Full text: St. Ingberter Anzeiger

zuücklicherweise sind dieseiben nicht von besonderer 
Bedeutung. In der Schloßstraße nächst dem Mans 
nannschen Hause wurde der 15jährige Sohn von 
daufmann Hofer, in der Schäfergasse wohnend, 
zestochen. In der Schäfergasse wurde der bei 
Herrn Chr. Zell bedienstete Knecht Nik. Bachert 
von dem Zwicker Johann Sterf gestochen. Beide 
Veiletzungen sollen nicht gefährlich sein. 
— Ein ergoͤtzlicher Spaß passirte bei 
einer am vorigen Donnerstag in den Woldungen 
von Niederlustadt-Weingarten abgehalte— 
nenen Treibjagd. Ein aufgescheuchtes Reh sprang 
nämlich auf einen nichts ahnenden Jäger und zwar 
derart, daß derselbe hinpurzelte und das Reh von 
der Wucht des Sprunges ebenfalls zu Boden ge⸗ 
schleudert wurde. 
— Vom Gebirg. Zur Zeit ist es im 
Weingeschäft sehr still, denn weder finden 
Zäufe statt, noch wird der bereits gekaufte Wein 
abgefahren. Die Weinpreise behaupten sich mit 
zeringer Ausnahme auf gleicher Höhe, denn die 
Produzenten verlangen immer noch im oberen Ge⸗ 
irg 190 bis 220 Mk., 230 bis 260 Mtk. und 
in der Neustadter Gegend ist unter 280 bis 330 
Mk. nicht anzukommen. Verzuckerte Weine koften 
entsprechend mehr. 
--Deidesheim, 13. Jan. Wie ich ver— 
nommen, verkaufte gestern Herr Bassermann⸗Jordan 
pon hier seine ganze Partie 88er an die deutsche 
Schaumweinfabrik in Wachenheim. Es follen ca. 
70 Stück sein und dem letzien Jahrgange alle 
khre machen. Es liegen noch mehrere große Partien 
88er hier und es ist freulich, daß sich unsere in⸗ 
ländische Schaumweinindustrie so hervorragend an 
dem Kaufe solcher feinen Gewächse betheiligt, was 
ür unsere Gegend von größtem Nutzen ist. — 
Welchen Aufschwung die Geschäfte der Wachenheimer 
AV 
der, in der „Breisgauer Ztg.“ enthaltenen Notiz 
herbvor: Oberrothweil (Baden), . Jun. Wie wir 
vernehmen, soll mit der Abfassung des vor einigen 
Wochen von Herrn Böhm von Wachenheim (deutsche 
Schaumweinfabrik) unter Miwirkung der Herren 
Löwenwirth Vögel? von hier und Stecher „zum 
Kopf? in Riegel in hiefigen Privatkellern gekauften 
neuen 1888er Weines von zusammen ca. 1500 
Ohm noch im Laufe dieser Woche begonnen wer⸗ 
den. Die rasche Abwicklung der Käufe und die 
hezahlten Preise von 80 bis 60 Mk. und theil- 
weise darüber hat hier und, wie wir mit Ver—⸗ 
znügen hören, in Ihringen und Breisach, wo der⸗ 
selbe ebenfalls bedeulende Käufe an neuem Wein 
abschloß, allgemein angenehm berührt, das Ver⸗ 
trauen und den Muth zum Rebbau wieder gehoben 
und es hat sich Herr Böhm große Verehrung und 
Dank erworben und dies um so mehr, als er für 
bdiele Verkäufer ein Retter in der Noth, ein großer 
Wohlthäter geworden ist. — Wie die N. Bz. aus 
zuverlässiger Ouelle erfährt, hat Herr Lehrer Jos. 
Schreck hier um seine Pensionirung nachgesucht. 
Derselbe wirkt etliche dreißig Jahre ununterbrochen 
an hiesiger Volksschule, welcher er seine volle Kraft 
und Gesundheit geopfert. 
— In Wachenheim wurden bei der unter 
Leitung des Hrn. kgl. Bezirksamtmannes, Regier⸗ 
ungsrath Siebert von Neustadt, vorgenommenen 
Wahl der seitherige Adjunkt, Herr Karl Ludwig 
Rettingec, zum Bürgermeister und Herr Stadt- 
rath Ludwig Schaaf zum Adjunkten gewählt. 
