unser trauerumflorter Blick schweift, zur ewigen Ruhe ge—
bettet; — wie viele Versonen, die uns im Leben nahe
standen und teuer waren, haben wice hier nicht schon
die vielen Jahre her in den Schoß der Erde versenken
sehen!
Muß uns da nicht jenes hohe Wort einfallen, welches
der Herr von den Donnerumgrollien Höhen des Horeb dem
Propheten Moses einst zurief: „Ziehe deine Schuhe aus
denn der Ort, darauf du stehest, ist heiliges Land!“
Ja, es ist heiliges Land, darauf wir stehen, der Acker
Goties, der die Saat birgt, welche der Herr darauf ge⸗
streut, die am jüngsten Tage reif sein wird zur Ernte,
nämlich die Leiber derer, die mit dem Blute Christi er⸗
kauft sind — und das wollen wir nicht vergessen!
Eingedenk dessen verstehen wir auch die Sprache, welche
die Gräber zu uns reden und beherzigen die Lehren, die
sie uns verkündigen. „Hebe deine Augen auf zu den
Bergen!“ ist der ein Ruf, den wir vernehmen.
Was haben all die Generationen, die hier in kühler
Erde schlummern, nicht alles geschafft, gestrebt und ge
rungen?
Was schließt nicht schon ein einziges Menschenleben
an Mühen und Sorgen in sich ein, — und wie viel
Bewegung in Leid und Freud ist nicht hier zum Stillstand
gekommen, — hier, wo ganze Generationen ausruhen von
ihrer Arbeit!
Und wenn dieses Mühen und Sorgen, — dieses Dich⸗
ten und Trachten, — dieses Ringen und Streben blos für
dieses Leben gewesen wäre, wo bliebe da der Gewinn?
Nichts als ein Häuflein Asche und Moder!
Aber ihr besseres Theil, das sie fich bewahtt in all
diesen Stürmen und Kämpfen des Lebens, das besteht fort
in alle Zeiten und ist ihnen unveräußerlich geblieben, weit
über Tod und Grab hinaus.
Dieses bessere Theil wollen auch wir pflegen in unserem
eigenen Leben, gleichviel, ob wir in dieser Welt als vor⸗
nehm oder gering gelten, — gleichviel, ob wir auf den
sonnigen Höhen der Menschheit stehen oder im dunklen
Thale waudeln.
Nicht auf die dumpfige Umgebung des Alltagslebens
allein, nein, auch empor zum ewigen Lichte wollen wir
unsere Blicke richten!
Der andere Ruf, der aus den Gräbern zu unseren
Ohren dringt, lautet: „Bleib deiner Pflicht getreu!“
Von all den teuern Toden, die wir heute hier ehren,
hat es in seinem Leben wohl keinem vorgeschwebt, welch'
reicher Segen seinem Hause dereinst erblühen werde.
Nur die zuletzt dahin geschiedenen Sprossen der Familie
Adt haben ahnen können, daß der einst ganze Schaaren
dankbarer Arbeiter ihr Andenken segnen würden.
Alle aber haben redlich ihren Platz ausgefüllt; — alle
haben sie getreulich ihre Pflicht gethan und keiner hat —
umsonst gelebt und gestrebt.
Denn ob auch im engen Kreise schaffend, hat ein jeder
dazu beigetragen, daß mit der Zeit auch der äußerliche
Erfolg kam uud jener Edelstein endlich gehoben werden
konnte, von dem einst Mathias Adt sagte, daß er irgendwo
een liege und von seinen Nachkommen gesucht werden
—
Nicht schnellem blendendem Gewinn sind sie nachge⸗
jagt; nicht haben sie, nach der heute vielfach beliebten
Weise alles auf einen Wurf gesetzt und gerufen: „Alles
oder nichts!“ noch auch sind sie mißmutig verzagt
8 haben verzweifelnd ausgerufen: „Es hilft ja doch zu
nichts!“
Nein, fie haben unbekümmert darum, ob ihnen dereinft
Lohn erwachsen werde, sich daran genügen lassen, treulich
* Ficht zu thun, und haben alles andere Gott anheim
gestellt.
Unverdrossen haben fie gearbeitet und Gott hat über
Erwarten und Veistehen seinen Segen dazu gegeben.
Und wenn wir auch nist alle solche äußere Erfolge
davon tragen können, — in der treuen Pflichterfüllang
können wir es den teuern Dahingeschiedenen gleich thun
und wird der Herr auch uns einst zurufen: „Du bifl
u— pweniges getreu gewesen; ich will Dich über viel
etzen !“
„Wer Liebe säet, wird Liebe ernten!“ das ist der
dritie Ruf, den wir aus den Gräbern hören.
