Full text: St. Ingberter Anzeiger

dieselbe auf die durch den verantwortlichen Minister 
des Auswärtigen vertretene, den wohlerwogenen 
Intertssen der Monarchie entsprechende äußere 
Holitik keinen Einfluß übe. (Beifall.) Hinsichtlich 
der in der Interpellation Verganis enthaltenen 
Aeußerung über das Vorgehen gegen Antisemiten 
erklärte der Ministerpräsident, die Regierung lasse 
allen gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften 
gleichen Schutz angedeihen. Uehrigens liege es an 
der Gesellschaft in religiösen, nationalen und 
politischen Differenzen jenes Maß gegenseitiger 
Achtung und Duldsamkeit für Andersdenkende an- 
zuwenden, welches unserer Civilisation entspreche. 
GBeifall.) 
Rom, 17. Mai. Der Congreß der 
Friedensfreunde hat in seiner Schlußsitzung 
—XE 
Mailand abzuhalten. Nach einer Schlußrede Bonghis 
wurde der Congreß geschlossen. 
Petersburg, 16. Mai. Der „Grashdanin“ 
erklärt die Lloydmeldung, ein russischer Diplomat 
habe mit Stambuloff wegen Beseitigung des 
Prinzen Ferdinand von Coburg verdandelt, 
entschieden für unwahr 
— 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 18. Mai. Wieder dringi 
eine Trauernachricht durch das Bayernland. Gestern 
früh verschied in Hohenschwangau die Königin⸗ 
Mutter Marie. Nach langem mit größter 
Geduld ertragenen Leiden ist sie sanft enischlafen. 
Schwere Schichalsschlage, wie sie selten eine Mutter 
erlebt, hatte sie zu erleiden. Unser ganzes Volf 
theilte mit der hohen Frau den Schmerz hierüber 
Mit der Koͤnigin⸗Mutter Marie ist eine bewunderns 
werthe Dulderin, eine edle Frau, eine Wohlthäterin 
vieler Armen aus dem Leben geschieden. Ein tiefes 
Mitgefühl herrscht im ganzen Bayerndolke mit dem 
erneuten Verlust, welcher das geliebte Furstenhaus 
der Wittelsbacher betroffen hat. Ein liebevolles 
und dantbares Angedenken wird man der hohen 
Verblichenen überall bewahren. Möge sie ruhen in 
Frieden. — Ueber die Landestrauer für 
die verwittwete Regentin haben dieselben Vor— 
schriften Geltung wie diejenigen beim Ableben des 
Königs oder der Königin. Musik und Schauspiel sind 
sofort einzustellen. Trauiergottesdienste werden ab- 
gehalten. Während 6 Wochen findet von Mittags 
1221 Uhr Trauergeläute statt. Die Kanzleien 
haben drei Monate hindurch schwarz zu siegeln 
und die Ausfertigungen geschehen während zwei 
Monaten auf schwarzgerändertem Papier. 
*St. In gbert, 18. Mai. Bei der heute 
Nachmittag staltgehabten Bersteigerung des Hauses 
Plan Nr. 633 aus der Konkursmasse Phil. Klinck 
erwarb dasselbe Herr Christian Klinck, Metzgermeister 
dahier, um die Summe von 11,500 Mark. 
H Rohrbach, 17. Mai. Heute Nachmittag 
brach in dem Wohnhause des Kesselschmindes Philipp 
Weirich dahier auf dem Speicher auf un⸗ 
aufgeklärte Weise Feuer aus, durch welches 
sowohl das Dachwerk als das Haus selbst stark 
veschädigt wurde. Weirich, dessen Mobilien gerettet 
wurden, hat versichert. 
— Gersheim, 16. Mai. Im Malzkeller 
der bayer. Bierbrauerei zu Walsheim wurde gestern 
eine veritrte Brieftaube vorgefunden, welche 
den auf Flügel und Rücken befindlichen Stempeln 
zufolge der Brieftauben ⸗Gesellschaft in Lüttich 
(Belgien) gehkört. 
