Full text: St. Ingberter Anzeiger

Charakter selbstständiger Korporationen mit dem 
Rechte der Verwaltung ihrer eigenen Angelegen⸗ 
heiten, sondern erschienen vielmehr als Administra⸗ 
udbezirke, welche durch einen von der Regierung 
ernannien jederzeit entlaßbaren Beamten verwaltet 
werden. Fuͤr unsere Pfalz bedeutete daher die neu⸗ 
Gemeindeordnung die Annahme der im rechtsrhein⸗ 
ischen Bayern bereits erprobten und der deutschen 
Anschauung des Gemeinwesens entsprechenden Prin⸗ 
zipien einer epochemachende Neuerung. Fuür das 
ganze Königreich aber war hiermit die Aufstellung 
einer einheitlichen Gemeindegesetzgebung erreicht. 
* St. Ingbert. Die üble Gewohnheit 
der Kinder, mit Steinen zu werfen, hat 
schon manches Unglück gebracht. Zur erneuten 
Warnung theilen wir deshalb folgenden Unfall mit: 
In der Betzenstraße in St. Johann warfen vor⸗ 
gestern Morgen Knaben mit Steinen nach einem 
großen Hunde; dabei wurde ein Mädchen durch 
rinen Steinwurf so unglücklich am Halse getroffen, 
daß es blutend zusammenbrach; das bedauerns- 
werthe Kind wurde in die elterliche Wohnung ge⸗ 
bracht. 
Zweibrücken, 20. April. Einer Nach⸗ 
richt der „Zig.“ zufolge geht der Sonderzug von 
Zweibrücken nach Speh er zur Einweihung der 
Prinz-Regenten-Fahne nächsten Sonntag 
morgens nach 7 Uhr hier ab. Die Fahrt kostet 
je 50 Pfennig für die den Zug benutzeuden Mit⸗ 
glieder der beteiligten Vereine. 
— In seiner letzten Sitzung hat der Stadtrath 
von Kaisers lautern den vollständigen Ausbau 
des Schlachthofes durch Verwaltungsgebäude 
und Kühlhaus beschlossen und fur letzteres das 
System der Firma Lande in Wiesbaden ange—⸗ 
nommen. Die ganze Anlage soll bis Ende Juli 
fertig werden. Die Kosten werden sich auf 78,500 
M. belaufen. — Ferner wurden vier neue Lehr⸗ 
stellen kreirt, welche mit zwei protestantischen und 
zwei katholischen Verwesern besetzt werden sollen. 
Gewählt wurden hierfür H. LehmannBlies— 
kastel, Karl Müller Obermoschel, Ludwig Helleis⸗ 
Kaiserslautern und Karl Daun · Zeiskam. 
— Waldfischbach, 28. April. Der zeit⸗ 
weise pensionirte kath. Lehrer P. Klein in 
Burgalben wurde vom 1. Mai an in den dauern⸗ 
den Ruhestand versetzt. Herr Klein war über 20 
Jahre Lehrer daselbst. Herr Klein erfreute fich 
allgemeiner Beliebtheit und sein Ausscheiden aus 
dem Dienste wird sehr bedauert. 
— Pirmasens, 29. April. (Selbstmord.) 
Am Samstag Abend hat sich der 42 J. alte 
Schuhmacher Georg Ranft in seiner Wohnung 
(Bogenstraße) erschossen, wie es heißt, in einem 
Anfcalle von Schwermuth über ein unheilbares 
Kehlkopfleiden. Der Arme hinterläßt der „P 
Ztg.“ zufolge eine Frau und 5 Kinder. 
— Pirmasens, 209. April. Bei der 
gestrigen Feuerwehrversammlung sollte 
bestimmungsgemäß ein Drittel der Mannschaften 
(d. i. 92 Mann) zur Wahl der Vertrauensmänner 
erscheinen, welche dem Bürgermeisteramte den 
Kommandanten und die vier Abtheilungsführer in 
Vorschlag hätten bringen sollen. Es fanden sich 
jedoch nur 14 Mann ein, somit verlief die Ver⸗ 
sammlung ergebnißlos und das Bürgermeisteramt 
wird, heute oder morgen schon, die Ernennungen 
ohne Vorschlag vornehmen. Das k. Bezirksamt 
hat das Bestätigungsrecht. (Als Gegenstück hierzu 
wird dous Neustadt a. H. gemeldet, daß bei der 
Hauptversammlung der dortigen Feuerwehr am 
Samstag die Versammlung beschlußfähig war, „was 
seit dem Bestehen der dortigen Feuerwehr noch 
niemals der Fall war!“ D. R.) 
