Full text: St. Ingberter Anzeiger

Möolschbach sagte gestern zu seiner Frau, sie 
brauche ihm kein Essen mehr zu richten, es gehe 
mit ihm zu Ende. Die Frau legte dieser Aeußer—⸗ 
ung keine Bedeutung bei, doch als sie Abends nach 
ihrem Mann suchte, fand sie ihn in der Dach⸗ 
kammer erhängt. Vor der That hatte sich 
der Selbsimörder erst noch mit einem frischen 
Hemd und einem neuen Anzug belleidet. 
(Pf. A.) 
— Pirmasens, 16. Mai. Ein Prozeß 
von grundsätzlicher Wichtigkeit für alle is ra elit⸗ 
ischen Kultusgemeinden in Bayern wurde 
gestern in München vom k. Verwaltungsgerichtshof 
zuGunsten der hiesigen isr. Kultusgemeinde enischieden. 
Ein hierhergezogener Israelit, Nichtbaher, wurde 
ubungsgemaß zur Zahlung einer Aufnahmegebühr 
an dieKuͤltusgemeinde angehalten und zwarwurde diese 
Gebühr — welche sich nach den Vermögensverhält⸗ 
nissen des Zahlungspflichtigen richtet — in diesem 
Falle auf 75 Mk. festgesetzt. Auf erhobene Be— 
schwerde, die sich hauptsächlich darauf stützte, daß 
ein nichtbayrischer Israelit in der Kultusgemeinde 
kein Wahlrecht habe, demnach auch nicht zur Zahl 
ung besonderer Gebühren verpflichtet werden könne 
durchlief die Sache alle Instanzen bis sie jetzt 
nach eiwa 2 Jahren, eine wie bemerkt, der israel. 
uitusgemeinde günstige Entscheidung fand. Der 
Beschwerdeführer hat die Kosten aller Instanzen zu 
zahlen. 
— Pirmasens, 16. Mai. Bei der gestrigen 
Wiederverpachtung der Fischer ei in der Rodalb 
(von der Imsbachermuhle bis an die Rodalber 
Schleuße) erhielt die Gesellschaft Frohssinn da— 
hier um jahrlich 100 Mk. den Zuschlag auf 9 
Jahre. Die bisherige Pacht trug nur 50 Mk. im 
Jahre ein. — Beim Räumen eines früher Herrn 
Berger, sodann Herrn Couturier hier gehörenden 
Haus platzes auf der Glashütte war der Arbeiter 
Conrad Faust so glücklich, in der Erde 72 Stück 
Kronenthaler zu finden. 
— Pirmasens, 16. Mai. Nachdem der 
Keuchhusten („blauer Husten“) unter den hiesigen 
Kindern eine bedenkliche Ausdehnung erlangt hat, 
wurden die von diesem Husten befallenen Kinder 
von der Impfung ausgeschlossen. (A.) 
— Landau, 16. Mai. Gestern traf ein 
Waggon alter GewehreM. 71 von Germers⸗ 
heim hier ein. Dieselben sollen für die Ersatz 
bataillone bestimmt sein. 
— Vom Rhein. In erfreulicher Weise hat 
die Stadiverwaltung von Germersheim die 
Gehälter ihrer Lehrer aufgebesser. Wenn das 
bisherige Gehalt eines dortigen Lehrers 1260 Mtk. 
und 90 Mtk. Wohnungsentschädigung betrug, so 
muß wohl zugestanden werden, daß dieses im Ver⸗ 
häliniß zu anderen Städten der Pfalz ein rech! 
hübsches Anfangsgehalt war, dagegen hatten aber 
die daselbst wirkenden Lehrer keine Aussicht auf 
Gehaltserhöhung. Nunmehr wurden aber unter 
Wegfall einer Wohnungsentschädigung die Gehälter 
in folgender Weise festgesetzt, Anfangsgehalt 1800 
Mk., Zulage von je 100 Mk. in Quinquennien. 
steigend bis zum Maximalgehalt von 1800 Mi. 
Dabei ist als von besonders wohlwollender Ge— 
—RV 
nung kommenden Dienftjahre vom 1. Januar nach 
dem Seminaraustriite an gezählt werden. Dadurch 
hat Germersheim allen pfälzischen Städten und 
Dörfern ein beachtenswerthes Beispiel gegeben. 