Was unserer heutigen Feier das Gepräge aufdrückt,
das ist die in uns allen lebende Erkenntniß, daß die Fa⸗
milie Adt im allgemeinen sowohl, als auch im besonderen,
namentlich die zuletzt dahingeschiedenen Miiglieder derselben:
Peter Adt III. dessen Sohn Franz und auch Otto, dessen
Enkel, der erste der Firma, welcher auf dem Friedhofe zu
Forbach begraben ist, nie fur sich allein gearbeitet und ge⸗
strebt haben, — sondern zum Wohle aller, die mit dem Hause
Adt verbunden waren.
Nicht nur äußerlich ist das Schicksal des Ortes Ensheim,
welches vielen von uns die liebe Heimat ist, enge verknüpfi
mit dieser Familie; nein, viel enger sind die Bande, mit
denen treue Fürsorge für das Wohl anderer, — stete Bereit⸗
willigkeit zu Rat und That; — selbstlose Hingabe an das
allgemeine Wohl die Einwohnerschaft Generationen hindurch
an die Familie Adt verknüpft haben.
Immer hat sich ihre werkt hätige Liebe bestrebt, Leiden
mildern und Thränen zu trocknen.
Zahllos sind die verborgenen Wohlthaten, welche di⸗
Familie Nothleidenden erzeigt; und groß die öffentlichen,
an denen die ganze Gemeinde theilnimmt.
Richt wis ich zum Beweise dessen, die geheimen
Wohlthaten aufzählen; — denn ich würde dadurch das Ge⸗
jühl der Bescheidenheit, das die Familie ziert, verletzen, auch
eniziehen sich dieselben der Offenilichkeit
Nicht will ich daran erinnern, was Franz Adt, Bürger⸗
meifter und Landtagsabgeordnetexr, welche Wurde er bis zu
seinem Tode bekleidete, fur die Öffentlichkeit that, denn deß
find wir alle lebende Zeugen, und viele offenkundig vor
unferen Augen liegende Kinrichtungen verkünden es
und daß dieser Geist des Wohlthuns, der Opferwilligkei⸗
und der Liebe in der Familie mit den Dahingeschiedenen
nicht ausgestorben ist, das beweisen die lebenden Nach
olger derselben aufs glänzendste, hier namentlich der
U
Sohn des VLetzteren, Herr Commerzienrath und Burger⸗
meister Eduard Adt. Ihre Werke folgen ihnen nach!“
Wiꝛ aber wollen diese reiche Aussaat mit reicher Ernt
ong Liebe, die nimmer aufhort, die nicht das Ihre
sucht, — sie belebe, erleuchte und erwärme uns und unser«
Beziehungen zur Familie Adt und flechte unvergäuglich⸗
Kosen in unser Tagewerk.
So möge diese Stunde an den Gräbern denn auch
unserer heutigen Feier die Weihe geben, als eine dreifach⸗
ohnuns, die wir mit hinausnehmen in das Alltags
eben.
Wie erwähnt, hielt am Nachmittage Herr
Kommerzienrath Adt eine längere Festrede. Mit
herzlichen Worten hieß er die erschienenen Gäste
und Arbeiter willkommen und äußerte seinen Dank
für die Gemeinde Ensheim, welche das Fest in
solch einmüthiger und schöner Weise feiere. Ja es
eei ein Jubelfest. Und unser Jubel schalle zum
himmel empor und unser Dank zu Gott. Herr
Redner gab sodann einen kurzen Ueberblick über
die Geschichte seines Hauses. Vor 150 Jahren
veschäftigte sich der Muller Mathias Adt auf der
Bassenmühle zuerst in dieser Gegend mit Anfertig⸗
ung von Dosen, und vor 50 Jahren hatte dieselbe
eine solche Ausdehnung genommen, daß Peter Adi
die Fabrik errichtete und die Firma Gebrüder Adt
zründete. Zwischen der Herstellung der ersten Dosen
und der Fabrik liegen somit 100 Jahre; in ihnen
zlühte in Ensheim die Hausindustrie, förderte den
Wohlstand und gedieh soweit, daß fie endlich die
straft besaß sich selbst den Markt zu eröffnen.
Peter Adt III., wohlerkennend, welche
Wege einzuschlagen seien, begabt mit seltenen tech
aischen Talenten, brachte seine Erzeugnisse selbst zu
Marlte und errichtete, mit rastlosem Eifer
trebend die Fabrik in Ensheim. So trat er in
in näheres Verhältniß zu den Arbeitern.