— Pirmasens, 29. April. Herr Jakob 
Leilich verkaufte einen etwa 13 Morgen großen 
Garten im Schachen um 835,000 Mark an Herrn 
Bauunternehmer Jak. Mergenthaler. (A.) 
— In Moͤrzheim führte jüngst in dem 
Schlauch'schen Anwesen eine Dienstmagd des Oeko⸗ 
nomen J. Silbernagel namens Kath. Hachtel einen 
Diebstahl aus. Frau Schlauch kam rechtzeitig da⸗ 
zu, als die Diebin durch ein Fenster der Hinterstube 
sprang. Nichts Gutes ahnend, eilte Frau Schlauch 
der Hachtel nach und stellte sie zur Rede, ohne je—⸗ 
doch eine genügende Auskunft zu erhalten. Da 
fragliche Dienstmagd die Schürze zusammenhielt, 
riß Frau Schlauch ihr dieselbe herunter, wobei 
verschiedene Markstücke, 46 an der Zahl, den Boden 
bedeckten, welche die Ersparnisse der Schlauch'schen 
Fheleute bildeten. Ruhig mußte die Dienstmaagd 
das Geld wieder zusawmen lesen, worauf sie nach 
gethaner Arbeit das Weite suchte. 
— Alljährlich zur Sommerszeit wird die Um—⸗ 
zebung der kgl. Villa Ludwigshöhe bei Eden⸗ 
koben von nah und fern zahlreich besucht und wird 
es daher von allgemeinen Interessen sein, die Be— 
stimmungen zu erfahren, welche zum Besuche auch 
der inneren Räume derselben getroffen wurden: Die 
Zeit zur Besichtigung der Gemächer der kgl. Villa 
st an den Werktagen von 8ÿ12 Uhr Vormittags 
ind von 2—26 Uhr Nachmittags, an Sonn⸗ und 
Feiertagen von 10 - 12 Uhr Vormittags. Bei größerer 
Anzahl von Besuchern, durch Vereine oder in Folge 
jeslicher Anlässe, kann die Besichtigung der kgl. Ge- 
nächer nur gruppenweise, zu je 10 bis 12Personen, 
tattfinden. Beim Einlasse in das Schloßgebäude 
jat jede Person eine Eintrittskarte für 20 Pfenig 
zu loͤsen. 
— St. Martin, 28. April. An plötzlich 
ingetretener Herzlähmung verschied heute Mit- 
lag 12 Uhr Herr Lehrer Franz Braun dahier. 
(L. T.) 
— Vom mittleren Gebirge. Die 
Nachfrage nach 1887er und 1886er Weinen 
war in letzter Zeit eine äußerst rege und wurden 
in Forst, Deidesheim und Ruppertsberg auch ver 
chiedene Abschlüsse perfekt. — 1887er erzielten 
350 - 1200 M., während 1886er, die sehr dünn 
zelagett sind, 1400 - 5500 M. erbrachten. Aeltere 
Weine sind kaum mehr vorhanden und befinden 
sich die Vorräthe der wenigen 1886er und 1887 en 
iu festen Händen. Nach 1888er ist wenig Begehr, 
da die Käufer mehr auf fertige Weine reflectiren. 
— Germersheim, 28. April. (Pf. Vzt.) 
Rach hierher gelangten Mittheilungen treibt sich 
eit einiger Zeit ein Spion, wie behauptet wird, 
ein russischer Offizier, in den Festungen herum 
uind wurde den Wachen und Posten eingeschärft, 
„esonders aufmerksam zu sein; namentlich haben 
die Patrouillen ein größeres Augenmerk darauf 
zu richten. — Anfangs kommenden Monais wird Se. 
Exc. General der Infanterie v. Orff und Herr 
Benerallieutenant Frhr. v. Godin, Divisionskomman⸗ 
)eur, in die Pfalz kormen und bei dieser G 
legenheit das 17. und 18. Infanterieregiment he— 
sichtigen. 