— Speher, 15. Mai. Heute Nachmittag 
3 Uhr 51 traf ein mit Panzerplatten beladener 
Extrazug, welcher von Bucdau nach Spezia bestimmt 
ist, hier ein. Der Extrazug besteht aus: 1. zwei 
mit je 1 Panzerplatte im Gewichte von 81,800 
bezw. 67. 190 Klg. beladenen 12achsigen Wagen 
und 2. drei unbeladenen Schutzwagen. 
— Speyer, 185. Mai. Die Geschäfte eines 
Zibdil-Vorsitzenden filr den Aushebungs⸗ 
bezirk der Pfalz hat für den nach München ver— 
setzten Herrn Regierungsrath Frhrn. v. Löffel- 
holz-Colberg Herr Regierungsrath Morhart über⸗ 
nommen. 
— In Maikammer, wurde eine Anzahl 
Baumbesitzer, welche der polizeilichen Aufforderung, 
die Raupennester zu beseitigen, nicht nachge- 
kommen find, von den Feldschützen zur Anzeige ge⸗ 
bracht und zu Geldstrafen verurtheilt, für welche 
sie sich recht gut die Arbeit hätten von Taglöhnern 
besorgen lassen können. Bemerkt sei noch, daß das 
Gesetz eine Strafe bis zu 60 M. oder 14 Tagen 
Haft wegen versäumten Abraupens zuläßt. 
— Haßloch, 15. Mai. In unserem Ge— 
meindewald hat sich ein sehr bedenklicher Feind 
ingenistet. Schon dieses ganze Frühjahr hauß, 
die Raupe desKieferspinners in den Districten 
anserer Kieferwaldungen in enisetzlicher Weise. 
Viele Bäume stehen entblättert, andere werden es 
noch und sterben so ab. Wohl hat unsere Ver— 
waltung alles Streuwerk und die obere Bodendec 
vegschaffen lassen, um die Brut zu zerstören. Ic 
man hat sogar für mehrere Tausend Mark Quanti— 
jäten von Teim angekauft, in ganzen Districten 
die Rinde der Bäume ca. 1 Meter hoch vomn 
Boden kreisförmig abgeschürft und mit solchem 
deim bestrichen, um die Raupen im Aufwärts- 
kriechen zu hemmen, was auch bis jetzt ge⸗ 
lungen ist. 
— Deides heim. Die Raupen nehmen 
derart überhand, daß zu deren Vertilgung das 
Bürgermeisteramt wiederholt ermahnen mußte. 
— Weisenheim, 15. Mai. So hoffnungs⸗ 
boll und vielbersprechend unsere Kierschen während 
der Blüthe waren, fo täuschen uns jetzt die Mai— 
lirschen in ihrem Ertrage dieses Jahr ganz be— 
sonders. Es gibt kaum eine Drittelsernte bei dieser 
irschensorte. Nur einzelne Producenten machen 
in einzelnen Lagen eine sogenannte Glücksernte. 
Mit den Schwarz⸗, Herz⸗, Lerchenkirschen, Hau⸗ 
müllern, Weichsel- und Sauerkirschen dagegen fieh! 
es gut aus. Die frühen Sorten, wie Schloß; und 
Malirschen, scheinen in den kalten Apriltagen stark 
Jelitten zu haben. Man sieht an den Zweigen oft 
qdur eine oder mehrere vollständig entwickelte 
Zirschen; dagegen dutzendweise unentwickelte, im 
Wachsthum verkümmerie Kirschen (sogenannte Herr— 
linge oder Narren, welche vor der Reife abfallen.) 
— Rheingönnzeim, 15. Mai. Herr 
Beorg Mathes in Mundenheim ließ heut⸗ 
Abend dahier durch die Ortsschelle bekannt machen, 
daß ihm sein 3Vs jähriges Sohnchen Hugo ent⸗ 
gaufen sei und alle Diejenigen, welche über den 
Aufenthalt des Kindes Aufschluß geben koöͤnnen, 
bittet, ihm sobald als moͤglich Mittheilung zugehen 
lassen zu wollen. 