— Lehrerinnenprüfung. Am 24. 
April ds. Is., Vormittags 8 Uhr beginnen in den 
Räumen der Studienanstalt in Speyer die 
Prüfungen für Lehrerinnen der neueren 
Sprachen an den weiblichen Unterrichts⸗ und 
Erziehungsanstalten. Gesuche um Zulassung zu 
diesen Prüfungen müssen bis längstens 18. März 
»ei der kgl. Regierung, Kammer des Innern, ein— 
gereicht werden. 
— Frankenthal, 18. Jan. Gestern 
Abend hielt der hiesige Turnverein seine erste dies⸗ 
ährige Generalversammlung unter recht zahlreicher 
Beteiligung ab. Der Verein zählte am Anfang 
dor. Jahres 219 Mitglieder; während des Jahres 
sind 53 zugekommen, 48 abgegangen, sodaß der- 
selbe am Schlusse des Jahres noch 229 Mitglieder 
zählte. Zöglinge waren es am Anfange des Jahres 
34, zugekommen sind 8, abgegangen 18, so daß 
noch 24 verbleiben. Die Gesammieinnahmen be— 
trugen Mk. 1550.76, die Gesammtausgaben Mk. 
1422.77, somit verbleibt ein Ueberschuß von 127.99 
Mark. (Tab.) 
Bermtschtes. 
FSaarbrücken, 14. Jan. Der 1jährige 
„ohn des Nagelschmiedes Fuß von hier vergnügte 
ich gestern Nachmittag mit andern Knaben auf dem 
Deutschmühlenweiher mit Schlimmern (cchlittern). 
Da plötzlich brach, mehrere Meter vom Lande, die 
risdecke an einer Stelle, wo kürzlich Eis gebrochen 
ind die neue Eisdecke schwach wat. Der Knabe 
anl unter. Seine Kameraden benachrichtigen schnell 
zen auf der Deutschmühle wohnenden Flachsspinner 
und sofort eilte derselbe mit einer Stange herbei; 
aber leider war der bedauernswerthe Knabe schon 
uintergegangen und konnte nur als Leiche aus dem 
Wasser gezogen werden. Gegen 5 Uhr brachte man 
zieselbe nach der Suppengasse in die elterliche 
Vohnung. — Gendarmen von Malstatt⸗Burbach, 
St. Johann, Saarbrücken und Forbach hielten an den 
Sstieringer Schlacken bergen in der Nacht 
»om Samstag auf Sonntag eine Razzia, bei wel- 
her 6 Strolche, die dort ihr Heim aufgeschlagen 
jatten, erwischt wurde, unter ihnen ein wegen 
Diebstahls steckbrieflich verfolgier. Eine früher ab⸗ 
jehaltene Suche war ohne Erfolg, da die „Söhne 
der Wildniß“ jedenfalls Wind bekommen hatten. 
Auch an den burbacher Schlackenbergen wurden 
noch zwei Strolche festgenommen. 
F In einem Bäckerladen der Vorstadtstraße zu 
Saarbrücken wurde, wahrscheinlich durch einen 
Schleichdieb die Thekenschublade samt Inhalt ge⸗ 
tohlen. Die Schublade wurde später, natürlich 
hres Inhalts beraubt, auf dem Triller ien 
(S. Z3. 
F Wiebelskirchen, 13. Jan. Gestern 
stachmittag verunglükte der Bergmann Mich. 
Schmidt von hier auf dem Heimwege von der 
Brube, indem er unweit des Dechen⸗Schachtes und 
noch auf dem Grubenterrain infolge des Schnee⸗ 
alles an einer steilen Stelle des Weges ausrutschte 
ind einen schweren Beinhruch erlitt. Dieser Unfall 
st um so bedauerlicher, als Sch. erst vor kurzem 
aus dem Knappschaftslazarett zu Neunkirchen ent- 
lassen wurde, woselbst er länger als ein halbes 
Jahr wegen einer Knochenfplitterung des nun aber⸗ 
mals schwer beschädigten Beines zubringen mußte 
ind nur durch die Geschicklichkeit und Gewissenhaf- 
igkeit des behandelnden Arztes vor einer Amputation 
»ewahrt blieb. Der Verunglückte mußte nun wie- 
zer aufs neue im Knappschaftslazarett aufgenommen 
werden. (S.⸗ u. Bl.3.) 
