Full text: St. Ingberter Anzeiger

Bürger vom vollendeten 20. bis 50. Lebensjahr 
euerwehrpflichtig find. Nachdem noch die nächste 
—XX— 
Montag Nachmittag 6 Ubr festgesetzt war, schloß 
der Herr Vorsitzende die öffentliche Sitzung, doch 
hlieb die Versammlung in Besprechung von fach- 
gemäßen Gegenständen noch langere Zeit vereint. 
Helegentlich der nächsten Uedung soll auch über 
einen Maiausflug und einen heuer abzuhaltenden 
Ball Berathung gepflogen werden. 
St. Ingbert, 1. Mai. Der heute vor 
dem Schöffengericht verhandelten Faͤlle waren es 
nur drei. Auf den Schöffenstühlen saßen die HH. 
J. B. Martin von hier und Hrch. Fries von Ens⸗ 
seim. Die 1. Anklage richtete sich gegen den 
Schuhmachergeselle Pt. G. von hier, 21 J. a., 
wegen Vergehens des Betrugs. Derselbe hatte sich 
am 1. Dez. v. J. bei dem Nagelschmiedmeister F. 
dauer als Nagelschmeedgesellen vorgestellt, worauf 
er ein Geschenk von 10 Pfg. erhielt. Die Gesellen des 
Meisters erkannten aber den Schwindler, welchem heute 
ine Strafe von Z Tagen Gefüngniß nebst den Kosten 
zudiktirt wird. 2. erscheinen dann vor Gericht die 
Maurer Adam M...s, 20 J. a. und Adam 
Sch... z, ebenfalls 20 J. a., beide von dier, unter der 
Anklage wegen Sachbeschäüdigung. Sie hatten aus 
geringem Anlaß, wie es scheint, nur um den Sohn 
jes Bergmannes Joh. Klahm zu ärgern, an dem 
dause des letzteren in der Nacht zum 17. März 
tliche Fensterscheiben theils mit Prügeln einge— 
chlagen, theils eingeworfen. Da beide bisher un⸗ 
ꝛestraft, kommt M...s mit einer Geldstrafe von 
) Mi. eb. 3 Tagen Gef. und Sch... z mit einer 
olchen von 6 Mk. sey. 2 Tagen Gef. ducch; die 
Zosien tragen sie zu gleichen Theilen. 3. Wegen 
des Vergehens des Betrugs ist weiter zur Verant⸗ 
wortung gezogen Joh. H...g, Fuhrknecht aus 
Rohrbach, 22 J. a., ferner wegen Hehlerei in dem⸗ 
selben Falle der Dienstknecht Joh. Hohlweck, 24 
J. a., ebenfalls aus Rohrbach. H... g hatte sich 
am 2. Maärz ds. Is. von dem Kaufmann Karl 
ihl in St. Ingbert einen Strichel und eine Pferde⸗ 
hürste, ferner am 11. März eine Kuhkette. eine 
Zuglette und eine Dunggabel erschwindelt unter der 
Ängabe die Sachen seien für seine frühere Dienst⸗ 
jerrschaft auf dem Trippscheiderhof, trotzdem der 
Angeklagte zu jener Zeit dorten nicht mehr in 
Dienst stand. Er suchte einzelne dieser Sachen in 
Rohrbach loszuschlagen, wobei ihm der andere An⸗ 
geklagte H..ck behülflich gewesen sein soll. Für 
denannte zwei Vergehen wird H... g mit einer 
Gesammtgefängnißstrafe von fünf Wochen und mit 
‚wei Drittel der Kosten belegt. Wegen ungenügen- 
den Beweises erzielte der Andere Freisprechung; 
das letzte Drittel der erwachsenen Kosten wird dem 
Staate aufgebürdet. 
* Nicht genug, können die Eltern in jetziger 
Jahreszeit wieder darauf aufmerksam gemacht wer⸗ 
den, ihren Kindern das Sitzen auf Steinen, Thür⸗ 
chwellen oder auf der platten Erde zu verbieten. 
Dadurch auch schon an sich, noch mehr aber, wenn 
die Kinder durch vorhergehendes Spielen im Freien 
zrhitzt sind, können die bedenklichsten und lang⸗ 
vierigsten Krankheiten hervorgerufen werden. 
