Full text: St. Ingberter Anzeiger

24 44 
E — —— B 6 5 *— * — 
4 * —* — — 47* 3 53 48 
⸗ 7* * 2 — —59 —23839 3— * 
7 ——3 ** —53 9 83686 44 
4 29 9 J * 3 5 —5—— — — 
4 —S —— *9 —* — —* ——— —53 « J — 
3* 49 — —VV8—— 5. ß vV —*58 — * 9* 5. * * 
— — — — 9— 3 —— 5* — — 5 5. F ————— * DA 
27 10 J — 1 — J 
* T ———— —528 —38 4 — 41 1 n 
2 —3— 7 —8 * — 5 * 77 *7 —9— 
—x e — J55— —3z339 —WB U 7 —4 
——— * —— J 8 —— —AM— 
—— J 87 J 4 
—VFJe 9 —* — —— —— 
* * 24 —38 — 
Der ‚Et⸗ JIugberter — erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und dFeiertage. 2 mial wochentlich mit Unterhaltungs ⸗ Blatt und Mittwochs und Samstags mi 
sufirirten Beilagen. as Blan kostet vierteljährlich 1 M 60 8 einschließlich Tragerlohn; durch die Poft bezogen 14 1784 einschließlich 40 Zustellungsgebuhr. Di 
Finruckungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt vei Inseraten aus der Pfalz 10 D, bei außerpfalzischen und solchen auf welche die Erxpedition 
Austunst ertheill, 18 6, NReklamen 80 . Bei 4maliger Cinrückung wird nur dreimalige berechnet. 
— 
Zur Verfassungsreform in 
Württem berg. 
Der württembergischen Kammer der Abgeord- 
aeten, welche am 9. d. Mts. neu gewählt worden 
ist, wird als vorausfichtlich wichtigste Aufgabe die 
schon längst als dringend nothwendig erkannte Ver⸗ 
fassungsgreform beschieden sein. Württemberg ist 
der einzige deussche Staat mit zwei Kammern, in 
dessen zweiter Kammer noch die Vertreter von privi⸗ 
legirten Ständen und Juhaber von Vircilstimmen 
fitzen. Die erste Kammer, die Kammer der Staa⸗ 
desherrn, besteht aus den nur noch in sehr geringer 
Zahl vorhandenen Prinzen des königlichen Hauses, 
den Häuptern der fürstlichen und gräflichen Fami— 
lien, den Vertretern der standesherrlichen Gemein⸗ 
schaften, auf deren Besitzungen vormals eine Reichs⸗ 
oder Kreistagsstimme geruht hat, und aus vom 
Könige erblich oder auf Lebenszeit ernannten Mit⸗ 
gliedern. Zu erblichen Mitgliedern dürfen nur 
Gutsbesitzer aus dem standesherrlichen oder ritter— 
schaftlichm Adel ernannt werden, welche aus ihrem 
mit Fideikommiß belegten Grundbesitze eine 
jährliche Rente von mindeflens 6000 Gulden be⸗ 
iehen. 
Da die Zahl sämmtlicher vom Könige ernann⸗ 
ler erblicher, und lebenslänglicher Mitglieder den 
dritten Theil der übrigen Mitglieder nicht über⸗ 
steigen darf, so verfügt der erbliche Adel mindestens 
über eine Zweidrittelmehrheit in der ersten Kam— 
mer. Obwohl ihm damit ein überreichlicher An⸗ 
heil an der Bestimmung über die Geschicke des 
Landes gesichert ist, sitzen in der zwetiten Kammer 
noch dreizehn Mitglieder des ritterschaftlichen Adels, 
welche von diesem aus seiner Mitte gewählt wer⸗ 
den. Außerdem find Mitglieder der zweiten Kam— 
mer die sechs evangelischen General-Superinten- 
denten, der Bischof uud ein Vertreter des Dom- 
kapitels von Rottenburg, der der Amiszeit nach 
aͤlteste Dekan katholischer Konfession, der Kanzler 
der Universität Tübingen. Es sitzen in der zweiten 
Kammer demnach dreiundzwanzig Privilegirte. Die 
übrigen Mitglieder vertheilen sich so, daß die sieben 
sog. „guten“ Städte Stuttgart (mit 126 000 
kinwohner), Tübingen (12 500 Einwohner), Lud- 
wigsburg (16 200 Einwohner), Ellwangen (4700 
Finwohner), Ulm (33 600 Einwohner), Reutlingen 
(17 300 Einwohner) und Heilbronn (27 800 Ein- 
wohner) je einen Vertreter und endlich jede der 
etwa 60 Oberamtsbezirke ebenfalls je einen Ver—⸗ 
reter entsenden. Städte wie Eßlingen mit 21000, 
Kannstatt mit 18 000 und Gmuünd mit 15000 
Einwohnern zählen nicht zu den „guten“ und 
wählen daher mit dem Oberamisbezirk, und die 
„Magdeb. Ztg.“ zieht den drastischen Fall an, daß 
Ellwangen eben so gut durch einen Abgeordneten 
vertreten sei, wie das 27mal groͤßere Stuttgart. 