— Landstuhl, 16. Mai. Im Steinbruch 
der Herren Gebr. Schreiber dahier verunglückte 
heute Vormittag der 16jährige Sohn der Wittwe 
Joh. Müller, indem ihm ein großer Stein auf 
beide Beine fiel und hierdurch schwere Verletzungen 
verursacht wurden. Der Verunglückte mußte nach 
Hause getragen und in ärztliche Behandlung ge⸗ 
nommen werden. Derselbe ist der Bruder des- 
jenigen Mädchens, welches im vergangenen Winter 
von der Fuhre des Herrn Dahl überfahren wurd 
und an den erhaltenen Verletzungen gestorben ist. 
(8) 
— Kaiserslautern, 16. Mai. Der Plan 
der Bahn Kaiserslautern Pirmasens, an welchem 
man bis vor kurzem noch reges Interesse zeigte, 
scheint eingeschlummert zu sein, wenigstens haben 
die Gemeinden Kaiserslautern und Pirmasens, in 
deren Hände die Angelegenheit gelegt ist, noch 
keine weiteren Schritte gethan. Auch die meifi 
interessierten Gemeinden Schopp und Waldfischbach 
zeigen eine abwartende Stellung. Nicht einmal 
das jetzt aufgetauchte Konkurrenzprojelt Landstuhl⸗ 
Thaleischweiler · Pirmasens vermag zu lebhafterer 
Agitation anzuregen. Man erwartet eben das 
Vorgehen des Zentralkomitees. So schreibt mar 
dem „Pf. Kur.“ 
— Kaiserslautern 16. Mai. Durch die 
Badische Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen 
a. Rh. wurde aus Anlaß ihres letztjährigen Ge— 
chaͤftsabschlusses dem unrefundierlichen Stammvber— 
mögen despfäl zischen Gewerbemuseums 
jchenkweise die Summe von 1000 M. über- 
wiesen. 
— Kaiserslautern 17. Mai. Die An—⸗ 
regung, welche wir auf Veranlassung vieler hiefigen 
kinwohner und der Besitzer der Eselsfürther Wirth⸗ 
chaften vor Kurzem in unserem Blatte gaben, man 
möge bei der Direktion der Pfälzischen Bahnen 
wegen Einschaltung von günstig gelegenen Extra— 
zügen zwischen hier und der Eselsfürth vorftellig 
verden, so schreiht die „Vzt.“, hat alsbald greif⸗— 
zare Gestalt angenommen und bereits zu einem 
zefriedigenden Resultat geführt. Am Sonntag, den 
26. ds. Mis. wird am Nachmittag der erste Extra⸗ 
zug nach dort eingelegt und Abends ein solcher 
aach hier zurückgeführt werden. Wie wir hören, 
wird die Äbfahrtszeit für hier zwischen 438 und 
Z Uhr gelegt werden, genau ist die Zeit noch nicht 
festgestellt, und die Abfahrtszeit der Abendzüge von 
Eselsfürth auf etwa 9 Uhr. 
— Kaiserslautern. Die Brauerei 
Jänisch dahier hat kürzlich eine Eismaschine aus 
iner Augsburger Fabrik bezogen, welche 80,000 
M. kosten soll. 
— Der Bruttio⸗Ueberschuß im Jahre 1888 be— 
hrägt bei der Steingutfabrik Kaisers— 
lautern 144 266 Mk. 533 Pfg. Eine Dividende 
kommt wieder nicht zur Vertheilung. 
WP Trippstadt, 16. Mai. Hier hat sich 
ein Berschönerungs-Verein gebildet, wel⸗ 
cher die Verschönerung Trippstadts und seiner Um— 
gebung sowie Erhaltung und Erweiterung bestehen⸗ 
der Anlagen sich zum Ziel gesetzt hat. Als erste Auf— 
gabe und zwar in diesem Jahre soll die Anlage 
einer Lindenallee von Trippstadt nach dem herr⸗ 
lichen Karlsthal in Angriff genommen werden. — 
Gestern Nachmittag machte der 73 Jahre alte 
Wittwer Peter Asel, von dem zur hiesigen 
Bücgermeisterei gehörigen Orte Mölschbach, seinem 
Leben durch Erhängen ein Ende. Abends 8 Uhr 
wurde er in seinem Wohnzimmer durch seine Logis 
frau an der Wand hängend mit den Füßen am 
Boden stehend, todt aufgefunden. Lebensüberdruß 
in Folge beständiger Krankheit mag wohl den 
Selbstmörder zu dieser unseligen That getrieben 
haben. Es ist dies seit kurzer Zeit der zweite 
Selbstmord durch Erhängen. 