* Allgemeine Conferenzen für die 
Volksschullehrer sinden statt: am 15. Mai 
ür die Fortbildungsbezirke Kusel, Rockenhausen⸗ 
Obermoschel und Zweibrücken; am 22. Mai 
sür die Fortbildungsbezirke Blieskastel⸗St. 
Ingbert, Kirchheimbolanden Göllheim und Lauter⸗ 
ecken · Wolfstein. Als pralktische Lehrprobe wird ein 
Schmetterling (Kohlweißling) behandelt. 
*— Eine für Viehändler und Metzger 
wichtige Nachricht kommt aus Mannheim. Nach 
dortigen Blättern ist die ZuUfuhr von Rindvieh, 
Schafen, Ziegen und Schweinen auf den am 6. 
7. und 8. Mai stattfindenden Maimarkt infolge der 
in Deutschland und den angrenzenden Staaten 
herrschenden Maul⸗ und Klauenseuche 
untersagt worden. 
*— Zur Ausbildung als Trainaufsichts- 
personal werden zu den Trainbatallions 64 
Befreite der Reserve der Kavallerie auf 20 Tage 
um 6. Mai eingezogen und zur Reserde des Trains 
aberführt. 
*— Ueber die unterlassene Führung 
»ines Kopierbuches durch einen zur kauf⸗ 
männischen Büchführung verpflichteten Kaufmann 
vat sich das Reichsgericht, wie folgt, ausgesprochen: 
Das durch Art. 28. Abs. 2, des Handelsgesetz⸗ 
buches vorgeschriebene Kopierbuch ist unter allen 
Imständen ein Handelsbuch, dessen Führung dem 
daufmann gesezlich obliegt. 
— Zur Warnung vor dem Spielen mit 
remden Hunden möge folgender Vorfall dienen, 
jer sich im Schall'schen Garten zu Ar zheim zu⸗ 
getragen hat. Ein kleines Mädchen spielte mit 
inem Hunde und packte ihn am Schwanze, wäh⸗ 
end er fraß. Der Hund drehte sich um, warf 
»as Kind zu Boden und brachte ihm im Gefichte 
chwere Fleischwunden bei. Aerztliche Hilfe war 
ald zur Stelle. 
— Edenkoben, 29. April. Im Ueberge⸗ 
uusse geistiger Getränke stürzte sich gestern Nach- 
nittag am sogenannten Waschbachpfade dahier ein 
hon längere Zeit hier beschäftigter Arbeiter in 
»en Bach; von Andern aus dem nassen Element 
jehoben, wiederholte er den Sprung in den Bach, 
vorauf dann einige Lebensretter Mannesmuth 
eigten und den Erschöpften seiner Familie zu- 
ührten. Wie die „N. Ztg.“ vernommen, soll es 
die weibliche Ehehälfte an einer Moralpredigt nicht 
jaben fehlen lassen. 
— Speyer. Der 53 Jahre alte Ackerer 
dakob Scholland von Waldsee begab sich am 
etzten Dienstag den 23. d. nach Speyer, um 
inige Geschäfte zu besorgen, und ist seitdem nicht 
vieder nach Hause zurückgekehrt. An demselben 
Tage Abends gegen 10 Uhr sahen zwei hiesige 
Z„chneidergesellen an der Hafenspitze, wie eine 
MNannsperson sich in den Rhein stürzte und im 
Wasser verschwand. Es wird vermuthet, daß diese 
ser genannte Scholland war, welcher vielleicht in 
inem Anfall von Geistesstörung den Tod im Rhein 
uchte. Bis jetzt wurde von Ländung der Leiche der 
etreffenden Person nichts gehört. 
— Dürkheim, 80. April. Herr Schlosser⸗ 
neister D. Lichti dahier construirte eine verbesserte 
Beronospora⸗Spritze, über deren vpraktische 
berwendbarkeit sich maßgebende Weinbergs⸗Inter- 
ssenten sehr anerkennend aussprechen. Indem 
vir darauf hinweisen, sei bemerkt, daß der Apparat, 
'olid construirt, nur M. 285 kostet. (A.) 