— Speyer, 28. April. Die hiesige Feusr⸗ 
wehr erforderte im abgelaufenen Jahre einen 
wand von 1868 M., d. i. auf den Kopf der Br⸗ 
bölkerung 813 Pf. Nach dum Voransch'nge hätten 
511 M. mehr verausgabt werden können. Die 
Feuerwehr hiesiger Stadt zählt einschli⸗eßlich aller 
Thargen 229 Mann. — Bei Glasermeister Huld 
jatte gestern ein Geselle das Unglück, mit einem 
Druckstene von einem im , Bau befindlichen 
zrößeren Fasse zu stürzen und deu Oberschenkel zu 
hrechen. 
— Speier. Sicherem Vernehmen nach wurde 
nit der Leitung der Ende Juli auf dem Rhein be⸗ 
sinnenden dreiwöchentlichn Pontonnier⸗Uebung 
derr Oberst Hofmann, Chef der 10. preußischen 
Festungs⸗ Inspektion in Straßburg, beauftragt. An 
diesen Uebungen nehmen die beiden bayerischen und 
drei preußische Pionier⸗Bataillone theil. Nach den⸗ 
selben beginnen die Belagerungs-Uebungen der 
Festung Germersheim unter Leitung des Herrn 
Heneralmajor Popp, Sektionschefs des Ingenieur- 
lorps und der Festungen, an denen je zwei Kom- 
pagnien des J. und 2. Pionier-Bataillons theil⸗ 
junehmen haben. Die 1. und 3. Feldkompagnie 
des 2. Pionier⸗ Bataillons haben sich zu den Manöbern 
der 3. und 4. Division zu begeben. 
— Deidesheim. Herr A. Kautzzmann, 
Gutsverwalter bei Herrn Bassermann⸗Jordan, wurde 
als Ehrenmitglied in den Krieger⸗Ver— 
ein aufgenommen. Derselbe hatte sich in den 
Jahren 18707 1 durch Sendung freiwilliger Liebes⸗ 
zaben, sowie durch Pflege der Verwundeten im 
hiesigen Spitale große Verdienste erworben. 
— Ludwigshafen, 29. April. Daß der 
Besuch der Kontrolversammlungen seitens 
der Kontrolpflichtigen immer noch viel zu leicht ge- 
nommen witd, bewies die gestern Vormittag im 
Hofe des hiefigen Bezirkskommandos stattgefundene 
Nachkontrole, indem zu derselben über 830 Säumige 
des hiesigen Bezirks geladen waren. Den Sau— 
migen wurde, nach dem „G. A.“, fast ausnahms- 
los 1 Tag Mittelarrest diktirt, welchen diesel⸗ 
— hiesigen Amtsgerichtsgefänaniß zu verbüßen 
aben. 
— Grünstadt, 27. April. Heute Abend 
am 5 Ubr versuchte die in den 30er Jabren 
ttehende Frau des Taglöhners Louis Buttersar 
hahier durch Erhängen ihrem Leben ein Endenn 
machen. Glücklicherweise wurde dieselbe noch * 
zeitig ertappt und der Strick, den sie am Fenfler. 
ireuz befestigt hatte, durchschnitten. Sofort ange. 
stellie Versuche dieselbe wieder zum Bewußtsein su 
— 
nun in ärztlicher Behandlung. Die Ursache ihte 
unseligen Vorhabens wird wohl darin zu suhen 
sein, weil dieselbe, wie das „F. T.“ hört, wegen 
Vergehens in gerichtlicher Untersuchung sich befinder 
— Gräünstadt. Das M. Weck'sche Hau 
(Altgasse) ging an Uhrmacher Rathmann dahier um 
3500 M. über. 
— Aus der Vorderpfalz. Auf der 
diesjährigen allgemeinen Fortbildungs-Con. 
ferenz für die Volksschullehrer der 
Pfalz wird ein allgemein wichtiges Thema behan. 
delt. Dasselbe lautet: „Was kann die Schul⸗ 
zur Weckung und Pflege des Sinnes für Ordnung. 