Dies Verhältniß trug den Charakter des patriarcha⸗
ischen Wesens, welches auch in der Familie Adt
jerrschte; heute noch leben Arbeiter, die in den
rsten Jahren des Bestehens der Fabrik eintraten.
Herr Adt dankte den Arbeitern für ihr pflichttreues
vertrauensvolles Eintreten für die Arbeitgeber und
ermahnte sie, sich hierin nicht irre machen zu lassen
durch falsche Agitatoren, denn nur in festem Zu⸗
sammenhalten der Arbeitgeber und Arbeiter liege
die Bürgschaft des Erfolgs.
Sodann sprach Redner seinen Dank den kgl.
Behörden aus, welche durch wohlwollendes Ent⸗
gegenkommen, durch Unterstützung und Schaffung
von Landstraßen, Post, und Telegraphenanlagen
der Industrie Ensheims die Möglichkeit der Ent⸗
wickelung gewährten. Dies Wohlwollen zeige
die Regierung auch für die neugeplanten Ein—
richtungen, als Telephon, Straßenbahn ꝛc. ꝛc.
Bezüglich letzterer nahm Herr Kommerzienrath
Beranlassung zu einer Aufklärung, daß diese Bahn
wischen Ensheim und St. JIngbert niemanden
Schaden bringen, vielmehr für unsern Ort und
Umgegend nur von Vorteil sein werde.
So könnten denn die Betrachtungen am heu—
igen Feste nur mit Vertrauen auf die Zulunft
erfüllen; durch stetes Bemühen werde sich die ein—
heimische Industrie immer mehr ausdehnen lafssen,
und dadurch allgemeiner Wohlstand fich mehr und mehr
ausbreiten; zumal wir durch eine machtige Regierung
Schutz vor Feindesangriff genießen. Voc allem thu
noth Vertrauen zu Gott und den Fürsten. „St
treten wir denn getrost in ein neues Lustrum.
Wir geloben alle Zeit, treu zusammen zu
dlehen in Ehrfurcht zu Gott, in Treue zu unserem
Fürstenhause und zu Kaiser u. Reich, füralle kommen-
den Zeiten, gute und böse. Unser allergnädigster
dandesherr, unter dem Schutze dessen erhabenem
Hause wir emporgewachsen, dessen Organe uns
stets wohlwollend und foördernd unterstützt in
unserem Streben, wolle auch fernerhin gnädigf
uns beistehen, auf daß unsere Nachkommen nad
50 Jahren wiederum ein eben so fröͤhliches
Fest feiern können.
Wir geloben stets friedliche arbei—
tende Staatsbürger sein und bleiben
zu wollen, und bethätigen dies Gelöbnis, indem
pir uns zu dem Rufe vereinigen: Se. kgl. Hoheit,
Prinzregent Luitpold von Bayern und Se. Majestal
daiser Wilhelm V. leben Hoch!
— Zweibrücken. Der s. Z. wegen Unter—
chlagungen im Amte verhoftete Bahnmeister D.
von Rheinheim ist dem Vernehmen nach durch Ge⸗
cichtsbeschluß als irrsinnig erklärt worden.
(Pf. M.)
— Das „Streiken“ ist scheints zur Modekrank
heit der Arbeiterbevölkerung geioorden und fass
moͤchte man sagen: „Wer nicht streikt, der ist kein
braver Mann.“ Indessen handelt es sich im vor
liegenden Falle um die Arbeitseinsiellung der
zarten Geschlechts!. Ein Großgrundbesitzer bo
Waldmohr beschäftigt während der Heuernte eine
größere Anzahl junger Mädchen und Knaben zum
Wenden und Aufhäufen des Heues. Sollte da
eines Tages früh die Arbeit beginnen, allein unsen
guten Bauerndirnen ließen dem Herrn Großgrund.
besitzer durch etliche Jungen melden, daß fie sireilen
und eine Lohnerhoͤhung verlangen. Der Gutshere
ließ aber nicht mit sich spaßen, ging den im be—
nachbarten Wäldchen versammelten Heldinnen ent—
gegen und erklärte ihnen kurz und bündig: „Wollt
Ihr arbeiten oder nicht? Wenn nicht, so könnt
Ihr gehen, aber in den ersten zehn Jahren arbeite
keine mehr bei mir. Ich hole mir andere Orbeite
und wenn ich ihnen das Doppelte bezahlen muß
Jetzt wählt!“ Das schwache Geschlecht konnte of
solch kategorischer Sprache nicht lange widerstehen
sah sein Unrecht ein und — griff wieder zu Rechen
und Heugabel. Lobenswerth an der Sache bleibl
jedoch, daß der Gutsherr, wie die „Pf. Pr.“ wiß
theilt, nachdem die Dirnen trotz ihrer Streilegelüft
rüstig anpackten, nach etlichen Tagen eine Lohn⸗
erhöhung aus freiem Antrieb gab.