— In Maudach wurde am Montag in 
päter Abendstunde eine Frau, welche der von 
inigen dortigen, nach Amerika auswandernden Per⸗ 
'onen, gegebenen Abschiedsfeier anwohnte, nach 
»orausgegangenem Disput ein Messerstich in die 
Seite gebracht. Wer der Messerheld war, ist bis 
etzt noch unbekannt. 
— (GEin heißliebende Jünger Merkurs 
aus Mannheim) wollte, da er jedenfalls bei 
einer Angebeteten, einer stolzen Hebe, nicht die 
»exrwünschte Gegenliebe fand, in einer Wirthschaft 
nuuf dem Hems hof seinem schmachtenden Dasein 
'elbst ein Ende machen, weshalb er versuchte, sich 
»en Hals zu durchschneiden. Sein Vorhaben führte 
er jedoch nicht ganz aus, jedenfalls hat er Schmerzen 
zerspürt, und so brachte er sich nur eine unbe— 
deutende Verletzung bei. 
— Der Pfälzische KunstVerein zählte 
m Vereinsjahre 1887188 im Ganzen 785 Mit⸗ 
zlieder gegen 802 im Vorjahre. Die Beschickung 
der Wander⸗Ausstellungen mit Kunstwerken aus 
Brivatbesttz war von günstiger Wirkung. Zu den 
wie alljährlich in den Städten Speyer, Ludwigs⸗ 
hafen, Frankenthal, Germersheim, Neustadt, Dürk⸗ 
heim, Landau, Pirmasens, Zweibrücken und 
caiserslautern abgehaltenen Wander-Ausstellungen 
des Vereins hatten 65 Kuünstler 105 Gemälde ein- 
Jjesendet. Davon wurden angekauft: von Privaten 
3 Gemälde im Gesammtwerthe von 783 M. Vom 
Zunstverein für die Verloosung 22 Gemälde mit 
inem Gesammtwerthe von 4720 M. 
Vermischtes. 
F In Scheidt wurde beim Abreißen eines 
ilten Backofens in dem Hause des Ackerers Leo— 
old Kausch eine alte Herdplatte eingemauert 
jefunden, welche im Jahre 1756 zu Fischbach ge- 
jossen worden ist. Dieselbe ist 86,6 Ctm. hoch und 
16,58 Eim. breit. Leider ist auf der rechten Seite 
ein Stück herausgebrochen, ohne daß aber dadurch 
der Eindruck des Ganzen wesentlich gestört würde. 
Die Platte stellt, wie man der „S. Z8.“ schreibt, 
in dem oberen Theile den Sündenfall in gefälliger 
Weise dar. In der Mitte der 36,5 und 39 Cim. 
großen Bildfläche erhebt sich ein Apfelbaum, um 
dessen Stamm sich die Schlange windet, welche in 
dem geöffneten Maule einen Apfel hat. Eba auf 
der linken Seite des Beschauers hat soeben einen 
Apfel gepflückt, um ihn dem auf der rechten Seite 
tehenden Adam zu geben. Trotzdem, daß das 
tzild durch Rost gelitten hat, erscheint es sofort nach 
der Stellung der Figuren und nach ihrer Moden 
ierung als eine recht gute Leistung der heimischen 
Fisengießerei aus der ersten Hälfte des vorigen 
Jahrhunderts. Auf der unteren, kleineren Hafi— 
der Platte steht in zierlichem Blattgeranke mit la— 
seinischen Majuskeln: FISCIBAGI und darunter 
1. 7. 8. 6. Die Platte soll dem Historischen 
Verein zu Saarbrücken von dem jetzigen Besiher 
dem fie geschenkt worden, übergeben werden. 
F Metz. 30. April. Die Nachricht von der 
Hierherkunft des Kaisers ist durch den Bezirkspra 
identen Frhrn. v. Hammerstein hierher gelangt 
der vorgestern aus Berlin zurückgekehrt ist und sit 
bei Gelegenheit einer Audienz aus dem Munde 
des Monarchen selbst vernommen hat. Ueber die 
Zeit ist Bestimmtes nicht bekannt gegeben, nur hat 
Se. Majestät betont, der Besuch werde ganz uner⸗ 
wartet geschehen. Man glaubt hier, die Räckreise 
des Kaisers aus England, gegen Ende Juli, werde 
über Metz geschehen. 
fRhein-Dampfschifffahrt, Am 1J. 