— Ludwigshafen, 15. Mai. Der auf 
dem Hemshof wohnende, seit einigen Wochen arbeits⸗ 
ose Taglöhner Johann Valentin Dolland aus 
Dallau (Baden) sprang heute Mittag oberhalb des 
tädtischen Freibades in den Rhein, um sich das 
deben zu nehmen. Die Arbeiter auf der in der 
Nähe arbeitenden Baggermas hine sahen dies, fuhren 
mit einem Nachen rasch hinzu und erretteten den 
Unglücklichen noch rechtzeitig vom Tode. Gendarmerie, 
var gleichfalls zur Stelle, T welche den Lebensmüden 
in Empfang nahm und ärztliche Hilfe aus der 
Ztadt holen ließ. Dolland ist 29 Jahre alt, hat 
Familie und will die That aus Noth begangen 
haben. Vorläufig wurde derselbe im Svbvital 
ankergebracht. 
— Ludwigshafen. Am 1I. Mai fand 
dahier die 46. Plenar⸗Versammiung der Pfälz 
dandels⸗ und Gewerbekammer statt. Zuerst wurden 
die seit letzter Sitzung eingetroffenen Einläufe und 
deren Erledigungen bekannt gegeben, wobei ein 
sachtrag des Besche ides vom k. Staatsmini- 
terium auf den Jahr esbericht pro 1887 der 
dandels⸗ und Gewerbekammer der Pfalz speziell 
jesprochen wurde. Hieraus ist zu erwähnen: 1) 
bahnpostverkehr(Cudwigshafen-Neun— 
irchen). Fuür die Einrichtung von Bahnposten 
auf dieser Linie ist ein Bedürfniß nicht gegeben, 
ta die beiden Schnellzüge 7 und 8 für den Post— 
derkehr in der ausgiebigsten Weise dadurch nutzbar 
gemacht sind, daß mit denselben nicht blos die Kor⸗ 
espondenzen des Durchgangs⸗Verkehres, sondern 
auuch die Korrespondenzen nach und von den wich- 
igeren Unterwegsorten der Linie in geschlossenen 
Zriefpacketen durch Vermittlung des Eisenbahn⸗ 
Zersonals dieser Züge zur Versendung gelangen. 
2) Briefstempel. Die Monaisbezeichnungen 
in Buchstaben sind jenen in Zahlen vorzuziehen, 
da mindestens 3 Buchstaben angewendet werden 
und mehr Gewähr dieten für die Lesbarkeit der 
S„tempelabdrücke als die Bezeichnungen durch Zahlen, 
velche vielfach zu Verwechslungen Anlaß geben. 
3) Telegraphendienst. Die Telegramm— 
Riederschriften mit Bleistift haben sich bewährt und 
s soll bei der bisherigen Uebung verbleiben; da- 
gjegen sollen Telegramm-Formulare mit vor gedruck⸗ 
en Stationsnamen aufgelegt und auf eine mög⸗ 
ichst rasche Zustellung der Telegramme in den 
Irtsbezirken bedacht genommen werden.) 4) Tele⸗ 
honverbindungen. Die durch das Finanzgesetz 
füͤr die 19. Finanzperiode für Telephonzwedke zur 
Berfügung gestellten Mittel werden in unerwattket 
hohem Maße durch die Erweiterung der bestehenden 
Telephon⸗Anlagen in Anspruch genommen und es 
kann daher den in der Pfalz bestehenden Wünschen 
nach Errichtung von staatlichen Telephon⸗Anlagen 
zunächst rur in Kaiserslautern entsprochen werden 
Für die kommende Finanzberiode werden aber den 
Landtage weitere hierauf bezügliche Postulate unter 
breitet werden. 
Nach einer sehr lebhaften Besprechung der Ter 
lephon⸗Angelegenheit beschloß die Versammlung, daß 
nach Ansammlung des betr. Materials die Pfätz 
Handels⸗ und Gewerbekammer zur Begründung des 
Zedürfnisses eines Telephon-Netzes zwischen den 
Städten und regen Industrieorten der Pfalz bei der 
böchsten Stelle nochmals vorstellig werde, um dite 
baldigste Ausführung dieser Verkehrs⸗Erleichterung 
zu beantragen. 
Den hauptsächlichsten Berathungsgegenstand bil- 
dete die vorgeschlagene Rebission der Allerhöch— 
sten Verotdnung vom 20. Dezember 1868, be— 
ireffend die Handels ⸗ und Gewerbekammern ec. 
weiche Vorschlage mit Befriedigung von der Ver 
sammlung entgegengenommen wurden. (G. A.) 