F. Das Dörfchen Neulauterburg scheint 
ich eines idgllischen Stilllebeus zu erfreuen. Der 
n Lauterburg erschei jenden „Lauter-Ztg.“ entneh⸗ 
nen wir folgende Notiz: „Auch in unserem Dörf⸗ 
hen ist im abgelaufenen Jahre eiwas vorgekommen, 
vas lange nicht mehr da war, nämlich eine Hei— 
ath. Und unterm 2. Januar 1889 ist die Ge⸗ 
zurt eines Prinzen zu verzeichnen; seit sechs Jahren 
vieder die erste. 
Der wegen Eingriffe in die Spar- und 
deihkasse und sonstiger Veruntreuungen flüchtig ge⸗ 
zangene Rechner Zerban von Oppenheim 
st nach einer an die Staatsanwalischaft in Mainz 
zelangten telegraphischen Benachrichtigung in Passau 
erhaftet worden. Nach der amtlichen Revision 
soll fich in den verschiedenen Kassen ein Manko 
zon über 50,000 Mk. herausgestellt haben. 
F* Die weltbekannte, schon im Jahre 1855 bhe⸗ 
zründete Annoncen⸗Expedition von Haasenstein 
und Vogler ist am 1. Januar 1889 in eine 
Aktien⸗Gesellschaft umgewandelt worden. Diese 
Firma hat in der langen Zeit ihres Bestehens 
vesentlich dazu beigetragen, das Insertionswesen 
zu seiner jetzigen Blüthe zu entfalten und wird auch 
n der Folge vermöge ihrer ausgezeichneten Organi— 
ation, weitgehendsten und besten Verbindungen, 
owie reichsten Erfahrungen dem inserirenden Pub⸗ 
ikum die höchsten Vortheile zu bieten vermögen. 
FRegensburg, 13. Jan. Im verwiche⸗ 
nien Jahre ist aus Oesterreich auf der Donau eine 
olche Menge Getreide zum Transport per 
xisenbahn dahier eingetroffen, wie in keinem Jahr⸗ 
ange vorher. Die beförderte Last beträgt 5,600,000 
Ztr. Denkt man sich diese Masse Getreides (die 
Vagenladung zu 200 Zir.) zu einem Zuge zu⸗ 
ammengestellt, so wäre das ein Güterzug, der von 
stegensburg über Augsburg bis Kempien reichte, 
o daß die letzten Wagen noch hier wären, wäh⸗ 
end die ersten üder Kempten hin ausreichten. Nimmt 
nan 30 beladene Waggons durchschnittlich zu einem 
zuge, so hätte es über 900 Güterzüge zu expediren 
gegeben. 
—Seit Eröffnung der Arbeiter 
kolonie Simonshof — Anfang Mai — 
zis Ende Dezember v. J. fanden dortselbst 239 
dolonisten Aufnahme. Der Bestand in den einzelnen 
Monaten des abgelaufenen Jahres war: Ende 
Mai 37, Ende Juni 48, Ende Juli 37, Ende 
lugust 28, Ende September 42, Ende Oktober 
)0, Ende November 90 und Ende Dezember 986. 
Bon den letzteren sind: 62 Bayern. 14 Preußen, 
J Thüringer, 8 Sachsen, 8 Hessen, 2 Württem— 
erger, 1 Mecklenburger und 2 Oesterreicher. Am 
Weihnachtsfeste war der Bestand 86 
FMünchen, 14. Jan. Se. Kgl. Hoheit 
ver Prinzregent hat die Theilung des für das Jahr 
1888189 mit dem Betrag von 848 Mt. in der 
sechts - und staatswirthschaftlichen Fakultät zur 
Berleihung gelangenden Jubiläumsstipendiums der 
Iniversität Wurzburg an zwei Stipendien zu je 
124 Mtk. genehmigt und den Rechtépraktikanten 
hoßmann aus Lohr und Eisert aus Aschaffenburg 
erliehen. 