— Pir asens, 17. Mai. (Was der 
Bierpfenni einbringt.) Die „P. 3 ist heutt 
in der Lage, über den Ertrag dieser Verbrauchs 
teuer in Pirmasens Aufschluß zu geben. Der 
dokal⸗Malz ; Aufschlag (1 M. für 1 Hektoliter) be— 
irug für 1887: 9300 M., für 1888: 10,291 
M. Nach Abzug der Rückvergütung für ausgeführtes 
Bier (38 Pfg. für 1 Hektoliter) erhielt sonach die 
Stadt i. J. 1887: 7839 M. und 1888: 8451 
M. (Die Verbrauchssteuer für eingeführtes Bier 
(60 Pfg. für 1 Hektoliter) betrug 1887 für 7566 
Hettoliter 4540 Mark und 1888 für 8250 Hekto- 
liter 4950 M.) 
— Nachdem der neu ernannte Einnehmer 
Greiff auf die Einnehmerei Trulben Verzicht ge⸗ 
leistet, hat die kgl. Regierung den Einnehmerei⸗ 
andidaten Chr. Hildenbrand, z. Z. Lehrer in 
Wachenheim als Verweser der Einnehmerei Trulben 
abgeordnet. 
— Landau, 16. Mai. Die hiesige Volks- 
banl hat die Bauarbeiten zu einem neuen Geschäfts— 
hause ausgeschrieben und dafür die Bausumme von 
53287 M. ausgesetzt. Nach den vorliegenden 
Plänen und Kostenanschlägen scheint es ein schönes 
und imposantes Gebäude werden zu wollen und 
wird unserer Stadt nur zur Zierde gereichen. 
— Landau, 17. Mai. Die ordentlicht 
Generalversammlung des Madenburgvereins fand 
gestern Abend unter herkömmlicher schwacher Be— 
theiligung der Mitglieder statt. Als Ausschußmit- 
glied wurde Herr Rentner Auerbacher gewählt. Es 
folgte sodann Vortrag der gestellten Vereinsrechnung 
Dieselbe ergibt einschließlich eines Ueberschusses von 
371 Mt. 29 Pf. eine Gesammi-Einnahme von 
2882 Mk. 14 Pfg. Diesen Einnahmen stehen die 
Ausgaben im Gesammtbetrage von 2185 Mk. 39 
Bfg. gegenüber, so daß die Rechnung mit einem 
dleberschuß von 196 Mk. 75 Pfg. abschließt. Unier 
den Ausgaben siehen jene für die Ausgrabung, 
des Brunnens wit 1108 Mi. 50 Pfg. an eisu— 
Stelle. Hiermit war die Aufgabe der Generalber. 
sammlung erledigt. In der darauf folgenden Aus. 
schußsitzung wurde der Voranschlag für das kommend— 
Geschäftsjahr berathen. Nach den bigherigen Ed. 
fahrungen dürften etwa 1200 Mtk. zur Verfügund 
des Ausschusses stehen, welche zur Herstellung in 
Schutzhäuschens über dem Brunnen, zur Verbesser. 
ung der Weganlagen und verschiedenen kleineren 
Reparaturarbeiten verwendet werden sollen. Viel— 
Wünsche, darunter auch der auf Herstellung eines 
größeren gedeckten Unterkunftsraumes, mußten wegen 
Mangel an verfügbaren Mitteln zunächst unerledigt 
bleiben. Das diesjährige Madenburgfest wird an 
23. Juni abgehalten. 
— Neustadt, 17. Mai. Der ueugewählt⸗ 
Ausschuß desGewerbebereins hielt gestern seine 
erste Sitzung und es wurden in derselben die Vor— 
stände der Fachausschüsse gewählt. Es wurde so— 
dann die Ausstellungsangelegenheit be— 
prochen und beschlossen, der Ausschuß solle die 
Beschäftsberichte und sämmtliche im Archiv vefind⸗ 
lichen Acten über die Bezirks-Ausstellung vom Jahre 
1875 prüfen, um daraus die Grundlagen für eine 
neue entnehmen zu können, außerdem mit anderen 
Vereinen in's Benehmen treten und etwa Mitte 
Juni eine Hauptversammlung zu endgiltiger Be— 
schlußfassung berufen. (3tg.) 