Keinlichkeit und Wohlanständigkeit bei den Schülern 
thun?“ — Im Zusammenhang damit steht jeden⸗ 
falls auch der wohlthätige, höchst zeitgemäße Etlaß 
der Hohen Kgl. Regierung vom vorigen Jahre be— 
züglich der Reinigung der Schullokalitäten. Schul⸗ 
höfe und Abrritte. 
— Aus der Pfalz. Die im Besitze der 
pfälzischen Eisenbahn befindlichen 5 Steinbrüch⸗ 
haben der Verwaltung im Vorjahre an Frachten 
M. 277 050,40 und an Reingewinn M. 209 94269 
eingebracht. 
Vermiichtes. 
4 In der Ludwigskirche zu Saarbrücken 
oeranstaltet der dortige Insirumentalverein amSonntaq 
den 12. Mai, nachmittags 4 Uhr gemeinsam mi 
dem Männergesangverein „Harmonie“, dem Lehrer— 
derein und den Kirchenchören von St. Johann und 
Saarbrücken ein Bachconcert. Es gelangt zur Auft 
ührung ein „Oster⸗, Himmelfahrts- und Pfingst 
Oratorium“ des großen Meisters, zusammengestelll 
aus einer Reihe hervorragend schöner und ganz un⸗ 
gemein wirkungsvoller Arien und Choöre aus d 
zahlreichen Bach'schen Cantaten zu den genannter 
stirchenfesten. 
Fechingen, 29. April. Endlich, nau 
angem Harren wird einem von einem große 
Theile der hiesigen Einwohnerschaft gehegten Wunsch 
ntsprochen. Man ist jetzt daran, die vor Jahrer 
begonnene Straße von hier nech Bliesransbach und 
von da zur bayerischen Grenze völlig auszubauen 
Dadurch wird der betreffende Theil des Ortis 
der bi rc, was Straßenbau anlangt, recht ief 
mütter ch behandelt war, wesentlich verschön 
werden. Recht erfreulich ist es, daß der Teil de 
Straße, soweit dieselbe durch das Dorf führt, gepflastert 
wird, wodurch gewiß die Dauerhaftigkeit derselben 
erhöht wird. (S. 3.) 
Schwetzingen. Seit einigen Tagen sieh 
man Spargelproduzenten mit allerdings noch kleiner 
Mengen dieses köstlichen Gemüses vom Felde kom - 
men. Wie man hört, wird für das Pfund dieser 
Erstlinge eine Mark bezahlt. Doch liefern die 
meisten Produzenten vertragsmäßig ihren ganzen 
Ernteertrag an irgend einen Großhändler oder an 
eine Konserbenfabrik um einen Durchschnittspreis 
zwischen 30 und 40 Pfg. das Pfund ab und haben 
schon einzelne Landwirthe bis 1000 Mark und da— 
rüber aus einer Spargelernte erlöst. — Auch in 
den Hopfenanlagen herrscht ein thätiges Leben. 
FFrankfurt a. M. Auf dem Amisge- 
richt spielte sich neulich eine heitere Scene ab. Die 
in einem Rechtsstreite geladenen Zeugen wann 
ebenso wie der eine Anwalt rechtzeing erschimm. 
Man wartete sehr lange auf den anderen Auwu, 
endlich sagte der Richter: „Herr Doktor, wir wer⸗ 
den ohne ihren Herrn Collegen zur Zergenver- 
nehmung schreiten.“ Der Anwalt hatte nichts da⸗ 
gegen einzuwenden und die Zeugendernehmung be— 
Jann. Wahrend derselben rasselte plötzlich ein 
Wagen den Kornmarkt herunter und hielt vor dem 
Berichtsgebäͤude. Der Richter wandte sich nun zu 
dem Anwalte mit dem Worten: „Herr Doktor, ich 
glaube, wir unterbrechen hier die Vernehmung. 
Ihr Herr College kommt.“ Mit großer Ruhe war 
der Anwalt einen Blick zum Fenster hinaus, drehte 
sich um und sagte lakonisch: „Herr Rath, wir 
lönnen fortfahren, es war ein Zweispänner.“ All 
gemeine Heiterkeit folgte dieser Bemerkung. 
eRuhrort, 26. April. Wie gefräbi— 
und unter Umständen gefährlich Schweine wer— 
den können, beweist u. A. folgender Vorfall. Ein 
Ackerer in Löhnen hatte vor einigen Tagen