Munchen, 14. Jan. Der Prinzregent 
duitpolhd hat unterm 11. Januar an Frau 
Fosima Wagner ein Handschreiben. gerichtet, nach 
belchem er auf deren Ersuchen die Schutz herr⸗ 
chaft über die Bayreuther Bühnen—⸗ 
veihfestspiele übernimmt. 
Der Prokurist Bernhard Hahne— 
mann aus Leipzig, welcher nach Unterschlagung 
iner größeren Summe flüchtig geworden war, ist 
in Port Said verhaftet worden, hat sich aber, 
iner eingetroffenen Depesche zufolge, dort im Ge⸗ 
ängnis entbleibt (neue Meldungen erklären dies 
als unwahr.) Bei seiner Verhaftung wurden 
dem Hahnemann 77 000 Mark abgenommen, wozu 
noch 30 000 Mark kommen, die der Defraudant 
zei seinem Schwager in Hamburg depvonierte 
jatte. 
F Aus Sachsen. Ein seltsamer Brauch 
sat sich Jahrhunderte hindurch in der alten, durch 
hre Bergakademie weltbekannten Bergstadt Freiberg 
exrhalten. Dort wird in jeder Neujahrsnacht 
vährend der beiden letzten Stunden des Jahres 
»as unter dem Rathhause liegende Gefängniß dem 
Publikum geöffnet, in welchem der Prinzen -Räuber 
dunz v. Kaufungen bis zu seiner Hinrichtung 
jefangen saß. Die Stelle, wo er geköpft wurde, 
sezeichnet noch heute auf dem Marktplatze zu 
rFreiberg ein in das Pflaster eingefügter Stein mit 
em Kreuzeszeichen. Auch ein großer Theil der 
ztrickleiter, deren er sich bediente, als er 1455 
uus dem Schlosse zu Altenburg die beiden Söhne 
zes sächsischen Kurfürsten raubte, befindet fich noch 
deute auf dem dortigen Rathhause. 
F Vom Fürsten zur Lippe. Dem Für—⸗ 
ten zur Lippe, dem der schwarze Adlerorden ver⸗ 
iehen worden ist, steht noch eine weitere Aus⸗ 
zeichnung bevor. Wie zuverlässig verlautet, wird 
der Kaiser dem fürstlichen Hofe zu Bückeburg am 
14. d. M. einen mehrtägigen Besuch machen und 
ruch einem ihm zu Ehren veranstalteten Jagdfest 
deiwohnen. Der Fürst zu Lippe⸗Schaumburg ist 
jor 18 Jahren durch sein stolzes Wort: „Hier 
jett Bismarck nir to seggen,“ zu einer gewissen 
Zerühmtheit gelangt. Er gehörte damals mit 
inigen anderen kleinen Bundesfürsten zu den mit 
dem neuen Stande der Dinge in Deutschland Un- 
zufriedenen. Die ihm jetzt zu Theil werdenden 
aiserlichen Auszeichnungen beweisen, daß er sich 
eit jener Zeit, wie so viele andere deutsche Fürsten, 
mit den bestehenden Zuständen vollständig und ehr— 
ich ausgesöhnt hat. 
FEinefestlicheKindervorstellung. 
Im Vorabend des Geburtstages Kaiser Wilhelm 
IJ. wird der Zuschauerraum des Opernhauses in 
Zerhin einen eigenthümlichen Anblick gewähren und 
ein Publikum in sich anfnehmen, wie es ein solches 
isher wohl noch nicht gehabt hat. Denn an 
iesem Abend wird auf Befehl des Kaisers die 
Kinder⸗Vorstellung“ von Wildenbruchs vaterlän- 
zischem Drama „Die Quitzows“ daselbst statt⸗ 
inden. Aus allen Klassen und allen Schulen, von 
ßymnasien und Realschulen herab bis zu den 
leinsten Schulen, werden die besten Schüler und 
—„chülerinnen eingeladen werden und das Stück 
oll allein für sie zur Aufführung gelangen.: Dieser 
zanz neuen und originellen Festfeier zu Kaisers 
Beburtstag wird, wie neuerdings bekannt wird, 
noch dadurch ein besonderer Glanz verliehen werden, 
aß auch die Kaiserlichen Prinzen in der Vorstellung 
ugegen sein werden.