— Speyer, 16. Mai. Die am Ausgang 
der Schiffbrücke auf der badischen Seite von der 
technischen Behörde als nothwendig zum Schutze 
gegen Hochwasser erachteten sogenannten Fluth;— 
bögen sind mit dem heutigen Tage fertiggestellt 
worden. Die Construktion ist gleich derjenigen 
der Mannheimer Brücke: das Gerüste ruht auf 
drei je 55 Meter von einander abstehenden Stein- 
pfeilern. Die Uebergabe wird am 27. Mai geschehen. 
Die Ärbeit dürfte als eine höchst dankenswerthe 
Vorsichtsmaßregel gegen Wassergefahr zu betrach 
ten sein. 
— Speyer. Die Herstellung der Turmuhr 
zur neuen Kaserne wurde dem Thurmuhrenfabri⸗ 
kanten Porth jun. hier übertragen. Der Kasernen- 
bau schreitet rasch vorwärts. Auf dem eiren de 
beiden Flügel dürfte noch diese Woche das Dach 
aufgeschlagen werden. Bis 1. Oktober soll ein Theil 
des Neubaues schon bezogen werden. 
— In Speyer traf zur Frühjahrs-Besich- 
tigung und ökonomischen Musterung des 2. Pionier⸗ 
Bataillons Herr Generalmajor Popp, Sektionsche! 
der Inspekiion des Ingenieurkorps und der Fest- 
ungen, ein. In der Begleitung des Inspizierenden 
befindet sich noch dessen Adjutant Herr Premier⸗ 
ieutenant Kugler und ein Rat der Intendantur 
Die Herren sind im „Wittelsbacher Hof abgestiegen. 
Donnerstag Morgen a8 Uhr fand die Vorstellung,des 
Bataillons auf dem Exerzierplase statt. (Sp. 3.) 
— Der Kriegsschaden, welchen die freie Reichs⸗ 
tadt Speyer im 17. und 18. Jahrhundert durch 
die Fran zosen erlitten hat, beträgt nach dem 
AV 
ährigen Krieges 2,319,259 fl. Bei dieser Summe 
ist jedoch nicht in Anschlag gebracht, daß während 
des Krieges viele Häuser der Stadt ganzlich zer⸗ 
stört und 1649 bei einer Revolte der französischen 
Truppen die meisten Bürger völlig ausgeplündert 
wurden; 2) während des holländisch-europäischen 
trieges, bei der zweimaligen Verwüstung der Pfalz 
durch Turenne, etwa 100,000 fl.; 8) vom 18. 
September 1688 bis zur Niederbrennung Spehers 
m Mai 1689, während des orleanisch-pfälzischen 
Zrieges, 83,835,104 fl.; 4) vom 19. November 
1701 bis Ende December 1714, während des 
panischen Erbfolgekrieges, 200,000 fl.; 5) im 
volnischen Erbfolgekrieg (1733 — 85) etwa 200,000 
l.3 6) im österreichischen Erbfolgekrieg (1741- 
1748) 50,000 fl.; 7) im siebenjährigen Kriege 
(1756 bis 1763) 30,000 fl.; 8) in den Rebo⸗ 
lutionslriegen von 1792 -1793 3,000,000 fl. 
Die freie Reichsstadt Speyer hat demnach in den 
eriegen des 17. und 18. Jahrhunderts durch das 
franzoͤfische Volk einen Gesammtverlust von 
9,034,303 fl. erlitten. Aber diese Verluste be— 
ziehen sich nur auf die Stadt selbst und deren Ge- 
biet, nicht aber auf das Hochstift Speyer, dessen 
Verluste in diesen Kriegen nicht minder bedeutend, 
ja im Jahre 1689 sogar größer waren, als jene 
der Stadt. Die Summe von 9,034 863 fl. ist 
an und für sich schon eine sehr hohe, sie wächst abet 
noch bedeutend, wenn man den Werth des Geldes