern, 26. April. (Historien⸗ 
naler Jan Subich, welcher eine Reihe von 
Jahren in höchst ersprießlicher Lehrthätigkeit am 
ziesigen Gewerbemuseum gewirkt hat, ist gestern 
aach kurzer Krankheit im Alter von 88 Jahren an 
einem Rierenleiden gestorben. Der Verlebte, ein 
geborener Oesterreicher, war ein echter Vertreter 
einer Kunst, besaß eine außergewöhnliche Bildung, 
zie er sich durch eingehende und ernste Studien im 
In⸗ und Ausland, so u. A. auf der Kunstakademie 
in Venedig erworben. Mit reichem Talent und 
zenialer Auffassung begabt, hat Subic seinen Namen 
bereits bei historischen Erinnerungswerken in her— 
horragender Weise zur Geltung zu bringen Ge— 
legenheit gehabt. Das Wirken Subic's als Lehrer 
am hiesigen Gewerbemuseum wird ihm ein dauern⸗ 
des Andenken seiner Schüler und seiner Kunst- 
ollegen sicheren und seinen Namen undvergessen 
nadten. 86 
— Die Buchdruckerei E.Koszinowsky 
u. Sohn in Kaiserslautern, ging einschließ— 
lich der Maschinen, Gasmotor ꝛc. um 3000 Mt. 
in ein Münchener Konsortium über und wird in 
en nächsten Tagen dahin überführt werden. Im 
Oltober vor. Irs. hat Herr Koszinowsky das Ge— 
chaft um 15,000 Mark von Herrn Karl Willig 
ekauft. 
— Pirmasens, 26. Ahril. Auf das Ge— 
uch, welches der Obmann des hiesigen B — 
kriegerverbandes wegen eines Ertrazuges 
nach Speyer für den 5. Mai an die Direktion de 
gfälzer Bahnen gerichtet, ist gestern Abend die 
Untwort eingegangen. Darnach wurde dem Vor 
tande der Pfälz. Kampfgenossenschaft Dr. Schmitt 
in Edenkoben eroͤffnet, daß azug von pit 
masens über Landau zur Verfiun ellt würde 
falls für 600 Mark Einnahme garantirt wird 
Wie die „P. Zig.“ hört, wird der hiesige Verband 
dieses Anerbieten nicht annehmen, schon weil die 
zu früh angesetzte Rückfahrtszeit (4K Uhr 835 Min) 
unbequem ist. Uebrigens ist der Fahrpreis noch 
nicht auf 50 Pfg. ermäßigt, son dern der Kampf 
zenossenschafts⸗Vorstand hat vorläufig in seinem 
Aufruf nur die Erwartung ausgesprochen, daß 
diese Ermäßigung eintrete. Daß daher die An— 
meldungen, welche doch nur mit Rüchsficht auf 
den geringen Preis erfolgt sind, ziemlich haltlos 
werden, ist sicher. 
— Pirmasens, 26. April. Der Militdr⸗ 
pberein Pirmasens hat mit 100 Mitgliedern 
einen Beitritt zur Pfälz. Kampfgenossenschaft an— 
gemeldet. 
— In Spirkelbach löste sich beim Abend⸗ 
äuten der 30 bis 40 Pfund schwere Klöppel der 
Hlocke und fiel dem 15jährigen Sohne des Ackerers 
donrad Schuhmacher auf den Kopf, so daß man 
ofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. 
— Landau, 26 April. Ein Kunstgenuß 
eltener Art steht hier in nächster Zeit bebor. Am 
12. Mai, Nachmittags findet ein von dem Verband 
»fälzischer Zit Jerdereine veranstaltetes 
Foncert im Theater ˖Saale statt, an welchem sich 
ie Zithervirtuosen Graßmann aus Frankfurt und 
dang aus Mannheim als Solisten, ferner die Her⸗ 
en Schlee (Violine) und Lünow (Cello), sowie ein 
Zither⸗Chor von etwa 60 Mitgliedern der Vereine 
daiserslautern, Pirmasens, Speyer und Landau de⸗ 
heiligen werden. Diese Aufführung dürfte für alle 
Musikfreunde Interesse haben. (Eilb.) 
— In Walsheim wurde der der Brand⸗ 
egung im Gleisweiler Walde dringend verdächtige 
4jährige Heinrich Schenk, Sohn des dahier sich 
ufhaltenden Siebmachers Schenk, durch die Gen⸗ 
armerie verhaftet und nach Landau abgeführt. 
— Haßloch, 25. April. Heute verunglückte 
iuf dem Felde der 75 Jahre alte Bauersmann 
Joh. Phil. Welter dadurch, daß ihm das Pferd 
cheute, ihn umriß und eine Strecke weit mit fort- 
chleifte. Welter ist an der Schulter schwer 
yerletzt. 
— Dürkheim, 285. April. Herr Professor 
Dr. Virchow ist nach zweitägigem Aufenthalte da— 
hier heute Mittag wieder abgereist. Zunächst wird 
sich der berühmte Gelehrte nach Heidelberg und 
von da wohl nach Straßburg begeben, wo der 
Isterhase eine hübsche Gabe in Form von Zwillinas- 
knkel-Knaben gebracht hat. 
— Freinsheim, 285. April. Das Haus 
»es Herrn C. Lipp hier nebst Keller, Faß und noch 
agerndem Wein ging durch Kauf an eine badische 
Firma über. Das Geschäft wurde durch J. Holler, 
Fommissionsgeschäft in Ungstein, vermittelt. Der 
daufpreis beträgt Mk. 18,000. (D. A.) 
— Aus der Pfalz, 23. April. Welch feine 
Weine durch rationelle Behandlang der Weinbecge 
ind deren Crescenz in unserer Pfalz erzielt werden, 
ewies abermals die gestrige Weinversteigerung der 
herren Gebr. Buhl in Deidesheim, bei welcher 
u. A. für 1886er Deidesheimer Leinhöhle und 
ßrain 7800, Forster Langenacker und Pechstein 
3810, Ungeheuer⸗Auslese 7350 und Deidesheimer 
Dopp· Auslese 10, 100 M. per 1000 Liter erlöst 
vurden. 
— 
Vermischtes. 
fFSaarbrücken, 26. April. Gestern Nach⸗ 
nittag gegen 3 Uhr fiel in der Nahe der Aus⸗ 
adestelle, an der Louisenstraße. ein elfjähriger 
dnabe in die Saar. Die Straße war dort gerade 
nenschenleer und somit schien der Tod des Kleinen 
unabwendbar. Der Knabe hielt fich aber wacker; 
mehrmals war er bereitz uniergegangen, doch 
apfer suchte er immer von Neuem das Ufer zu 
erreichen. Inzwischen war seine unglückliche Lage 
emerkt worden; zwei Männer eilten herdei, der 
zine hielt den andern und dieser ließ sich an der 
Böschung hinab und es glückte ihm, den sehr hart 
vedrängten Knaben erfassen und herausziehen zu 
önnen.