Mai beginnen die Schnelldampfer der Salonboote 
.Hansa“ und „Niederwald“. 
Ein neues Verfahren zur Heil— 
ung des Magenkrebses in seinen Anfangs- 
stadien, sowie gegen Abdominalschwindsucht will 
herr William Remmé in Wiesbaden 
ersonnen haben. 
F Gottsei ihm gnädig — wenn er su 
nimmt! In der „Köln. Ztg.“ liest man folgendes 
hikante Heiratsgesuch: „Für einen reichen Mann 
dem das Leben langweilig geworden, bietet fich 
Belegenheit in Form einer Heirath diesem wieder 
Interesse abzugewinnen und zwar in Form einer 
Zeirath mit einer kapriziösen, geistsprühenden, ele⸗ 
santen, künstl. ausgebildeten Dame, die sichs zur 
Aufgabe machen würde, ihm jede Stunde ein neues 
RKäthsel über sich selbst zu geben. Herren, über 
35 Jahre, mit vorz. Manieren, Stellung, Wissen, 
vollen sich melden. Die Dame ist durch viele Vor⸗ 
üge und Mittellosigkeit zu obigen Ansprüchen be— 
rechtigt. Persoönliche Bekanntschaft kann nur er⸗ 
'olgen bei schon brieflicher Sympathie. Strengste 
Diskretion Ehrensache.“ — Das muß ein ganz ver⸗ 
teufeltes Frauenzimmer sein! 
Dusseldorf. Ein eigenartiger Verein 
vird hier gegründet, nämlich der Verein „Zwei⸗ 
hundertpfündigen,“ Mitglieder können nur gewichtige 
Personen von 200 Pfund und mehr werden. 
fRhein⸗Weser⸗Elbe⸗-Kanal. Eine von 
90 Vertretern von Handelskammern, Magistraten, 
Bemeindeverbänden und wirtschaftlichen Vereinen 
besuchte und von den Landesdirektoren v. Hammer- 
tein und Graf Wintzingerode geleitete Versamm⸗ 
ung im Ständehause zu Hannover beschloß die 
Wiederaufnahme der Agitation zugunsten der Aus⸗ 
jührung des Rhein · Weser⸗Elbe⸗Kanals in geößerem 
Maßstabe und mit der Absicht eines möglichs 
raschen Vorgehens. 
FGroßherziges Anerbieten. Für 
—XDDD 
Munchen stellt Herr Großhändler Franz Pöller 
die ansehnliche Summe von 100,000 Mark zur 
Disposition. 
Oresden, 27. April. Infolge stattge⸗ 
habter Wolken brüche ist im Grenzgebiet Hoch⸗ 
wasser eingeireten. 
FBerlin, 29. April. Die gestrige Ballon⸗ 
fahrt des Luftschiffers Loyal ist erst nach einigen 
nfallen zu Ende gegangen und zwar in Folge 
ungeschikten Mandorirens seitens des Luftschiffers. 
Offendar hatie der Ballon nicht ausreichend Füll- 
ung, denn nachdem Herr Leroux den Adstieg mit⸗ 
tels Fallschirms bewitkt hatte, degann der Ballon 
und zwar noch in der Hasenhaide plötzlich zu fin⸗ 
ten. In der Lichterfelderstraße in der Nähe des 
reuzbergs flog er trotz ausgeworfenen Ballastes 
zicht über den Häusern und streifte mit seinem 
Anker die Dächer. In dem dort gelegenen Restau⸗ 
rant ⸗Thürmchen schlug der Hacken in das dort be⸗ 
indliche Karoufsel ein und diß dessen leinenes Dach 
nit fort. Die Verwirrung war, da das Karoussel 
n Bewegung war, unbeschreiblich. Mehrere Per⸗— 
onen sprangen schnell herab und trugen dabei mehr 
»der minder ernsthafte Verletzungen davon; zwei 
rinder mußten sogar in's Krautenhaus geschaft 
verden. Der Ballon fiel in dem benachbarten Re⸗ 
tiaurant Lehmkute zur Erde. 
VUeber die Auerhahnjagd des Kaisers 
m Wasunger Revier scheeibt vas ,Schmalkalder 
Tagebl.“ unterm 27. April: Die Jagd fand ver, 
sangene Nacht in Begleilung des Oberforsters