Die Verfassungsreform, welche schon lange 
Jahre Regierung und Volkevertrelung beschäftigt 
hat, bezweckt, die 23 Privilegirten aus der zweiten 
in die erste Kammer zu versetzen und die Wahl⸗ 
bezirke etwas gleichmäßiger zu bilden. Darin sind 
alle Parteien und auch die Regierung einig, nur 
der jetzt als Kandidat aufgetretene Pastor Schmidt⸗ 
Sonneck hat sich offen für die Beibehaltung der 
Privilegirten erklärt. Die Regierung will aber 
stan der bisherigen Privilegirten neue einführen, 
als sie Vertreter der Höchstbesteuerten in der zwei⸗ 
ten Kammer für nothwendig erklärt. Obwohl nun 
sehr wohl die Frage aufzuwerfen wäre ob die Ver⸗ 
treter der Höchstbesteuerten, wenn sie einmal für 
unerläßlich erklärt werden, nicht hesser in der ersten 
dammer Platz nähmen, um dieser ihren Charalter 
als einer den heutigen Verhältnissen nicht mehr 
entsptechenden Adelskammer zu nehmen, so war 
doch die Mehrheit der bisherigen zweiten Kammer 
hereit, Vertreter der Höchstbesteuerten aufzunehmen, 
yoch konnte sie sich mit der Regierung nicht über 
die Zusammensetzung der Wahlkoͤrper dieser Höchst⸗ 
esteuerten verändigen. Daran ist die Verfassungs⸗ 
ceform bis jetzt gescheitert und es ist nicht anzu⸗ 
nehmen, daß sie von der neugewählten Kammer 
in schnellerem Tempo erledigt wird, weil diese da⸗ 
nit ihre Auflösung beschließen würde. Von der 
Tagesordnung wird die Frage aber kaum mehr ab⸗ 
gesetzt werden können. 
vorgegangen, da bereits in den deutschen Colonien 
johe Zölle auf Branntwein, sowie Waffeneinfuhr 
zeständen. Die deutsche Colonialpolitik leide we⸗ 
niger an Geldmangel, als an Personenmangel. 
Richter will die Ausführungen Woermanns mit 
Vorsicht aufgenommen wissen, da derselbe interessirt 
ei. Was der Reichskanzler von einer vaterlands⸗ 
osen Presse gesagt habe, lasse ihn unberührt. Die 
reisinnige Partei sei stolz darauf, in Deutschland 
ine Presse zu besitzen, welche auch hochgestellten 
Persönlichkeiten die Wahrheit sage. 
Der Reichskanzler wiederholt, daß die Lösung 
der Sklavenfrage außerordentlich große Schwierig⸗ 
leit biete. Was die freie und unabhängige Presse 
angehe, so sei auch er dafür, vorausgesetzt, daß fie 
zie Wahrheit sage, was aber die von ihm charak- 
zerifirte Presse aicht thue. 
Die Besoldungen für Kamerun, sowie der üb⸗ 
rige Titel des Ordinarium werden darauf bewilligt. 
Bamberger erklärt sich gegen den verlangten 
Zuschuß für die Verwaltung der südwestafricanischen 
Sebiete. 
Der Reichskanzler erklärt, über die von Bam⸗ 
zerger berührten Dinge Westafricas beständen mit 
xẽngland Verhandlungen, aber diese würden durch 
seden, wie die Bambergers, aufs erheblichste ge- 
chädigt. Wenn dieselben scheiterten, mache er 
Bamberger dafür veranwortlich; daß in jenem 
ʒzebiete ein Intriguenspiel getrieben werde, sei 
weifellos. Wenn dort nichts zu holen wäre, wa⸗ 
uum befleißigen dann die Engländer sich so großer 
Anstrengungen? Er habe die Hoffnung, bei dem 
zefreundeten England Beistand in der Aufrechter- 
jaltung unserer Rechte zu finden; wenn aber so 
jervorragende Mitglieder des Reichstages, wie Bam⸗ 
erger, die Stellung der Deutschen in Afrika für 
zaltlos und unsere Verträge für werthlos erklärten: 
,wie soll ich dann England gegenüber meine Stell⸗ 
ing begründen?“ England werde sich auf diesen 
Batriotismus berufen. Ein wirklicher Patriotismus 
jätte warten müssen, bis die Verhandlungen mit 
England weit genug gediehen. 
Bamberger bestreitet, anderes als Bekanntes 
zesagt zu haben. Er glaube dem Vaterlande zu 
dienen, wenn er vor Abenteuererunternehmen warne. 