— Kirchheimbolanden, 16. Mai. 
Gestern Nachmittag fuhr zum ersten Mal der 
Gerbacher Postomnibus über Dannenfels. Derselbe 
war von acht Passagieren besetzt, also von zwei 
mehr als im Coupe Platz hatten. Fur die beiden 
Pferde war diese Belastung, namentlich von der 
Dannenfelser Mühle bis zum Ort eine starke An⸗ 
strengung, da nur eine Person und der Kutscher 
den Weg zu Fuß machten. Der Omnibus fährl 
nicht in Dannenfels ein, sondern geht nach Abgabe 
der Post und Passagiere am Eingange des Ortes 
sofort weiter uach Marienthal. 
— Aus der Pfalz. Der seit 40 Jahren 
im Dienste stehende israelitische Lehrer, Herr Leo— 
pold Stern in Edenkoben wird, wie die „Ggwi.“ 
mittheilt, am 1. Juni nächsthin in Pension treten 
Der Lehrer-Veteran hat sich überall infolge seines 
Fleißes und Eifers die Anerkennung seiner Vor- 
gesetzten sowie die Achtung und Viebe seiner 
Schuͤler und Mitbürger erworben. 
— Zur Enthüllungsfeier des Hutten-Sich 
ingen-Den kmals wird vom Geschaftsführenden 
Ausschusse eine illustrirte Festzeitung herausgegeben 
werden. Zu derselben haben August Bungert, 
Friedrich don Bodenstedt und Ernst von Wilden- 
druch poetische Beiträge freundlichst zugesagt. Außet 
dem haben verschiedene namhafte Persönlichkeiten 
ihre Mitarbeit versprochen. — Der Entwurf der 
Festordnung ist jetzt vorläufig festgesetzt und lautet: 
Montag, den 10. Juni, Nachmittags 312 Uhr in 
Zreuznach: Erste Aufführung des Hutten ⸗Sicingen⸗ 
Festspielez von Augusi Bungert in einem zu diesem 
Zwecke erbauten Volkstheater (1000 Sisplätze) 
Dienstag, den 11 Juni, Vormittags 11 Uhr auf 
der Ebernburg: Enthüllungsfeier. Programm: 
Maännerchor; 2. Begrüßungsansprache durch Herrn 
Geheimrath Agricola; 8. Männerchor; 4. Festredt 
des Herrn Professors Dr. Wilhelm Oncken⸗Gießen 
5. Verlesung der Enthüllungsurkunde durch Hetrn 
Hofbuchhändier Schmithals; 6. Hoch auf Seint 
Majestat den Kaiser und Seine Konigliche Hoheil 
den Prinzregenten von Bayern; 7. Allgemeinei 
Gesang: „Deutschland, Deutschland über alles!“ 
Nachmittags 1 Uhr: Festmahl in den Sälen der 
Ebernburg. — Des beschränkten Raumes wegen 
können zu dem Festplatze und zum Festessen nun 
solche Personen Zutritt erhalten, welche eine Fest 
iarte zum Preise von 10 Mark gelöst haben. — 
— Dem Geschaͤftsführenden Ausschusse ist die amt. 
liche Mittheilung zugegangen, daß deide Abtheib 
ungen des königlich bayerischen Staatsministeriums 
des Innern den vorgelegten Beschlüssen des Aus— 
schusses ihre Genehmigung erteilt haben. 
Vermischtes. 
f Wie verlaiet, fand am Mitiwoch in Bild 
stock eine Versammlung von Bergleuten statt, in 
welcher beschlossen wurde, eine neunstündige Ar— 
beitsschicht angustreben. Die Koͤnigl. Bergwerks— 
Direktion in Saarbrucken hat sicherem Vernehmen 
des „St. J.S. A.“ gemäß die Herren Dirigenter 
der verg⸗ Jnspektivnen der siskalischen Gruben det 
Saarreviers beauftragt, eine zehnstündige Arbeits 
schicht einzuführen. Die bisherigen Löhne der 
Berglente werden durch die verminderten Arbeits 
ttunden nicht gekürzt. — Die „Malst. Bb. 3. 
chreidt umerm' 150 Mai: Die Bergleute de 
Fruͤbe Frsedrin'staal bielten gestern Nach⸗