— Pirmasens, 1. Juli. Eine heil sam
Ermahnundg, glimmende Zigarrenstummel nicht
achtlos wegzuwerfen, erhielt gestern Morgens ein
hiefiger Bürger. Demselben war ein Resichen der
Zigarre in den Regenschirm gefallen, welchen er
geschlossen in der Hand trug. Durch das Schwen—
len des Schirmes angefacht, schlugen plötzlich
Flammen auf. Der eben nicht angenehm überraschte
Mann warf den Schirm von sich und mußte noch
froh sein, daß er selbst keinen Brandschaden erlitt
sondern mit dem Opfer des Schirmes —R
P. A.)
— Pirmasens, 1. Juli. Für weite Kreise
dürfte die Nachricht von Bedeutung sein, daß sich mi
dem heutigen Tage ein weiterer Arzt hier nieder⸗
zelassen hat, so daß wir jetzt deren sieben zaählen.
herr Dr. van Gries empfiehlt sich besonders al⸗
Augen- und Frauenarzt.
— Edenkoben. Dem Comité zur Er—
richtung eines Standbildes auf dem hiesigen
Marktplatz für weiland Se. Majestät König Lud-
wig 1J. ist leider ein Mißgeschick widerfahren.
Nachdem das Modell von Herrn Professor Perron
in München gefertigt war und allgemeine Aner-
lennung gefunden hatte, wurde mit dem Aushauen
in Stein begonnen, dabei zeigte sich aber bald,
daß der hierzu don Herrn Lang in Kelheim ge⸗
lieferte kolossale Steinblock inwendig Risse und
Zandnester hat und für die Figur vollständig un⸗
drauchbar ist; es mußte deshalb ein neuer Stein
bestellt werden, wodurch die Errichtung des Monu—
ments, besonders wenn nicht gleich ein passender
Stein gefunden wird, sich etwas verzögern wird.
— Edenkoben, 830. Juni. Nachdem bor
ungefähr 2 Jahren der hiesigen Landgerichtsschreiberei
—X
gestattet wurde, ist ein solcher Besuch heute Nach'
auf dem Polizeibureau ausgeführt worden
und wie es nach der Mittheilung der „Pf. Vitg.
scheint mit meht Glück. Der Dieb verschaffte sich
in das Bureau des Polizei-Obmann Loöosfler da—
zurch Eingang, daß er an einem Fenster im Hinter⸗
hofe des Bürgermeisteramtes eine Scheibe ausschnitt
und durch diese Oeffnung hindurch kroch. Heri
Polizeiobmann Losfler ist mit dem Inkasso der
Spitalgelder und Wieggelder der städtischen Waage
beiraut, welche Einnahmen er in seinem Schreib⸗
tische aufbewahrt. Bei Eintritt in das Bureau
heule morgen fand er die Schublade seines Schreib⸗
tisches erbrochen und ihres Inhaltes (ca. 70-80
M.) beraubi. Das Ueberraschendste bei diesem
Diebstahl ist jedoch, daß das Lokal der Nachtwächten
fich nebenan befindet, und daß die Wache von dew
Einbruche nicht die mindeste Ahnung hatte.
— Bei dem vorgestern in Haß losch abgehaltenen
Pferderennen irugen die ersten Preise dabon
im Galoppe Rennen Joh. Langfinger Meckenheim
Zucht⸗Rennen ¶Ad. KWifenmaher⸗Haßloch. Fladh
Rennen Lieutenant Mummi, Trab ⸗Keilen Jak. Lang-
Nunschweiler, Jagd- Rennen VLieutenant Wülfert
Saargemünd, Verbands⸗Preis König u. Herf⸗
Oggersheim und Steeple ·Chase Süurmondt ⸗Darm⸗
stadi. Im Jagd⸗Rennen (, Fuchs in Sicht“) erran⸗
sich Herr Friedrich Wilhelm Nayer von Dürkheim der
rsten Preig — Damen Preis der Pfalz, gehifte
bon Herrn Dr. Buͤrtlin. Dieser prächtige Vrei⸗