Der Reichskanzler kritisirt scharf das 
Lerfahren der Opposition, welche nur Kritik übe, 
vährend er die Verantwortlichkeit zu tragen habe, 
ind weist auf England hin, wo' die Opposition 
iageeignete Angriffe unterlasse. Sobald aus Sa- 
noa Berichte eingegangen sein würden, werde er 
»ieselben vorlegen. Der Reichskanzler wiederholt 
nochmals, daß Bamberger durch seine Zweifel an 
der Rechtsgiltigkeit des Vertrags mit Kamaherero 
die diplomatischen Schritte Deutschlands mit Eng⸗ 
and gestört habe. 
Sämmtliche Positionen werden darauf genehmigt. 
Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr; Tagesordnung: 
XXXX 
Ausland. 
Brussel, 14. Jan. Das Aufsehen erregende 
Huch über die Verhältnisse Belgiens, als dessen 
Verfasser man ursprünglich den König selbst be⸗ 
‚eichnete, stammt, wie die „Allg. Ztg.“ erfährt, 
aus der Feder des Oberst Lahure, eines sehr ver⸗ 
rauten Rathgebers des Königs. 
Paris, 18. Jan. Demonstration 
für einen ausgewiesenen Deutschen.) 
Das „XIX. Siecle“ veröffentlicht heute eine De— 
desche aus Laon, woselbst wegen Ausweisung des 
deutschen Brauers Fakbender in Orignu⸗en⸗ 
Deutsches Reich. J 
Regensburg, 14. Jan. (Reichstagsersatz⸗ 
wahl.) Nach den bisher bekannt gewordenen Er⸗ 
Jebnissen erhielt Walderdorff (Centrum) 2163, Hoff⸗ 
mann (liberal) 1008 und Vollmar (Sozialist) 361 
Stimmen. Die meisten Landbezirke fehlen noch. 
Berlin, 14. Jan. Dem ‚Berl. Tagbl.“ 
zufolge wäre der noch in den letzten Tagen im 
Reichstage als Referent der Budgetkommißsion thä⸗ 
sig gewesene conservative Abgeordnete Graf von 
SZaldern-Ahlimb gestorben. 
Berlin, 165. Jan. Der Kaiser ist heute 
Mittag 193 Uhr nach Bückeburg abgereist. In 
einem Gefolge befinden sich die Chefs des Militär⸗ 
und Civilkabinets und die General⸗ und Flügel⸗ 
idjutanten. 
Berlin, 15. Jan. Reich sstag. Der Reichs⸗ 
tag stimmte in dritter Lesung dem Gesetzentwurfe 
iber die Controle des Reichshaushalts und des 
dandeshaushalts des Reichslandes zu. Es folgt 
die zweite Lesung des Etats des Auswärtigen 
Amtes. Capitel 4 E(Staatssecretär; Erhöhung 
des Gehaltes um 14,000 Mk. Repräsentations⸗ 
osten) wird ohne Erörterung genehmigt, ebenso die 
ersten 97 Titel des Capitels 5 (Kosten für Ge⸗ 
andischaften u. s. w.) Bei Titel 98 (General⸗ 
onsulat Sanfsibar) betont Richter, ein großer 
Theil der Schuld an den Wirren in Ostafrika treffe 
zie Ostafrikanische Gesellschaft; auch den General⸗ 
onsul treffe ein Theil der Schuld. Richter beantragt, 
den Posten von der Tagesordnung abzusetzen. 
Der Reichskanzler betritt um 184 Uhr 
den Saal und ergreift das Wort zur Rechtfertig⸗ 
ung der Position. Er wolle heute auf die Colonial⸗ 
»olitik nicht eingehen; er werde bei Berathung der 
ostafrikanischen Vorlage, welche unmittelbar an den 
Bundesrath gelangt sei, sprechen. Darauf wird 
die Position genehmigt. 
Auf eine Anfrage Richters, ob in den deutschen 
Schutzgebieten in Westafrika der Sklavenhandel 
der Sklavenarbeit eingeführt wäre, erwidert der 
steichskanzlher, die seit Jahrtausenden bestehende 
5klavenarbeit lasse sich nicht auf einmal unterdrücken; 
s sei äußerst bedenklich, auf die Sklavenarbeit ohne 
veiteres zu verzichten; man würde in diesem Falle 
zie deutschen Interessen schwer gefährden und das 
Ausland gegen Deutschland aufbringen. Das könne 
nicht die Absicht Richters sein, wenn auch dessen 
Fresse alles patronisire, was dem Vaterlande Ver— 
egenheiten und Verwickelungen zu bereiten geeignet 
ei. Er habe nur das Wort ergriffen, um zwischen 
dem Vorredner und jener vaterlandslosen, deutsch⸗ 
eindlichen Presse eine Scheidewand zu ziehen. 
Beifall.) 
Woermann bezeichnet Richters Ausführungen 
IIs vielfach aus Unkenntniß der Verhältnisse her⸗